Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.505/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_505/2015

Urteil vom 14. Oktober 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
CONCORDIA
Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG, Rechtsdienst, Bundesplatz
15, 6002 Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

Unfallversicherung Stadt Zürich, Stadelhoferstrasse 33, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

A.________.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 29. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1995 geborene A.________ war als Fachangestellte Gesundheit in Ausbildung
im Spital B.________ tätig und dadurch bei der Unfallversicherung Stadt Zürich
(nachfolgend: UVZ) obligatorisch unfallversichert. Am 6. Mai 2014 meldete der
Arbeitgeber dem Versicherer, A.________ sei am 4. März 2014 Opfer eines
sexuellen Übergriffs (Anfassen im Intimbereich) geworden. Die UVZ holte die
Polizeiakten und einen Bericht der behandelnden Psychiaterin ein. Mit Verfügung
vom 12. August 2014 verneinte sie ihre Leistungspflicht mit der Begründung, es
liege kein Unfall vor. Die CONCORDIA Schweizerische Kranken- und
Unfallversicherung AG (nachfolgend: Concordia) als obligatorischer
Krankenpflegeversicherer erhob Einsprache. Sie machte geltend, es liege ein
Unfall im Sinne eines Schreckereignisses vor und die UVZ habe die Kosten für
die von der Versicherten erlittenen psychischen Beeinträchtigungen zu tragen.
Mit Entscheid vom 1. Oktober 2014 hielt die UVZ an der Verfügung fest.

B. 
Die Concordia führte hiegegen Beschwerde. Das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich lud A.________ zum Verfahren bei. Diese verzichtete auf eine
Stellungnahme. Mit Entscheid vom 29. Mai 2015 wies das Gericht die Beschwerde
ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
Concordia, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die UVZ zu
verpflichten, Heilbehandlung für die auf das Ereignis vom 4. März 2014
zurückzuführenden psychischen Beschwerden zu gewähren.
Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 141 V 236 E. 1 S. 236; 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob der Übergriff vom 4. März 2014 eine
Leistungspflicht (Heilbehandlung) des obligatorischen Unfallversicherers für
die in der Folge aufgetretenen psychischen Beschwerden zu begründen vermag.
Dabei steht zur Diskussion, ob, wie vom Beschwerde führenden Krankenversicherer
geltend gemacht, das Ereignis den Unfallbegriff im Sinne eines
Schreckereignisses erfüllt.
Das kantonale Gericht hat die Rechtsgrundlagen hiefür zutreffend dargelegt. Er
hat namentlich richtig erkannt, dass der Unfallbegriff nur bei
aussergewöhnlichen Schreckereignissen, die mit einem entsprechenden psychischen
Schock verbunden sind, bejaht werden kann (vgl. BGE 129 V 177 E. 2.1 S. 179;
SVR 2015 UV Nr. 6 S. 21, 8C_231/2014 E. 2.4).

3. 
Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gelangt, dem Vorfall vom 4. März 2014 könne die
Eindrücklichkeit keineswegs abgesprochen werden. Er erfülle aber die
rechtsprechungsgemäss sehr hohen Anforderungen an ein aussergewöhnliches
Schreckereignis und damit auch den gesetzlichen Unfallbegriff nicht. In den
Fällen, in denen die Rechtsprechung jeweils ein ausserordentliches
Schreckereignis bejaht habe, habe eine andere höhere Intensität und Dauer der
Bedrohung bestanden.
Diese Beurteilung beruht auf einer sorgfältigen Würdigung der Sach- und
Rechtslage. Das kantonale Gericht hat namentlich zutreffend berücksichtigt,
dass die Versicherte nicht verletzt wurde, der Täter sie durch die Kleidung
hindurch berührte, dies nur während kurzer Zeit erfolgte und der Täter
unbewaffnet war. Auch wenn der erlittene Schrecken mit Sicherheit nicht gering
war, unterscheidet sich der Geschehensablauf daher doch erheblich von den
Übergriffen und anderen Vorfällen, bei denen aufgrund deutlich heftigerer
Einwirkungen ein Schreckereignis als Unfall bejaht wurde. Die Vorinstanz
verweist hiebei zu Recht auf die Urteile U 193/06 vom 20. Oktober 2006 und
8C_522/2007 vom 1. September 2008.
Was der Krankenversicherer vorbringt, rechtfertigt keine andere
Betrachtungsweise. Der sich aus den Akten ergebende Geschehensablauf lässt
gesamthaft nicht auf ein ausserordentliches Schreckereignis schliessen. Daran
vermögen die nicht weiter gestützten Vermutungen darüber, wie sich das
Geschehen allenfalls hätte weiterentwickeln können, nichts zu ändern. Sodann
trifft zwar zu, dass ein solcher Übergriff nicht alltäglich ist und von der
betroffenen Person zweifellos als sehr unangenehm empfunden wird. Auch dies
genügt aber nicht, um das hier Vorgefallene als so ausserordentlich einprägsam
zu betrachten, dass die strengen Anforderungen für ein Schreckereignis erfüllt
wären. Mit der Vorinstanz ist im Weiteren festzustellen, dass die von der
Krankenversicherung erwähnten Urteile 8C_168/2011 vom 11. Juli 2011 und 8C_182/
2010 vom 2. Juli 2010 zu keinem anderen Ergebnis führen. Im erstgenannten
Urteil ging es um die Adäquanzprüfung bei einem sogenannten "gemischten"
Vorfall und im zweiten Urteil um ein Ereignis, bei welchem die versicherte
Person eine Verletzung erlitten hatte, der Unfallversicherer ein
Schreckereignis nicht in Frage stellte und der adäquate Kausalzusammenhang der
persistierenden Beschwerden zu diesem Ereignis zu beurteilen war. Daraus
ergeben sich keine Gesichtspunkte, welche die Beschwerde zu stützen vermöchten.
Diese ist abzuweisen.

4. 
Die Kosten des Verfahrens sind von der unterliegenden Concordia zu tragen (Art.
66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, dem Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 14. Oktober 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Lanz

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