Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.38/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_38/2015         
{T 0/2}

Urteil vom 1. Juni 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jan Herrmann,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau,
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin,

Pensionskasse B.________.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 25. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1971 geborene, als Maler/Gipser in der Firma seines Bruders angestellte
A.________ meldete sich im Mai 2011 bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau traf erwerbliche
Abklärungen und holte Berichte der behandelnden Ärzte ein. Mit Verfügung vom 4.
Oktober 2013 verneinte sie einen Leistungsanspruch mit der Begründung, es liege
keine Invalidität vor.

B. 
Beschwerdeweise beantragte A.________, in Aufhebung der Verfügung vom 4.
Oktober 2013 sei die IV-Stelle zu verpflichten, mindestens eine Viertelsrente
auf der Basis eines Invaliditätsgrades von mindestens 40 % auszurichten;
eventuell sei sie zu verpflichten, ein polydisziplinäres Gutachten einzuholen.
Das Versicherungsgericht des Kantons Aargau gewährte ihm die unentgeltliche
Rechtspflege, lud die zuständige Pensionskasse zum Verfahren bei und wies die
Beschwerde mit Entscheid vom 26. November 2014 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die
Verwaltung zu verpflichten, ein polydisziplinäres Gutachten einzuholen und
anschliessend neu zu verfügen. Weiter wird um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege für das letztinstanzliche Verfahren ersucht.

Es wird kein Schriftenwechsel durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 140 V 136 E.
1.1 S. 137 f.). Das Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die
geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 140 V
136 E. 1.1 S. 138).

Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen und Grundsätze zum streitigen
Anspruch auf eine Invalidenrente, zum Invaliditätsbegriff und zur Bestimmung
des Invaliditätsgrades mittels Einkommensvergleich zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.

3. 
Das kantonale Gericht ist zum Ergebnis gelangt, aufgrund der medizinischen
Akten sei unklar, ob resp. in welchem Ausmass der Versicherte in der
angestammten Tätigkeit eines Gipsers arbeitsfähig sei. In einer
leidensangepassten Tätigkeit bestehe aber eine volle Arbeitsfähigkeit. Der
davon ausgehende Einkommensvergleich ergebe einen Invaliditätsgrad, der mit 27
% die für einen Rentenanspruch mindestens erforderlichen 40 % nicht erreiche.

4. 
Die Einwände des Versicherten betreffen die Beurteilung des
Gesundheitszustandes und seiner Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit.

4.1. Das kantonale Gericht hat in Würdigung der Akten erkannt, dass aufgrund
der Berichte von Spezialärzten verschiedener Fachrichtungen von einer vollen
Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten Tätigkeit auszugehen sei. Es hat
sich dabei mit den ärztlichen Stellungnahmen auseinandergesetzt und dargelegt,
weshalb es sich durch die abweichende Auffassung des Hausarztes zu keiner
anderen Beurteilung veranlasst sieht. Die Vorinstanz hat auch begründet,
weshalb sie die beantragte polydisziplinäre Begutachtung für nicht erforderlich
erachtet und die vom Versicherten postulierte gesundheitliche Verschlechterung
verneint.

4.2. In der Beschwerde wird unter Berufung auf die Urteile BGE 139 V 349, BGE
137 V 210 und 9C_81/2011 vom 28. März 2011 geltend gemacht, Verwaltung und
Vorinstanz hätten durch den Verzicht auf eine polydisziplinäre Begutachtung den
Untersuchungsgrundsatz verletzt.

4.2.1. Der Versicherte geht hiebei offenbar in grundsätzlicher Hinsicht davon
aus, bei jeder Prüfung von Leistungsansprüchen aus der Invalidenversicherung
müsse zwingend eine Begutachtung angeordnet werden. Das ergibt sich indessen
weder aus dem gesetzlichen Untersuchungsprinzip (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61
lit. c ATSG) noch aus der Rechtsprechung. Zwar hat eine Erstbegutachtung in der
Regel polydisziplinär zu erfolgen (vgl. zu diesem Grundsatz und den Ausnahmen
davon BGE 139 V 349 E. 3.2 S. 352 mit Hinweis). Dies heisst aber nicht, dass in
jedem Fall eine medizinische Begutachtung, ob nun ein- oder mehrdisziplinär
durchgeführt werden muss. Es ist durchaus statthaft, gestützt auf ohne
eigentlichen Begutachtungsauftrag eingeholte Arztberichte über einen
Leistungsanspruch zu entscheiden, wenn diese den hiefür erforderlichen
Aufschluss vermitteln.

4.2.2. Das kantonale Gericht hat in antizipierter Beweiswürdigung erkannt, die
beantragte polydisziplinäre Begutachtung sei nicht erforderlich, zumal
sämtliche berichterstattenden Fachärzte mit Ausnahme des Hausarztes eine volle
Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit bestätigten.

Der Versicherte wendet zunächst ein, seine gesundheitlichen Beschwerden
beträfen mindestens vier medizinische Fachrichtungen. Daher sei eine
polydisziplinäre Begutachtung erforderlich. Dieses Vorbringen lässt die
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht als offensichtlich unrichtig
oder in anderer Weise bundesrechtswidrig erscheinen. Alleine der Umstand, dass
Beschwerden verschiedener Art vorliegen, bedingt noch nicht, dass eine
Begutachtung angeordnet wird. Im vorliegenden Fall wird in den ärztlichen
Berichten, abgesehen vom Hausarzt, unbestrittenermassen keine Einschränkung der
Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit bestätigt. Es kann aufgrund der
medizinischen Akten zudem davon ausgegangen werden, dass sich die
berichterstattenden Ärzte auch durch einen interdisziplinären Austausch oder
durch ergänzende Abklärungen zu keiner abweichenden Einschätzung der
Arbeitsfähigkeit veranlasst sähen.

Beanstandet wird sodann, dass keine zusätzlichen Abklärungen beim Hausarzt
getroffen wurden. Das ist aber im Rahmen der bundesgerichtlichen
Überprüfungsbefugnis ebenfalls nicht zu beanstanden, zumal die Vorinstanz
hiebei zu Recht mitberücksichtigt hat, dass Berichte von Hausärzten aufgrund
deren auftragsrechtlichen Vertrauensstellung zu ihren Patienten zurückhaltend
zu gewichten sind (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353).

Geltend gemacht wird überdies, der medizinische Sachverhalt sei auch betreffend
eines Anspruchs auf berufliche Massnahmen ungenügend abgeklärt. Der hier
streitige Rentenanspruch wird durch dieses Vorbringen nicht gestützt. Ob die
medizinischen Akten zur Beurteilung eines Anspruchs auf berufliche Massnahmen
ausreichen würden, braucht nicht geprüft zu werden, da ein solcher Anspruch
nicht Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens bildete und es diesbezüglich
somit an einem Anfechtungsgegenstand fehlt. Abgesehen davon wird auch
letztinstanzlich kein entsprechender Antrag gestellt.

4.3. Nach dem Gesagten sind die vorinstanzlichen Feststellungen zu
Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit rechtsmässig. Der vorinstanzliche
Einkommensvergleich mit dem Ergebnis eines nicht rentenbegründenden
Invaliditätsgrades wird nicht beanstandet und gibt keinen Anlass zu
Bemerkungen. Die Beschwerde ist abzuweisen.

5. 
Die Kosten des Verfahrens sind vom unterliegenden Beschwerdeführer zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
ist infolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der pensionskasse pro, dem
Versicherungsgericht des Kantons Aargau und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. Juni 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Lanz

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