Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.544/2015
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_544/2015

Urteil vom 23. November 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Politische Gemeinde Bischofszell, vertreten durch die Fürsorgekommission,
Bahnhofstrasse 5, 9220 Bischofszell,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sozialhilfe,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 10. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1975 geborene A.________ wurde seit Januar 2008 von der Sozialhilfebehörde
der Stadt Bischofszell unterstützt. Nachdem die Verwaltung regelmässige
Eingänge auf dem Bankkonto festgestellt hatte und vermutete, dass der
Sozialhilfeempfänger Einkommen nicht deklariert habe, forderte sie diesen auf,
lückenlose Belege einzureichen. Weil A.________ nicht vollständige Unterlagen
vorlegte und die Behörde über seine Bankkonti nicht umfassend informierte,
verfügte diese am 17. Dezember 2013 (bestätigt durch Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 11. Juni 2014) eine      
20-prozentige Kürzung des Grundbedarfs für sechs Monate. Zudem wurde der
Sozialhilfeempfänger aufgefordert, in der Verfügung namentlich aufgelistete
Unterlagen bei den Sozialen Diensten zu deponieren. Am 31. März 2014 stellte
die Sozialhilfebehörde die Unterstützungsleistungen vollständig ein, da sie den
Bedarf aufgrund der vorliegenden Akten nicht berechnen konnte. Den dagegen
eingereichten Rekurs wies das Departement für Finanzen und Soziales des Kantons
Thurgau (DFS) mit Entscheid vom 28. Mai 2014 rechtskräftig ab.
Am 9. Juni 2014 ersuchte A.________ erneut um Ausrichtung von
Sozialhilfeleistungen. Mit Verfügung vom 1. Juli 2014 sprach ihm die
Sozialhilfebehörde Bischofszell ab 1. Juni 2014 Nothilfe in Form von Fr. 20.-
pro Kalendertag zu. Dagegen reichte A.________ Rekurs beim DFS ein. Mit
Verfügung vom 14. August 2014 beschloss die Sozialhilfebehörde, diesem ab 1.
August 2014 befristet auf sechs Monate wirtschaftliche Sozialhilfe zukommen zu
lassen. Gleichzeitig forderte sie A.________ unter anderem dazu auf, monatlich
namentlich genannte Unterlagen einzureichen, ansonsten es zu keiner Auszahlung
von Sozialhilfeleistungen komme. Auch gegen diese Verfügung reichte A.________
Rekurs ein. Nachdem die Sozialhilfebehörde Einsicht in die Akten der
Staatsanwaltschaft genommen und den Sozialhilfebezüger befragt hatte, widerrief
sie am 24. September 2014 die beiden Verfügungen vom 1. Juli und 14. August
2014 und verfügte die Abweisung des Gesuchs um Ausrichtung von
Sozialhilfeleistungen vom 9. Juni 2014. Den gegen diese Verfügung erhobenen
Rekurs wies das DFS mit Entscheid vom 10. Dezember 2014 ab.

B. 
Mit Entscheid vom 10. Juni 2015 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau
die Beschwerde mit dem Begehren um Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen ab
Juni 2014 ab.

C. 
A.________ führt dagegen mit Eingabe vom 12. August 2015 (Poststempel)
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Nachdem das Bundesgericht
diesem am 13. August 2015 die Anforderungen an eine Rechtsschrift erläutert
hatte mit dem Hinweis, dass eine Verbesserung innert der Beschwerdefrist
erfolgen könne, reicht dieser am 18. August 2014 eine neue Beschwerdeschrift
ein. Er beantragt zur Hauptsache, unter Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheids sei ihm ab Juni 2014 weiterhin Sozialhilfe (einschliesslich
Wohnungsmiete, offene Krankenkassen- und Arztrechnungen) auszurichten. Weiter
beantragt er eine Entschädigung (Schmerzensgeld) für ihm von der
Fürsorgebehörde zugefügte Unbill, therapeutische Massnahmen sowie
Rückerstattung der für den Aufbau des eigenen Unternehmens getätigten
Investitionen. Überdies verlangt er die Anordnung einer neutralen amtlichen
Untersuchung der bisher mit ihm befassten Institutionen sowie die Einholung der
Akten des Vereins B.________ (Tätigkeit im Beschäftigungsprogramm) durch das
Bundesgericht. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.

D. 
Mit Verfügung vom 10. September 2015 hat das Bundesgericht sowohl das Gesuch um
aufschiebende Wirkung bzw. vorsorgliche Massnahmen wie auch jenes um
unentgeltliche Rechtspflege (zufolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels)
abgewiesen und den Beschwerdeführer aufgefordert, einen Kostenvorschuss von Fr.
500.- einzuzahlen, was fristgerecht geschehen ist.

Erwägungen:

1. 
Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen
Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel
steht somit grundsätzlich auch auf dem Gebiet der kantonalen Sozialhilfe zur
Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu in Art. 83 keinen
Ausschlussgrund.

2.

2.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Der vorinstanzliche
Entscheid stützt sich in der Sache auf kantonales Recht. Als Beschwerdegrund
kommt deshalb hauptsächlich die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere von
verfassungsmässigen Rechten der Bundesverfassung in Frage (Art. 95 BGG). Die
Anwendung des kantonalen Rechts als solches bildet nicht Beschwerdegrund.
Überprüft werden kann insoweit nur, ob der angefochtene Entscheid auf
willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder ob das Gesetz oder seine Anwendung
sonst wie gegen übergeordnetes Recht verstösst (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S.
251 f.). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und
interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rügepflicht. Das Bundesgericht
prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise
vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 49 E.
1.4.1 S. 53). Wird eine Verletzung des Willkürverbots geltend gemacht, muss im
Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem
qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf ungenügend begründete
Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.; 129 I 113 E. 2.1
S. 120; je mit Hinweisen; Urteile 8C_787/2011 vom 28. Februar 2012 E. 2.1 und
8C_294/2011 vom 29. Dezember 2011 E. 2.1, nicht publ. in: BGE 138 I 113).

2.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, genügt es nicht, einen
von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu
behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, inwiefern diese
Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen
Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit
Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen
Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden. Vorbehalten bleiben
offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG, die
geradezu in die Augen springen (Urteile 8C_787/2011 vom 28. Februar 2012 E. 2.2
und 8C_294/2011 vom 29. Dezember 2011 E. 2.2 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE
138 I 113).

3. 
Gegenstand des Verfahrens bildet der Anspruch auf Sozialhilfe gemäss Verfügung
der Sozialhilfebehörde vom 24. September 2014 und Entscheid des DFS vom 10.
Dezember 2014. Dem Bundesgericht ist es entsprechend Art. 105 Abs. 2 BGG
verwehrt, das Verfahren über den vorinstanzlich vorgegebenen Streit- und
Anfechtungsgegenstand auszuweiten. Soweit daher der Beschwerdeführer über den
Anspruch auf Sozialhilfeleistungen der Fürsorgebehörde Bischofszell
hinausgehende Begehren zum Prozessthema erheben will, ist darauf nicht
einzutreten.

4.

4.1. Im angefochtenen Entscheid wurde unter Hinweis auf die massgebliche
Rechtslage (so insbesondere §§ 8 und 25 Abs. 1 und 3 des Gesetzes des Kantons
Thurgau vom 29. März 1984 über die öffentliche Sozialhilfe [Sozialhilfegesetz;
SHG; RB 850.1]) eingehend erwogen, es sei nicht zu beanstanden, die
wirtschaftliche Hilfe des Beschwerdeführers vollständig einzustellen. Der
Beschwerdeführer sei wiederholt darauf hingewiesen worden, dass er seine
Einkommens- und Vermögensverhältnisse umfassend darzulegen habe. Dieser
Mitwirkungspflicht sei er offensichtlich nicht nachgekommen. Immer wieder seien
neue Fakten, Einnahmen und Tätigkeiten bekannt geworden, die er gegenüber den
Behörden verschwiegen habe. Der Beschwerdeführer betreibe unter anderem einen
Onlineshop und führe für verschiedene Telefonhotlines Lebensberatungen durch.
Einnahmen deklariere er wiederholt als Investorengelder, ohne sich jedoch zu
deren Herkunft zu äussern. Weiter behaupte er wenig glaubwürdig, für geleistete
Dienste (Import von Autoteilen, Service am Auto, Webdesign, Botengänge für
Bekannte, Übersetzungen) keinerlei oder kaum Entgelt zu erhalten. Auf von der
Gemeinde angebotene Vergünstigungen ("Tischlein-deck-dich" Karte) habe er
freiwillig verzichtet. Aus diesen Umständen schloss die Vorinstanz, der
Beschwerdeführer sei nicht bedürftig. Da er grundsätzlich arbeitsfähig und in
der Lage sei, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, ging das kantonale Gericht
davon aus, dass die Sozialhilfebehörde die Leistungen einstellen durfte, ohne
gegen kantonales Recht und das in Art. 12 BV geschützte Recht auf
wirtschaftliche Hilfe in Notlagen zu verstossen.

4.2. Was dagegen in der Beschwerde vorgebracht wird, vermag, soweit überhaupt
den qualifizierten Anforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art.
106 Abs. 2 BGG genügend, die durch das Bundesgericht nur eingeschränkt
überprüfbaren vorinstanzlichen Feststellungen nicht in einem willkürlichen oder
sonst wie qualifiziert rechtsfehlerhaften Licht erscheinen zu lassen. Zwar ruft
der Beschwerdeführer zahlreiche Verfassungs- und Völkerrechtsbestimmungen an,
ohne indessen in geeigneter Weise aufzuzeigen, inwiefern diese im konkreten
Fall durch den vorinstanzlichen Entscheid verletzt sein sollen. Ebenso wenig
ist solches erkennbar.

5. 
Bezüglich der vom Beschwerdeführer gerügten Verweigerung der unentgeltlichen
Rechtsverbeiständung durch die Vorinstanz bringt dieser nichts vor, was die vom
kantonalen Gericht vertretene Auffassung als rechtswidrig erscheinen liesse.
Dieses begründete die Abweisung des Gesuchs damit, dass grundsätzlich nur im
Anwaltsregister des Kantons Thurgau eingetragene Anwälte als unentgeltliche
Vertreter zugelassen seien, was hinsichtlich der vom Beschwerdeführer
mandatierten Rechtsvertreterin nicht der Fall sei. Gründe für eine
ausnahmsweise Zulassung würden weder genannt noch seien solche ersichtlich.

6. 
Insgesamt erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet. Sie wird
daher im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne
Durchführung eines Schriftenwechsels, mit summarischer Begründung und unter
Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG -
erledigt.

7. 
Die Gerichtskosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 23. November 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben