Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.443/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_443/2015        
{T 0/2}

Urteil vom 18. Januar 2016

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Maillard, Präsident,
Bundesrichter Ursprung, Wirthlin,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Graubünden,
Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 2. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1973 geborene A.________ bezog wegen der Folgen eines im Jahre 1994
erlittenen Verkehrsunfalles seit dem 1. Oktober 1995 bei einem Invaliditätsgrad
von 100 % eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Anlässlich eines im Juni
2011 eingeleiteten Revisionsverfahrens veranlasste die
Sozialversicherungsanstalt des Kantons Graubünden, IV-Stelle, eine Observation
des Versicherten und eine polydisziplinäre Begutachtung beim Ärztlichen
Begutachtungsinstitut (nachfolgend: ABI), Basel. In der Folge ordnete die
Verwaltung mit Verfügung vom 25. Oktober 2012 die vorsorgliche Einstellung der
laufenden Rente an. Gestützt auf die am 21. November 2012 erstattete Expertise
hob die IV-Stelle mit Verfügung vom 19. April 2013 den Anspruch auf eine Rente
rückwirkend auf den 31. Oktober 2012 auf.

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 2. Dezember 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den
Anträgen, es sei ihm in Aufhebung des angefochtenen Entscheides weiterhin eine
ganze Invalidenrente auszurichten; eventualiter sei die IV-Stelle zu
verpflichten, weitere Abklärungen zu treffen und berufliche Massnahmen
vorzunehmen, bevor erneut über den Anspruch auf eine Rente entschieden werde.
In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

Die IV-Stelle und das kantonale Gericht schliessen auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine
Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung
nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die am 19. April 2012 durch die IV-Stelle
verfügte Aufhebung des Anspruchs auf eine Invalidenrente ab 1. November 2012
vorinstanzlich zu Recht bestätigt wurde.

3. 
Im angefochtenen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen und die von der
Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, namentlich diejenigen zum Begriff der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 IVG), zum
Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 2 IVG) und zum Beweiswert und zur
Beweiswürdigung ärztlicher Berichte und Gutachten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232;
125 V 351 E. 3a S. 352) richtig dargelegt. Gleiches gilt für die Ausführungen
zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132) und zum
revisionsrechtlich massgebenden Vergleichszeitraum (BGE 133 V 108 E. 5.4 S.
114). Darauf wird verwiesen.

Anzufügen bleibt, dass regelmässig keine versicherte Gesundheitsschädigung
vorliegt, soweit die Leistungseinschränkung auf Aggravation oder einer
ähnlichen Erscheinung beruht. Hinweise auf solche und andere Äusserungen eines
sekundären Krankheitsgewinns (dazu BGE 140 V 193 E. 3.3 S. 197) ergeben sich
namentlich, wenn: eine erhebliche Diskrepanz zwischen den geschilderten
Schmerzen und dem gezeigten Verhalten oder der Anamnese besteht; intensive
Schmerzen angegeben werden, deren Charakterisierung jedoch vage bleibt; keine
medizinische Behandlung und Therapie in Anspruch genommen wird; demonstrativ
vorgetragene Klagen auf den Sachverständigen unglaubwürdig wirken; schwere
Einschränkungen im Alltag behauptet werden, das psychosoziale Umfeld jedoch
weitgehend intakt ist (BGE 141 V 281 E. 2.2.1 S. 287 mit Hinweisen). Besteht im
Einzelfall Klarheit darüber, dass solche Ausschlussgründe die Annahme einer
Gesundheitsbeeinträchtigung verbieten, so besteht von vornherein keine
Grundlage für eine Invalidenrente (BGE a.a.O. E. 2.2.2 S. 288).

4.

4.1. Das kantonale Gericht hat eine einlässliche Würdigung der fachärztlichen
Unterlagen, insbesondere des polydisziplinären Gutachtens des ABI vom 21.
November 2012, vorgenommen. Dabei gelangte es zum Schluss, das Gutachten
erfülle die von der Rechtsprechung an den Beweiswert einer ärztlichen Expertise
gestellten Anforderungen und es fänden sich in den Akten keine Indizien, die
auch nur geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit des
Gutachtens erweckten. In tatsächlicher Hinsicht stellte die Vorinstanz unter
anderem weiter fest, es sei nicht plausibel, dass der Versicherte während der
Begutachtung beim ABI unangemessen behandelt worden sei. Aus dem
Observationsmaterial ergebe sich unmissverständlich und im Einklang mit den
Untersuchungsergebnissen der Gutachter, dass der Beschwerdeführer körperliche
Beeinträchtigungen bewusst vortäusche, weshalb die Experten nachvollziehbar von
einer Simulation ausgingen. Es bestehe kein Anlass, an der hirnorganischen
Unversehrtheit des Beschwerdeführers zu zweifeln. Weiter sei ausgewiesen, dass
der Beschwerdeführer spätestens seit dem Zeitpunkt der Untersuchungen durch das
ABI am 11. September 2012 an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen mehr
leide, welche seine Arbeitsfähigkeit beeinträchtigten. Damit sei eine
wesentliche Verbesserung eingetreten, weshalb ein Revisionsgrund gegeben und
die verfügte Rentenaufhebung nicht zu beanstanden sei.

4.2.

4.2.1. Die Tatsachenfeststellungen des Gerichts, namentlich die aus den
medizinischen Akten gewonnene Erkenntnis, wonach eine durch Observation
vermutete und danach medizinisch einwandfrei verifizierte Simulation vorliegt
und damit eine uneingeschränkte Arbeits- und Leistungsfähigkeit besteht, ist im
letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hievor). Wie
dargelegt (E. 3 zweiter Absatz) besteht bei Vorliegen einer Simulation kein
Anspruch auf eine Invalidenrente.

4.2.2. Das kantonale Gericht hat sich mit den vom Beschwerdeführer
vorgebrachten Einwänden bereits auseinandergesetzt. Soweit dieser die
Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz als offensichtlich unrichtig rügt, wie
beispielsweise bezüglich der Ereignisse, Verletzungen und Behandlungen beim
Unfall im Jahre 1994, sind diese für die Beurteilung der sich vorliegend
stellenden Rechtsfrage irrelevant. Im Weiteren legt der Beschwerdeführer nicht
substanziert dar, weshalb auf das Gutachten nicht abgestellt werden kann. Die
darin getroffenen, vom Beschwerdeführer als tendenziös gerügten Ausführungen
bezüglich der festgestellten Simulation treffen offensichtlich zu. Es liegt
nicht nur eine Selbstlimitierung, sondern eine verifizierte Täuschung vor, hat
er doch bewiesen, dass er entgegen seiner ausdrücklichen Darstellung
selbständig längere Autofahrten oder Spaziergänge mit dem Hund machen, Einkäufe
erledigen und weiteres mehr unternehmen kann. Die gutachterlichen
Feststellungen und Folgerungen sind daher nicht aktenwidrig, sondern durch die
Observation bestätigt.

4.2.3. Schliesslich ändern auch die neu aufgelegten Akten - soweit
novenrechtlich überhaupt zulässig (Art. 99 BGG) - nichts an der Verbindlichkeit
der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen. Soweit sie eine seit
Verfügungserlass vom 19. April 2013 eingetretene Verschlechterung des
Gesundheitszustandes betreffen, können sie - wie von der Vorinstanz bereits
dargelegt - im vorliegenden Verfahren nicht berücksichtigt werden.

4.3. Mit seinen Einwänden legt der Beschwerdeführer letztinstanzlich nicht
rechtsgenüglich dar, inwiefern die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen
offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruhen. Die Rügen erschöpfen sich vielmehr in unzulässiger
appellatorischer Kritik am ABI-Gutachten vom 21. November 2012. Diese kann zum
vornherein nicht beachtet werden (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs.1 und 2 BGG).

4.4. Eventualiter ersucht der Beschwerdeführer um berufliche Massnahmen. Wie
das kantonale Gericht bereits ausführte, hat der Versicherte bisher keinen
Eingliederungswillen erkennen lassen. Sollte sich dies in Zukunft ändern, kann
er sich diesbezüglich erneut bei der Invalidenversicherung melden.

5.

5.1. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im
vereinfachten Verfahren nach Art. 109 BGG mit summarischer Begründung erledigt
wird.

5.2. Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren kann nicht entsprochen werden
(Art. 64 BGG), da seine Beschwerde von vornherein aussichtslos war.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. Januar 2016

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Maillard

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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