Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.616/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_616/2015

Urteil vom 20. Mai 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt David Husmann,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Massnahme beruflicher Art),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 29. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Entscheid vom 22. Juni 2011 verneinte das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich einen Anspruch des 1962 geborenen A.________ auf Invalidenrente
mangels leistungsbegründenden Invaliditätsgrades, was das Bundesgericht mit
Urteil 8C_697/2011 vom 14. Dezember 2011 bestätigte.
Am 1. Oktober 2013 liess der Versicherte um Gewährung von beruflichen
Eingliederungsmassnahmen ersuchen. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren
lehnte die IV-Stelle des Kantons Zürich das Leistungsbegehren ab (Verfügung vom
26. Mai 2014).

B. 
Die hiegegen eingereichte Beschwerde, mit welcher A.________ beantragen liess,
ihm seien berufliche Eingliederungsmassnahmen, konkret Arbeitsvermittlung,
Arbeitsversuch oder Berufsberatung, zu gewähren, wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 29. Juni 2015
ab.

C. 
Mit Beschwerde lässt A.________ beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei die IV-Stelle zu verpflichten,
Eingliederungsmassnahmen anzuordnen; eventualiter sei sie zu verpflichten, ein
Gutachten zu den Auswirkungen der somatoformen Schmerzstörung einzuholen.
Weiter stellt A.________ ein Gesuch um Bewilligung der unentgeltlichen
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren, das er mit einer weiteren
Eingabe zurückzieht.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter
anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

1.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254).

2.

2.1. Gemäss dem vom kantonalen Gericht richtig zitierten Art. 8 Abs. 1 IVG
haben Invalide oder von einer Invalidität (Art. 8 ATSG) bedrohte Versicherte
Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen, soweit (lit. a) diese notwendig und
geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit... wieder herzustellen, zu erhalten oder zu
verbessern und soweit (lit. b) die Voraussetzungen für den Anspruch auf die
einzelnen Massnahmen erfüllt sind. Die Vorinstanz hat weiter die Rechtslage
hinsichtlich der Ansprüche auf Arbeitsvermittlung (Art. 18 IVG), Arbeitsversuch
(Art. 18a Abs. 1 IVG) und Berufsberatung (Art. 15 IVG) zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen.

2.2. Das kantonale Gericht hat zur Frage der Arbeitsunfähigkeit auf die E.
3.3.3 des bundesgerichtlichen Urteils 8C_697/2011 vom 14. Dezember 2011
verwiesen, wonach der Beschwerdeführer spätestens seit Ablauf eines Jahres nach
dem Unfall vom 18. April 2002 sowohl im zuletzt ausgeübten Beruf als Sozial-
und Rechtsberater wie auch in jeder anderen, körperlich leichten bis
mittelschweren Erwerbstätigkeit zeitlich und leistungsmässig in der
Arbeitsfähigkeit nicht mehr eingeschränkt war. Weiter hat es festgestellt, dass
eine seither eingetretene Verschlechterung des Gesundheitszustands weder
substanziiert geltend gemacht wurde, noch waren diesbezüglich den Akten
Anhaltspunkte zu entnehmen, so dass nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit zu schliessen war, der Versicherte sei nunmehr von einer
Invalidität bedroht. Aufgrund dieser Darlegungen ist die Vorinstanz zum
Ergebnis gelangt, dass der Versicherte seine Arbeitsfähigkeit voll zu verwerten
vermochte, er mithin weder invalid, noch erwerbs- oder arbeitsunfähig gewesen
war. Daher bestand kein Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen gemäss Art. 8
IVG.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Gutachter der asim hätten die
psychische Beeinträchtigung wegen der sogenannten Schmerzpraxis (BGE 130 V 352)
in Bezug auf die Einschätzung der Arbeits (un) fähigkeit nicht quantifiziert,
worauf das Bundesgericht im Urteil 8C_697/2011 ausdrücklich hingewiesen habe.
Gemäss der mit BGE 141 V 281 (Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015) geänderten
Rechtsprechung müsse nunmehr anstelle der bisherigen Überwindbarkeitsvermutung
somatoformer Schmerzstörungen ein strukturiertes Beweisverfahren durchgeführt
werden. Anhand des Gutachtens der asim und der anderen psychiatrischen
Beurteilungen seien die Standartindikatoren gemäss BGE 141 V 281 bei
summarischer Prüfung zu bejahen. Werde bezweifelt, dass eine ausreichende
Arbeitsunfähigkeit für den geltend gemachten Anspruch auf berufliche
Eingliederungsmassnahmen bestehe, müsse ein polydisziplinäres Gutachten im
Sinne der geänderten Schmerzpraxis eingeholt werden.

3.2. Diese Vorbringen dringen nicht durch. Entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers verneinte das Bundesgericht mit Urteil 8C_697/2011 E. 3.3.3
eine Arbeitsunfähigkeit aus psychischen Gründen nicht gestützt auf die
"Förster-Kriterien", sondern wegen der eindeutig im Vordergrund stehenden,
invaliditätsfremden psychosozialen Faktoren, die bei der Beurteilung der
Arbeitsfähigkeit auch nach der geänderten Rechtsprechung (BGE 141 V 281)
weiterhin zu berücksichtigen sind. Im Übrigen ergibt sich ohne Weiteres aus dem
angerufen Gutachten der asim, Academy of Swiss Insurance Medicine, Basel, vom
6. Dezember 2007, dass die sich allein aus der körperlichen Symptomatik
(Fehlhaltung; Inaktivität; Dekonditionierung; muskuläre Verspannungen)
ergebende Leistungsminderung um 30 % - bei entsprechender Motivation - innert
einem Zeitraum von maximal sechs Monaten mit bewegungstherapeutischen
Massnahmen behebbar war. Diese Frage war denn auch im bundesgerichtlichen
Verfahren 8C_697/2011 nicht streitig. In diesem Zusammenhang ist der
Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass die neue Rechtsprechung zu den
somatoformen Schmerzstörungen gemäss BGE 141 V 585 E. 5.3 S. 588 für sich
allein keinen Neuanmeldungs- bzw. Revisionsgrund darstellt und vorliegend
erhebliche Gründe, die einen gegenteiligen Schluss zuliessen, nicht geltend
gemacht werden und auch nicht ersichtlich sind. Unter diesen Umständen lässt
sich aus dem Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe in dem vom
Bundesgericht überprüften Entscheid vom 22. Juni 2011 festgehalten, der
Versicherte sei zu 30 % arbeitsunfähig, nichts zum vorliegenden Sachverhalt
Relevantes ableiten.

4. 
Der Beschwerdeführer hat als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. Mai 2016
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Der Gerichtsschreiber: Grunder

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