Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.644/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_644/2015

Urteil vom 11. November 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Schaffhauser,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern vom 21. Juli 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1970, ist gelernte Köchin. Sie arbeitete seit Oktober 2011
mit einem Vollpensum für die Firma B.________, als LKW-Chauffeuse und war in
dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch gegen Unfälle und Berufskrankheiten versichert. Bei
Vorbereitungsarbeiten des Beladens ihres LKW's versuchte sich die Versicherte
am 20. Januar 2012 (Freitag) auf dem Kastenaufbau des LKW's aufzurichten und
stiess dabei mit dem Kopf gegen einen Vordachträger, wobei sie das
Gleichgewicht verlor und durch die Dachluke hinab auf die Ladebrücke fiel. Nach
einer kurzen Erinnerungslücke konnte sie wieder selbstständig aufstehen, den
Beladevorgang abschliessen und den Transportauftrag ausführen. Als die
Schmerzen bis zur Mittagszeit stärker wurden, kontaktierte sie ihren Chef und
brach den Arbeitstag vorzeitig ab. Am 23. Januar 2012 (Montag) suchte sie ihren
Hausarzt Dr. med. C.________ auf, welcher ihr eine volle Arbeitsunfähigkeit
bescheinigte. Die SUVA übernahm die Heilbehandlung und richtete ein Taggeld
aus. Nach medizinischen und erwerblichen Abklärungen sowie einem stationären
Aufenthalt vom 30. April bis 6. Juli 2012 in der Klinik D.________ verfügte die
SUVA am 2. Mai 2013 unter Verneinung der Unfalladäquanz der anhaltend geklagten
Beeinträchtigungen den folgenlosen Fallabschluss per 30. Mai 2013 und hielt mit
Einspracheentscheid vom 27. Februar 2014 daran fest.

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde der A.________ wies das Kantonsgericht Luzern,
3. Abteilung, mit Entscheid vom 21. Juni 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ unter
Aufhebung des kantonalen Gerichts- und des Einspracheentscheides die
Zusprechung der gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Invalidenrente und
eine Integritätsentschädigung beantragen. Eventualiter sei die Sache zur
Ergänzung der Akten mit weiteren medizinisch-therapeutischen und/oder
diagnostischen Abklärungen (Begutachtung) zurückzuweisen. Zudem ersucht die
Versicherte um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht
durchgeführt.
Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 135 II 384
E. 2.2.1    S. 389).

Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig ist, ob Verwaltung und Vorinstanz hinsichtlich der von der
Versicherten über den 30. Mai 2013 hinaus geklagten Beschwerden zu Recht einen
anspruchsbegründenden, natürlich und adäquat kausalen Zusammenhang zum Unfall
vom 20. Januar 2012 verneint haben.

3. 
Das kantonale Gericht und die SUVA haben im angefochtenen Gerichtsentscheid
sowie im Einspracheentscheid den für einen Leistungsanspruch nach UVG
erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfall und eingetretenem
Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen) zutreffend umschrieben. Ebenfalls richtig dargelegt wurde die
Rechtsprechung über den zusätzlich zum natürlichen erforderlichen adäquaten
Kausalzusammenhang. Danach spielt im Sozialversicherungsrecht die Adäquanz als
rechtliche Eingrenzung der sich aus dem natürlichen Kausalzusammenhang
ergebenden Haftung des Unfallversicherers bei organisch objektiv ausgewiesenen
Unfallfolgen praktisch keine Rolle, weil sich hier die adäquate weitgehend mit
der natürlichen Kausalität deckt (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 112, 127 V 102 E. 5b/
bb S. 103 mit Hinweisen). Objektivierbar sind Untersuchungsergebnisse, die
reproduzierbar und von der Person des Untersuchenden und den Angaben des
Patienten unabhängig sind. Von organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen
kann somit erst dann gesprochen werden, wenn die erhobenen Befunde mit
apparativen/bildgebenden Abklärungen bestätigt wurden und die dabei
angewendeten Untersuchungsmethoden wissenschaftlich anerkannt sind (SVR 2010 UV
Nr. 30 S. 120, 8C_537/2009 E. 5.3 mit Hinweisen). Anders verhält es sich bei
natürlich unfallkausalen, aber organisch nicht objektiv ausgewiesenen
Beschwerden. Hier ist bei der Beurteilung der Adäquanz vom augenfälligen
Geschehensablauf auszugehen, und es sind je nach Schweregrad des Unfalles
weitere unfallbezogene Kriterien mit einzubeziehen (BGE 117 V 359 E. 6 S. 366
ff. und 369 E. 4 S. 382 ff., 115 V 133 E. 6 S. 138 ff.). Bei nach einem Unfall
auftretenden psychischen Fehlentwicklungen werden diese Adäquanzkriterien unter
Ausschluss psychischer Aspekte geprüft (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), während
bei Schleudertraumen (BGE 117 V 359 E. 6a S. 367) und äquivalenten Verletzungen
der Halswirbelsäule (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67, U 183/93 E. 2) sowie bei
Schädelhirntraumen (BGE 117 V 369 E. 4b S. 383) auf eine Differenzierung
zwischen physischen und psychischen Komponenten verzichtet wird. Dies, weil für
die Beurteilung des adäquaten Kausalzusammenhanges als einer Rechtsfrage nicht
entscheidend ist, ob die im Anschluss an eine solche Verletzung auftretenden
Beschwerden medizinisch eher als organischer und/oder psychischer Natur
bezeichnet werden, zumal diese Differenzierung angesichts des komplexen,
vielschichtigen Beschwerdebildes in heiklen Fällen gelegentlich grosse
Schwierigkeiten bereiten würde (BGE 134 V 109 E. 6.2.1 S. 116 f. in fine; vgl.
zum Ganzen auch BGE 127 V 102 E. 5b/bb S. 103 und SVR 2007 UV Nr. 8 S. 27, U
277/04 E. 2, je mit Hinweisen). Korrekt sind auch die vorinstanzlichen
Ausführungen zum Beweiswert von Arztberichten und medizinischen Gutachten (BGE
135 V 465 E. 4.3 S. 468 ff.; 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.), zum Wegfall
unfallbedingter Ursachen eines Gesundheitsschadens bei Erreichen des Status quo
sine vel ante (SVR 2011 UV Nr. 4 S. 12 E. 3.2 [8C_901/2009]), zur
Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers bei Diskushernien (SVR
2009 UV Nr. 1 S. 1 E. 2.3 [8C_677/2007]; Urteile 8C_765/2014 vom 9. Februar
2015 E. 6.1 und 8C_412/2008 vom 3. November 2008 E. 5.1) und zu dem im
Sozialversicherungsrecht bei der Beantwortung von Tatfragen üblichen Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen) sowie zum Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c
ATSG; SVR 2010 AlV Nr. 2 S. 3, 8C_269/2009 E. 2.2 mit Hinweisen). Darauf wird
verwiesen.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat nach eingehender Würdigung der medizinischen Aktenlage
in tatsächlicher Hinsicht erkannt, dass der Unfall keine richtunggebende
Verschlimmerung des degenerativen Vorzustandes, sondern nur eine vorübergehende
Verschlechterung zur Folge gehabt habe, welche mehr als ein Jahr nach dem
Unfall wieder auf den Vorzustand abgeheilt sei. Im Zeitpunkt des
Fallabschlusses seien jedenfalls keine organisch objektiv ausgewiesene
Unfallfolgen mehr feststellbar gewesen. In Bezug auf die über den 30. Mai 2013
hinaus geklagten, organisch nicht hinreichend nachweisbaren Beeinträchtigungen
prüfte und verneinte das kantonale Gericht die Unfalladäquanz nach der
sogenannten Psycho-Praxis (BGE 115 V 133).

4.2. Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Auffassung, sie leide
weiterhin an unfallkausalen Nacken-, Rücken- und Schulterbeschwerden. Die
Vorinstanz habe die Beweise willkürlich gewürdigt und den Sachverhalt
unvollständig festgestellt, indem sie gestützt auf die kreisärztliche
Abschlussuntersuchung vom 18. April 2013 und eine medizinische
Erfahrungstatsache davon ausgegangen sei, die unfallbedingte vorübergehende
Verschlimmerung sei ein Jahr nach dem Ereignis auf den degenerativen Vorzustand
abgeheilt. Statt dessen liege "unbestrittenermassen und nachweislich ein
somatisches Beschwerdebild vor". Auch hinsichtlich der psychischen Beschwerden
habe das kantonale Gericht den Sachverhalt in bundesrechtswidriger
Beweiswürdigung unrichtig festgestellt. Es sei von einem komplexen,
vielschichtigen Beschwerdebild auszugehen, weshalb die Unfalladäquanz nicht
nach der Psycho-, sondern nach der Schleudertrauma-Praxis zu beurteilen sei.
Alle Adäquanzkriterien seien erfüllt. Der Inhalt gewisser Erwägungen des
angefochtenen Entscheides würde "an Parteilichkeit grenzen" und der
vorinstanzliche Entscheid weise gesamthaft "einen tendenziösen Charakter auf".

5. 

5.1. Von Letzterem kann keine Rede sein. Vielmehr scheint die Versicherte vor
Bundesgericht mit Blick auf den Unfallhergang von teils aktenwidrigen
tatsächlichen Verhältnissen auszugehen. Die Beschwerdeführerin ist nach
Aktenlage nicht aus drei Metern Höhe "mit dem Kopf auf den Asphaltboden"
geprallt. Statt dessen fiel sie vom Dach des LKW-Kastenaufbaus durch die
Dachluke auf die Ladebrücke, von wo aus sie nach dem Sturz - sowie gemäss
ausschliesslich subjektiven Angaben der Versicherten nach kurzem
vorübergehenden Verlust des Erinnerungsvermögens - die Vorbereitungen des
Beladevorganges fortsetzen und anschliessend den Transportauftrag als
LKW-Fahrerin in strassenverkehrstauglichem Zustand ausführen konnte.
Dementsprechend suchte die Beschwerdeführerin denn auch erst nach dem
anschliessenden Wochenende am darauf folgenden Montag (ca. 72 Stunden nach dem
Ereignis) ihren erstbehandelnden Hausarzt auf.

5.2. Was die Versicherte gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung
hinsichtlich allfälliger, organisch objektiv ausgewiesener Gesundheitsschäden
vorbringt, ist unbegründet. Zwar behauptet sie implizit, dem untersuchenden
SUVA-Arzt seien bei der Abschlussuntersuchung vom 18. April 2013 nicht
sämtliche Akten vorgelegt worden. Die Auflistung einer eng begrenzten Auswahl
von einzelnen wesentlichen Arztberichten unter dem Untertitel "aktenmässiger
Verlauf" gemäss Abschlussbericht vom 19. April 2013 lässt jedoch nicht darauf
schliessen, dass dem Kreisarzt anlässlich der Abschlussuntersuchung nicht das
vollständige Unfalldossier zur Akteneinsichtnahme zur Verfügung stand.

5.3. Weiter war der Unfall vom 20. Januar 2012 (vgl. Sachverhalt lit. A und
Erwägung E. 5.1 hievor) nach der einschlägigen Rechtsprechung - entgegen der
Beschwerdeführerin - hinsichtlich der Schwere des Ereignisses offensichtlich
nicht geeignet, eine Schädigung der Bandscheibe herbeizuführen, weshalb
Verwaltung und Vorinstanz zu Recht der medizinischen Erfahrungstatsache
Rechnung trugen, wonach eine traumatische Verschlimmerung eines klinisch
stummen degenerativen Vorzustandes an der Wirbelsäule in der Regel nach sechs
bis neun Monaten, spätestens aber nach einem Jahr als abgeschlossen zu
betrachten ist (SVR 2009 UV Nr. 1 S. 1, 8C_677/2007 E. 2.3.1 f.; Urteile 8C_765
/2014 vom 9. Februar 2015 E. 6.1 und 8C_811/2012 vom 4. März 2013 E. 6.1, je
mit weiteren Hinweisen).

5.4. Soweit die Versicherte geltend macht, sie habe Anspruch auf eine
Invalidenrente und Integritätsentschädigung, weil sie seit dem Unfall an ihrem
- angeblich somatischen - Beschwerdebild leide und deswegen arbeitsunfähig sei,
kann ihr nicht gefolgt werden. Denn die Argumentation nach der Beweismaxime
"post hoc ergo propter hoc", wonach die gesundheitlichen Beeinträchtigungen
unfallbedingt sein müssten, wenn eine vorbestehende Erkrankung der Wirbelsäule
bis zum Unfall schmerzfrei war, ist unfallmedizinisch nicht haltbar und
beweisrechtlich nicht zulässig, sofern der Unfall - wie hier - keine
strukturellen Läsionen an der Wirbelsäule und namentlich keine
Wirbelkörperfrakturen verursacht hat (SVR 2008 UV Nr. 11 S. 34, U 290/06 E.
4.2.3; vgl. auch SVR 2012 UV Nr. 8 S. 27, 8C_380/2011 E. 6.2.1; je mit
Hinweisen).

5.5. Nach dem Gesagten ist der angefochtene Entscheid jedenfalls insoweit nicht
als bundesrechtswidrig zu beanstanden, als das kantonale Gericht organisch
objektiv ausgewiesene Unfallfolgen ausschloss, welche über den Zeitpunkt der
Leistungsterminierung hinaus einen Anspruch auf Unfallversicherungsleistungen
hätten begründen können. Zudem hat es bei gegebener Aktenlage in zulässiger
antizipierter Beweiswürdigung (SVR 2015 AHV Nr. 8 S. 27, 9C_920/2014 E. .1; BGE
124 V 90 E. 5b S. 94; je mit Hinweisen) - ohne den Untersuchungsgrundsatz zu
verletzen (Art. 61 lit. c ATSG) - auf weitere Beweismassnahmen verzichtet.

6. 
Die Vorinstanz prüfte und verneinte die Unfalladäquanz der über den 30. Mai
2013 hinaus geklagten Beschwerden praxisgemäss nach BGE 115 V 133. Die
Beschwerdeführerin beanstandet, bei bundesrechtskonformer
Sachverhaltsfeststellung müsse der adäquate Kausalzusammenhang nach der
Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109) geprüft werden. Die Unfalladäquanz sei
jedoch unabhängig von der anwendbaren Rechtsprechung in jedem Falle zu bejahen.
Beim Sturz vom 20. Januar 2012 handle es sich um einen Unfall im mittleren
Bereich an der Grenze zu den schweren Unfällen.

6.1. Mit Verwaltung und Vorinstanz ist unter Berücksichtigung der aktenkundig
dokumentierten, massiven psychischen und sozialen Probleme von einer
psychogenen Fehlentwicklung auszugehen, weshalb das kantonale Gericht die
Unfalladäquanz der anhaltend geklagten Beschwerden praxisgemäss zu Recht in
Anwendung der Psycho-Praxis geprüft hat.

6.2. Das Ereignis vom 20. Januar 2012 (vgl. Sachverhalt lit. A und Erwägung E.
5.1 hievor) ist - entgegen der Versicherten - in Übereinstimmung mit der vom
kantonalen Gericht zutreffend wiedergegebenen Rechtsprechung (RKUV 1998 Nr. U
307 S. 448, U 169/97 E. 3a mit Kasuistik; Urteil 8C_933/2014 vom 22. April 2015
E. 3.2.1 mit Hinweisen) - höchstens - den mittelschweren Unfällen im engeren
Sinn zuzuordnen. In diesem Bereich bedarf es zur Bejahung des adäquaten
Kausalzusammenhanges praxisgemäss mindestens drei erfüllter Kriterien (SVR 2010
UV Nr. 25 S. 100, 8C_897/2009 E. 4.5), wenn - wie hier unbestrittenermassen -
kein einzelnes Kriterium in besonders ausgeprägter Weise gegeben ist.

6.3. Soweit sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der von der Vorinstanz im
Einzelnen vollständig geprüften und allesamt verneinten Adäquanzkriterien
überhaupt in sachbezüglicher Weise mit dem angefochtenen Entscheid auseinander
setzt (Art. 42 Abs. 2 BGG), begnügt sie sich im Wesentlichen mit der
Behauptung, diese seien erfüllt. Dabei unterlässt es die Versicherte,
insbesondere in Bezug auf die Kriterien der  körperlichen Dauerschmerzen und
der  physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140), dem
grundlegenden Element der Psycho-Praxis Rechnung zu tragen, wonach bei der
Prüfung der Unfalladäquanz von psychischen Fehlentwicklungen nach Unfällen
einzig die physischen Komponenten unter Ausschluss psychischer Aspekte zu
berücksichtigen sind (BGE 140 V 356 E. 3.2 i.f. S. 359; 134 V 109 E. 6.1 S.
116; 115 V 133). Was die Beschwerdeführerin gegen die von der Vorinstanz
verneinte Unfalladäquanz vorbringt, ist unbegründet.

6.4. Demnach bleibt es bei der mit angefochtenem Entscheid bestätigten
Verneinung der Unfalladäquanz der über den 30. Mai 2013 hinaus geklagten
Beschwerden.

7. 
Waren jedenfalls ab 30. Mai 2013 keine organisch objektiv ausgewiesene
Unfallfolgen mehr feststellbar, und stehen die darüber hinaus geklagten
Beeinträchtigungen nicht in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum Unfall vom
20. Januar 2012, haben Verwaltung und Vorinstanz zu Recht einen weitergehenden
Anspruch auf Leistungen nach UVG verneint. Die Beschwerde der Versicherten ist
unbegründet und folglich abzuweisen.

8. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Die
Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66
Abs. 1 Satz 1 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch
entsprochen werden, weil die Bedürftigkeit ausgewiesen und die Beschwerde nicht
als aussichtslos zu bezeichnen ist; ferner war die Vertretung durch einen
Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin geboten (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es
wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach
die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie
später dazu in der Lage ist.
 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Urs Schaffhauser wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin wird aus der Bundesgerichtskasse
eine Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 11. November 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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