Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.636/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_636/2015

Urteil vom 17. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
Helvetia Schweizerische
Versicherungsgesellschaft AG,
Dufourstrasse 40, 9001 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Advokat Nikolaus Tamm,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 6. Juli 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1973 geborene, seit 22. April 1999 verheiratete A.________ verfügt über das
Handelsdiplom. Sie war ab 15. September 2000 bis 31. Juli 2001 zu 100 % und ab
1. August 2001 zu 50 % für die B.________ AG als Sachbearbeiterin im Ressort
Liegenschaftsbewirtschaftung tätig und in dieser Eigenschaft bei der
Schweizerischen National-Versicherungs-Gesellschaft AG (heute: Helvetia
Schweizerische Versicherungsgesellschaft AG; nachfolgend: Helvetia) gegen die
Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 23. März 2005 rutschte
sie bei der Gartenarbeit zu Hause in einer Böschung ab und verdrehte sich das
rechte Knie. Für die Folgen der dabei erlittenen Verletzungen richtete ihr die
Helvetia Heilbehandlungs- und Taggeldleistungen aus. Vom 1. März 2006 bis 28.
Februar 2009 war A.________ bei der C.________ AG in einem 60%igen
Teilzeitpensum als Assistentin Liegenschaftsverwaltung angestellt. Die
Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis am 26. November 2008 infolge einer
unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit per Ende Februar 2009. Auf den 1. Juli 2012
trennte sich A.________ von ihrem Ehemann. Nachdem sie zuvor mit ihm ein 51 /
2-Zimmer-Einfamilienhaus auf dem Land bewohnt hatte, bezog sie nun eine
3-Zimmer-Mietwohnung in Stadtnähe.
Mit Verfügung vom 7. Oktober 2013 sprach die IV-Stelle des Kantons Solothurn
A.________ rückwirkend ab 1. April 2009 eine Dreiviertelsrente und ab 1. Juli
2012 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu, wobei der Invaliditätsgrad
für die Zeit bis Ende Juni 2012 anhand der gemischten Methode mit den Anteilen
60 % Erwerb und 40 % Haushalt und ab 1. Juli 2012 nach der allgemeinen Methode
des Einkommensvergleichs berechnet wurde. Die Helvetia stellte daraufhin für
die Zeit vom 1. April 2009 bis 31. Oktober 2013 eine Überentschädigung (durch
das Zusammentreffen von Taggeldleistungen der Unfallversicherung und Rente der
Invalidenversicherung) in der Höhe von Fr. 22'968.55 fest und kündigte die
Verrechnung mit dem Nachzahlungsguthaben von A.________ bei der
Invalidenversicherung an (Verfügung vom 2. Juni 2014). Daran hielt sie auf
Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2014).

B. 
In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerde hob das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt den Einspracheentscheid vom
12. Dezember 2014 auf (Entscheid vom 6. Juli 2015).

C. 
Die Helvetia führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
stellt den Antrag, der kantonalgerichtliche Entscheid vom 6. Juli 2015 sei
aufzuheben und der Einspracheentscheid vom 12. Dezember 2014 sei zu bestätigen;
eventualiter sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es
einlässlich begründe, weshalb eine Pensumserhöhung von 60 % auf 100 % per 1.
Juli 2012 als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten sei.
Das kantonale Gericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde. A.________ lässt
ebenfalls beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft
das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht
der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind.
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.

2.1. Gemäss Art. 68 ATSG werden Taggelder unter Vorbehalt der Überentschädigung
kumulativ zu Renten anderer Sozialversicherungen gewährt. Nach Art. 69 ATSG
darf das Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialversicherungen
nicht zu einer Überentschädigung der berechtigten Person führen. Bei der
Berechnung der Überentschädigung werden nur Leistungen gleicher Art und
Zweckbestimmung berücksichtigt, die der anspruchsberechtigten Person aufgrund
des schädigenden Ereignisses gewährt werden (Abs. 1). Eine Überentschädigung
liegt in dem Masse vor, als die gesetzlichen Sozialversicherungsleistungen den
wegen des Versicherungsfalls mutmasslich entgangenen Verdienst zuzüglich der
durch den Versicherungsfall verursachten Mehrkosten und allfälliger
Einkommenseinbussen von Angehörigen übersteigen (Abs. 2). Die Leistungen werden
um den Betrag der Überentschädigung gekürzt. Von einer Kürzung ausgeschlossen
sind die Renten der AHV und der IV sowie alle Hilflosen- und
Integritätsentschädigungen (Abs. 3). Es sind diejenigen
Sozialversicherungsleistungen in die Berechnung der Überentschädigung
einzubeziehen, die dasselbe Ereignis betreffen (Prinzip der ereignisbezogenen
Koordination). Beim Zusammentreffen von Taggeldern der Unfallversicherung mit
Rentenleistungen der Invalidenversicherung hat praxisgemäss eine globale
Abrechnung über die gesamte Bezugsperiode, beginnend ab der Entstehung des
Anspruchs auf Taggelder der Unfallversicherung, zu erfolgen (BGE 139 V 519 E. 3
S. 521; 132 V 27 E. 3.1 S. 29; 126 V 193 E. 3 S. 195).

2.2. Taggelder und Renten werden gemäss Art. 15 UVG nach dem versicherten
Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung
der Taggelder der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, für die Bemessung der
Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Als
versicherter Verdienst gilt im Regelfall der nach dem Bundesgesetz über die AHV
massgebende Lohn (Art. 22 Abs. 2 UVV).

2.3. Gemäss Art. 51 Abs. 3 UVV entspricht der mutmasslich entgangene Verdienst
jenem Verdienst, den der Versicherte ohne schädigendes Ereignis erzielen würde;
das tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen wird angerechnet.

3. 
Unter den Parteien besteht Einigkeit, dass die UV-Taggeldleistungen in der
vorliegenden Konstellation grundsätzlich einer Überentschädigungskürzung
zugänglich sind. Strittig ist hingegen die Höhe des mutmasslich entgangenen
Verdienstes, der in die Überentschädigungsberechnung einzusetzen ist. Während
das kantonale Gericht davon ausgeht, der mutmasslich entgangene Verdienst
berechne sich auf der Basis einer vollzeitlichen Erwerbstätigkeit, weil die
Versicherte, wäre sie gesund, seit der Ehetrennung vom 1. Juli 2012 ein 100
%-Pensum als Sachbearbeiterin in der Liegenschaftsbranche hätte, macht die
Helvetia geltend, eine Pensumserhöhung von 60 % auf 100 % ab 1. Juli 2012 sei
nicht überwiegend wahrscheinlich. Wird der mutmasslich entgangene Verdienst -
entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin - ausgehend vom letzten Lohn
in einem 60 %-Pensum in der Immobilienbranche berechnet, resultiert zusammen
mit der Rente der Invalidenversicherung eine Überentschädigung, nicht hingegen,
wenn mit der Vorinstanz angenommen wird, der mutmasslich entgangene Verdienst
sei auf der Basis einer 100%igen Anstellung zu eruieren.

4.

4.1. Im Gesprächsprotokoll der IV-Früherfassung vom 19. Juni 2008 hatte die
Beschwerdegegnerin eine 60%ige Erwerbstätigkeit als Wunschpensum angegeben,
"nicht 100 % wegen dem Haushalt (Deal mit dem Ehemann) ". Im Rahmen der
Erstellung des Abklärungsberichtes Haushalt vom 18. Juni 2013 durch die
Abklärungsfachfrau der Invalidenversicherung hielt die Versicherte fest, dass
sie seit der Ehetrennung wieder voll erwerbstätig sein müsste. Dies wurde von
der Invalidenversicherung so übernommen, weshalb dementsprechend in der
Rentenverfügung vom 7. Oktober 2013 von einem Statuswechsel ab 1. Juli 2012 mit
fortan 100%iger Erwerbstätigkeit im Gesundheitsfall ausgegangen wurde. Das
kantonale Gericht verweist auf diese Erhebungen durch die
Invalidenversicherung. Nach Rekapitulation der Berufsanamnese weist es
insbesondere darauf hin, dass die Beschwerdegegnerin zu Beginn ihrer
Berufslaufbahn im Immobilienbereich ganztägig gearbeitet habe und die
Pensenreduktion (zwei Jahre und drei Monate nach der Heirat) durch familiäre
Umstände motiviert gewesen sei. Aufgrund dieser Entwicklung erkläre sich der
Ausdruck "Deal" mit dem Ehemann gemäss Gesprächsprotokoll der IV-Früherfassung
vom 19. Juni 2008, welcher zu einem Pensum von schliesslich 60 % geführt habe.
Nachdem nun im Juli 2012 das Getrenntleben aufgenommen worden sei, erscheine
die Angabe der Versicherten im Rahmen der Haushaltsabklärung "plausibel", dass
sie sich ab 1. Juli 2012 im Gesundheitsfall wieder einer vollzeitlichen
Erwerbstätigkeit gewidmet hätte. Zusammenfassend ergebe sich, dass sie, wäre
sie gesund, am 1. Juli 2012 eine vollzeitliche Erwerbstätigkeit aufgenommen
hätte. Ausgehend von einem mutmasslich entgangenen Verdienst bei einem
Vollzeitpensum ergebe sich keine Überentschädigung.

4.2. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin vermögen am vorinstanzlichen
Entscheid nichts zu ändern.

4.2.1. Ihre Rüge, das kantonale Gericht habe die Begründungspflicht verletzt,
ist nicht stichhaltig. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2
BV gebietet, dass die Behörde die Vorbringen der betroffenen Person auch
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 136 I
184 E. 2.2.1 S. 188). Daraus folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren
Entscheid zu begründen (BGE 139 V 496 E. 5.1 S. 503). Dabei ist es nicht
erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründungspflicht soll den Anspruch auf eine sachbezogene Begründung
gewährleisten. Sie ist erfüllt, wenn die betroffene Person die entsprechenden
Erwägungen sachgerecht anfechten kann (BGE 138 I 232 E. 5.1 S. 237; Urteil
8C_326/2015 vom 3. Juli 2015 E. 3.4). In diesem Sinne müssen wenigstens kurz
die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen
und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 136 I 184 E. 2.2.1 S. 188, 229 E.
5.2 S. 236). Dies ist hier der Fall. Das kantonale Gericht hat im angefochtenen
Entscheid klar dargelegt, aus welchen Gründen es ab 1. Juli 2012 von einer
100%igen Erwerbstätigkeit im Gesundheitsfall als Basis für die Festlegung des
mutmasslich entgangenen Verdienstes ausgeht.

4.2.2. Mutmasslich entgangen ist derjenige Verdienst, den die versicherte
Person ohne das schädigende Ereignis wahrscheinlich erzielt hätte, und zwar im
Zeitpunkt, in dem sich die Kürzungsfrage stellt. Rechtlich entspricht der
mutmasslich entgangene Verdienst nicht, betraglich höchstens zufällig dem
versicherten Verdienst oder dem bei Eintritt der Invalidität tatsächlich
erzielten Einkommen (Urteil 8C_138/2013 vom 22. Oktober 2013 E. 6.2, nicht
publ. in: BGE 139 V 519). Hingegen besteht eine weitgehende Parallelität,
jedoch keine Kongruenz zum Valideneinkommen gemäss Art. 16 ATSG (UELI KIESER,
ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, N. 38 zu Art. 69 ATSG). Beides stellt das
hypothetische Einkommen dar, das die betroffene Person - nach dem Beweisgrad
der überwiegenden Wahrscheinlichkeit - im jeweils massgeblichen Zeitpunkt ohne
gesundheitliche Beeinträchtigung erzielen würde (vgl. Urteil 9C_91/2013 vom 17.
Juni 2013 E. 5.3.1). Es ist in beiden Fällen den spezifischen Gegebenheiten und
tatsächlichen Chancen der versicherten Person auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt
(beim mutmasslich entgangenen Verdienst auf dem konkreten Arbeitsmarkt)
Rechnung zu tragen. Ausgehend vom zuletzt vor dem Eintritt der gesundheitlichen
Beeinträchtigung mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit erzielten Verdienst
sind alle einkommensrelevanten Veränderungen (Teuerung, Reallohnerhöhung,
Karriereschritte usw.) zu berücksichtigen, welche ohne Invalidität überwiegend
wahrscheinlich eingetreten wären (vgl. BGE 137 V 20 E. 5.2.3.1 S. 27 mit
Hinweisen; Urteil 8C_46/2013 vom 27. August 2013 E. 2.2).
Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, dass die Vorinstanz sich mit
dem Beweismass nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat. Dennoch ergibt sich
aus dem angefochtenen Gerichtsentscheid insgesamt klar, dass darin der
mutmassliche Verdienst ohne Gesundheitsschaden nach der Entwicklung festgelegt
wurde, welcher sich ohne den Unfall mit überwiegender Wahrscheinlichkeit
ergeben hätte. Aus der Formulierung, die Angabe einer 100%igen Erwerbstätigkeit
im Gesundheitsfall durch die Versicherte im Rahmen der IV-Haushaltsabklärung
erscheine "plausibel", kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht
abgeleitet werden, die Vorinstanz habe das Beweismass auf eine "im besten Fall"
reine Glaubhaftmachung heruntergesetzt oder sogar eine Beweislastumkehr
vorgenommen. Das kantonale Gericht weist in der letztinstanzlich eingereichten
Vernehmlassung darauf hin, dass sich der Ausdruck "plausibel" nicht auf die
Tatsache beziehe, in welchem Ausmass die Versicherte im Gesundheitsfall ab 1.
Juli 2012 erwerbstätig gewesen wäre, sondern auf die Glaubhaftigkeit der
Aussage im Rahmen einer Abklärung der IV-Behörden. Diese Angabe sei lediglich
als eines der Sachverhaltselemente zu verstehen, die für die Bejahung oder
Verneinung einer hypothetischen Pensenerhöhung ab 1. Juli 2012 zu bewerten
seien. In der Tat beschränkt sich die vorinstanzliche Begründung einer
(implizit überwiegend wahrscheinlichen) Erhöhung des Pensums ab Trennungsdatum
nicht auf die Bewertung der Aussage der Versicherten im Rahmen der
Haushaltsabklärung als "plausibel", sondern es werden auch andere Indizien
genannt, welche - in ihrer Gesamtheit überwiegend wahrscheinlich - für eine
Erweiterung der Erwerbstätigkeit im Gesundheitsfall sprechen (E. 4.1 hiervor).

4.2.3. Die Faktoren, welche nach Auffassung der Beschwerdeführerin einer
Erweiterung der Erwerbstätigkeit ab 1. Juli 2012 entgegenstehen sollen, bilden
keinen Anlass, auf die korrekte Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts
zurückzukommen. Soweit letztinstanzlich - wiederholt (vgl. Beschwerdeantwort im
vorinstanzlichen Verfahren) - geltend gemacht wird, die Versicherte habe von
ihrem Ehemann nach der Trennung Unterhaltszahlungen in beträchtlicher Höhe
erhalten, welche zusammen mit den Taggeldern, basierend auf einem 60 %-Pensum,
die Einkünfte in einem Vollpensum übersteigen würden, weshalb keine
Notwendigkeit für eine Erhöhung der Erwerbstätigkeit bestanden habe, in einem
100 %-Pensum zu arbeiten, kann daraus nichts zu Gunsten der Beschwerdeführerin
gewonnen werden. Die Versicherte wendet mit Blick auf die gesamten Umstände zu
Recht ein, dass sie diese Unterhaltszahlungen im hypothetischen Gesundheitsfall
eben gerade nicht hätte beanspruchen können oder wollen, andererseits aber die
Trennung die Fortführung des bisherigen Lebensstils nicht zugelassen hätte. Bei
dieser notwendigen Gesamtsicht steht die unumstrittene Tatsache im Vordergrund,
dass die Versicherte das ursprüngliche 100 %-Pensum im August 2001 nur aufgrund
eines "Deals" mit dem Ehemann reduziert hatte, um daneben den gemeinsamen
Haushalt zu führen. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass diese Vereinbarung
mit dem Auszug aus dem grossen Einfamilienhaus mit Garten in eine
3-Zimmer-Wohnung überholt war. Die nunmehr allein lebende, kinderlose, im
Zeitpunkt der Trennung 38-jährige Versicherte mit guter Ausbildung und
langjähriger Berufserfahrung hätte im Gesundheitsfall keinen Grund mehr gehabt,
nur teilzeitlich in ihrem Beruf zu arbeiten. Dazu kommt, wie die
Beschwerdeführerin selber einräumt, der Grundsatz, dass bei einer Ehescheidung
jeder Ehegatte selber für seinen Unterhalt aufkommt
(Eigenversorgungskapazität). Es ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass
die Versicherte ihr Arbeitspensum im Gesundheitsfall ab Ehetrennung nicht nur
im Hinblick auf die Scheidung und die damit wohl zwingend verbundene
Notwendigkeit einer Steigerung der Erwerbstätigkeit aus finanziellen Gründen,
sondern auch in Anbetracht der Tatsache, dass sie den gemeinsamen Haushalt
nicht mehr führen musste und in eine verglichen mit der vorherigen Situation
pflegeleichtere 3-Zimmer-Wohnung in der Nähe ihrer Arbeitsstelle gezogen war,
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf ein Vollpensum erhöht hätte.
Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist, dass keinerlei Anhaltspunkte
vorliegen, welche für die Zeit nach der Trennung für eine Beibehaltung der
Teilzeittätigkeit sprechen, nachdem die Pensumsreduktion ursprünglich wegen der
Führung des ehelichen Haushaltes erfolgt und die Versicherte auch schon vor der
Anstellung bei der B.________ AG im Jahr 2000, seit Abschluss des
Handelsdiploms im Jahr 1993, stets in einem Vollpensum erwerbstätig gewesen
war. Schliesslich kann der Beschwerdeführerin auch nicht gefolgt werden, soweit
sie die Äusserungen der Versicherten gegenüber einem Gutachter der
medizinischen Abklärungsstelle D.________, wonach sie gerne im gleichen Rahmen
wie früher arbeiten würde, falls die Probleme mit dem Knie nicht wären
(Gutachten vom 2. April 2013), als gewichtiges Indiz "gegen den Willen, eine
Arbeitstätigkeit in vollem Pensum aufzunehmen" wertet. Diese Angabe ist offen
formuliert ("im gleichen Rahmen wie früher") und kann sowohl die Zeit vor
August 2001 mit Vollpensum als auch die Zeit danach mit Teilpensum betreffen.
Die Beschwerdeführerin übersieht auch in diesem Zusammenhang, dass die
Versicherte ihr Pensum damals zufolge ihrer Haushaltspflichten im Ehedomizil
reduzierte, weshalb es auf der Hand liegt, dass sie ihre durch den Umzug in die
Mietwohnung gewonnenen zeitlichen Kapazitäten im Gesundheitsfall für eine
vollzeitliche Erwerbstätigkeit genutzt hätte. Damit bleibt es beim
angefochtenen Entscheid.

5. 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin
steht eine angemessene Parteientschädigung zu (Art. 68 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 500.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Dezember 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz

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