Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.493/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_493/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 29. Oktober 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld,
Beschwerdeführerin,

gegen

Bundesverwaltungsgericht,
Kreuzackerstrasse 12, 9000 St. Gallen,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung (voristanzliches Verfahren; unentgeltliche Rechtspflege),

Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.
Juni 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 2. März 2015 hob die IV-Stelle für Versicherte im Ausland
IVSTA die der 1962 geborenen A.________ seit 1. Januar 2004 ausgerichtete
Invalidenrente ab dem 1. Dezember 2011 auf. Hiegegen liess die Versicherte
Beschwerde erheben und gleichzeitig ein Gesuch um Bewilligung der
unentgeltlichen Rechtspflege stellen, welches das Bundesverwaltungsgericht mit
Zwischenverfügung vom 25. Juni 2015 mangels Bedürftigkeit abgewiesen hat.

B. 
A.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des
angefochtenen Entscheids sei ihr für das bundesverwaltungsgerichtliche
Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Im Weiteren ersucht sie
um unentgeltliche Rechtspflege für den letztinstanzlichen Prozess.

Das Bundesgericht führt keinen Schriftenwechsel durch.

Erwägungen:

1. 
Der angefochtene Entscheid, mit welchem die unentgeltliche Rechtspflege für das
vorinstanzliche Verfahren verweigert wurde, gehört zu den Zwischenverfügungen,
die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Er kann daher
selbstständig mit Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG; BGE 133 IV 335 E. 4 S. 338; SVR 2009 UV Nr. 12 S. 49, 8C_530
/2008 E. 2.4). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist
daher einzutreten.

2.

2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.2. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254).

3.

3.1. Gemäss Art. 37 des Verwaltungsgerichtsgesetzes (VGG) richtet sich das
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach dem VwVG. Dessen Vorsitzender
oder der Instruktionsrichter befreit eine Partei, die nicht über die
erforderlichen Mittel verfügt, auf Antrag von der Bezahlung der
Verfahrenskosten, sofern ihr Begehren nicht aussichtslos erscheint (Art. 65
Abs. 1 VwVG). Wenn es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, bestellt der
Vorsitzende oder der Instruktionsrichter der Partei einen Anwalt (Art. 65 Abs.
2 VwVG).

3.2. Art. 65 Abs. 1 VwVG stimmt in Bezug auf den Begriff der Bedürftigkeit mit
Art. 29 Abs. 3 BV, Art. 64 Abs. 1 BGG (bis 31. Dezember 2006: Art. 152 Abs. 1
OG) sowie Art. 61 lit. f ATSG überein, weshalb auf die hiezu ergangene
Rechtsprechung abgestellt werden kann.

3.3. Als bedürftig gilt, wer die Kosten eines Prozesses nicht aufzubringen
vermag, ohne jene Mittel anzugreifen, derer er zur Deckung des notwendigen
Lebensunterhalts für sich und seiner Familie bedarf (BGE 128 I 225 E. 2.5.1 S.
232; 127 I 202 E. 3b S. 205). Die prozessuale Bedürftigkeit beurteilt sich nach
der gesamten wirtschaftlichen Situation des Rechtsuchenden im Zeitpunkt der
Entscheidung über das Gesuch (BGE 108 V 265 E. 4 S. 269; vgl. Art. 64 Abs. 4
BGG). Dazu gehören einerseits sämtliche finanziellen Verpflichtungen,
anderseits die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (BGE 124 I 1 E. 2a S. 2;
120 Ia 179 E. 3a S. 181; 118 Ia 369 E. 4a S. 370; je mit Hinweisen). In diesem
Kontext ist darauf hinzuweisen, dass von einem Grundeigentümer verlangt werden
darf, einen Kredit auf sein Grundstück aufzunehmen, soweit dieses noch belastet
werden kann (BGE 119 Ia 11 E. 5).

4.

4.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen, es habe die Gesuchstellerin mit
(prozessleitender) Verfügung vom 23. April 2015 aufgefordert, das beigelegte
Formular "Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege" ausgefüllt und mit den nötigen
Beweismitteln versehen einzureichen. Es habe zudem darauf hingewiesen, dass bei
Nichteinreichen der verlangten Unterlagen und Beweismittel aufgrund der Akten
entschieden werde. Weiter hat es erkannt, dass die Gesuchstellerin gemäss der
mit Eingabe vom 17. Juni 2015 aufgelegten Steuerrechnung vom 14. April 2015
Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem Vermögenswert von Euro 62'699.70 ist.
Gestützt auf diesen Umstand hat das Bundesverwaltungsgericht - unter Hinweis
auf die Rechtsprechung - geschlossen, die Bedürftigkeit sei nicht erstellt.

4.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie verfüge über kein den
Lebensbedarf deckendes Einkommen (Euro 285.-), weshalb sie von der in der
Schweiz lebenden Tochter unterstützt werde. Unter diesen Umständen sei keine
Bank bereit, ihr eine Hypothek auf der Liegenschaft zu gewähren. Die Vorinstanz
habe daher den entscheidwesentlichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig bzw.
auf einer willkürlichen Annahme gründend festgestellt.

4.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Bedürftigkeit einzig anhand des
Wertes der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Liegenschaft geprüft.
Dabei handelt es sich unbestritten um einen erheblichen Vermögenswert. Um den
ihr obliegenden Nachweis (vgl. dazu: BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164; SVR 1998 UV
Nr. 11 S. 32, U 197/96 E. 4c/bb) zu erbringen, dass unter den geltend gemachten
Umständen auf dem im Ausland gelegenen Grundstück keine Hypothek errichtet
werden könne, hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin keine
entsprechenden Bestätigungen von Banken oder anderen Instituten eingereicht.
Damit hat sie nicht rechtsgenüglich dargetan, dass die mit Hinweis auf die
Rechtsprechung implizit geäusserte Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts,
eine hypothekarische Belastung sei möglich, nicht zutrifft, weshalb es bei der
Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege für das vorinstanzliche Verfahren
sein Bewenden hat (so auch Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts
[heute: Schweizerisches Bundesgericht] B 54/02 vom 21. März 2003, in
Anwaltsrevue 2003 8, S. 272, und U 29/01 vom 4. Juli 2001).

5.

5.1. Auf die Erhebung von Gerichtskosten für das bundesgerichtliche Verfahren
wird verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG; vgl. SVR 2002 ALV Nr. 3 S. 7, C 130
/99 E. 5). Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege ist
insoweit gegenstandslos.

5.2. Mangels Nachweises der Bedürftigkeit kann die unentgeltliche
Verbeiständung auch für den letztinstanzlichen Prozess nicht bewilligt werden
(Art. 64 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos geworden ist.

3. 
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der IV-Stelle für Versicherte im Ausland IVSTA
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Oktober 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grunder

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