Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.499/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_499/2015

Urteil vom 14. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
Politische Gemeinde A.________, vertreten durch die Fürsorgekommission,
vertreten durch Rechtsagent Edwin Bigger,
Beschwerdeführerin,

gegen

Politische Gemeinde B.________, vertreten durch die Fürsorgebehörde,
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Wenger,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sozialhilfe,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 25. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die Politische Gemeinde A.________ (nachfolgend: Gemeinde) trägt seit 17.
September 2003 die Kosten für die Fremdplatzierung von C.________, geboren
1998. Mit Schreiben vom 29. November 2013 gelangte ihre Fürsorgekommission an
die Sozialdienste der Stadt B.________ (Politische Gemeinde B.________;
nachfolgend: Stadt) und ersuchte diese, die künftigen Kosten für C.________ zu
übernehmen sowie die in den letzten fünf Jahren angefallenen Kosten
zurückzuerstatten, da die Gemeinde infolge eines offensichtlichen
Fehlentscheides anstelle der eigentlich zuständigen Stadt die
Platzierungskosten irrtümlich übernommen habe; denn C.________ habe mit der
dauerhaften Fremdplatzierung seit 15. Oktober 2002 einen eigenständigen
Unterstützungswohnsitz am letzten gemeinsamen Wohnsitz ihrer Eltern begründet.
Die Stadt trat am 14. Januar 2014 auf dieses Richtigstellungsbegehren nach Art.
28 des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die
Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR 851.1) nicht ein, nahm
es aber als Richtigstellungsbegehren nach § 25a der Verordnung des
Regierungsrates vom 15. Oktober 1985 zum Gesetz über die öffentliche
Sozialhilfe (Sozialhilfeverordnung, SHV; RB 850.11) entgegen und erhob bei der
Gemeinde Einsprache infolge Nichtanerkennung des Anspruchs. Die Gemeinde wies
diese am 19. März 2014 ab. Den dagegen erhobenen Rekurs der Stadt hiess das
Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau am 22. Juli 2014
unter Aufhebung des Einspracheentscheids vom 19. März 2014 gut.

B. 
Am 25. März 2015 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau die von der
Gemeinde dagegen erhobene Beschwerde ab.

C. 
Die Gemeinde lässt Beschwerde in öffentlichen Angelegenheiten führen mit dem
Antrag, der kantonale Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung
an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Das Verwaltungsgericht schliesst unter Verweis auf seinen Entscheid auf
Abweisung der Beschwerde. Die Stadt lässt Nichteintreten, eventualiter die
Abweisung der Beschwerde beantragen.

D. 
Mit Eingabe vom 30. September 2015 äussert sich die Gemeinde zu den
Vernehmlassungen der Vorinstanz und der Stadt.

Erwägungen:

1. 
Streitig ist, ob die Gemeinde bezüglich des Unterstützungswohnsitzes von
C.________ seit deren Fremdplatzierung eine Richtigstellung vornehmen konnte.
Da es sich um einen innerkantonalen Streit handelt, ist das kantonale Recht
massgebend, namentlich § 25a SHV; dazu gehört auch das infolge Verweises in den
kantonalrechtlichen Bestimmungen ebenfalls als kantonales Recht zur Anwendung
gelangende ZUG (Urteil 8C_701/2013 vom 14. März 2013 E. 2.1 mit Hinweisen; vgl.
auch BGE 140 I 320 E. 3.3 S. 322 oder Urteil 8C_871/2011 vom 13. Juni 2012 E.
2.1). Zu prüfen ist daher, ob dieses kantonale Recht bundesrechtswidrig
angewendet worden ist. Die Gemeinde macht diesbezüglich eine Verletzung des
Willkürverbotes (Art. 9 BV) im Sinne einer offensichtlich unrichtigen
Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs. 1 BGG) geltend, weshalb unter diesem
Gesichtspunkt auf die Beschwerde eingetreten werden könnte. Zudem sind
Beschwerdelegitimation (Art. 89 Abs. 1 BGG), zulässige Vorinstanz (Art. 86 Abs.
1 lit. d BGG), Einhaltung der Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) sowie die
Voraussetzung eines Endentscheids in einer Angelegenheit des öffentlichen
Rechts (Art. 82 lit. a und Art. 90 BGG) unbestritten.

2.

2.1. Die Vorinstanz hat festgestellt, der seit Jahren bestehende
Unterstützungswohnsitz sei nicht offensichtlich unrichtig festgelegt worden (E.
3 des kantonalen Entscheids). Zudem wäre ein allfälliges Versäumnis der
Gemeinde, welche den einmal anerkannten Unterstützungswohnsitz während Jahren
nicht in Frage gestellt habe, nicht entschuldbar; dies sei aber eine weitere
Voraussetzung für eine Richtigstellung (E. 4 des kantonalen Entscheids).
Die Stadt macht geltend, mit der Frage der Entschuldbarkeit setze sich die
Gemeinde gar nicht auseinander. Sie bestreite nur die Korrektheit des einmal
anerkannten Unterstützungswohnsitzes, lege aber nicht dar, weshalb der
angebliche Fehler entschuldbar sei.

2.2. In Fällen, in denen der angefochtene Entscheid mehrere unabhängige,
alternative oder subsidiäre Begründungen enthält, die alle für sich allein
genügen würden, um den Ausgang der Sache zu begründen, muss die Beschwerde
führende Partei nachweisen, dass jede von ihnen rechtswidrig ist, ansonsten auf
die Beschwerde nicht eingetreten werden kann (BGE 138 I 97 E. 4.1.4 S. 100 mit
Hinweisen; vgl. auch Laurent Merz, Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2.
Aufl. 2011, N. 73 zu Art. 42 BGG).

2.3. Die Gemeinde begnügt sich in ihrer Beschwerdeschrift damit, den einmal
anerkannten Unterstützungswohnsitz des Kindes als offensichtlich unrichtig zu
bezeichnen. Sie legt aber nicht dar, weshalb ihr eine Richtigstellung nicht
viel früher möglich gewesen wäre. Sie setzt sich demnach mit der
Entschuldbarkeit des Fehlverhaltens, welche von der Vorinstanz ausdrücklich
verneint wurde und - nach expliziter Ausführung der Vorinstanz (vgl. deren E.
4.1) - ebenfalls Voraussetzung für eine Richtigstellung ist, nicht auseinander.
Nach dem Gesagten kann auf die Beschwerde mangels ausreichender Begründung
nicht eingetreten werden. Daran ändern auch die Ausführungen der Gemeinde in
ihrer Eingabe vom 30. September 2015 nichts, da die Voraussetzungen der
Begründung nicht in einer späteren, nach Ablauf der Beschwerdefrist
eingereichten Schrift nachgeholt werden können (vgl. dazu Merz, a.a.O., N. 40
zu Art. 42 BGG).

3. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der Gemeinde
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Stadt hat keinen Anspruch auf eine
Entschädigung, da sie in ihrem amtlichen Wirkungskreis tätig war (Art. 68 Abs.
3 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Departement für Finanzen und Soziales des Kantons Thurgau schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 14. Dezember 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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