Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.760/2015
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_760/2015

Urteil vom 18. März 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Wirthlin,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Alois Kessler,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Schwyz,
Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz
vom 19. August 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1976, ist Staatsangehöriger von Ägypten. Er verliess
Ägypten mit seiner Ehegattin und lebt seit 2003 in der Schweiz, wo er zunächst
die Schule B._________ besuchte. Ab 1. April 2008 war er als Geschäftsführer
und Gesellschafter der C.________ GmbH erwerbstätig. Wegen seit Mai 2009
auftretender Beschwerden infolge einer Lebererkrankung meldete sich der
Versicherte im November 2009 bei der IV-Stelle Schwyz zur Früherfassung und am
29. Dezember 2009 zum Rentenbezug an. Nach umfangreichen medizinischen
Abklärungen und unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer zwischen 2. Juni
und 27. August 2014 durchgeführten Observation verneinte die IV-Stelle einen
Rentenanspruch (Verfügung vom 3. März 2015).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Schwyz mit Entscheid vom 19. August 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
sinngemäss beantragen, die IV-Stelle habe ihm unter Aufhebung des angefochtenen
Gerichtsentscheids eine ganze Invalidenrente auszurichten. Zudem ersucht er um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
Sowohl die Vorinstanz als auch das Bundesamt für Sozialversicherungen und die
IV-Stelle verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E.
2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2
BGG).

1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteile 8C_685/2014 vom 22. Mai 2015 E. 2.1 und 9C_967/2008 vom
5. Januar 2009 E. 5.1).

2. 
Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als erst
der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135 V
194). Das Vorbringen von Tatsachen, die sich erst nach dem angefochtenen
Entscheid ereigneten oder entstanden (echte Noven), ist vor Bundesgericht
unzulässig (Urteil 8C_690/2011 vom 16. Juli 2012 E. 1.3 mit Hinweis, nicht
publ. in: BGE 138 V 286, aber in: SVR 2012 FZ Nr. 3 S. 7). Soweit der
Beschwerdeführer erstmals vor Bundesgericht neu erstellte medizinische Berichte
und Zeugnisse einreicht, handelt es sich um grundsätzlich unzulässige Noven,
weshalb darauf nicht weiter einzugehen ist.

3.

3.1. Im Sozialversicherungsverfahren gelten der Untersuchungsgrundsatz sowie
der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c
ATSG). Der rechtserhebliche Sachverhalt ist von Amtes wegen unter Mitwirkung
der Versicherten resp. der Parteien zu ermitteln. In diesem Sinne
rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über
den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist (FRITZ GYGI,
Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 43 und 273; Urteil 8C_441/2012
vom 25. Juli 2013 E. 6.1.1, in: SVR 2013 IV Nr. 44 S. 134). Der Verzicht auf
weitere Abklärungen oder im Beschwerdefall auf Rückweisung der Sache zu diesem
Zweck (antizipierte Beweiswürdigung) verletzt etwa dann Bundesrecht (Art. 95
lit. a BGG), wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche
enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage, wie namentlich
Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person, auf
unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (Urteil 9C_37/2015 vom 17.
Juni 2015 E. 3.2 mit Hinweisen).

3.2. Bei den gerichtlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur
Arbeitsfähigkeit handelt es sich grundsätzlich um eine Tatfrage (BGE 132 V 393
E. 3.2 S. 397 ff.). Ebenso stellt die konkrete Beweiswürdigung eine Tatfrage
dar. Dagegen sind die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen
sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Anforderungen an den
Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten Rechtsfragen (BGE 134 V 231 E. 5.1
S. 232).

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat seinen Entscheid in somatischer Hinsicht auf die
Ergebnisse des im Auftrag der Beschwerdegegnerin erstellten polydisziplinären
Gutachtens vom 31. Januar 2013 des Swiss Medical Assessment and Business
Centers in Bern (nachfolgend: SMAB-Gutachten) abgestützt. Mit Blick auf das
diagnostizierte lumbovertebrale Schmerzsyndrom und die beidseitige
Hüftgelenksarthrose anerkannte die Vorinstanz eine gewisse Einschränkung der
statischen Belastbarkeit, jedoch bei voller Zumutbarkeit einer leichten bis
mittelschweren Tätigkeit mit einer Gewichtslimite von 15 kg. In Bezug auf die
Leistungsfähigkeitseinbusse von 20 % infolge des unbehandelten grenzwertigen
Schlafapnoesyndroms ging das kantonale Gericht praxisgemäss zutreffend davon
aus, dass dem Versicherten aus diesem behandelbaren Leiden bei zumutbarer
CPAP-Therapie (Urteile 9C_315/2015 vom 8. Januar 2016 E. 3.2.2, 8C_348/2015 vom
25. August 2015 E. 4.2 und 8C_249/2015 vom 13. Juli 2015 E. 4.2, je mit
Hinweis) in Nachachtung der im gesamten Bereich des Sozialversicherungsrechts
geltenden Schadenminderungspflicht (vgl. BGE 138 V 457 E. 3.2 S. 461 mit
Hinweisen) keine anspruchsbegründende Einschränkung der Leistungsfähigkeit
verbleibe. So gelangte die Vorinstanz zur Feststellung, dass die
Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers aus somatischen Gründen nicht relevant
eingeschränkt sei.

4.2. Die ebenfalls unbestritten diagnostizierte somatische Gesundheitsstörung
einer schweren Leberverfettung bei nicht alkoholischer Steatohepatitis (NASH)
beeinträchtigt zwar als solche aus internistisch-gastroenterologischer Sicht
die Arbeitsfähigkeit nicht. Das kantonale Gericht berücksichtigte jedoch
aufgrund der medizinischen Aktenlage zutreffend, dass dieser somatische
Gesundheitsschaden die medikamentöse Therapierbarkeit einer allfälligen
psychischen Beeinträchtigung einschränkt. Angesichts der umfassenden
Abklärungen des Gesundheitszustandes auch in psychischer Hinsicht hielt die
Vorinstanz fest, jeder Gutachter bzw. Arzt habe eine andere Diagnose gestellt.
Das kantonale Gericht setzte sich ausführlich mit den verschiedenen
psychiatrischen Diagnosen auseinander und gelangte schliesslich - wie zuvor
schon die Beschwerdegegnerin - zur Feststellung, der Sachverhalt sei
ausreichend abgeklärt. Die verschiedenen, psychiatrisch erhobenen Befunde
könnten keiner der diversen schwerwiegenden Verdachtsdiagnosen genau zugeordnet
werden. Den abschliessenden Einschätzungen des fallführenden
Allgemeinmediziniers Dr. med. D.________ und des Psychiaters Dr. med.
E.________, beide vom Regionalen Ärztlichen Dienst (RAD) der IV-Stellen der
Zentralschweiz, vom 26. August und 12. September 2014 sei zu folgen. Demnach
lägen "Anzeichen für ein Malingering" (intentionale Simulation) allenfalls in
"Kombination mit einer eher mässig ausgeprägten psychiatrischen Störung" vor.
Unter Berücksichtigung der Observationsergebnisse, wonach der Versicherte ein
unauffälliges Verhalten gezeigt habe, sei angesichts seiner abweichenden
subjektiven Angaben, sich in der Öffentlichkeit "bizarr" zu verhalten, von
Aggravation auszugehen. Unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände müsse
nach allen Abklärungen hinsichtlich einer allfälligen psychogenen Einschränkung
der Leistungsfähigkeit auf Beweislosigkeit geschlossen werden. Nachdem die
Leistungsfähigkeit auch aus somatischen Gründen nicht relevant eingeschränkt
sei (E. 4.1 hievor), habe die IV-Stelle zu Recht einen Anspruch auf
Invalidenrente abgelehnt.

4.3. Der Beschwerdeführer rügt eine offensichtlich unrichtige und "krass
willkürliche" Beweiswürdigung. Indem Verwaltung und Vorinstanz die von der
Invalidenversicherung selber in Auftrag gegebenen psychiatrischen Abklärungen
als "nicht aussagekräftig" und "nicht schlüssig" abqualifiziert hätten, werde
ignoriert, dass die explorierenden Psychiater zur Hauptsache im Wesentlichen
übereinstimmend von einer die Leistungsfähigkeit massiv einschränkenden
Depression und Angststörung ausgegangen seien. Praxisgemäss hätten sowohl das
kantonale Gericht wie auch die Beschwerdegegnerin bei gegebener Beweislage
bundesrechtskonform auf die entsprechend übereinstimmenden psychiatrischen
Diagnosen der verwaltungsexternen Fachärzte abstellen müssen, da keine Gründe
ersichtlich seien, welche es rechtfertigen würden (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a/aa
S. 352 f.), von dem im Übrigen als beweiskräftig anerkannten SMAB-Gutachten
(vgl. E. 4.1 hievor) abzuweichen. Zudem hätten nicht nur die SMAB-Gutachter,
sondern auch die psychiatrische Fachärztin des SPD auf eine aus psychischen
Gründen erheblich eingeschränkte Leistungsfähigkeit geschlossen. Sogar der
RAD-Psychiater Dr. med. E.________ habe anlässlich seiner Untersuchung des
Versicherten vom 30. April 2013 in Betracht gezogen, dass Letzterer an einer
derart schweren Angststörung leide, welche eine Erwerbstätigkeit im ersten
Arbeitsmarkt ausschliesse. Deshalb habe er zur Behandlung sowie zur Klärung und
Festlegung der psychiatrischen Diagnostik einen stationären Aufenthalt in der
psychiatrischen Klinik F.________ (nachfolgend: PKF) veranlasst. Auch gemäss
PKF-Gutachten vom 15. April 2014 sei der Beschwerdeführer infolge der
diagnostizierten schweren depressiven Episode und der generalisierten
Angststörung vollständig arbeitsunfähig. Laut PKF-Gutachten sei unter Verweis
auf die dort zitierte medizinwissenschaftliche Literatur sogar von einer
Korrelation zwischen dem unbestritten diagnostizierten Leberleiden und den
psychischen Beschwerden auszugehen. Auch der Bericht des SPD vom 27. Oktober
2014 bestätige eine schwergradig depressive Störung und Angstsymptomatik.

5.

5.1. Basierend auf der Tatsachenfeststellung einer "eher mässig ausgeprägten
psychiatrischen Störung", wie sie der Allgemeinmediziner des RAD vermutete und
die Vorinstanz gemäss angefochtenem Entscheid nicht auszuschliessen vermochte,
hat das kantonale Gericht bei der Würdigung der medizinischen Aktenlage auf die
konkrete Anerkennung einer bestimmten Diagnose nach einem internationalen
Klassifikationssystem (BGE 140 IV 49 E. 2.4.1 S. 52 f.; 130 V 396 E. 6.3 S. 402
f.; je mit Hinweisen) verzichtet und mit der IV-Stelle - abweichend von allen
anderen versicherungsexternen Fachärzten - unter Berücksichtigung des
Observationsmaterials auf ein "allenfalls aggravatorisches Verhalten"
geschlossen. In direktem Widerspruch zu den Ausführungen des RAD-Psychiaters
bestätigte jedoch die behandelnde Psychiaterin des SPD, deren
Therapieräumlichkeiten sich im Wohnhaus des Versicherten befinden, gegenüber
den PKF-Gutachtern, dass sie das zum Teil bizarr wirkende ängstliche Verhalten
des Beschwerdeführers aus eigener Wahrnehmung anlässlich von Beobachtungen
ausserhalb des therapeutischen Kontextes kenne. Simulation oder Aggravation
könne sie mit Sicherheit ausschliessen. Demgegenüber hat das kantonale Gericht
auf die Einschätzungen des RAD-Psychiaters abgestellt und den gegenteiligen
tatsächlichen Feststellungen der verwaltungsexternen SPD-Psychiaterin, auf
welche sich auch die PKF-Gutachter abstützten, keine Beweiskraft beigemessen.
Dem angefochtenen Entscheid lässt sich hiefür keine Begründung entnehmen. Ohne
die über mehrere Seiten hinweg wiedergegebenen Zitate aus medizinischen
Berichten und Gutachten im Einzelnen schlüssig zu würdigen und die
dargestellten gegensätzlichen Auffassungen überzeugend und nachvollziehbar
gegeneinander abzuwägen, schloss die Vorinstanz auf ein "allenfalls
aggravatorisches Verhalten" des Versicherten. Dies, obgleich der RAD-Psychiater
basierend auf seiner eigenen Sichtung des Observationsmaterials nicht von
Aggravation, sondern von einer "bewusstseinsnahen intentionalen Simulation
(Malingering) " ausging, weil der "überdurchschnittlich intelligente"
Beschwerdeführer sicher nicht so dumm gewesen sei, im örtlichen Umfeld der
Praxis seiner Psychotherapeutin im Wissen um die mögliche Beobachtung auf die
Simulation des "leicht bizarren" Verhaltens zu verzichten. Dem ist
entgegenzuhalten, dass der Versicherte sich als Simulant - angesichts seiner
Intelligenz - wohl kaum psychiatrisch in einer Praxis innerhalb seiner
Wohnsiedlung hätte behandeln lassen, wo er zwingend mit einer tagtäglichen
Beobachtung durch seine Therapeutin hätte rechnen müssen. Zur
medizinwissenschaftlich mit Literaturhinweisen im PKF-Gutachten belegten
Korrelation zwischen dem Auftreten von Depressionen und Angststörungen bei
Patienten mit Steatohepatitis äusserten sich weder der RAD-Psychiater noch das
kantonale Gericht.

5.2. Nach dem Gesagten hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt, indem sie die
rechtserheblichen Tatsachen unvollständig festgestellt hat (vgl. E. 3 hievor).
Bei gegebener Aktenlage bestand für das kantonale Gericht nach Massgabe von
Art. 61 lit. c ATSG Veranlassung, angesichts von angeblichen Zweifeln - nicht
nur an den mehrheitlich übereinstimmenden versicherungsexternen fachärztlichen
Einschätzungen, sondern insbesondere auch an den hiegegen von den RAD-Ärzten
geäusserten Vorbehalten (vgl. BGE 135 V 465) - den psychischen
Gesundheitszustand im Rahmen eines gerichtlichen Obergutachtens wiederum
während eines stationären Aufenthalts endgültig klären zu lassen und den
rechtserheblichen Sachverhalt damit vollständig festzustellen. Soweit die
Vorinstanz aus den Akten der IV-Stelle "keine übereinstimmende bzw. überwiegend
wahrscheinliche psychiatrische Diagnose" eruieren konnte, ist dieser Auffassung
mit dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass alle verwaltungsexternen
psychiatrischen Fachärzte aktenkundig von glaubhaften psychischen Beschwerden
basierend unter anderem auf den anerkannten Verfolgungsängsten (Angststörung)
ausgingen, während dieses Verhalten einzig aus RAD-ärztlicher Sicht als
Simulation qualifiziert wurde. Bei dieser Ausgangslage war es mit Blick auf BGE
135 V 465 nicht zulässig, allein auf die RAD-ärztlich geäusserten Zweifel
abzustellen. Dies umso weniger, als nicht nur das SMAB-Gutachten, sondern auch
die PKF-Expertise - Letztere ausdrücklich zur präzisierenden Beurteilung des
komplexen psychischen Zustandsbildes, was gemäss Einschätzung des
RAD-Psychiaters nur in einem stationären Rahmen möglich gewesen war - im
Auftrag der Beschwerdegegnerin erstellt wurden. Indem das kantonale Gericht bei
gegebener medizinischer Aktenlage abweichend von allen versicherungsexternen
fachpsychiatrischen Einschätzungen - ohne Durchführung eines gerichtlichen
Obergutachtens in stationärem Setting - in Bezug auf die Frage nach einer
konkreten, lege artis zu diagnostizierenden psychischen Störung auf
Beweislosigkeit schloss, verstiess es gegen die Rechtsprechung, wonach sich die
Frage der Beweislast erst dann stellt, wenn es sich als unmöglich erweist, im
Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes aufgrund einer Beweiswürdigung einen
Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat,
der Wirklichkeit zu entsprechen (BGE 138 V 218 E. 6 S. 221 f. mit Hinweisen).
Dem angefochtenen Entscheid ist nicht zu entnehmen, weshalb die von allen
verwaltungsexternen Psychiatern anerkannten psychischen Beschwerden überwiegend
wahrscheinlich auf ein allenfalls aggravatorisches Verhalten zurückzuführen
gewesen sein sollen. Basiert diese Auffassung gegebenenfalls auf einem
konkreten Erkenntnisgewinn aus der vorinstanzlichen Visionierung des
Observationsmaterials, wären die entsprechenden Tatsachenfeststellungen nach
Massgabe von Art. 61 lit. c ATSG nachvollziehbar in der Begründung für diese
Auffassung darzulegen gewesen. Hier hat jedoch nicht einmal der RAD-Psychiater
aufgrund seiner Visionierung des Observationsmaterials auf Aggravation
geschlossen, sondern ausschliesslich bewusste Simulation (Z76.5 nach ICD-10 in
der Fassung von 2013) diagnostiziert. Dabei beruht die psychiatrische
Einschätzung auf der nicht nachvollziehbaren RAD-ärztlichen Mutmassung, der
überdurchschnittlich intelligente Versicherte müsse seine Observation entdeckt
und daher die zuvor in den psychiatrischen Begutachtungen behaupteten Symptome
unter Beobachtung während der Observation simuliert haben (vgl. E. 5.1 hievor).
Würde die Mutmassung des RAD-Psychiaters zutreffen, wäre die Beweiskraft der
Observation in Frage zu stellen.

5.3. Zusammenfassend ist ein Gerichtsgutachten einzuholen, wenn - wie hier -
die Abklärungsergebnisse aus dem Verwaltungsverfahren in rechtserheblichen
Punkten nicht ausreichend beweiswertig sind (BGE 137 V 210 E. 4.4.1.5 S. 265;
Urteil 9C_37/2015 vom 17. Juni 2015 E. 3.3.2). Der angefochtene Entscheid ist
deshalb aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese
bei einer nicht vorbefassten Institution im Rahmen eines stationären
Aufenthalts ein gerichtliches Obergutachten unter Bereitstellung der
vollständigen Akten (einschliesslich des Observationsmaterials) zur Klärung der
psychischen Diagnosen nach Massgabe eines internationalen
Klassifikationssystems sowie zur Beurteilung der daraus gegebenenfalls
resultierenden Leistungsfähigkeitseinbusse veranlasse. Dabei wird allenfalls -
je nach Diagnosestellung - die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu anhaltenden
somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden
gemäss BGE 141 V 281 E. 5.2 S. 306 ff. zu berücksichtigen sein. Die Gutachter
werden sich auch zu der im PKF-Gutachten (S. 12) aufgeworfenen Frage nach einem
allfälligen ursächlichen Zusammenhang zwischen Leberschaden und psychischer
Gesundheitsstörung äussern. Hernach wird das kantonale Gericht über die
vorinstanzliche Beschwerde neu zu entscheiden haben.

6. 
Praxisgemäss entspricht die Rückweisung einem vollen Obsiegen (BGE 137 V 210 E.
7.1 S. 271 mit Hinweisen). Die unterliegende IV-Stelle hat die Gerichtskosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und dem Beschwerdeführer eine
Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG; BGE 132 V 215 E. 6.1 S.
235). Damit wird das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung im
bundesgerichtlichen Verfahren gegenstandslos. Gleiches gilt für das
entsprechende Gesuch bei der Vorinstanz (Art. 68 Abs. 5 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 19. August 2015 aufgehoben. Die
Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen
wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. März 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben