Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.557/2015
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_557/2015

Urteil vom 7. Oktober 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
 vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,
Beschwerdeführer,

gegen

 AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 29. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1938 geborene A.________ ist als Geschäftsleiter und Coach bei der
B.________ GmbH tätig und dadurch bei der AXA Versicherungen AG (nachfolgend:
AXA) obligatorisch gegen Unfallfolgen versichert. Gemäss Schadenmeldung vom 22.
Mai/3. Juni 2013 stürzte er am 14. April 2013 und fiel auf die rechte
Gesässseite. Der Neurochirurg PD Dr. med. C.________, welcher A.________
bereits davor behandelt hatte, hielt in seinem undatierten Arztzeugnis fest,
dieser habe ihn am 7. Mai 2013 wegen eines am 14. April 2013 erlittenen Sturzes
auf die rechte Seite mit nachfolgender Lumboischialgie konsultiert. Die AXA
gewährte Heilbehandlung und richtete Taggeld aus. Am 24. Mai 2013 nahmen die
Neurochirurgen PD Dr. med. C.________ und Dr. med. D.________ einen Eingriff an
der unteren Wirbelsäule vor. Die AXA zog Berichte der behandelnden Ärzte bei.
Zudem äusserte sich ihr beratender Arzt Dr. med. E.________ in der
Stellungnahme vom 5. Juli 2013. Am 29. August 2013 verfügte die AXA die
Einstellung ihrer Leistungen per 22. Mai 2013. Der status quo sine sei vor der
Operation vom 24. Mai 2013 erreicht gewesen. Diese stehe daher nicht mehr im
Zusammenhang mit dem Ereignis vom 14. April 2013. Daran hielt die AXA auf die
vom Versicherten erhobene Einsprache hin fest (Entscheid vom 20. Januar 2014).

B. 
A.________ reichte hiegegen Beschwerde ein. Die AXA legte im
Beschwerdeverfahren die fachärztliche Beurteilung des Dr. med. F.________ vom
24. April 2014 auf. Mit Entscheid vom 29. Mai 2015 wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die AXA zu
verpflichten, die unfallmässig entstandenen Behandlungskosten und Taggelder aus
dem Unfall vom 14. April 2013 zu entrichten. Eventuell sei der
Unfallversicherer anzuweisen, eine fachmedizinische Abklärung unter Einbezug
des Art. 36 UVG in Auftrag zu geben.
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280 mit Hinweisen).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch auf Leistungen der obligatorischen
Unfallversicherung für Folgen des Ereignisses vom 14. April 2013. Dabei geht es
gemäss Beschwerdebegründung um den Leistungsanspruch über den 22. Mai 2013
hinaus.
Das kantonale Gericht hat die massgeblichen Bestimmungen und Grundsätze,
namentlich auch zum für einen Leistungsanspruch nebst anderem vorausgesetzten
natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem
eingetretenen Schaden, zum Hinfallen dieses Zusammenhangs bei Erreichen des
status quo sine vel ante und zum zu beachtenden Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3. 
Der Beschwerdeführer rügt in grundsätzlicher Hinsicht, das kantonale Gericht
habe das Vorliegen eines Unfalls verneint. Das trifft nicht zu. Sowohl die
Vorinstanz als auch der Versicherer gehen beim Ereignis vom 14. April 2013 von
einem Unfall aus. Sie bejahen auch einen daraus resultierenden - wenn auch
befristeten - Leistungsanspruch.

4. 
Das kantonale Gericht hat erkannt, dass im unteren Bereich der Wirbelsäule des
Versicherten von einem massiven Vorzustand auszugehen ist. Das wird zu Recht
nicht bestritten. Gemäss den Berichten der behandelnden Neurochirurgen PD Dr.
med. C.________ und Dr. med. D.________ vom Mai 2013 leidet der
Beschwerdeführer seit mehreren Jahren unter den Folgen einer
Mehretagenpathologie der Lendenwirbelsäule mit Status nach dekompressiver
Spondylodese LW4 bis LW5 im Oktober 2009, Status nach dekompressiver
Verlängerungsspondylodese LW4 bis LW5 im Juli 2011 und Status nach mehrfachen
periradikulären Infiltrationen bei S1 und L5/S1.

5.

5.1. Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gelangt, die gesundheitlichen Beschwerden
nach dem 22. Mai 2013 seien nicht mehr natürlich unfallkausal. Daher liege
entgegen der Auffassung des Versicherten auch kein Anwendungsfall von Art. 36
UVG vor. Angesichts dessen, dass über keine Unfallfolgen wie Frakturen,
Hämatome oder Ödeme berichtet worden sei und der Beschwerdeführer mehr als drei
Wochen nach dem Unfall erstmals einen Arzt aufgesucht habe, sei die Beurteilung
des Dr. med. F.________, wonach keine traumatisch bedingte Diskushernie
vorgelegen habe, im Sinne der hiefür geltenden Erfahrungsgrundsätze
nachvollziehbar. Sodann könne auch der Beurteilung des Dr. med. F.________,
dass die stenosierende hypertrophe Spondylarthrose L5/S1 ebenfalls keiner
Traumafolge entspreche, ohne Weiteres gefolgt werden. Dr. med. F.________ führe
daher zu Recht aus, dass keine Strukturveränderungen dokumentiert seien, welche
die Kriterien einer traumatischen Läsion erfüllten. Aufgrund der Ausführungen
des Dr. med. F.________ könne der Unfall vom 14. April 2013 sogar als blosse
Gelegenheits- oder Zufallsursache betrachtet werden.

5.2. Das kantonale Gericht hat insbesondere auf die fachärztliche Beurteilung
des Dr. med. F.________ vom 24. April 2014 abgestellt. Dessen Ausführungen
lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass auch ohne den Unfall
Beschwerden aufgetreten wären. Der Facharzt hält zudem namentlich fest, der
Unfall habe eine vorübergehende, nicht richtunggebende Verschlimmerung des
massiven Vorzustandes ausgelöst und der status quo sine sei spätestens vier
Wochen danach erreicht gewesen.

Dr. med. F.________ hat sich als beratender Arzt der Beschwerdegegnerin
geäussert. Als solcher ist er, was den Beweiswert seiner ärztlichen Beurteilung
angeht, einem versicherungsinternen Arzt gleichzusetzen (Urteile 8C_400/2013
vom 31. Juli 2013 E. 5.1 und 8C_160/2012 vom 13. Juni 2012 E. 3.2.1 mit
Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kommt auch den Berichten und Gutachten
versicherungsinterner Ärzte Beweiswert zu, sofern sie als schlüssig erscheinen,
nachvollziehbar begründet sowie in sich widerspruchsfrei sind und keine
Indizien gegen ihre Zuverlässigkeit bestehen (BGE 125 V 351 E. 3b/ee S. 353
f.). Soll ein Versicherungsfall jedoch ohne Einholung eines externen Gutachtens
entschieden werden, so sind an die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu
stellen. Bestehen auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und
Schlüssigkeit der versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen, so sind
ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135 V 465 E. 4.4 S. 470 mit Hinweis).

5.3. Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, der Unfall habe zu
einer bildgebend nachgewiesenen Gewebeschwellung geführt resp. diese
verschlimmert. Sodann sei es jedenfalls leichter, eine vorgeschädigte
Wirbelsäule zu schädigen als eine gesunde. Das hätten Dr. med. F.________ und
das kantonale Gericht verkannt. Der Unfall habe zu einer vorübergehenden
Verschlimmerung des Vorzustandes an der Wirbelsäule geführt. Damit liege
entgegen der vorinstanzlichen Beurteilung ein klassischer Anwendungsfall von
Art. 36 UVG vor.

5.4. Art. 36 UVG regelt die Frage, ob die Leistungen des obligatorischen
Unfallversicherers zu kürzen sind, wenn der eingetretene Schaden nur teilweise
Folge eines Unfalles ist, mithin nebst diesem weitere Schadensursachen
bestehen. Von einer Kürzung ausgenommen sind Pflegeleistungen,
Kostenvergütungen, Taggeldern und Hilflosenentschädigungen (Art. 36 Abs. 1
UVG). Gekürzt werden Invalidenrenten, Integritätsentschädigungen und
Hinterlassenenleistungen, wobei Gesundheitsschädigungen vor dem Unfall, die zu
keiner Verminderung der Erwerbsfähigkeit geführt haben, nicht berücksichtigt
werden (Art. 36 Abs. 2 UVG).

Art. 36 UVG setzt indessen stets voraus, dass noch ein Leistungsanspruch
besteht. Das bedingt nebst anderem, dass die noch bestehende
Gesundheitsschädigung zumindest teilweise unfallkausal ist. Fehlt es hieran -
etwa bei Erreichen des status quo sine vel ante -, stellt sich mangels eines
noch bestehenden Leistungsanspruchs die Frage einer Kürzungsmöglichkeit von
vornherein nicht. Das hat die Vorinstanz zutreffend erkannt. Soweit der
Beschwerdeführer mehr aus Art. 36 UVG ableiten will, wird dies durch das Gesetz
nicht gestützt.

5.5. Der Versicherte macht nicht geltend, der Unfall habe die bereits
bestandenen Schädigungen richtunggebend verschlimmert. Er geht vielmehr selber
ausdrücklich von einer bloss vorübergehenden Verschlimmerung aus. Das ist nach
Lage der medizinischen Akten, einschliesslich der Berichte der behandelnden
Ärzte, zweifellos richtig. Sinngemäss wird in der Beschwerde aber vorgebracht,
der status quo sine sei am 22. Mai 2013 und auch im Zeitpunkt der Operation vom
24. Mai 2013 noch nicht wieder erreicht gewesen.

Dr. med. F.________ hat in der fachärztlichen Beurteilung vom 24. April 2014
einlässlich und überzeugend dargelegt, weshalb die durch den Unfall vom 13.
April 2013 eingetretene Verschlimmerung der vorbestandenen Gesundheitsschäden
längstens vier Wochen dauerte, der status quo sine am 13. Mai 2013 wieder
erreicht war und auch der Eingriff vom 24. Mai 2013 nicht mit Folgen dieses
Ereignisses zu erklären ist. Den übrigen medizinischen Akten lassen sich keine
Anhaltspunkte entnehmen, welche für eine länger dauernde Verschlimmerung
sprechen und damit die Einschätzung des Dr. med. F.________ in Frage stellen
könnten. Gegen eine schwerere unfallbedingte Schädigung spricht namentlich auch
der Umstand, dass der Versicherte erst gut drei Wochen nach dem Sturz einen
Arzt aufgesucht hat. Sodann lassen sich länger dauernde Beschwerden auch mit
dem massiven Vorzustand an der Wirbelsäule eines nicht mehr jungen Versicherten
bei bereits mehreren erfolgten Eingriffen erklären. PD Dr. med. C.________ hält
im undatierten Arztzeugnis über die am 7. Mai 2013 erfolgte Konsultation und im
Bericht vom 26. Juni 2013 denn auch fest, die Beschwerden könnten als Rückfall
gewertet werden, da der Versicherte seit Jahren unter den Folgen der
Mehretagenpathologie der Lendenwirbelsäule leide. Die Gewebeschwellung, auf
welche sich der Versicherte beruft, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Keinem
der Arztberichte lassen sich Hinweise dafür entnehmen, dass sie durch den
Unfall verursacht oder auch nur verschlimmert wurde. Gegen einen solchen
Einfluss des Unfalls spricht im Übrigen auch der bereits erwähnte Umstand, dass
der Versicherte erst mehrere Wochen danach einen Arzt aufgesucht hat.

Nach dem Gesagten wurde ein Leistungsanspruch über den 22. Mai 2013 hinaus
mangels Unfallkausalität der noch bestandenen Beschwerden zu Recht verneint.
Damit ist auch Art. 36 UVG von vornherein nicht anwendbar. Die Beschwerde ist
abzuweisen.

6. 
Die Kosten des Verfahrens sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. Oktober 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Lanz

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben