Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.631/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_631/2015

Urteil vom 29. Januar 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Frésard, Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Wirthlin,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Verfahrensbeteiligte
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Direktion, Arbeitsmarkt/
Arbeitslosenversicherung, TCRV, Holzikofenweg 36, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

 A.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung (Wiedererwägung; Rückerstattung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt vom 17. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 17. Juni 2014 forderte die Öffentliche Arbeitslosenkasse
Basel-Stadt von A.________ (Jg. 1983) Taggelder in Höhe von insgesamt Fr.
2'751.60 zurück, welche er für die Monate September, Oktober und Dezember 2012
zu Unrecht bezogen habe. Auf Einsprache hin bestätigte sie dies mit Entscheid
vom 26. August 2014.

B. 
In teilweiser Gutheissung der dagegen von A.________ erhobenen Beschwerde hob
das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt den angefochtenen
Einspracheentscheid vom 26. August 2014 mit Entscheid vom 17. Juni 2015
teilweise auf und reduzierte die geltend gemachte Rückforderung auf Fr. 157.40.

C. 
Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beantragt mit Beschwerde ans
Bundesgericht die Aufhebung des kantonalen Entscheides vom 17. Juni 2015 und
die Bestätigung des Einspracheentscheids vom 26. August 2014.

A.________ hat sich nicht vernehmen lassen, während das kantonale Gericht unter
Verweis auf den angefochtenen Entscheid ohne weitere Ausführungen zur Sache auf
Abweisung der Beschwerde schliesst.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt
das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung
nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Bezüglich der gesetzlichen Bestimmungen über die Rückforderung unrechtmässig
erfolgter Taggeldzahlungen der Arbeitslosenversicherung (Art. 95 Abs. 1 AVIG in
Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 ATSG) wird auf die entsprechenden Erwägungen im
angefochtenen Entscheid verwiesen. Dasselbe gilt hinsichtlich der
Wiedererwägung früherer Verfügungen zufolge zweifelloser Unrichtigkeit
derselben und erheblicher Bedeutung ihrer Berichtigung. Grundsätzlich richtig
sind auch die vorinstanzlichen Ausführungen über die Zumutbarkeit einer während
der Arbeitslosigkeit als Selbstständigerwerbender aufgenommenen Tätigkeit (Art.
16 Abs. 2 lit. i AVIG; Art. 41a AVIV) sowie die gesetzliche Regelung der
Voraussetzungen, unter welchen dabei erwirtschaftetes Entgelt bei der
Taggeldberechnung der Arbeitslosenversicherung als Zwischenverdienst (Art. 24
Abs. 1 und 3 AVIG) anzurechnen ist (vgl. Art. 41a Abs. 1, 2 und 5 AVIV; Rz.
C147 der Weisungen des SECO in AVIG-Praxis ALE).

3. 
Bestätigt hat das kantonale Gericht im angefochtenen Entscheid die verfügte und
im Einspracheverfahren geschützte Rückforderung von Fr. 157.40, welche die
Kontrollperiode Dezember 2012 betrifft. Dagegen ist von keiner Seite ein
Rechtsmittel ergriffen worden. Wie das SECO richtig festhält, steht deshalb
hier nur noch die Rückforderung von für die Kontrollperioden September und
Oktober 2012 ausgerichteten Taggeldern als Streitgegenstand zur Diskussion.

3.1. Der ab 4. Juni 2012 als arbeitslos gemeldete Beschwerdegegner war vom 9.
September bis am 31. Oktober 2012 im Anschluss an seine Doktorarbeit im Rahmen
eines Austauschprojektes an der Universität B._______ im Land C.________ tätig.
Dafür wurde er mit insgesamt EUR 9'600.- entschädigt, was bei einem
Umrechnungskurs von 1.20 Fr. 11'520.- ausmacht. Diesen Betrag teilte die
Arbeitslosenkasse laut der dem kantonalen Gericht eingereichten
Beschwerdeantwort vom 5. Dezember 2014 zu gleichen Teilen auf die Monate
September und Oktober 2012 auf und brachte in Anwendung von Art. 41a Abs. 5
Satz 2 AVIV je eine 20%ige Spesenpauschale in Abzug. Weil der sich daraus
ergebende Betrag von je Fr. 4'608.- 70 % des versicherten Verdienstes von Fr.
5'850.- - Fr. 4'095.- also - übersteigt, berücksichtigte sie dieses Entgelt
nicht mehr wie ursprünglich in den (bereits einmal korrigierten) Abrechnungen
vom 18. Dezember 2012 als Zwischenverdienst im Sinne von Art. 24 AVIG, sondern
zog diese Berechnungen in Wiedererwägung. Als Folge davon ging sie in der hier
zur Diskussion stehenden Rückforderungsverfügung vom 17. Juni 2014 -
entsprechend der Feststellung des SECO anlässlich seiner als Aufsichtsbehörde
durchgeführten Revision - davon aus, dass es sich beim Einsatz des
Beschwerdegegners im Land C.________ um eine zumutbare Arbeit gehandelt habe,
sodass kein Zwischenverdienst angenommen werden könne. Die für die Zeit ab 9.
September bis 31. Oktober 2012 bereits ausbezahlten Taggelder forderte sie
deshalb zurück. Weiter hatte das SECO festgestellt, dass das in der
Kontrollperiode Dezember 2012 von der D.________ AG erhaltene Entgelt von Fr.
230.80 als Zwischenverdienst zu berücksichtigen sei und nicht - wie seitens der
Arbeitslosenkasse zunächst geschehen und vom Beschwerdegegner auch erwartet -
als Nebenverdienst anerkannt werden könne. Die Kasse zog deshalb auch ihre
Taggeldberechnung für den Monat Dezember 2012 in Wiedererwägung, womit für alle
drei Monate (September, Oktober und Dezember 2012) eine Rückforderung von
insgesamt Fr. 2'751.60 resultierte.

3.2. In seiner Beschwerdeschrift macht das SECO mit Recht geltend, dass -
entgegen der vorinstanzlichen Auffassung - kein Anlass bestehe, das Vorliegen
der Voraussetzungen für eine Wiedererwägung der Taggeldabrechnungen für die
Monate September und Oktober 2012 in Frage zu stellen. Diese hatte die
Vorinstanz mit der Begründung verneint, das mit der Betätigung des
Beschwerdegegners im Land C.________ gesamthaft effektiv generierte Einkommen
von Fr. 7'443.48 erreiche die Höhe der Arbeitslosenentschädigung, die ihm ohne
diese Beschäftigung für September und Oktober 2012 zugestanden hätte - 70% des
versicherten Verdienstes, somit insgesamt Fr. 8'190.- (2 x Fr. 4'095.-) -
nicht, weshalb von einer im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. i AVIG unzumutbaren
Arbeit gesprochen werden müsse. Die Anrechnung der im Land C.________
realisierten Einkünfte als Zwischenverdienst sei deshalb nicht als zweifellos
unrichtig zu sehen, womit kein Grund für eine Wiedererwägung der ursprünglichen
Taggeldabrechnungen bestanden habe.

3.3. Mit dieser Argumentation setzt sich das kantonale Gericht über den klaren
Wortlaut von Art. 41a Abs. 5 (Satz 2) AVIV hinweg, welcher unter dem Titel
"Kompensationszahlungen" vorsieht, dass für die Ermittlung des anrechenbaren
Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit vom Bruttoeinkommen lediglich
die nachgewiesenen Material- und Warenkosten abgezogen werden und der
verbleibende Betrag pauschal um 20 % für die übrigen berufsbedingten Auslagen
gekürzt wird. Dafür, dass - wie die Vorinstanz meint - darüber hinaus auch
durch den vorübergehenden Auslandaufenthalt bedingte zusätzliche Kosten für
Unterkunft und Reise abgezogen werden könnten, fehlt jegliche gesetzliche
Grundlage. Ein solcher Abzug lässt sich auch nicht mit der vorinstanzlichen
Erklärung rechtfertigen, die Regelung in Art. 41a Abs. 5 AVIV möge zwar den
Verhältnissen bei gewissen Handwerkertätigkeiten gerecht werden, erscheine
jedoch beim - heutigen - Beschwerdegegner als sehr zweifelhaft, welchem für
externe Unterkunft und Reise Spesen erwachsen seien, die in einem andern
Arbeitsverhältnis zweifellos separat entschädigt worden wären. Ohne dass die
Gesetzmässigkeit der Verordnungsbestimmung (Art. 41a Abs. 5 AVIV) überhaupt
thematisiert worden wäre, hält sich das kantonale Gericht nicht an die vom
Bundesrat gestützt auf die diesem in Art. 24 Abs. 1 Satz 4 AVIG eingeräumte
Kompetenz geschaffene Regelung der Einkommensermittlung bei selbstständiger
Erwerbstätigkeit. Der Bundesrat hat in Art. 41a Abs. 5 AVIV die Abzugsfähigkeit
nebst einer 20%igen Pauschale für berufsbedingte Auslagen ausdrücklich auf
Material- und Warenkosten beschränkt, Auslagen also, welche sich mehr oder
weniger proportional zum Bruttoeinkommen entwickeln (Weisung des SECO in
AVIG-Praxis ALE Rz. C147), was bei den von der Vorinstanz zusätzlich
berücksichtigten Wohn- und Reisekosten nicht zutrifft. Auch von der Sache her
erscheint die vorinstanzliche Betrachtungsweise nicht gerechtfertigt, nachdem
der ohnehin zulässige 20%ige Pauschalabzug gemäss Art. 41a Abs. 5 AVIV, wie das
SECO richtig festhält, allein schon ziemlich genau die von der Vorinstanz
zusätzlich berücksichtigten Unterkunfts- und Reisekosten deckt. Der Beschwerde
führenden Aufsichtsbehörde ist darin beizupflichten, dass das Vorgehen des
kantonalen Gerichts nicht nur dem Wortlaut von Art. 41a Abs. 5 Satz 2 AVIV
widerspricht, sondern auch mit Sinn und Zweck dieser Norm nicht vereinbar ist
(vgl. auch THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches
Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, 3. Aufl. 2016, S. 2389, Rz.
418). Der angefochtene Entscheid ist daher in Gutheissung der dagegen erhobenen
Beschwerde als bundesrechtswidrig aufzuheben.

3.4. Rein rechnerisch ist gegen die von der Arbeitslosenkasse gestellte
Rückforderung nichts eingewendet worden. Dabei hat es daher sein Bewenden. Auf
die in diesem Zusammenhang stehenden, eher illustrativen Ausführungen in der
Beschwerdeschrift ist nicht weiter einzugehen.

4. 
Die Gerichtskosten (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG) sind dem
Verfahrensausgang entsprechend vom Beschwerdegegner als unterliegender Partei
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 17. Juni 2015 wird, soweit er die Kontrollperioden
September und Oktober 2012 betrifft, aufgehoben und der Einspracheentscheid der
Öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Stadt vom 26. August 2014 auch insoweit
bestätigt.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und der Öffentlichen Arbeitslosenkasse Basel-Stadt schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 29. Januar 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl

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