Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.536/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_536/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 22. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Hofer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Politische Gemeinde St. Gallen, Soziale Dienste St. Gallen, Brühlgasse 1, 9004
St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sozialhilfe,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 30. Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1965 geborene A.________ wird seit Juli 2012 von den Sozialen Diensten der
Politischen Gemeinde St. Gallen wirtschaftlich unterstützt. Da seine Versuche,
mit diversen Projekten auf selbständiger Basis ein regelmässiges
Erwerbseinkommen zu erwirtschaften, und seine Bemühungen, eine Festanstellung
zu finden, erfolglos blieben, forderte ihn die Behörde auf, eine Tätigkeit in
der Firma B.________ aufzunehmen. Trotz der Androhung, bei einer Weigerung
würden die Sozialhilfeleistungen im Umfang des erzielbaren Einkommens
eingestellt, lehnte A.________ eine Teilnahme am Programm ab. Mit Verfügung vom
24. März 2014 stellten die Sozialen Dienste St. Gallen die Unterstützung daher
ab April 2014 in der Höhe des in der Firma B.________ mindestens erzielbaren
Einkommens von Fr. 500.- im Monat ein. Gleichzeitig wiesen sie A.________
darauf hin, dass er jederzeit mit der Tätigkeit in der Firma B.________
beginnen könne. Den gegen die Verfügung eingereichten Rekurs hiess das
Departement des Innern des Kantons St. Gallen mit Beschluss vom 11. Dezember
2014 insoweit gut, als es die verfügte Einstellung der finanziellen Sozialhilfe
aufhob und die Sache zur Abklärung der Arbeits- und Anwesenheitsregelung sowie
des erzielbaren Lohnes bei einer Teilnahme am Beschäftigungsprogramm an die
Sozialen Dienste zurückwies (Dispositiv-Ziffer 1b). Im Übrigen wies es den
Rekurs ab, soweit es darauf eintrat.

B. 
Die Politische Gemeinde St. Gallen erhob Beschwerde beim Verwaltungsgericht des
Kantons St. Gallen mit dem Antrag, Dispositiv-Ziffer 1b des
Departementsentscheids sei aufzuheben, und die Verfügung vom 24. März 2014 sei
in allen Punkten zu bestätigen. Mit Entscheid vom 30. Juni 2015 hiess das
Verwaltungsgericht die Beschwerde gut und hob Dispositiv-Ziffer 1b des
angefochtenen Beschlusses vom 11. Dezember 2014 auf.

C. 
A.________ führt mit Eingabe vom 4. August 2015 (Poststempel) Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Nachdem das Bundesgericht diesem am 7.
August 2015 die Anforderungen an eine Rechtsschrift erläutert hatte mit dem
Hinweis, dass eine Verbesserung innert der Beschwerdefrist erfolgen könne,
reicht dieser am 15. August 2015 eine neue Beschwerdeschrift ein. Er beantragt
die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. Zudem ersucht er um
unentgeltliche Rechtspflege.

D. 
Mit Verfügung vom 19. Oktober 2015 hat das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (zufolge Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels)
abgewiesen und den Beschwerdeführer aufgefordert, einen Kostenvorschuss von Fr.
500.- einzuzahlen, was fristgerecht geschehen ist.

Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1.

1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit a BGG). Soweit sich der
angefochtene Entscheid auf Quellen des kantonalen Rechts stützt, welche nicht
in Art. 95 lit. c-e BGG genannt werden, beschränkt sich die Überprüfung durch
das Bundesgericht demgegenüber thematisch auf die erhobenen und begründeten
Rügen (Art. 106 Abs. 2 BGG) und inhaltlich auf die Frage, ob die Anwendung des
kantonalen Rechts zu einer Bundesrechtswidrigkeit führt. Im Vordergrund steht
dabei eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte, insbesondere des
Willkürverbots nach Art. 9 BV. Was die Feststellung des Sachverhalts anbelangt,
kann gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG nur gerügt werden, diese sei offensichtlich
unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung nach Art. 95 BGG (BGE 135 V 94
E. 1 S. 95 mit Hinweis).

1.2. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten - einschliesslich der
willkürlichen Anwendung von kantonalem Recht und Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung - gilt der in Art. 106 Abs. 1 BGG verankerte Grundsatz
der Rechtsanwendung von Amtes wegen nicht, weshalb insofern eine qualifizierte
Rügepflicht besteht (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 171 E. 1.4 S. 176; 136 I 65
E. 1.3.1 S. 68; 133 II 249 E. 1.4.2 S. 254). Hierzu gelten qualifizierte
Begründungsanforderungen: In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der
Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern die angerufenen
Rechte verletzt worden sein sollen. Wird eine solche Rüge nicht vorgebracht,
kann das Bundesgericht eine Beschwerde selbst dann nicht gutheissen, wenn eine
Grundrechtsverletzung tatsächlich vorliegt (BGE 139 I 229 E. 2.2 S. 232 mit
Hinweisen). Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt
das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1
S. 445; je mit Hinweisen).

2.

2.1. Das kantonale Gericht hat im angefochtenen Entscheid unter Hinweis auf die
massgebliche Rechtslage (so insbesondere Art. 12 BV, Art. 12 der Verfassung des
Kantons St. Gallen vom 10. Juni 2001 [KV; sGS 111.1], Art. 9, 12 und 15 des
Sozialhilfegesetzes des Kantons St. Gallen vom 27. September 1998 [SHG; sGS
381.1]), die Rechtsprechung (BGE 139 I 218; 133 V 353 E. 4.2 S. 357; 130 I 71;
Urteil 8C_787/2011 vom 28. Februar 2012 E. 3.2.1) und die Richtlinien für die
Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der Schweizerischen Konferenz für
Sozialhilfe (SKOS-Richtlinien) sowie die Praxishilfe der St. Gallischen
Konferenz der Sozialhilfe (KOS-Praxishilfe) erwogen, das Beschäftigungsprogramm
der Firma B.________ erscheine - auch mit Blick auf die Einwendungen des
Beschwerdeführers hinsichtlich der tiefen Entlöhnung, der
Anstellungsbedingungen und der zeitlichen Verfügbarkeit - objektiv betrachtet
als zumutbar. Verzichte ein Sozialhilfeempfänger darauf, diese Einkommensquelle
auszuschöpfen, dürfe deshalb die finanzielle Sozialhilfe mit dem Hinweis auf
das Subsidiaritätsprinzip während der vorgesehenen Beschäftigungsdauer in der
Höhe des dort bei einem 50 Prozent Pensum garantierten Mindesteinkommens von
Fr. 500.- grundsätzlich eingestellt werden. Zudem sei die Massnahme konkret
auch dem unbestrittenermassen arbeitsfähigen Beschwerdeführer zumutbar, zumal
dieser nicht geltend mache, der Arbeitspflicht stünden familiäre Pflichten oder
gesundheitliche Gründe entgegen. Auch wenn seine Bemühungen in den
vorangegangenen Jahren, abgesehen von punktuellen Engagements, aus den Akten
nicht zu entnehmenden Gründen erfolglos gewesen seien, verfüge dieser
zweifellos über die für eine Integration in den ersten Arbeitsmarkt
erforderlichen intellektuellen Fähigkeiten. Zwar biete die Firma B.________ in
erster Linie Beschäftigungen in den Bereichen Industrie, Gewerbe und Recycling
sowie im Betrieb von Brockenhäusern an. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen,
dass der Beschwerdeführer dort auch seine Fähigkeiten im administrativen
Bereich einbringen könne. Überdies stünde ihm bei einem Beschäftigungsrad von
50 Prozent genügend Zeit für die Stellensuche und für die Ausübung einer
allfälligen selbständigen Tätigkeit zur Verfügung.

2.2. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, vermag, soweit überhaupt den
qualifizierten Anforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106
Abs. 2 BGG genügend, nichts zu ändern. Die vorinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen zur Tätigkeit in der Firma B.________ und zur
Entlöhnung sind nicht bestritten. Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung
des Rechts auf freie Berufswahl geltend und zitiert dabei Art. 23 der
Allgemeinen Erklärungen der Menschenrechte der Vereinten Nationen vom 10.
Dezember 1948 (AEMR). Daraus ergebe sich ein einklagbares Recht auf freie
Berufswahl, indem niemand gezwungen werden dürfe, Arbeiten anzunehmen oder
Berufe zu ergreifen, die er oder sie ablehne (Verbot der Zwangsarbeit) und ein
Anspruch auf gleichen Lohn bei gleicher Arbeit (Verbot von Lohndumping).

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist als Resolution der
Generalversammlung der Vereinten Nationen rechtlich nicht verbindlich und
verschafft dem Beschwerdeführer daher keine subjektiv anrufbaren Rechte (BGE
124 III 205 E. 3a S. 206; Urteile 9C_545/2015 vom 15. Oktober 2015 E. 4.3;
2D_36/2013 vom 20. Januar 2014 E. 2.3.1; 2C_169/2008 vom 18. März 2008 E. 4.1;
WALTER KÄLIN, Universeller Menschenrechtsschutz, 3. Aufl. 2013, Rz. 33 S. 14).
Genügen die angebotenen Tätigkeiten dem Begriff der "zumutbaren Arbeit" im
Sinne der Gesetzgebung über die Arbeitslosenversicherung, verstossen sie nicht
gegen das Verbot der Zwangs- oder Pflichtarbeit. Dabei ist nicht erforderlich,
dass das erzielte Einkommen den Betrag der Unterstützungsleistung übertrifft,
da im Bereich der Sozialhilfe auch die Ergänzung eines nicht existenzsichernden
Einkommens durch Unterstützungsleistungen sinnvoll erscheint (BGE 130 I 71 E.
5.3 und 5.4 S. 77 f.). Die Verpflichtung zur Teilnahme an
Beschäftigungsprogrammen verstösst daher grundsätzlich nicht gegen das Verbot
des Arbeitszwangs (GUIDO WIZENT, Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit, 2014,
S. 88 f.). Inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben soll, wenn sie
einen Einsatz in der Firma B.________ als für den Beschwerdeführer zumutbar
bezeichnet hat, zeigt dieser nicht nachvollziehbar auf und ist auch nicht
ersichtlich.

3. 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels mit
summarischer Begründung unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art. 102
Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.

4. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen
und dem Departement des Innern des Kantons St. Gallen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. Dezember 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Hofer

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