Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.416/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_416/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 30. September 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Antonius Falkner,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 1. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1969, ist gelernter Automechaniker. Zuletzt arbeitete er
seit 1. August 2007 als Produktionsleiter in der Firma B.________ AG. Am 22.
Mai 2009 meldete er sich wegen Restfolgen einer Herzoperation (2004), eines
doppelten Hirnschlages (2003) und eines Autounfalles mit verbleibenden
Rückenbeschwerden (seit 1990) bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug an.
Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen sowie insbesondere gestützt auf
das polydisziplinäre Gutachten vom 7. Juni 2010 des Instituts C.________
verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen mit Verfügung vom 8. Juni 2011
einen Rentenanspruch. Am 1. Mai 2012 meldete sich der Versicherte erneut wegen
seiner Herzkrankheit bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach
weiteren Abklärungen verneinte die IV-Stelle wiederum einen Rentenanspruch
(Verfügung vom 22. März 2013).

B. 
Die hiegegen erhobene Beschwerde des A.________ wies das Versicherungsgericht
des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 1. Mai 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, die IV-Stelle habe ihm unter Aufhebung des angefochtenen
Gerichtsentscheides eine Invalidenrente auszurichten; eventualiter sei die
Sache "zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen". Zudem sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung zu gewähren.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht
durchgeführt.

D. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung hat das
Bundesgericht mit Verfügung vom 13. August 2015 mangels Bedürftigkeit
abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat den einverlangten Kostenvorschuss von Fr.
800.- fristgerecht geleistet.

Erwägungen:

1. 

1.1. Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art.
105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher
Tatsachen sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den
Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund
Letzterer gerichtlich festgestellte Gesundheitslage bzw. Arbeitsfähigkeit und
die konkrete Beweiswürdigung sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht
publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S.
164 [9C_204/2009]).

1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich
unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und
augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (BGE 129 I 8 E.
2.1 S. 9). Diese Grundsätze gelten auch bei der konkreten Beweiswürdigung.

1.3. Das rechtliche Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) verlangt, dass die Behörde die
Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 136 I
229 E. 5.2 S. 236). Dieser Anspruch steht einer vorweggenommenen
Beweiswürdigung nicht entgegen. Das Gericht kann auf die Abnahme von Beweisen
verzichten, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung
gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, diese werde durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert (BGE 134 I 140 E. 5.3 S. 148). In Bezug auf die
antizipierte Beweiswürdigung kann einzig Willkür gerügt werden (BGE 136 I 229
E. 5.3 S. 236 f. mit Hinweisen; Urteile 8C_403/2014 vom 3. Oktober 2014 E. 1.3
und 8C_806/2013 vom 6. März 2014       E. 6.1 mit Hinweis).

2. 
Strittig ist, ob die Vorinstanz die von der IV-Stelle im Verfahren betreffend
Wiederanmeldung vom 1. Mai 2012 am 22. März 2013 erneut verfügte Verneinung
eines Rentenanspruchs zu Recht mit angefochtenem Entscheid bestätigt hat.

3. 
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen
Rechtsgrundlagen im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).

4. 

4.1. Nach eingehender Würdigung der Aktenlage und mit überzeugender Begründung,
worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG), hat das kantonale Gericht
zutreffend festgestellt, dass im unbestritten massgebenden Vergleichszeitraum
zwischen 8. Juni 2011 (letzte rechtskräftige Verneinung eines Rentenanspruchs)
und 22. März 2013 eine anspruchserhebliche Verschlechterung des
Gesundheitszustandes mit entsprechend objektivierbarer Erhöhung der
gesundheitsbedingten Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht mit dem
erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.
In zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (E. 1.3 hievor) schloss die
Vorinstanz unter Berücksichtigung der aktuellsten medizinischen Unterlagen
bundesrechtskonform darauf, dass weitere Abklärungen am Ergebnis der
Beurteilung des Regionalen Ärztlichen Dienstes der Invalidenversicherung (RAD)
vom 22. März 2013 nichts zu ändern vermöchten, wonach dem Versicherten die
angestammte und jede leidensangepasste Tätigkeit weiterhin zu 100% zumutbar
sei.

4.2. Was der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter aus formellen
Gründen gegen den Beweiswert des Gutachtens des Instituts C.________vortragen
lässt, ist angesichts der klaren Rechtslage offensichtlich unbegründet. Das
Gutachten des Instituts C.________ wurde vor Erlass von BGE 137 V 210
erstattet. Bereits mit Urteil 8C_426/2011 vom 29. September 2011 hat das
Bundesgericht klargestellt, dass nach altem Verfahrensstandard eingeholte
Gutachten ihren Beweiswert auch mit Rücksicht auf die in BGE 137 V 210
erläuterten Korrektive grundsätzlich nicht verlieren (Urteil 8C_426/2011 vom
29. September 2011 E. 6.2). Besondere Einwände, welche mit Blick auf die
Rechtsprechung (Urteile 9C_495/2012 vom    4. Oktober 2012 E. 2.2-2.4 und
8C_426/2011 vom 29. September 2011 E. 7 ff.; vgl. auch Urteil 8C_142/2013 vom
20. November 2013 E. 3.3 f.) aus formellen Gründen oder unter dem Gesichtspunkt
der materiellen Schlüssigkeit ein Abweichen von den auf das Gutachten des
Instituts C.________ abgestützten Sachverhaltsfeststellungen erfordern würden,
legt der Versicherte nicht dar und sind nicht ersichtlich.

4.3. Eine Verletzung der Begründungspflicht ist mit Blick auf den
vorinstanzlichen Entscheid auszuschliessen, zumal dem Beschwerdeführer eine
sachgerechte Anfechtung (BGE 136 V I 184 E. 2.2.1       S. 188 mit Hinweisen)
offensichtlich ohne Weiteres möglich war.

4.4. Unbegründet ist im Weiteren der Vorwurf der Verletzung des Anspruchs auf
rechtliches Gehör im Zusammenhang mit der von der Beschwerdegegnerin
unmittelbar vor Verfügungserlass zu den damals aktuellsten medizinischen
Berichten eingeholten RAD-ärztlichen Stellungnahme vom 22. März 2013.

4.4.1. Nach Art. 29 Abs. 1 und 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK haben die
Parteien eines Gerichtsverfahrens Anspruch auf rechtliches Gehör und auf ein
faires Gerichtsverfahren, unter Beachtung des Grundsatzes der Waffengleichheit.
Diese Garantien umfassen das Recht, von allen bei Gericht eingereichten
Stellungnahmen Kenntnis zu erhalten und sich dazu äussern zu können, unabhängig
davon, ob die Eingaben neue und/oder wesentliche Vorbringen enthalten. Es ist
Sache der Parteien zu beurteilen, ob eine Entgegnung erforderlich ist oder
nicht (BGE 139 I 189 E. 3.2; 138 I 484 E. 2.1; 137 I 195 E. 2.3.1; 133 I 100 E.
4.3-4.6; je mit Hinweisen; Urteil 4A_215/2014 vom 18. September 2014 E. 2.1).

4.4.2. Der Beschwerdeführer unterliess es, vor kantonalem Gericht - welches den
Sachverhalt und die Rechtslage frei überprüfen konnte - gegen die RAD-ärztliche
Beurteilung vom 22. März 2013 irgendwelche Einwände zu erheben, obwohl die
IV-Stelle diese Beurteilung in der vorinstanzlichen Beschwerdeantwort vom 27.
Juni 2013 wortwörtlich vollständig zitiert und die Vorinstanz dem Versicherten
hiezu im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels ausdrücklich das Replikrecht
eingeräumt hatte. In seiner Replik vom 2. September 2013 nahm er jedoch mit
keinem Wort Bezug auf die RAD-ärztliche Stellungnahme vom 22. März 2013. Zudem
verzichtete er bei dieser Gelegenheit auf die Geltendmachung einer Verletzung
des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

4.4.3. Damit erübrigt sich, auf die erstmals vor Bundesgericht vorgetragenen
Rügen weiter einzugehen. Es kann offen bleiben, ob der Beschwerdeführer den
Anspruch auf spätere Anrufung der vermeintlichen Verletzung von Art. 6 EMRK
nicht durch seinen Verzicht auf das Vorbringen der entsprechenden Rüge in
seiner Replik vom 2. September 2013 verwirkt hat (vgl. BGE 132 II 485 E. 4.3 S.
496 mit Hinweis; vgl. auch Urteil 4A_66/2014 vom 2. Juni 2014 E. 4.2 i.f. mit
weiteren Hinweisen). Wohl hat es die Beschwerdegegnerin versäumt, die
RAD-ärztliche Stellungnahme dem Versicherten vor Verfügungserlass zwecks
Gewährung des rechtlichen Gehörs zuzustellen. Doch kann eine nicht besonders
schwerwiegende Verletzung des rechtlichen Gehörs ausnahmsweise als geheilt
gelten, wenn der Betroffene die Möglichkeit erhält, sich vor einer
Rechtsmittelinstanz zu äussern, die sowohl den Sachverhalt wie auch die
Rechtslage frei überprüfen kann. Unter dieser Voraussetzung ist selbst bei
einer schwerwiegenden Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör von einer
Heilung des Mangels auszugehen, wenn die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu unnötigen
Verzögerungen führen würde, die mit dem Interesse der betroffenen Partei an
einer beförderlichen Beurteilung der Sache nicht zu vereinbaren wären (BGE 137
I 195 E. 2.3.2 S. 197 f. mit Hinweisen; Urteil 1C_41/2014 vom 24. Juli 2014 E.
3.1).

4.4.4. Der Beschwerdeführer konnte im kantonalen Verfahren seine Einwände gegen
die Verfügung vom 22. März 2013, insbesondere die ihr zugrunde liegende
RAD-ärztliche Arbeitsfähigkeitsschätzung, in ausreichendem Mass vorbringen. Es
sind keine Gründe ersichtlich, die gegen die Heilung der Gehörsverletzung
sprechen könnten (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2 S. 197 f.; 136 V 117 E. 4.2.2.2
S. 126 f.; 133 I 201 E. 2.2 S. 204 f.; Urteil 9C_606/2014 vom 9. Dezember 2014
E. 2.3 i.f. mit Hinweis).

4.5. Inwiefern die Vorinstanz im Übrigen mit angefochtenem Entscheid ihrerseits
ebenfalls den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt haben soll, ist nicht
nachvollziehbar. Die RAD-ärztliche Beurteilung vom    22. März 2013, auf welche
das kantonale Gericht unter anderem abgestellt hat, berücksichtigte die vom
Versicherten vor Bundesgericht wiederholt geltend gemachten neueren
Arztberichte.

5. 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung des Schriftenwechsels, mit
summarischer Begründung und unter Verweis auf die Erwägungen im angefochtenen
Entscheid (vgl. Art. 102 Abs. 1 und 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.

6. 
Der Beschwerdeführer hat als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen Abteilung III und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 30. September 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Ursprung

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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