Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.699/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_699/2015

Urteil vom 28. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zug,
Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Neuanmeldung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 26. August 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1968 geborene A.________ meldete sich am 11. November 1998, am 11. Juni
2001 und am 22. Dezember 2006 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug
an. Die IV-Stelle des Kantons Zug lehnte die Gesuche allesamt ab (Verfügungen
vom 15. März 1999, 5. November 2003 [bestätigt mit Einspracheentscheid vom 12.
Februar 2004 und mit Entscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Zug vom 26.
August 2004], und 17. März 2009). Die letzte Verfügung vom 17. März 2009
basierte auf den Erkenntnissen aus der Expertise des medizinischen
Abklärungsinstituts B.________ vom 3. November 2008. Am 28. Januar 2013
erfolgte eine Neuanmeldung bei der Invalidenversicherung. Die IV-Stelle holte
diverse Arztberichte ein und konsultierte den Regionalen Ärztlichen Dienst
(RAD; Stellungnahmen des RAD-Arztes Dr. med. C.________, Facharzt für Innere
Medizin FMH, vom 4. Januar 2013, 12. März 2013 und 20. Mai 2014). Nach
Durchführung des Vorbescheidverfahrens verneinte die IV-Stelle mit Verfügung
vom 22. Mai 2014 einen Rentenanspruch unter Hinweis auf einen seit dem Jahr
2009 unveränderten Invaliditätsgrad von 28 % zum wiederholten Mal.

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zug wies die dagegen erhobene Beschwerde ab
(Entscheid vom 26. August 2015).

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm die
gesetzlichen IVG-Leistungen (Rente und Eingliederungsmassnahmen) zuzusprechen
und er sei polydisziplinär begutachten zu lassen. Ferner sei ihm die
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu bewilligen.
Das Bundesgericht hat auf die Durchführung eines Schriftenwechsels verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung auf Rüge hin
oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht,
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). Als "offensichtlich
unrichtig" gelten die vorinstanzlichen Feststellungen, wenn sie willkürlich
erhoben worden sind (Art. 9 BV; BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; allgemein zur
Willkür in der Rechtsanwendung BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 138 I 49 E. 7.1
S. 51; 138 III 378 E. 6.1 S. 379 f.; insbesondere zu jener in der
Beweiswürdigung BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.;
Urteil 2C_1143/2013 vom 28. Juli 2014 E. 1.3.4). Das Bundesgericht wendet das
Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist folglich weder an die in
der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der
Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.; 134 V 250 E. 1.2 S. 252, je
mit Hinweisen).

2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und die von der Rechtsprechung
entwickelten Grundsätze zur Rentenrevision, die bei Neuanmeldungen analog
Anwendung finden (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV; BGE 130 V 71
E. 3.2.3 S. 77; vgl. auch BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114; 134 V 131 E. 3. S. 132),
zur Aufgabe des Arztes oder der Ärztin bei der Invaliditätsbemessung (BGE 132 V
93 E. 4 S. 99) und zu den Anforderungen an beweiskräftige medizinische Berichte
und Gutachten (vgl. auch BGE 137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S.
232; 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Das kantonale Gericht verglich die Verhältnisse im Zeitpunkt der
rentenablehnenden Verfügung vom 17. März 2009 mit denjenigen bei Erlass der
Verfügung vom 22. Mai 2014. In psychiatrischer Hinsicht hielt es fest, dass der
Beschwerdeführer in seiner Neuanmeldung (vom 28. Januar 2013) keine psychischen
Beschwerden geltend gemacht habe und sich zudem weder den von ihm im Rahmen der
erwähnten Neuanmeldung eingereichten noch den von der Beschwerdegegnerin
eingeholten Arztberichten Hinweise auf eine Verschlechterung des psychischen
Gesundheitszustandes entnehmen liessen. Auf der somatischen Ebene habe einzig
der Hausarzt Dr. med. D.________, Facharzt für Innere Medizin FMH, eine
Verschlechterung des Gesundheitszustandes bejaht und sich dabei offensichtlich
auf die subjektiven Angaben des Beschwerdeführers gestützt, ohne dies mit
objektiven Befunden belegen zu können. Die in die Behandlung involvierte Klinik
E.________ habe demgegenüber im August 2012 eine massgebliche Verschlechterung
verneint (Bericht vom 8. August 2012). Durch die zahlreichen bildgebenden
Untersuchungen in der Klinik F.________ hätten eine beginnende Spondylarthrose
bzw. minime degenerative Veränderungen objektiviert werden können. In
Übereinstimmung mit diesen Ergebnissen und den medizinischen Berichten sei Dr.
med. C.________ nachvollziehbar zur Ansicht gelangt, dass die Befunde keinen
relevanten Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit hätten und eine Verschlechterung
im Vergleich zur letzten Beurteilung im März 2009 nicht ausgewiesen sei.
Dementsprechend bestehe mangels eines invalidenversicherungsrechtlich
relevanten Gesundheitsschadens nach wie vor kein Anspruch auf eine Rente.

3.2. Die durch das kantonale Gericht getroffenen Tatsachenfeststellungen,
namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind
im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hiervor). Im
Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es
nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die schon im vorangehenden Verfahren im Recht
gelegenen ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz zu korrigieren.

3.3. Die Vorbringen des Beschwerdeführers zeigen keine offensichtliche
Unrichtigkeit der vorinstanzlichen Schlussfolgerungen auf.

3.3.1. Nach der Rechtsprechung ist es dem Sozialversicherungsgericht nicht
verwehrt, einzig oder im Wesentlichen gestützt auf die (versicherungsinterne)
Beurteilung des RAD zu entscheiden. Es ist dem Beschwerdeführer allerdings
zuzustimmen, dass in solchen Fällen an die Beweiswürdigung strenge
Anforderungen in dem Sinne zu stellen sind, dass bei auch nur geringen Zweifeln
an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen
Feststellungen eine versicherungsexterne Begutachtung anzuordnen ist (BGE 139 V
225 E. 5.2 S. 229; 135 V 465 E. 4.4 S. 469 f. und E. 4.7 S. 471).
Die Vorinstanz hat den Berichten des RAD-Arztes vom 4. Januar 2013, 12. März
2013 und 20. Mai 2014, welcher sich unter anderem auch mit den Auswirkungen der
von der Klinik F.________ bildgebend festgestellten - minimen - degenerativen
Veränderungen auseinandergesetzt hatte, vollen Beweiswert zuerkannt. Sie hat
die entsprechenden Angaben jedoch nicht unbesehen als massgebend erachtet,
sondern vielmehr auf dessen Darlegungen Bezug genommen, mit welchen er sich zur
abweichenden Auffassung des behandelnden Dr. med. D.________ äussert. Das
kantonale Gericht hat die Beweise pflichtgemäss und keineswegs willkürlich
gewürdigt, indem es hinsichtlich der Frage, ob sich seit der letzten Verfügung
vom 17. März 2009 eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingestellt
hat, der abschlägigen Antwort des RAD-Arztes gefolgt ist. Es bestehen keine
Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der RAD-Berichte.
Rechtsprechungsgemäss steht daher nichts entgegen, diese als massgebend zu
erachten, auch wenn im vorinstanzlichen Entscheid BGE 135 V 465 zur
Beweiswürdigung von versicherungsinternen Berichten nicht explizit zitiert
wird. Daran ändert auch der Einwand nichts, in der Klinik F.________ seien
beginnende Spondylarthrosen bildgebend festgestellt worden. Mit Blick darauf,
dass schon im Zeitpunkt der rentenablehnenden Verfügung vom 17. März 2009
degenerative Veränderungen im Lumbalbereich bekannt waren und "beginnend" nicht
ohne weiteres mit "neu" gleichzusetzen ist, sondern im vorliegenden
Zusammenhang als "minim" zu deuten ist, kann der Argumentation des
Versicherten, aus dem "neuen Befund" ergebe sich eine Verschlechterung des
Gesundheitszustandes, nicht beigepflichtet werden.

3.3.2. In psychischer Hinsicht bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass
sich der Gesundheitszustand seit der Verfügung vom 17. März 2009 in erheblicher
Weise verändert hat, weshalb auch kein Anlass für eine psychiatrische Abklärung
bestand. Die neue Rechtsprechung zu den somatoformen Schmerzstörungen bzw.
äquivalenten Beschwerdebildern nach BGE 141 V 281 stellt für sich allein keinen
Neuanmeldungs- bzw. Revisionsgrund dar. Grund für eine Neuanmeldung - bei der
die Revisionsregeln analog anwendbar sind (E. 2 hiervor) - ist somit allemal
eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse (BGE 141 V 9 E. 2.3 S. 10), die
hier aber gerade nicht vorliegt. Ob ein rechtskräftig beurteilter,
unveränderter Sachverhalt nach einer neuen Rechtsprechung rechtlich anders
eingeordnet würde, spielt keine Rolle (Urteil 8C_590/2015 vom 24. November 2015
E. 5.3, zur Publikation vorgesehen).

3.3.3. Weil von zusätzlichen medizinischen Abklärungsmassnahmen keine neuen
entscheidwesentlichen Aufschlüsse zu erwarten sind, kann und konnte auf
weitergehende medizinische Erhebungen und Gutachten verzichtet werden
(antizipierte Beweiswürdigung; BGE 136 I 229 E. 5.3 S. 236). Beschwerdegegnerin
und Vorinstanz haben durch diese Vorgehensweise den Untersuchungsgrundsatz nach
Art. 43 und 61 lit. c ATSG und die Verfahrensgarantien gemäss Art. 6 EMRK oder
Art. 29 BV nicht verletzt.

4. 
Da die Beschwerde offensichtlich unbegründet ist, wird sie im Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Verweis auf
den angefochtenen Entscheid (Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.
Der Prozess ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten
sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
(Prozessführung, Verbeiständung) für den letztinstanzlichen Prozess kann wegen
Aussichtslosigkeit der Beschwerde nicht stattgegeben werden (Art. 64 Abs. 1 und
2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 28. Dezember 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz

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