Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.761/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_761/2015

Urteil vom 8. Januar 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
 A.________, vertreten durch Rechtsanwalt Radek Janis,
Beschwerdeführer,

gegen

 Helvetia Schweizerische
Versicherungsgesellschaft AG,
Dufourstrasse 40, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (mutmasslich entgangener Verdienst),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 21. August 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1970 geborene A.________ war seit 1. Februar 2004 Mitglied der
Geschäftsleitung der Firma B.________ AG und damit bei der Schweizerischen
National-Versicherungs-Gesellschaft - heute Helvetia Schweizerische
Versicherungsgesellschaft (nachfolgend Helvetia) - obligatorisch
unfallversichert. Am 16. Dezember 2004 wurde er Zeuge einer Schiesserei, bei
der zwei Personen starben. Der Versicherte war in der Folge aus psychischen
Gründen arbeitsunfähig. Die Helvetia kam für die Heilbehandlung und das Taggeld
auf. Mit Verfügung vom 8. Dezember 2010 stellte sie die Taggelder mangels
Arbeitsunfähigkeit des Versicherten per 28. Februar 2011 ein. Auf seine
Einsprache hin schlossen die Parteien am 28. Juni 2011 einen Vergleich ab,
wonach ihm die Helvetia eine Case Management-Unterstützung zur vollen
beruflichen Integration und ab 1. März 2011 bis zu deren Abschluss das volle
Taggeld leiste. Mit Verfügung vom 21. März 2013 sprach die IV-Stelle des
Kantons Zürich dem Versicherten ab 1. Dezember 2005 eine ganze Invalidenrente
zu. Mit Verfügung vom 11. März 2013 stellte die Helvetia fest, für die Zeit vom
17. Dezember 2004 bis 31. Januar 2013 bestehe eine Überentschädigung von Fr.
115'527.50; diese Summe werde vom Nachzahlungsbetrag der Ausgleichskasse des
Kantons Zürich in Abzug gebracht und sei auf das Konto der Helvetia zu
überweisen. Die Einsprache des Versicherten wies sie mit Entscheid vom 17. März
2014 ab.

B. 
Die hiegegen geführte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 21. August 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen
Entscheides sei festzustellen, dass keine Nachzahlungspflicht zu seinen Lasten
bestehe bzw. dass die von der Helvetia ausgerichteten Leistungen zu Recht
erfolgt seien; eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der
Auflage, nach Abklärung der wesentlichen Umstände und unter Berücksichtigung
der bundesgerichtliche Erwägungen neu über die Streitsache zu entscheiden.

Ein Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E.
2.2.1 S. 389).
 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über den bei der Überentschädigungsberechnung
massgebenden mutmasslich entgangenen Verdienst (Art. 69 Abs. 2 ATSG; Urteil
8C_46/2013 vom 27. August 2013 E. 2.2; vgl. auch Art. 51 Abs. 3 UVV; BGE 126 V
468 E. 4a S. 471; nicht publ. E. 6.2 des Urteils BGE 139 V 519, in SVR 2014 UV
Nr. 3 S. 6) richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3. 
Streitig und zu prüfen ist einzig die Höhe des mutmasslich entgangenen
Verdienstes des Beschwerdeführers.

Die Vorinstanz erwog mit einlässlicher Begründung - auf die verwiesen wird - im
Wesentlichen, er habe bei der Firma B.________ AG zuletzt per November 2004 ein
Einkommen von jährlich Fr. 95'550.- erzielt. Im Zeitpunkt der Schiesserei vom
16. Dezember 2004 sei diese Firma im Aufbau und dieses Einkommen als
Anfangsgehalt zu verstehen gewesen. Aus den Akten ergäben sich keine Hinweise
darauf, dass kurz- oder mittelfristig mit einer Ertragssteigerung hätte
gerechnet werden können. Das Gegenteil treffe eher zu, da die Telekommunikation
bereits damals ein hart umkämpfter Markt gewesen sei, was sich auf die
Gewinnspanne niederschlage. Es sei somit nicht überwiegend wahrscheinlich, dass
der Versicherte in den Jahren 2005 bis 2013 bei der Firma B.________ AG ein
höheres Einkommen als im November 2004 erwirtschaftet hätte. Soweit er
vorbringe, er hätte mittelfristig wieder an sein früheres Einkommen von rund
Fr. 250'000.- anschliessen können, sei anzumerken, dass er bei der Firma
C.________ AG von 1998 bis 2003 sehr hohe Löhne erzielt habe. Indessen sei er
hier am 28. Februar 2003 offenbar wegen Unstimmigkeiten mit dem Vorgesetzten
per sofort freigestellt worden bei Lohnfortzahlung bis Ende Mai 2003. Danach
habe er bis Februar 2004 Arbeitslosenentschädigung bezogen. In der Folge habe
er sich für den Aufbau des neuen Unternehmens entschieden, was zwangsläufig mit
einigen Risiken verbunden sei. Auch wenn eine Einkommenssteigerung möglich
gewesen und von ihm sicher angestrebt worden wäre, könne auf eine solche nicht
überwiegend wahrscheinlich geschlossen werden. Weiter sei aus den Akten nicht
ersichtlich, inwieweit durch seine Investition in den Betrieb D.________ kurz-
oder mittelfristig ein wesentliches Einkommen hätte erwirtschaftet werden
können. Auf das von der IV-Stelle aus den Jahren 2001 bis 2003 ermittelte, im
Gesundheitsfall hypothetisch erzielbare Valideneinkommen von jährlich Fr.
199'358.80 könne nicht abgestellt werden. Demnach entspreche der mutmasslich
entgangene Verdienst dem zuletzt bei der Firma B.________ AG erzielten Lohn von
Fr. 95'550.-.

4.

4.1. Der Versicherte legt neu eine Bestätigung des E.________ vom 30. September
2015 auf. Diese stellt angesichts des angefochtenen Entscheids vom 21. August
2015 ein unzulässiges echtes Novum dar (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123).

4.2. Zudem legt der Versicherte neu diverse Akten aus den Jahren 1998 bis 2004
auf. Da diese Akten vor dem angefochtenen Entscheid datieren, handelt es sich
um unechte Noven, deren Einreichung im Rahmen von Art. 99 Abs. 1 BGG zulässig
ist. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet indessen noch keinen
hinreichenden Anlass für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im
Verwaltungsverfahren oder im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten
vorgebracht werden können (nicht publ. E. 1.3 des Urteils BGE 138 V 286, in SVR
2012 FZ Nr. 3 S. 7 [8C_690/2011]). Der Versicherte legt nicht dar, inwiefern
der kantonale Entscheid zur Anrufung der obigen Akten Anlass gibt bzw. dass ihm
deren vorinstanzliche Geltendmachung trotz hinreichender Sorgfalt prozessual
unmöglich und objektiv unzumutbar war. Sie sind somit unbeachtlich (vgl. Urteil
8C_211/2014 vom 17. Juli 2014 E. 4).

4.3. Weiter beruft sich der Versicherte im Vergleich mit seiner
vorinstanzlichen Beschwerde letztinstanzlich über weite Teile auf neue
Tatsachen hinsichtlich der Verhältnisse bei den Firmen C.________ AG und
B.________ AG. Darauf kann aus den in E. 4.2 hievor dargelegten Gründen nicht
eingegangen werden (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. auch E. 5.2.2 hienach).

4.4. Soweit der Versicherte neu den allgemein zugänglichen Ausdruck der
Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamtes für Statistik nach
Wirtschaftszweigen 2008 anführt, ist dies zulässig (nicht publ. E. 2.3 des
Urteils BGE 136 V 395, in SVR 2011 KV Nr. 5 S. 20 [9C_334/2010]).

5.

5.1. Vorinstanzlich legte der Versicherte bezüglich der Firma B.________ AG
dar, sie sei im Zeitpunkt des Ereignisses vom 16. Dezember 2004 zu 80 %
fremdfinanziert gewesen und habe 35 Aktionäre gehabt, die rund Fr. 1,6 Mio.
zumeist als Risikokapital zur Verfügung gestellt hätten. Weiter verwies er
pauschal auf Folgendes: seinen früheren Verdienst; seine neue Tätigkeit als
Geschäftsleitungsmitglied/Inhaber statt als Angestellter; sein hohes Know-How
in der Branche, in der das neue Geschäft gegründet worden sei; die Tatsache,
dass sich dieses erst im Aufbau befunden habe und notorischerweise von einer
mittelfristig deutlichen Einkommenserhöhung ausgegangen werden müsse; mit dem
Betrieb D.________ sei man daran gewesen, eine zusätzliche Einkommensquelle zu
generieren. Alle diese Aspekte sprächen dafür, dass er mittelfristig wieder auf
Einkünfte im Bereich von mindestens Fr. 150'000.- bzw. rund 250'000.- gekommen
wäre. Aufgrund bloss dieser Angaben des Versicherten im kantonalen Verfahren
liess sich seine mutmassliche Einkommensentwicklung in der Firma B.________ AG
und in dem Betrieb D.________ nicht bestimmen.

Bezüglich des Betriebs D.________ ist dies denn auch unbestritten. Soweit der
Beschwerdeführer letztinstanzlich neu zusätzliche zahlenmässige Angaben zur
Struktur, Grösse und Entwicklung der Firma B.________ AG macht, ist dies
unzulässig und damit unbeachtlich (vgl. E. 4.3 hievor). Demnach kann auch nicht
per se auf den von ihm angeführten LSE-Tabellenlohn für Topkräfte im
Telekom-Bereich von Fr. 11'817.- abgestellt werden.

5.2. Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid im Ergebnis rechtens. Da
von weiteren Abklärungen keine entscheidrelevanten Ergebnisse zu erwarten
waren, verzichtete die Vorinstanz darauf zu Recht (antizipierte
Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236).

5.3. Ohne dass sich das Bundesgericht zu allen übrigen Vorbringen des
Beschwerdeführers ausdrücklich äussern müsste, ist die Beschwerde im Verfahren
nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG als offensichtlich unbegründet abzuweisen (vgl.
auch Urteil 6B_1207/2015 vom 14. Dezember 2015 E. 3).

6. 
Der unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Januar 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Jancar

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