Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.764/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_764/2015

Urteil vom 11. April 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn (EGS),
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
Beschwerdegegnerin,

Departement des Innern des Kantons Solothurn, Amt für soziale Sicherheit,
Rechtsdienst und Finanzen, Ambassadorenhof, 4509 Solothurn.

Gegenstand
Sozialhilfe,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 16. September 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1993 geborene A.________ zog Anfang Mai 2014 von Zürich kommend nach
Solothurn. Am 27. Juni 2014 gelangte sie an die Sozialen Dienste der Stadt
Solothurn (SDS) und ersuchte um wirtschaftliche Hilfe. Mit Verfügung vom 4.
Dezember 2014 verpflichteten die SDS A.________, ab dem 8. Dezember 2014 bis
auf Weiteres einen Projekteinsatz zu leisten. Werde diese Auflage erfüllt,
würden die Sozialhilfeleistungen ab dem 1. Dezember 2014 im Verhältnis zum
geleisteten Pensum auf ihr Konto ausbezahlt. Die von A.________ dagegen
eingereichte Beschwerde hiess das Departement des Innern mit Entscheid vom 22.
Mai 2015 teilweise gut (Dispositiv-Ziffer 5.1). Es wies die SDS an, den
Unterstützungsanspruch rückwirkend per 1. September 2014 zu berechnen und
entsprechend auszurichten (Dispositiv-Ziffer 5.2). Weiter wurden die SDS
aufgefordert, per 1. Januar 2015 die individuelle Prämienverbilligung bei der
Ausgleichskasse Solothurn anzumelden (Dispositiv-Ziffer 5.3). Im Übrigen wurde
die Beschwerde abgewiesen (Dispositiv-Ziffer 5.4).

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn trat mit Entscheid vom 16.
September 2015 auf die von den SDS erhobene Beschwerde mit dem Antrag,
Dispositiv-Ziffern 5.1, 5.2 und 5.3 des vorinstanzlichen Entscheids seien
aufzuheben, nicht ein (Dispositiv-Ziffer 2). Die Beschwerde von A.________ wies
es ab (Dispositiv-Ziffer 1).

C. 
Die Einwohnergemeinde der Stadt Solothurn führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der kantonale
Gerichtsentscheid sei aufzuheben, und die Sache sei an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit diese materiell entscheide.
A.________ ersucht um unentgeltliche Verbeiständung, ohne sich zur Sache zu
äussern. Das kantonale Gericht beantragt Abweisung der Beschwerde, soweit
darauf einzutreten sei.

Erwägungen:

1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, da die Beschwerde unter Einhaltung
der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer
durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht
wurde. Zudem richtet sich das Rechtsmittel gegen einen von einer letzten
kantonalen Instanz (Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90
BGG) in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG), und
es greift keine der in Art. 83 BGG erwähnten Ausnahmen.

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob das kantonale Gericht zu Recht auf die
Beschwerde der SDS nicht eingetreten ist.
Nach Art. 111 Abs. 1 BGG muss eine Partei, die zur Beschwerde ans Bundesgericht
legitimiert ist, sich am Verfahren vor allen kantonalen Instanzen als Partei
beteiligen können. Damit kann für die Beschwerdelegitimation vor den kantonalen
Instanzen auf Art. 89 BGG zurückgegriffen werden. Die
Legitimationsvoraussetzungen nach solothurnischem Recht (§ 12 Abs. 2 des
Gesetzes vom 15. November 1970 über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen;
Verwaltungsrechtspflegegesetz; BGS 124.11), wonach Gemeinden zur Beschwerde
legitimiert sind, wenn sie durch eine Verfügung oder einen Entscheid besonders
berührt werden und ein schutzwürdiges kommunales Interesse an deren Aufhebung
oder Änderung haben, entsprechen denjenigen des Bundesrechts. Die Frage des
Eintretens wird damit eine solche des Bundesrechts, welche vom Bundesgericht
frei zu überprüfen ist (vgl. dazu BGE 140 V 328 E. 3 S. 329 mit Hinweisen).

3.

3.1. Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten befugt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder
keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen Entscheid
besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder
Änderung hat. Diese Regelung ist in erster Linie auf Privatpersonen
zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es
durch einen angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater oder
aber in spezifischer Weise in der Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe
betroffen wird und nicht bloss das allgemeine Interesse an der richtigen
Rechtsanwendung geltend macht (BGE 140 V 328 E. 4.1 S. 329 f.; 138 I 143 E.
1.3.1 S. 149; 137 IV 269 E. 1.4 S. 273; 136 I 265 E. 1.4 S. 268). Gestützt auf
die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG dürfen Gemeinwesen
nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen werden (BGE 136 II 274 E. 4.2
S. 279).

3.2. Gemeinden und andere öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nach Art.
89 Abs. 2 lit. c BGG zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
berechtigt, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons-
oder Bundesverfassung gewährt. Für das Eintreten ist allein entscheidend, dass
die Beschwerde führenden Gemeinden durch einen Akt in ihrer Eigenschaft als
Träger hoheitlicher Gewalt berührt sind und eine Verletzung der Autonomie
geltend machen. Ob die beanspruchte Autonomie tatsächlich besteht, ist hingegen
keine Frage des Eintretens, sondern eine materielle Beurteilung. Dasselbe gilt
für die Frage, ob die Autonomie im konkreten Fall tatsächlich verletzt worden
ist (BGE 140 V 328 E. 4.1 S. 330; 135 I 43 E. 1.2 S. 45).

3.3. In BGE 140 V 328 hat das Bundesgericht erwogen, die Gemeinden seien im
Bereich der Sozialhilfe von kantonalen Entscheiden nicht gleich oder ähnlich
wie eine Privatperson betroffen. Die Sozialhilfe könne jedoch durchaus auch
privatrechtliche Züge aufweisen, wenn beispielsweise situationsbezogene
Zusammenarbeitsverträge mit den betroffenen Personen abgeschlossen würden, die
die Stellen- oder Wohnungssuche oder weitere Elemente der Beratung oder
Betreuung zum Thema hätten. In der Regel handle die Gemeinde in der Sozialhilfe
jedoch hoheitlich, indem sie ihre Leistungen verweigere, mit Auflagen versehe
oder erbrachte Leistungen zurückfordere. Das Bundesgericht prüfte sodann, ob
die Gemeinde generell oder im Einzelfall eine besondere Betroffenheit bzw. ein
schutzwürdiges Interesse geltend machen könne, welches ausnahmsweise ein
Eintreten auf die Beschwerde angezeigt erscheinen lasse. In diesem Zusammenhang
wies es darauf hin, dass das Fürsorgewesen seit jeher zu den klassischen
Gemeindeaufgaben gehöre. Die kommunale Zuständigkeit werde mit der Nähe zu den
Betroffenen begründet. Die geeignete, massgeschneiderte Hilfe könne vor Ort am
besten eruiert und bemessen werden. Es sei daher von einer Kernkompetenz der
Gemeinden in einer angestammten Tätigkeit auszugehen. Auch wenn die
gesetzlichen Grundlagen zu Art und Ausmass der Hilfe in der Regel
kantonalrechtlich bestimmt würden, verbleibe den Gemeinden in der individuellen
Ausgestaltung der Hilfe ein grosser Ermessensspielraum. Zudem würden die
meisten Kantone für die Detailregelung integral oder doch weitgehend auf die
Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe verweisen.
Diese würden von der Schweizerischen Sozialhilfekonferenz (SKOS) erlassen,
deren Mitglieder sich vor allem aus Kantonen und Gemeinden zusammensetzten. Sie
liessen den Rechtsanwendern eigene Entscheidungsspielräume, welche nicht nur
das Ausmass, sondern vor allem auch die Art der Hilfe und Festsetzung von
Weisungen und Auflagen beträfen. Im Rahmen dieser Zuständigkeit genössen die
Gemeinden eine weitgehende organisatorische Autonomie. Weiter hat das
Bundesgericht erwogen, die finanzielle Belastung der Gemeinden sei im Bereich
der Sozialhilfe erheblich und in den letzten Jahren angestiegen. Der erhöhte
Aufwand und die damit verbundene Problematik seien zunehmend auch von
(finanzpolitischem) Interesse. Verantwortliche würden je nach Sichtweise zum
Masshalten oder zu grosszügigeren Leistungen aufgefordert. Auch würden die
Gemeinden angehalten, diesen Bereich eigenständiger zu gestalten und die ihnen
zustehenden Freiräume besser zu nutzen. Schliesslich könnten kantonale
Gerichtsentscheide, auch wenn sie bloss einen Einzelfall beträfen, für weitere
Betroffene und eine Vielzahl von Gemeinden präjudizierend sein. Sie hätten eine
nicht unerhebliche Signalwirkung auf die Ausgestaltung der Sozialhilfe vor Ort
(beispielsweise die Auflage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen oder an einem
Arbeitseinsatz teilzunehmen und die Anforderungen an eine menschenwürdige
Unterbringung von obdachlosen Personen). Diese Überlegungen führten das
Bundesgericht zum Schluss, dass die Legitimation der Gemeinden im Bereich der
Sozialhilfe im Rahmen von Art. 89 Abs. 1 BGG in der Regel bejaht werden soll (
BGE 140 V 328 E. 6.5 S. 335; vgl. dazu auch RUDOLF URSPRUNG/DOROTHEA RIEDI
HUNOLD, Zur neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf dem Gebiet der
Sozialhilfe, ZBl 115/2014 S. 245 ff.). Verneint werden kann die
Beschwerdelegitimation etwa dann, wenn die präjudizielle Wirkung eines
Entscheids weder geltend gemacht noch ersichtlich ist oder wenn ganz
unerhebliche Rechtsfolgen zur Beurteilung anstehen. In solchen Fällen kann von
einem besonderen schutzwürdigen Interesse der Gemeinde nicht mehr gesprochen
werden, sondern es muss angenommen werden, dass es diesfalls nur noch um die
richtige Rechtsanwendung oder gar um eine Frage des Prestiges geht, welche die
Legitimation ausschliessen (BGE 140 V 328 E. 6.6 S. 336 f.).

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat erwogen, die Sozialhilfeleistungen der Stadt
Solothurn würden nach § 55 Abs. 1 lit. f des Sozialgesetzes des Kantons
Solothurn vom 31. Januar 2007 (SG; BGS 831.1) vollständig unter den
Lastenausgleich unter den Einwohnergemeinden fallen. Dasselbe gelte gemäss § 55
Abs. 4 SG für die Verwaltungskosten. Somit müsse die Stadt Solothurn nicht
(allein) für die zusätzlichen Kosten aufkommen. Diese würden im Verhältnis der
Einwohnerzahl auf die Gesamtheit der Einwohnergemeinden verteilt. Die Stadt
Solothurn sei daher von der streitigen Verfügung nicht mehr betroffen als jede
andere Gemeinde des Kantons. Die Vorinstanz verneinte deshalb das besonders
schützenswerte kommunale Interesse und damit die Beschwerdelegitimation der
Gemeinde.

4.2. Die Stadt Solothurn stützt ihre Legitimation sowohl auf die allgemeine
Legitimationsklausel als auch auf die Gemeindeautonomie. Sie rügt eine
Verletzung von Art. 111 in Verbindung mit Art. 89 BGG durch die Vorinstanz.
Dabei verweist sie auf BGE 140 V 328, wonach die Bejahung der
Beschwerdelegitimation der Gemeinden im Bereich der Sozialhilfe einer
langjährigen Praxis entspreche. Mit Blick auf Art. 89 Abs. 1 BGG bringt sie
vor, mit der Beschwerde ans Verwaltungsgericht habe sie eine gerichtliche
Klärung der Frage erzielen wollen, ab wann die Voraussetzungen zum Bezug von
Sozialhilfe bestünden und ob die Einreichung von Akten genüge, obwohl § 148
Abs. 1 SG vorsehe, dass Sozialhilfe auf der Basis eines individuellen
Hilfeplanes gewährt werde, welcher mit der um Sozialhilfe ersuchenden Person
ausgearbeitet werden müsse. Durch das Nichteintreten des kantonalen Gerichts
sei eine besondere Betroffenheit der Einwohnergemeinde gegeben. Zudem habe der
kantonale Gerichtsentscheid Signalwirkung auf die Ausgestaltung der Sozialhilfe
durch die Gemeinden und dabei insbesondere auf die Frage, wann die
Voraussetzungen für den Bezug von Sozialhilfegeldern gegeben seien und welche
Weisungen und Auflagen dafür erfüllt sein müssten. Hinzu komme, dass aufgrund
der Argumentation der Vorinstanz, wonach der Stadt Solothurn keine finanziellen
Nachteile entstünden, da die Sozialhilfekosten durch den innerkantonalen
Lastenausgleich übernommen würden, auch sämtlichen anderen Gemeinden des
Kantons die Beschwerdelegitimation im Bereich der Sozialhilfe ohne weiteres
entzogen werde. In diesem Sinne habe der Entscheid des Verwaltungsgerichts
präjudizielle Wirkung.

5.

5.1. Die Sozialhilfe unterliegt nach § 55 Abs. 1 lit. f SG dem Lastenausgleich.
Dies gilt unter bestimmten Voraussetzungen auch für die Verwaltungskosten (§ 55
Abs. 4 SG). Die in den Lastenausgleich fallenden Geldleistungen und
Verwaltungskosten werden im Verhältnis der Einwohnerzahl nach der aktuellen
kantonalen Bevölkerungsstatistik auf die Gesamtheit der Einwohnergemeinden
verteilt (§ 55 Abs. 6 SG). Die betreffenden Kosten werden den involvierten
Gemeinden demnach nicht 1:1 angerechnet, sondern nach Massgabe der
Einwohnerzahl. Damit resultiert letztlich bei jedem einzelnen Sozialhilfefall
mit Leistungsfolge eine Betroffenheit aller Gemeinden. Bis der Lastenausgleich
effektiv wirksam wird, wird die mit dem konkreten Fall befasste Gemeinde
allerdings direkt und damit unmittelbarer und stärker belastet als die anderen.

5.2. In der Sache selbst geht es insbesondere um den Umfang und die Tragweite
der Mitwirkungspflicht der Beschwerdegegnerin als Voraussetzung für den
Anspruch auf Sozialhilfe. Die Beurteilung dieser Frage hat durchaus
präjudiziellen Charakter. Die zunehmend mit Ansprüchen auf Sozialhilfe
angegangenen Gemeinden haben ein elementares Interesse an einer Klarstellung
darüber, was sie von den Gesuchstellenden an Mitwirkung verlangen dürfen und wo
sie von Amtes wegen tätig werden müssen. Die Problematik stellt sich in einem
Bereich, in welchem das Subsidiaritätsprinzip gesetzlich verankert ist (§ 9 SG)
und Eigenleistungen den Bedarfsleistungen vorgehen. Gemäss § 6 Abs. 1 SG
gewährleistet und sorgt der Kanton mit den Einwohnergemeinden dafür, dass die
Sozialleistungen in den jeweiligen Leistungsfeldern unter Vorbehalt der
Eigenleistungen erbracht, finanziert und vollzogen werden. Gestützt auf § 8
Abs. 4 SG werden Unterstützungsleistungen sowie Leistungen der Sozialhilfe vom
Gemeinwesen Menschen gewährt, deren Eigenleistungen aus Eigenmitteln, privaten
und sozialen Versicherungsleistungen sowie deren Leistungen aus
familienrechtlichen Unterhalts- und Unterstützungsverpflichtungen unzureichend
sind (Bedarfsleistungen). Das Subsidiaritätsprinzip steht dabei in einem
gewissen Spannungsverhältnis zu den Kostenfolgen für das Gemeinwesen, welches
daran interessiert ist, die Sozialhilfeleistungen zu Lasten der Eigenleistungen
der Betroffenen möglichst tief zu halten. Dies wiederum wird relativiert durch
eine drohende (kostenfällige) Ersatzvornahme zu Lasten der Gemeinden, wenn
diese ihre sozialen Verpflichtungen nicht oder ungenügend wahrnehmen (§ 168
Abs. 1 SG). Die Gesuchstellenden und leistungsbeziehenden Personen tragen
Eigenverantwortung insofern, als ihnen gemäss § 17 SG eine umfassende
Mitwirkungspflicht obliegt. Die Sozialhilfe wird auf der Basis einer
individuellen Zielvereinbarung (Hilfeplan) gewährt und berücksichtigt
angemessen die persönlichen Verhältnisse (§ 148 Abs. 1 SG). Sie setzt aktive
Mitwirkung der hilfesuchenden Personen voraus und beruht auf dem Prinzip der
Gegenleistung. Sie kann an Bedingungen und Auflagen gebunden werden (§ 148 Abs.
2 SG). Bei der im Einzelfall beteiligten Gemeinde liegt somit eine - über den
finanziellen Aspekt hinausgehende - besondere Betroffenheit vor, indem sie sehr
nahe mit den Ansprechern und Ansprecherinnen befasst ist. Dies ist auch im hier
gegebenen Kontext so, bei dem es darum geht, ab welchem Zeitpunkt mit Blick auf
die Mitwirkungspflicht der Beschwerdegegnerin der Sozialhilfeanspruch beurteilt
werden kann (vgl. dazu auch URSPRUNG/RIEDI HUNOLD, Verfahrensgrundsätze und
Grundrechtsbeschränkungen in der Sozialhilfe, ZBl 116/2015 S. 412).

5.3. Die Beschwerdeführerin beruft sich nicht ausschliesslich darauf, zur
Bezahlung von zusätzlichen Sozialhilfegeldern verpflichtet zu sein. Bei der
vorzunehmenden Gesamtbetrachtung (vgl. BGE 140 V 328 E. 6.5 S. 335) vermag
daher eine Legitimationspraxis, die bei der Begründung der Betroffenheit allein
auf die Ausgestaltung des kantonalen Finanzausgleichs abstellt, nicht zu
überzeugen. Sie hätte nämlich zur Folge, dass keine einzige solothurnische
Gemeinde beschwerdebefugt wäre. Dies würde jedoch der Stossrichtung von BGE 140
V 328 zuwiderlaufen, die Beschwerdelegitimation der Gemeinden im Bereich der
Sozialhilfe in der Regel zu bejahen. Die Vorinstanz hat demnach Bundesrecht
verletzt (Art. 111 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 89 Abs. 1 BGG), indem sie der
Gemeinde die Beschwerdelegitimation im kantonalen Verfahren absprach.

6. 
Auf die Erhebung von Gerichtskosten ist umständehalber zu verzichten (Art. 66
Abs. 1 BGG). Dem sinngemässen Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche
Verbeiständung kann mangels Gebotenheit der Vertretung nicht entsprochen werden
(Art. 64 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids des
Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 16. September 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3. 
Das Gesuch der Beschwerdegegnerin um unentgeltliche Verbeiständung wird
abgewiesen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Departement des Innern des Kantons
Solothurn und dem Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 11. April 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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