Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.436/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_436/2015

Urteil vom 2. September 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Andreas Hubacher,
Beschwerdeführerin,

gegen

AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
vertreten durch lic. iur. Kavan Samarasinghe,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Kausalzusammenhang),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 15.
Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
Die 1971 geborene A.________ arbeitete seit Anfang Mai 2011 als Assistentin des
Personalchefs bei der B.________ AG in C.________ und war damit bei der AXA
Versicherungen AG (nachfolgend AXA) unter anderem obligatorisch gegen die
Folgen von Unfällen versichert. Am 16. Februar 2012 rutschte sie auf Glatteis
aus und stürzte auf den Hinterkopf. Im erstbehandelnden Spital wurden die
Diagnosen einer Hinterkopfprellung und einer Distorsion der Halswirbelsäule
(HWS) gestellt. Die AXA erbrachte Heilbehandlung und richtete Taggeld aus. Nach
Einholung verschiedener Berichte des behandelnden Hausarztes (Dr. med.
D.________, Facharzt FMH für Allgemeine Innere Medizin), des Neurologen FMH Dr.
med. E.________ und ihres beratenden Arztes, Dr. med. F.________, Facharzt FMH
für Innere Medizin (Aktenbeurteilung vom 18. Dezember 2012) stellte die AXA
ihre Leistungen mit Verfügung vom 4. Januar 2013 auf den Verfügungszeitpunkt
hin ein, da zwischen dem versicherten Unfall und den weiterhin geklagten
Beschwerden kein genügender Kausalzusammenhang bestehe. Daran hielt sie auf
Einsprache hin fest (Entscheid vom 30. April 2013).

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern
mit Entscheid vom 15. Mai 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides habe ihr die AXA
ab dem 5. Januar 2013 weiterhin die gesetzlichen Leistungen auszurichten.
Eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an das kantonale Gericht oder die
Unfallversicherung zurückzuweisen.

Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II
257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden. Es
kann die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem
Recht nur insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht
und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin über den 4. Januar 2013
hinaus Anspruch auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung hat.

Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung massgebenden
Rechtsgrundlagen, insbesondere die Grundsätze zu dem für die Leistungspflicht
des Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen
dem Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität; Tod; BGE 129
V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) sowie zum Erfordernis des adäquaten
Kausalzusammenhangs im Allgemeinen (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181 mit Hinweis)
und bei psychischen Unfallfolgen im Besonderen (BGE 115 V 133) zutreffend
dargelegt. Dasselbe gilt auch hinsichtlich der Beurteilung der Adäquanz nach
HWS-Distorsionen und die von der Praxis dazu entwickelten Prüfungskriterien (
BGE 134 V 109 E. 10.2 S. 127 und E. 10.3 S. 130). Richtig sind auch die
vorinstanzlichen Ausführungen zum Beweiswert und zur Würdigung medizinischer
Berichte und Stellungnahmen (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, vgl. auch BGE 134 V
231 E. 5.1 S. 232) sowie zu dem im Sozialversicherungsrecht massgebenden
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181
mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass bei Entscheiden gestützt
auf versicherungsinterne ärztliche Beurteilungen, die im Wesentlichen oder
ausschliesslich aus dem Verfahren vor dem Sozialversicherungsträger stammen, an
die Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen sind. Bestehen auch nur
geringe Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der ärztlichen
Feststellungen, ist eine versicherungsexterne medizinische Begutachtung im
Verfahren nach Art. 44 ATSG oder ein Gerichtsgutachten anzuordnen (BGE 135 V
465 E. 4 S. 467 ff., 122 V 157 E. 1d S. 162).

3. 

3.1. Das kantonale Gericht hat die vorhandene medizinische Dokumentation einer
einlässlichen, gründlichen Prüfung unterzogen und ist dabei zum Schluss
gelangt, dass sich angesichts der ein vollständiges Bild vermittelnden und eine
zuverlässige Beurteilung erlaubenden Aktenlage die Einstellung der
Versicherungsleistungen auf den 4. Januar 2013 nicht beanstanden liesse. Auch
nach eingehenden neurologischen und bildgebenden Untersuchungen lägen keine
Befunde oder Hinweise auf organisch nachweisbare Unfallfolgen vor. Die
natürliche Kausalität zwischen den weiterhin geklagten Beschwerden und dem
Unfall vom 16. Februar 2012 müsse jedoch nicht abschliessend beurteilt werden,
da es an der Adäquanz des Kausalzusammenhanges fehle.

3.2.

3.2.1. Die Beschwerdeführerin argumentiert vorerst, der per 4. Januar 2013
vorgenommene Fallabschluss sei zu früh erfolgt, benennt indessen kein
Aktenstück, woraus zu schliessen wäre, dass im Zeitpunkt des Fallabschlusses
von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch eine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes hätte erwartet werden können (vgl. Art. 19 Abs. 1 Satz 1
UVG).

Die Vorinstanz hat gestützt auf die zutreffend zitierte Rechtsprechung (vgl.
BGE 134 V 109 E. 3 bis 6 S. 112 ff. [1 E. 3.4 S. 15f.]) sowie anhand der
medizinischen Aktenlage festgehalten, dass eine ins Gewicht fallende Besserung
nicht mehr zu erwarten war. Das Bundesgericht verweist in diesem Kontext
vollumfänglich auf die nicht zu beanstandenden Erwägungen im angefochtenen
Entscheid, welchen nichts beizufügen ist.

3.2.2. Dasselbe gilt hinsichtlich der Argumentation bezüglich des natürlichen
Kausalzusammenhanges. Die Versicherte bringt vor, ein solcher sei gegeben, da
der Zustand der völligen Beschwerdefreiheit, wie vor dem Unfall noch nicht
eingetreten sei. Wie im angefochtenen Entscheid ausführlich dargelegt, genügen
diese Vorbringen nicht, um organisch nachweisbare Unfallfolgen zu belegen.
Solche werden denn auch von der Beschwerdeführerin selbst nicht behauptet.
Insbesondere liegen keine ärztlichen Zeugnisse, Berichte oder Gutachten vor,
die dem Aktenbericht des Dr. med. F.________ vom 18. Dezember 2012 begründet
widersprechen und damit auch nur geringe Zweifel an dessen Ausführungen
erwecken würden.

3.2.3. Damit bleibt zu prüfen, ob die Vorinstanz die Adäquanz zu Recht
verneinte. Deren Qualifikation des Ereignisses als leichten Unfall im
Grenzbereich zu den mittelschweren wird von der Beschwerdeführerin nicht
beanstandet.

3.2.3.1. Die Parteien sind sich einig, dass nicht von dramatischen
Begleitumständen oder einer besonderen Eindrücklichkeit des Unfallereignisses
gesprochen werden kann.

3.2.3.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, dass der Umstand, dass sie bereits
die vierte HWS-Distorsion erlitten hat, als besondere Art der erlittenen
Verletzung zu qualifizieren sei. Dem ist - wenn auch nur knapp - zuzustimmen,
da sie - nach eigenen Angaben - bereits seit mehreren Jahren beschwerdefrei war
und die früheren Ereignisse im Heilungsverlauf keine Rolle spielten.

3.2.3.3. Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde musste die Versicherte
sich keiner fortgesetzten spezifischen, belastenden ärztlichen Behandlung
unterziehen. Sie bringt denn auch nicht vor, inwiefern die Behandlung belastend
gewesen sein soll.

3.2.3.4. Das Kriterium der erheblichen Beschwerden wird vom kantonalen Gericht
als erfüllt qualifiziert. Dies ist nicht weiter zu untersuchen, da sicherlich
keine besonders ausgeprägten Beschwerden zu beklagen waren.

3.2.3.5. Eine ärztliche Fehlbehandlung liegt nicht vor.

3.2.3.6. Dasselbe gilt bezüglich des Kriteriums des schwierigen
Heilungsverlaufs mit erheblichen Komplikationen. Schwierigkeiten am
Arbeitsplatz gelten nicht als erhebliche Komplikationen. Es ist auch nicht
ersichtlich, inwiefern der Heilungsverlauf schwieriger war, als bei
Schleudertraumata und äquivalenten Verletzungen üblich.

3.2.3.7. Schliesslich ist auch das Kriterium der erheblichen Arbeitsunfähigkeit
trotz ausgewiesener Anstrengung zu verneinen. Gemäss unwidersprochenen
Ausführungen des kantonalen Gerichts bestand lediglich während 18 Tagen eine
volle Arbeitsunfähigkeit. Für die übrigen knapp 10 Monate bis zum Fallabschluss
konnte immer mindestens eine 50%ige Arbeitsfähigkeit attestiert werden.

3.2.4. Zusammenfassend können höchstens ein bis zwei Kriterien als erfüllt
gelten, weshalb die Vorinstanz den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem
Sturz auf den Hinterkopf vom 16. Februar 2012 und dessen Folgen mit den über
den 4. Januar 2013 hinaus geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen
zu Recht verneint hat.

4. 
Die Beschwerdeführerin hat gemäss Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG als unterliegende
Partei die Gerichtskosten zu tragen.
 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 2. September 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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