Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.654/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_654/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 14. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Nebenverdienst),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 20. Juli 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1961 geborene A.________ war vom 15. November 2009 bis 15. Mai 2010 und vom
1. Juli 2010 bis zum 15. Januar 2011 beim Verein B.________ in einem
Teilzeitpensum angestellt. Danach meldete er sich bei der Arbeitslosenkasse des
Kantons Zürich zum Leistungsbezug an und gab an, eine Vollzeitstelle zu suchen.
Die Kasse richtete auf dieser Grundlage Arbeitslosentaggelder aus. Nachdem sie
Kenntnis davon erhalten hatte, dass A.________ während der Arbeitslosigkeit
Einkünfte aus einer Lehrtätigkeit erzielt hatte, berechnete sie die
Taggeldansprüche neu und forderte mit Verfügungen vom 19. November 2013 für die
Zeit von Januar 2011 bis Januar 2013 zu viel ausgerichtete Taggelder zurück.
Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das bei dieser Tätigkeit erzielte
Einkommen hätte bei der Taggeldbemessung als Zwischenverdienst
anspruchsmindernd berücksichtigt werden müssen. Auf Einsprachen hin reduzierte
die Kasse den Rückerstattungsanspruch auf für die Zeit zwischen Januar 2011 bis
Januar 2012 zu viel ausgerichtete Entschädigungen in der Höhe von Fr.
11'068.10.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 20. Juli 2015 ab.

C. 
A.________ führt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen und des Einspracheentscheids.
Mit Zwischenverfügung vom 10. November 2015 weist das Bundesgericht das im
Nachgang an die Kostenvorschussverfügung vom 30. September 2015 eingereichte
Gesuch um unentgeltliche Prozessführung ab, worauf der Kostenvorschuss
beglichen wird.

Erwägungen:

1. 
Nachdem der einverlangte Kostenvorschuss fristgerecht geleistet worden ist und
die weiteren Prozessvoraussetzungen ebenfalls erfüllt sind, kann in der Sache
ein materieller Entscheid ergehen.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Das
Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die geltend gemachten
Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 140 V 136 E.
1.1 S. 138).

2.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).
Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.3. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur soweit vorgebracht werden, als
erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 135
V 194). Solche Umstände können namentlich in formellrechtlichen Mängeln des
angefochtenen Entscheides liegen, mit denen die Partei nicht rechnete und nach
Treu und Glauben nicht zu rechnen brauchte, oder darin, dass die Vorinstanz
materiell in einer Weise urteilt, dass bestimmte Sachumstände neu und erstmals
rechtserheblich werden. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet
noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die
Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne
weiteres hätten vorgebracht werden können. Das Vorbringen von Tatsachen, die
sich erst nach dem angefochtenen Entscheid ereigneten oder entstanden (echte
Noven), ist vor Bundesgericht unzulässig (Urteil 8C_280/2014 vom 30. Januar
2015 E. 2 mit Hinweis). Inwiefern die Voraussetzung für ein nachträgliches
Vorbringen von Tatsachen und Beweismitteln erfüllt sein soll, ist in der
Beschwerde darzutun (BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123; 133 III 393 E. 3 S. 395;
Urteil 8C_674/2013 vom 20. Februar 2014 E. 2.1 mit Hinweis).

3. 
Im Streit steht einzig die Frage, ob die vom Beschwerdeführer während der
Arbeitslosigkeit ausgeübte, der Kasse nicht gemeldete Lehrtätigkeit bei der
Bemessung des Taggeldanspruchs als Zwischenverdienst anzurechnen ist bzw. hätte
bereits ursprünglich angerechnet werden müssen. Von keiner Seite thematisiert
ist die Art und Weise der Berechnung des daraus abzuleitenden
Rückforderungsanspruchs. Nachfolgend ist daher allein auf das von den Parteien
näher zur Diskussion Gestellte einzugehen (E. 2.1 hievor).

4. 
Soweit eine ganz oder teilweise arbeitslose Person im Sinne von Art. 10 AVIG
die weiteren Anspruchsvoraussetzungen (Art. 8 AVIG) erfüllt, steht ihr eine
Arbeitslosenentschädigung zu. Diese wird als Taggeld ausgerichtet (Art. 21
AVIG). Ausgangspunkt der Taggeldbemessung ist der versicherte Verdienst (Art.
22 AVIG). Als versicherter Verdienst gilt der im Sinne der AHV-Gesetzgebung
massgebende Lohn, der während eines Bemessungszeitraums aus einem oder mehreren
Arbeitsverhältnissen normalerweise erzielt wurde (Art. 23 Abs. 1 AVIG). Nicht
versichert ist gemäss Abs. 3 dieser Bestimmung ein Nebenverdienst. Als solcher
gilt jener Verdienst, den ein Versicherter ausserhalb der normalen Arbeitszeit
als Arbeitnehmer oder ausserhalb des ordentlichen Rahmens seiner
selbstständigen Erwerbstätigkeit erzielt.
Übt eine versicherte Person während der Arbeitslosigkeit eine selbstständige
oder unselbstständige Tätigkeit aus, ist der innerhalb einer Kontrollperiode
erzielte Verdienst bei der Bemessung des zu entschädigenden Verdienstausfalls
als Zwischenverdienst anzurechnen, ausser es handelt sich dabei um einen
Nebenverdienst im Sinne von Art. 23 Abs. 3 AVIG (Art. 24 AVIG, insbesondere
Abs. 3).

5. 
Nach unbestrittener vorinstanzlicher Feststellung betrug die wöchentliche
Arbeitszeit der am 15. Januar 2011 verlustig gegangenen Arbeitsstelle in der
ersten Anstellungsperiode 33,6 und in der zweiten 21 Stunden bei einer
betriebsüblichen Normalarbeitszeit von 42 Wochenstunden. Parallel dazu baute
der Beschwerdeführer sich eine Lehrtätigkeit auf, die zusammen mit jener beim
Verein B.________ kaum jemals den Umfang einer Vollzeitstelle überschritt, ihm
aber zugleich einen Zusatzverdienst ermöglichte, der nahe jenem des Vereins
B.________ lag. Diese zweite Tätigkeit führte der Beschwerdeführer nach
Eintritt der Arbeitslosigkeit in weitgehend unverändertem Umfang weiter aus.

5.1. Wenn die Vorinstanz angesichts dieser unwidersprochen gebliebenen
Feststellungen das bei dieser Lehrtätigkeit erwirtschaftete Entgelt bei der
Taggeldberechnung als Zwischenverdienst im Sinne von Art. 24 AVIG
berücksichtigt hat, lässt sich dies nicht beanstanden. Von Nebeneinkünften im
Sinne von Art. 23 Abs. 3 AVIG kann nicht die Rede sein. Vielmehr ist von einer
zweiten Erwerbsquelle im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AVIG auszugehen.

5.2. Der Beschwerdeführer scheint bei seinen Vorbringen insbesondere den Zweck
von Art. 23 Abs. 3 AVIG zu verkennen, wenn er unter dem dort verwendeten
Begriff der "normalen Arbeitszeit" in erster Linie die Tageszeiten verstanden
haben will, an denen die Haupttätigkeit, sprich vorliegend die Arbeiten beim
Verein B.________, ordentlicherweise auszuführen sind. Hinter dieser Regelung
steht, wie auch dem in Art. 23 Abs. 1 AVIG verwendeten Rechtsbegriff
"normalerweise", der Grundgedanke der Arbeitslosenversicherung, den
Versicherungsschutz auf die im üblichen Rahmen ausgeübte Arbeitnehmertätigkeit
zu beschränken (BGE 126 V 207 E. 1 S. 209 sowie 125 V 475 E. 5a S. 478; je mit
Verweis auf BGE 116 V 281 E. 2d S. 283). Verdienste, die mit über ein normales
Arbeitnehmerpensum hinausgehenden Tätigkeiten erzielt werden, sollen für den
versicherten Verdienst unbeachtlich bleiben (BGE 129 V 105 E. 2 und 3.2 S. 107;
125 V 475 E. 5a S. 478). Folgerichtig ist darunter, wie auch beim in Art. 23
Abs. 1 AVIG verwendeten Rechtsbegriff "normalerweise", das Total der zu
leistenden Wochenarbeitsstunden in der Haupttätigkeit - in casu 42 - und nicht
der genaue Zeitpunkt, wann die Arbeitsstunden zu absolvieren sind, zu verstehen
(dazu siehe BGE 126 V 207 E. 3a S. 209 und 125 V 475 E. 5b S. 479). Unter
Nebenverdienst im Sinne von Art. 23 Abs. 3 AVIG ist mit anderen Worten in
erster Linie jene Tätigkeit zu verstehen, die eine Person über eine
Vollzeitstelle hinausgehend (zusätzlich) ausübt. Verrichtet jemand neben einer
Vollzeitbeschäftigung eine weitere Tätigkeit, gilt diese zweite als Nebenerwerb
(BGE 125 V 475 E. 5a+b S. 478 f.). Wenn neben einer teilzeitig ausgeübten,
inzwischen verlorenen Hauptbeschäftigung eine zweite Tätigkeit ausgeübt wird,
ist diese in dem Umfang anzurechnen, als deren Pensum dasjenige der bisherigen
Hauptbeschäftigung auf eine Vollzeitstelle ergänzt; ein illustratives Beispiel
dazu findet sich in der vom Beschwerdeführer selbst angerufenen AVIG-Praxis ALE
/C9, ebenso BGE 126 V 207. Eine andere Frage ist, ob und inwieweit eine von
einer versicherten Person in Ausübung der Schadenminderungspflicht vorgenommene
Ausweitung einer bisher als Nebenverdienst im Sinne von Art. 23 Abs. 3 AVIG
ausgeübten Tätigkeit als Zwischenverdienst anzurechnen ist. Dies ist indessen
vorliegend nicht Streitthema (dazu siehe etwa BGE 123 V 230 oder die vom
Beschwerdeführer angerufenen Urteile C 149/02 vom 27. Januar 2003 und C 186/00
vom 28. Februar 2001). Schliesslich ist der von der Vorinstanz in Anlehnung an
BGE 123 V 230 E. 3c S. 233 vertretene Ansatz, wonach der massliche Umfang der
Einkünfte neben der Frage des Gesamtpensums ein weiteres Abgrenzungskriterium
zwischen Zweit-Tätigkeit und Nebenverdienst sein kann, zutreffend, denn es soll
ja nicht jeglicher "Kleinstverdienst" eines Teilzeiters mit berücksichtigt
werden. Insgesamt überzeugt der vorinstanzliche Entscheid auf der ganzen Linie.

5.3. Selbst wenn die vom Beschwerdeführer angerufene betriebliche
Normalarbeitszeit der Haupttätigkeit in seinem Sinne ausgelegt würde (d.h. zu
welchen Tageszeiten diese Arbeiten ordentlicherweise auszuführen sind) und dies
als alleiniges Abgrenzungsmerkmal herangezogen würde, bliebe es beim
vorinstanzlichen Entscheid. Denn das kantonale Gericht ging in tatsächlicher
Hinsicht davon aus, dass die Behauptung, das Einkommen aus der Lehrtätigkeit
sei vorwiegend abends und an Samstagen erwirtschaftet worden, mithin ausserhalb
der ordentlichen Arbeitszeiten der Haupttätigkeit, in den bei ihm eingereichten
Akten keine Stütze finde. Diese Feststellung bindet das Bundesgericht (E. 2.2
hievor). Soweit der Beschwerdeführer diesen Nachweis durch erstmals vor
Bundesgericht eingereichte Beweismittel erbringen will, legt er weder dar noch
ist einsichtig, weshalb er diese nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren
hätte beibringen können, obwohl er auf Grund seiner Mitwirkungspflichten dazu
verpflichtet gewesen wäre; erstmals vor Bundesgericht eingereicht, können sie
daher keine Wirkung entfalten (E. 2.3 hievor).

6. 
Die Gerichtskosten sind ausgangsgemäss dem Beschwerdeführer zu überbinden (Art.
66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 14. Dezember 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel

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