Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.62/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_62/2015

Urteil vom 26. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
Spitex A.________,
vertreten durch Prof. Dr. Hardy Landolt,
Beschwerdeführerin,

gegen

Eidgenössische Invalidenversicherung, vertreten durch das Bundesamt für
Sozialversicherungen BSV,
Effingerstrasse 20, 3003 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung
(vorinstanzliches Verfahren; Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Schiedsgerichts in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich vom 17. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
Am 17. Dezember 2013 reichte die Spitex A.________ beim Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich Klage gegen die
Eidgenössische Invalidenversicherung (nachfolgend: IV) ein mit Anträgen zum
IV-Tarif, welcher für die Abrechnung von Pflegeleistungen gemäss Art. 13 IVG
massgeblich sei, und zu den von ihr gemäss dem Tarif abrechenbaren Leistungen.

B. 
Mit Entscheid vom 17. Dezember 2014 trat das Schiedsgericht mit der Begründung,
es sei nicht zuständig, auf die Klage nicht ein.

C. 
Die Spitex A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben
und die Sache im Sinne der Erwägungen an das Schiedsgericht zurückzuweisen.
Die IV beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 140 V 136 E.
1.1 S. 137 f.). Das Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die
geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 140 V
136 E. 1.1 S. 138).

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Die Beschwerdegegnerin beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da
diese ungenügend begründet sei.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG hat die Beschwerdeschrift die Begehren und deren
Begründung zu enthalten; im Rahmen der Begründung ist in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, das Grund
(Art. 95 f. BGG)einer Beschwerde beim Bundesgericht bilden kann (Art. 42 Abs. 2
BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53).
Die hier erhobene Beschwerde genügt diesen Anforderungen, wenn auch nur knapp.
Auf sie ist einzutreten, da auch die übrigen Voraussetzungen hiefür erfüllt
sind.

3. 
Die Vorinstanz hat die gesetzliche Regelung, wonach die von den Kantonen
bestimmten Schiedsgerichte - im Kanton Zürich das Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigen - über Streitigkeiten zwischen der Versicherung
und Leistungserbringern entscheiden (Art. 27bis Abs. 1 IVG), zutreffend
dargelegt. Die Bestimmungen zur Befugnis des Bundesrates, mit den
Durchführenden der IV-Eingliederungsmassnahmen - wie etwa der medizinischen
Massnahmen gemäss Art. 13 IVG - Verträge zu schliessen, um die Zusammenarbeit
mit den Organen der IV zu regeln und die Tarife festzulegen (Art. 27 Abs. 1
IVG), sowie zur Delegation dieser Befugnis an das Bundesamt (Art. 24 Abs. 2
IVV) sind ebenfalls richtig wiedergegeben. Gleiches gilt für die Bestimmungen
zur Ermächtigung des Bundesrates, soweit kein Vertrag besteht, die
Höchstbeträge festzusetzen, bis zu denen den Versicherten die Kosten der
Eingliederungsmassnahmen vergütet werden (Art. 27 Abs. 3 IVG), und zur gestützt
darauf ergangenen Verordnungsregelung. Danach gelten für Personen und Stellen,
die Eingliederungsmassnahmen durchführen, ohne einem bestehenden Vertrag
beizutreten, die vertraglich festgesetzten Tarife als Höchstansätze im Sinne
von Art. 27 Abs. 3 IVG (Art. 24 Abs. 3 IVV).

4. 
Gemäss dem angefochtenen Entscheid sind der Tarifvertrag zwischen dem
Schweizerischen Berufsverband der Krankenschwestern und Krankenpfleger (SBK)
und der Medizinaltarif-Kommission, der Invalidenversicherung und dem Bundesamt
für Militärversicherung vom 25. Oktober 1999 (nachfolgend: Tarifvertrag) sowie
das IV-Rundschreiben Nr. 308 des BSV vom 27. Februar 2012 zu beachten. Die
Beschwerdeführerin sei nicht Mitglied des SBK. Für sie gälten gemäss Art. 27
Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 3 IVV die Tarife gemäss Anhang 1 des
Tarifvertrags als Höchstbeträge, bis zu denen den versicherten Personen die
Kosten der Eingliederungsmassnahmen von der IV vergütet würden. Bis zum
Erreichen dieser Höchstbeträge richte sich der Anspruch der versicherten
Personen bezüglich Hauspflege- bzw. Kinderspitexleistungen nach dem
IV-Rundschreiben Nr. 308, welches insofern eine überzeugende Konkretisierung
der rechtlichen Vorgaben darstelle und im Rahmen der rechtsgleichen
Gesetzesanwendung zu berücksichtigen sei.

5.

5.1. Das Schiedsgericht hat sodann erwogen, die Beschwerdeführerin mache
klageweise geltend, beim IV-Tarif für Pflegemassnahmen gemäss Art. 13 IVG
handle es sich um einen Vollkostentarif, welcher die für erbrachte
Versicherungsleistungen entstandenen tatsächlichen Kosten decken müsse. Sie
beantrage eventualiter, die Kosten von Abklärungs- und Beratungsleistungen
seien mit einem Tarif von Fr. 122.95 pro Stunde, die Untersuchungs- und
Behandlungsleistungen mit einem solchen von Fr. 121.15 und die
Grundpflegeleistungen mit einem solchen von Fr. 108.95 pro Stunde zu
entschädigen; allenfalls habe die IV einen neuen Vollkostentarif zu erlassen.
Gemäss Klagebegründung gehe es der Beschwerdeführerin hiebei nicht um eine
Interpretation des massgeblichen Tarifes gemäss Tarifvertrag des SBK mit der
Invalidenversicherung vom 25. Oktober 1999. Vielmehr wolle sie eine Änderung
der Tarifstruktur erreichen. Dafür sei das Schiedsgericht aber nicht zuständig.

5.2. Die Vorinstanz stützt sich hiebei auf die Rechtsprechung des
Bundesgerichts. Danach fällt die Prüfung einer Änderung der Tarifstruktur,
anders als Fragen der Tarifinterpretation, nicht in die Zuständigkeit der
kantonalen Schiedsgerichte (SVR 2012 KV Nr. 2 S. 4, 9C_252/2011 E. 5.5; vgl.
auch Urteile 9C_524/2013 vom 21. Januar 2014 E. 4; 9F_3/2013 vom 23. April 2013
E. 2). Diese Präjudizien sind für Belange der Krankenversicherung nach KVG
ergangen. Es besteht kein Anlass, für die hier zur Diskussion stehende
Tarifierung bezüglich Art. 13 IVG anders zu entscheiden. In der Beschwerde wird
auch nichts dergleichen geltend gemacht.

5.3. Aus den Anträgen und deren Begründung in der Klage wird offensichtlich,
dass die Beschwerdeführerin eine Erhöhung der gemäss Tarif geltenden
Höchstansätze im Rahmen einer Vollkostenentschädigung anstrebt. Das wird noch
bestätigt durch die Vorbringen in der Beschwerde. Für eine solche Änderung der
Tarifstruktur ist die Vorinstanz nach dem Gesagten nicht zuständig, weshalb
diese zu Recht auf die Klage nicht eingetreten ist. Was die Beschwerdeführerin
vorbringt, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Sie beschränkt sich im
Wesentlichen darauf, mittels Rügen gegen den Tarif und das IV-Rundschreiben Nr.
308 Gründe für die angestrebten höheren Tarife darzulegen. Der vorinstanzliche
Nichteintretensentscheid wird damit nicht in Frage gestellt. Gleiches gilt für
die Rüge, das BSV habe die Beschwerdeführerin vor der Klageeinreichung
hinsichtlich Zuständigkeit des Schiedsgerichts falsch informiert und so Treu
und Glauben verletzt. Damit lässt sich ebenso wenig begründen, die Vorinstanz
sei doch zuständig, wie mit den weiteren Aussagen zur Interpretation
tariflicher Regelungen durch Vorinstanz und Beschwerdeführerin sowie zu
bundesrätlichen Befugnissen. Geltend gemacht wird sodann, es bestehe ein
tarifvertragsloser Zustand für Leistungen der Kinderspitex-Organisationen. Es
wird aber nicht dargetan, inwiefern die Vorinstanz zur Behebung eines
allfälligen solchen Zustandes zuständig sein soll. Auch die Rüge einer
Rechtsverweigerung resp. Rechtsverzögerung ist unbegründet. Die Beschwerde ist
abzuweisen.

6. 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Beschwerdeführerin zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Schiedsgericht in
Sozialversicherungsstreitigkeiten des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. August 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Lanz

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