Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.558/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_558/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 22. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael B. Graf,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 29. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1965, war ab 1. September 2010 bei der B.________ AG als
Senior Solution Consultant tätig. Ab 7. August 2012 war er arbeitsunfähig und
bezog Krankentaggelder. Im Februar 2013 meldete er sich bei der IV-Stelle des
Kantons Zürich zum Leistungsbezug an. Diese zog die Akten des
Krankentaggeldversicherers bei und veranlasste erwerbliche sowie medizinische
Abklärungen. Mit Verfügung vom 26. August 2014 verneinte die IV-Stelle einen
Leistungsanspruch.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 29. Mai 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die
IV-Stelle zu verpflichten, ihm ab 1. August 2013 eine Invalidenrente
auszurichten.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge
Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt.
Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG
genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr
ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen
darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung
einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind.
Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den
Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt
werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV
286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).

2. 
Streitig ist der Anspruch des Versicherten auf eine Invalidenrente und dabei
namentlich die Frage, ob für die Beurteilung dieses Anspruchs ein
polydisziplinäres Gutachten einzuholen ist.

3. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Begriffe der
Invalidität (Art. 8 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG) und der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), den Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen
(Art. 8 IVG), den Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG) sowie
die Anforderungen an ärztliche Berichte und deren Beweiswürdigung (BGE 134 V
231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

4.

4.1. Die Vorinstanz hat gestützt auf die massgebenden ärztlichen Berichte
(Berichte der Klinik C.________ vom 21. November 2012, vom 18. August 2013 und
vom 2. Oktober 2013, des Dr. med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 20. Dezember 2013, der Dres. med. E.________ und
F.________, Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 21. März 2013,
des pract. med. L.________, Sozialpsychiatrischer Dienst, vom 18. Februar 2014,
und des PD Dr. med. G.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
vom 8. Oktober 2014 sowie des HerzZentrums, Klinik H.________ vom 27. Februar
2013, des Dr. med. I.________, Facharzt für Innere Medizin, vom 17. Mai 2013
und vom 29. August 2013 sowie des Hausarztes Dr. med. J.________, Facharzt für
Allgemeine Innere Medizin, vom 22. Mai 2013 und vom 6. Februar 2014; vgl. auch
E. 3 und 4 des vorinstanzlichen Entscheids) in für das Bundesgericht
verbindlicher Weise (E. 1.2) festgestellt, dass die koronare Herzkrankheit
erfolgreich operativ behandelt werden konnte und unter entsprechender
Medikamenteneinnahme kompensiert sei, so dass weder wegen Herzbeschwerden noch
infolge anderer somatischer Leiden eine Arbeitsunfähigkeit über den 31. März
2013 hinaus attestiert werde, und der Versicherte im Begutachtungszeitpunkt
(18. November 2013) aus psychischen Gründen in seiner angestammten Tätigkeit
wieder voll arbeitsfähig gewesen sei. Infolgedessen verneinte die Vorinstanz
einen Leistungsanspruch.

4.2. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringen lässt, vermag zu keinem
anderen Ergebnis zu führen.

4.2.1. Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass keiner der Ärzte infolge der
Herzbeschwerden nach dem 31. März 2013 eine Arbeitsunfähigkeit - sei es in
einer angepassten oder der bisherigen Tätigkeit (ausser beim bisherigen
Arbeitgeber) - attestierte (vgl. die explizite Verneinung einer andauernden
Arbeitsunfähigkeit infolge der Herzkrankheit durch Dr. med. J.________ am 22.
Mai 2013 sowie am 6. Februar 2014, des pract. med. L.________ am 18. Februar
2014, und des Dr. med. I.________ am 29. August 2013). Dies steht in Einklang
mit dem Umstand, dass der Versicherte bezüglich des kardiologischen Aspekts
nicht mehr fachärztlich, sondern durch seinen Hausarzt begleitet wurde (vgl.
Schreiben vom 3. Dezember 2013). Zudem führt der Versicherte in seiner
Beschwerde selbst aus, dass sich die Situation bezüglich der Herzkrankheit nach
Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem bisherigen Arbeitgeber gebessert
habe. Insofern ist es nicht zu beanstanden, dass keine zusätzliche
kardiologische Begutachtung in Auftrag gegeben wurde.

4.2.2. Soweit der Versicherte geltend machen lässt, das Gutachten des Dr. med.
D.________ entspreche nicht den Anforderungen von BGE 137 V 210, ist ihm mit
der Vorinstanz entgegen zu halten, dass für den Krankentaggeldversicherer diese
Rechtsprechung nicht massgebend ist, die IV-Stelle aber gehalten ist, sich
primär auf bereits vorhandene ärztliche Stellungnahme zu stützen und
zusätzliche Abklärungen - insbesondere psychiatrische Begutachtungen - nur dann
in Auftrag zu geben, wenn sich auf Grund der Aktenlage ein ungenügend
abgeklärter Sachverhalt ergibt (Urteil 8C_15/2015 vom 31. März 2015 E. 6.4 mit
Hinweisen; vgl. auch Kieser, ATSG-Kommentar, 3. Aufl. 2015, N. 20 zu Art. 43
ATSG und N. 17 zu Art. 44 ATSG). Dies war hier nicht der Fall. Somit durfte die
IV-Stelle ihren Entscheid auf das Gutachten des Dr. med. D.________ abstützen.

4.2.3. Dem steht auch der Einwand des Versicherten, die Untersuchung bei Dr.
med. D.________ habe entgegen der vom Gutachter festgehaltenen 90 Minuten bloss
35 Minuten (gemäss Einwand vom 11. März 2014 im Verfahren gegen den
Krankentaggeldversicherer sowie gemäss Stellungnahme vom 6. Mai 2014 zum
Vorbescheid der IV-Stelle waren es noch 45 Minuten) gedauert, nicht entgegen.
Wie die Vorinstanz unter Verweis auf das Urteil 8C_323/2014 vom 23. Juli 2014
E. 4.2.1 zu Recht anführt, kommt der Dauer der Exploration nicht allein
entscheidende Bedeutung zu; massgeblich ist vielmehr der Inhalt und die
Schlüssigkeit des Gutachtens (vgl. zur Dauer einer Untersuchung und zum grossen
Ermessen bezüglich der Wahl der Untersuchungsmethoden etwa Urteil 8C_603/2013
vom 9. April 2014 E. 4.1 sowie zum Einholen von Fremdanamnesen auch das bereits
erwähnte Urteil 8C_323/2014 vom 23. Juli 2014 E. 5.2.1).

4.2.4. Ebenso wenig spricht gegen das Gutachten des Dr. med. D.________, dass
dieser die Persönlichkeit des Versicherten bei den Diagnosen nicht speziell
erwähnte. Denn die von den behandelnden Psychiatern festgehaltene akzentuierte
Persönlichkeit (ICD-10: Z71.3) vermag keinen rechtserheblichen
Gesundheitsschaden zu begründen (vgl. SVR 2012 IV Nr. 52 S. 188 E. 3, 9C_537/
2011, oder Urteil 8C_897/2013 vom 18. Februar 2014 E. 3.9). Dazu bedürfte es
zumindest einer Persönlichkeitsstörung, welche einzig von PD Dr. med.
G.________ diagnostiziert wurde. Als Begründung, weshalb er in Abweichung
sämtlicher anderer beteiligter Psychiater auf eine kombinierte
Persönlichkeitsstörung (ICD-10: F61.0) schliesst, führt er die Ergebnisse der
durchgeführten testpsychologischen Abklärungen an. Damit vermag er aber das
Gutachten des Dr. med. D.________ sowie die diesbezüglich übereinstimmende
Einschätzung der verschiedenen behandelnden Psychiater nicht in Zweifel zu
ziehen.

4.2.5. Soweit sich der Versicherte auf den Bericht des dipl. med. M.________,
Facharzt für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie, RAD, vom 26.
Januar 2015 stützt, ist festzuhalten, dass dieser die Beurteilung der
behandelnden Ärzte bezüglich der Herzkrankheit mangels fachärztlicher
Qualifikation nicht in Zweifel zu ziehen vermag. Was die psychiatrische Seite
betrifft, hält er weder das Gutachten des Dr. med. D.________ noch jenes des PD
Dr. med. G.________ als medizinisch schlüssig. Er geht von einer Remission der
depressiven Episode aus und ordnet lediglich den akzentuierten
Persönlichkeitszügen einen Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit zu. Damit ist aber
wie erwähnt kein rechtserheblicher Gesundheitsschaden ausgewiesen (vgl. auch
BGE 140 V 193 E. 3.1 S. 194).

4.2.6. Schliesslich ist auch der Verzicht auf einen Einkommensvergleich nicht
zu beanstanden, da dem Versicherten die angestammte Tätigkeit, wenn auch nicht
beim bisherigen Arbeitgeber, zumutbar ist.

4.3. Der vorinstanzliche Entscheid ist nach dem Gesagten nicht
bundesrechtswidrig.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. Dezember 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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