Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.710/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_710/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 30. November 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Polla.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Simone Hunn,
Beschwerdeführer,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 17. August 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1964 geborene A.________ war vom 7. November 1997 bis 30. April 2014 bei
der B.________ AG zuletzt als Teamleiter Vertriebssekretariate tätig gewesen.
Am 24. April 2014 meldete er sich bei der Arbeitslosenversicherung zur
Arbeitsvermittlung an und beantragte sinngemäss ab 1. Mai 2014
Arbeitslosenentschädigung. Mit Verfügung vom 7. Juli 2014 verneinte die
Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich einen Anspruch auf Arbeitslosentaggeld
mangels anrechenbarem Arbeits- und Verdienstausfall ab 1. Mai 2014, indem sie
die von ihm seit Januar 2014 ausgeübte Tätigkeit als Versicherungsberater im
Aussendienst (Betreuung der Ortsagentur C.________) bei der Versicherung
D.________ als Zwischenverdienst - unter Anrechnung eines orts- und
branchenüblichen Lohnes von Fr. 6'500.- - berücksichtigte. In Korrektur des
anrechenbaren orts- und branchenüblichen Ansatzes auf Fr. 6'120.- wies die
Arbeitslosenkasse die dagegen geführte Einsprache ab (Einspracheentscheid vom
27. November 2014).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 17. August 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es seien ihm in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids die
gesetzlichen Leistungen zuzusprechen; insbesondere sei ihm ab 1. Mai 2014
Arbeitslosenentschädigung unter Anrechnung des tatsächlich erzielten Einkommens
zuzusprechen. Eventualiter sei ein orts- und branchenübliches Einkommen bei
einem 20%-igen Beschäftigungsgrad anzurechnen.
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze zum Begriff
des Zwischenverdienstes und zum Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls (Art.
24 Abs. 1 AVIG) sowie zur Definition desselben (Art. 24 Abs. 3 AVIG) zutreffend
dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3. 
Das kantonale Gericht erwog, im Zeitpunkt des Stellenantritts bei der
Versicherung D.________ sei der Versicherte keiner Haupttätigkeit mehr
nachgegangen, sondern habe sich in einer von der B.________ AG finanzierten
beruflichen Neuorientierung befunden. Es sei daher erstellt, dass er die
Tätigkeit als Ortsagent bei der Versicherung D.________ erst nach der
Austritts- und Übertrittsvereinbarung vom 5. Juni 2013 mit der ehemaligen
Arbeitgeberin im Hinblick auf die drohende Arbeitslosigkeit aufgenommen hatte,
weshalb das als Versicherungsberater erzielte Einkommen als Zwischenverdienst
anzurechnen sei. Hinsichtlich der Anrechnung eines fiktiven Einkommens ergäbe
sich aus dem Vertrag als Ortsagent, dass er für die akquisitorischen Aufgaben
auf Provisionsbasis entschädigt worden sei und eine Pauschale für die Betreuung
und Förderung des Versicherungsbestandes in der Höhe von Fr. 800.- im Jahr
sowie eine Entschädigung für die entstandenen Reise- und Bürokosten erhalten
habe. Eine Regelung hinsichtlich des zu betreibenden Zeitaufwandes enthalte der
Ortsagenturvertrag nicht. Gemäss Auskunft der Versicherung D.________ könne das
Pensum individuell ausgestaltet werden und die Entlöhnung entspreche der
geleisteten Arbeit. Die im Wochenprogramm angegebenen Termine würden nicht
überprüft. Hieraus ergäbe sich bezüglich des Zwischenverdienstes eine nicht
hinreichend bestimmbare Arbeitszeit und Entlöhnung. Die Arbeitslosenkasse sei
daher zu Recht von einem berufs- und ortsüblichen Ansatz für eine
Vollzeittätigkeit als Agent und nicht, wie vom Beschwerdeführer verlangt, von
einem 20%-igen Teilzeitpensum ausgegangen. Eine vom Gesetz abweichende
Behandlung infolge Vertrauensschutz falle mangels nicht wieder rückgängig zu
machender Dispositionen ausser Betracht, da der Versicherte auch im Wissen um
die Anrechnung eines orts- und branchenüblichen Lohnes seine Tätigkeit als
Ortsagent mit drohendem Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung
nicht aufgegeben und beschwerdeweise ausgeführt habe, er könne sich vorstellen,
auch nachdem er eine 100 %-Stelle gefunden habe, die Tätigkeit bei der
Versicherung D.________ weiterzuführen.

4.

4.1. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, vermag zu keinem anderen
Ergebnis zu führen. Das kantonale Gericht hat den bei der Versicherung
D.________ erzielten Verdienst korrekterweise, u. a. unter Hinweis auf die
Rechtsprechung gemäss ARV 2008 S. 154,       C 252/06 E. 3.3.2, mangels einer
auf die Erzielung eines Erwerbseinkommens ausgerichteten Hauptbeschäftigung im
Zeitpunkt des Stellenantritts als Ortsagent am 1. Januar 2014 als
Zwischenverdienst und nicht als Nebenverdienst qualifiziert. Dies ist auch
nicht mehr umstritten.

4.2. Mit Blick auf die Berechnung des Verdienstausfalls hat die Vorinstanz in
Würdigung der gesamten Aktenlage, ohne in Willkür zu verfallen, festgestellt,
dass es sich bei der Entlöhnung auf Provisionsbasis für die akquisitorischen
Aufgaben und der "Bestandesführungsentschädigung" von jährlich Fr. 800.- sowie
der Entschädigung für die entstandenen Reise- und Bürokosten nicht um eine
orts- und berufsübliche Entlöhnung für eine solche
Versicherungsagententätigkeit handelt, womit sie in bundesrechtskonformer Weise
erkannte, dass ein berufs- oder branchenüblicher Lohn anzurechnen ist (vgl. ARV
1998 Nr. 33 S. 179, C 258/97; Urteile 8C_774/2008 vom 3. April 2009 und C 139/
06 vom 13. Oktober 2006). Im vom Beschwerdeführer angerufenen Urteil C 225/05
vom 9. März 2006 war die Anrechnung eines berufs- und ortsüblichen Einkommens
als Zwischenverdienst auf der Basis der geleisteten Arbeitszeit in Monaten ohne
Provisionsleistungen nicht mehr umstritten, weshalb sich das Bundesgericht in
Bindung an die Parteibegehren (Art. 107 Abs. 1 BGG) damit nicht näher
auseinanderzusetzen hatte; der Streit drehte sich lediglich noch um die Frage,
welchen Kontrollperioden einzelne Zwischenverdienste anzurechnen waren. Hieraus
lässt sich daher nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers ableiten. Auch bei
einem 20 %-igen Pensum - wie vom Versicherten postuliert - entspricht die
umsatzbezogene Entlöhnung (Provision) nicht annähernd der Arbeitsleistung,
weshalb sie nicht berufs- und ortsüblich ist (vgl. Urteil 8C_443/2007 vom 10.
März 2008 E. 4 in fine) und für die Berechnung des Verdienstausfalls zu Recht
ein berufs- und ortsüblicher Ansatz herangezogen wurde. Weiter ist die
vorinstanzliche Annahme einer Vollzeitbeschäftigung anstelle des von ihm
behaupteten 20 %-Pensums oder der von der Versicherung D.________ im Schreiben
vom 3. November 2014 angegebenen Pensumsobergrenze von 45 % unter dem
Blickwinkel der eingeschränkten Kognition (E. 1 hievor) nicht
bundesrechtswidrig oder offensichtlich unrichtig, d. h. willkürlich (BGE 132 V
393 E. 4.1 S. 400) und die darauf beruhenden Erwägungen auch nicht
rechtsfehlerhaft. Gegen die Höhe des hypothetischen Lohnes für ein
Vollzeitpensum von Fr. 6'120.- brutto im Monat wendet sich der Beschwerdeführer
letztinstanzlich nicht mehr. Das kantonale Gericht schlussfolgerte in nicht zu
beanstandender Weise, dass sich das Arbeitspensum nicht hinreichend zuverlässig
bestimmen liesse, zumal sich die genannte Pensumsobergrenze für Ortsagenten von
45 % weder im Ortsagenturvertrag vom 18. Dezember 2013 findet noch auf
Nachfrage der Arbeitslosenkasse bei der Versicherung D.________ am 11. November
2014 hin entsprechende Unterlagen über die mit der Führung der Ortsagentur
C.________ verbundene Beschäftigungsobergrenze eingereicht wurden.

4.3. Schliesslich dringt die Berufung auf den Vertrauensschutz nicht durch.
Selbst wenn seitens der RAV-Beratung im Sinne der Ermutigung, die Stelle als
Ortsagent beizubehalten, eine falsche oder irreführende Auskunft erteilt worden
wäre, vermag der Beschwerdeführer nicht überzeugend darzutun, er hätte bei
entsprechender behördlicher Auskunft in dem Sinne anders disponiert, dass er
seine Tätigkeit als Versicherungsagent vollständig aufgegeben hätte, nachdem er
dies letztinstanzlich erstmals einwendet. Bei dieser Sachlage ist mit der
Vorinstanz davon auszugehen, dass keine vertrauensschutzrechtlich bedeutsame
nachteilige Disposition oder Unterlassung (dazu: BGE 131 V 472 E. 5 S. 480 f;
137 II 182 E. 3.6.2 S. 193) vorliegt, womit auch unter diesem Gesichtswinkel
kein Leistungsanspruch besteht. Die Beschwerde ist unbegründet.

5. 
Der unterliegende Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und dem Amt für Wirtschaft
und Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. November 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Polla

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