Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.476/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_476/2015        
{T 0/2}

Urteil vom 31. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Weber Peter.

Verfahrensbeteiligte
Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG,
GB Schaden, Litigation, 8085 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Advokat Dr. Thomas Christen,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 19.
Februar 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1952, arbeitete als Gärtner bei der B.________ AG und war
damit bei der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG (nachfolgend Zürich) gegen
die Folgen von Unfällen versichert, als er am 20. September 2010 beim
Apfelpflücken aus einer Höhe von ca. 1,5 Metern von einer Leiter stürzte und
sich dabei Verletzungen an der Wirbelsäule und eine Commotio cerebri zuzog. Die
Zürich erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Im Mai 2013 gab sie bei der
Gutachterstelle C.________ ein interdisziplinäres Gutachten in Auftrag, welches
am 28. November 2013 erstattet wurde. Mit Verfügung vom 20. März 2014,
bestätigt mit Einspracheentscheid vom 26. September 2014, stellte sie die
Versicherungsleistungen per 31. Dezember 2013 ein, im Wesentlichen mit der
Begründung, dass der Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und den weiterhin
geklagten Beschwerden nicht gegeben sei.

B. 
Mit Entscheid vom 19. Februar 2015 hiess das Kantonsgericht Basel-Landschaft
die dagegen erhobene Beschwerde in dem Sinne gut, als es den
Einspracheentscheid vom 26. September 2014 aufhob und die Sache an die
Versicherung zurückwies, damit diese nach erfolgter Abklärungen im Sinne der
Erwägungen über den Leistungsanspruch neu verfüge.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Zürich,
der kantonale Gerichtsentscheid sei insofern aufzuheben, als dass er sie
anweise, die Einschränkung der Arbeitsfähigkeit aufgrund der beim Unfall vom
20. September 2010 erlittenen Rückenverletzung (Wirbelkörperfrakturen der BWS)
im Hinblick auf die angestammte Tätigkeit des Versicherten in der Gärtnerei
abzuklären und das Invalideneinkommen anhand des tatsächlich erzielten
Verdienstes in der Gärtnerei festzusetzen. Zudem ersucht sie um Gewährung der
aufschiebenden Wirkung.

Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Auf die Durchführung eines
Schriftenwechsels wurde verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren)
Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29
Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 S. 44 mit Hinweisen).

1.1. Gemäss Art. 90 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen Entscheide, die das
Verfahren abschliessen. Ebenfalls zulässig ist nach Art. 92 Abs. 1 BGG die
Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die
Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Gegen einen sog. anderen
selbstständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG ist die
Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten demgegenüber nur zulässig,
wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a
BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid
herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde nicht
zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, bleibt ein Zwischenentscheid
im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich
auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG). Rückweisungsentscheide, mit
denen eine Sache wie im vorliegenden Fall zur neuen Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur
unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden
können (BGE 140 V 282 E. 2 S. 283 mit Hinweisen).

1.2. Rechtsprechungsgemäss bewirkt ein Rückweisungsentscheid in der Regel
keinen irreversiblen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da der
Rechtsuchende ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird
anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Anders verhält es sich allerdings
für die Verwaltung bzw. den Versicherungsträger, wenn diese durch den
Rückweisungsentscheid gezwungen werden, eine ihres Erachtens rechtswidrige
Verfügung zu treffen. Diesfalls kann bereits dieser Entscheid angefochten und
braucht nicht der Endentscheid abgewartet zu werden (BGE 140 V 282 E. 4.2 S.
285 f. mit Hinweisen, 133 V 477 E. 5.2.4 S. 484 f.)

1.3. Das kantonale Gericht hat die Angelegenheit an den Unfallversicherer
zurückgewiesen, mit der Vorgabe, dass die Zürich bei ihrer neuen Verfügung
bezüglich der Festlegung des Invalideneinkommens auf die derzeitige Anstellung
des Versicherten als Gärtner abzustellen habe. Der angefochtene Entscheid
enthält damit materiellrechtlich verbindliche Anordnungen, welche den
Beurteilungsspielraum der Beschwerdeführerin wesentlich einschränken. Im
Umstand, dass der darauf beruhende Endentscheid praktisch nicht angefochten und
das Ergebnis nicht mehr korrigiert werden könnte, ist nach dem Gesagten ein
nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne des Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu
erblicken. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2
BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). Es wendet das
Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft indessen - unter
Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG) - grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen
Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

3. 
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die im Rückweisungsentscheid getroffene
Anordnung der Vorinstanz, wonach die Beschwerdeführerin die Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit aufgrund der erlittenen Wirbelkörperfrakturen der BWS im
Hinblick auf die angestammte Tätigkeit als Gärtner abzuklären und das
Invalideneinkommen anhand des tatsächlich erzielten Verdienstes in der
Gärtnerei festzulegen habe, Bundesrecht verletzt.

3.1. Gemäss Rechtsprechung ist für die Festsetzung des Invalideneinkommens
primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die
versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine
Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile
Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr
verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und
erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht
als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als
Invalidenlohn (BGE 139 V 592 E. 2.3 mit Hinweisen).

3.2. Wie die Vorinstanz im angefochtenen Rückweisungsentscheid zu Recht erwogen
hat, sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall zweifellos erfüllt. Der
bald 63-jährige Versicherte übt in der Gärtnerei, in welcher er seit Jahren
angestellt ist, eine Tätigkeit aus, mit welcher er gemäss des Gutachtens der
Gutachterstelle C.________ die ihm verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarem
Rahmen voll ausschöpft. Überdies erzielt er ein Einkommen, das nicht als
Soziallohn zu betrachten ist. Dem Versicherten ist alsdann aufgrund seines
Alters ein Berufs- oder Stellenwechsel nicht mehr zumutbar (Urteil 8C_448/2014
vom 29. Dezember 2014 E. 4.3, vgl. ferner MEYER/REICHMUTH, Bundesgesetz über
die Invalidenversicherung, 3. Aufl. 2014, N. 13 f. zu Art. 28 IVG). Damit gilt
rechtsprechungsgemäss grundsätzlich der effektive Lohn als Invalidenlohn. Die
Einwendungen der Beschwerdeführerin sind nicht geeignet die Beurteilung der
Vorinstanz als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Insbesondere ist dem
Gutachten der Gutachterstelle C.________ nicht zu entnehmen, dass die ausgeübte
aktuelle Tätigkeit als Gärtner unter dem formulierten Anforderungsprofil nicht
angepasst ist. Vielmehr wird darin explizit ausgeführt, dass keine Tätigkeiten
genannt werden können, in denen die Arbeitsfähigkeit des Versicherten höher
wäre.

3.3. Im vorliegenden Fall bezieht sich die Ausschöpfung der Arbeitsfähigkeit
allerdings auch auf unfallfremde Beschwerden, für welche die Beschwerdeführerin
nicht haftet. Sie wird daher bei ihrer neuen Verfügung zwar von der bestehenden
Anstellung ausgehen müssen. Indessen haben dabei nur die unfallbedingten
Einschränkungen Berücksichtigung zu finden. Dies entspricht denn auch der
Auffassung der Vorinstanz, deren angefochtene Erwägung 9.3 nicht anders
verstanden werden kann. So hält sie fest, das die Gutachterstelle C.________
aufzufordern sei, mitzuteilen, in welchem konkreten Ausmass der Versicherte
aufgrund der beim Unfall erlittenen Rückenverletzungen in der Arbeitsfähigkeit
herabgesetzt sei. Die Beschwerde ist mithin abzuweisen.

4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Dem Ausgang des Verfahrens
entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG).

5. 
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde wird mit dem heutigen Urteil
gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 31. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Weber Peter

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