Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.386/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_386/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 22. September 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Claude Schnüriger,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Rente, Arbeitsunfähigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozial-versicherungsgerichts des Kantons
Basel-Stadt
vom 30. März 2015.

Sachverhalt:

A.

A.a. Der 1960 geborene A.________ arbeitet seit dem 1. Juni 1993 im
Reinigungsdienst des Spitals C.________. Am 18. August 2008 stürzte er auf die
linke Schulter und zog sich dabei eine vollständige Ruptur der
Supraspinatussehne zu. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
sprach A.________ mit Verfügung vom 21. September 2010 eine Invalidenrente von
12 % ab 1. Oktober 2010 und eine Integritätsentschädigung auf Grund einer
entsprechenden Einbusse von 15 % zu. Daran hielt die SUVA auf Einsprache hin
fest. Der Einspracheentscheid vom 28. März 2011 erwuchs in Rechtskraft.
Am 23. November 2011 zog sich A.________ eine traumatisch bedingte
Rotatorenmanschettenruptur und eine Labrumruptur nach einem Distorsionsereignis
an der rechten Schulter zu. Die SUVA sprach dem Versicherten mit Verfügung vom
29. April 2013 ab 1. August 2012 eine Invalidenrente von 18 % und eine
Integritätsentschädigung für den verbleibenden Schaden an der rechten Schulter
von 15 % zu. Die dagegen geführte Einsprache wies sie mit Entscheid vom 6.
November 2013 ab.

A.b. Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt wies eine dagegen
erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 5. Mai 2014 ab. Diesen hob das
Bundesgericht mit Urteil vom 29. Oktober 2014 auf (8C_520/2014). Es erwog, das
kantonale Gericht habe seinen Entscheid ungenügend begründet. Zudem könne dem
Aktenstück, auf welches sich die Vorinstanz berufe, keine eindeutige Aussage
hinsichtlich der ärztlich geschätzten Zumutbarkeit der Arbeitsfähigkeit
entnommen werden. Das Bundesgericht wies die Sache an das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt zurück, damit dieses prüfe,
ob die vorhandene medizinische Aktenlage eine Beurteilung zulasse, eventuell
eine Begutachtung anordne und seinen Entscheid hinreichend begründe.

B. 
In der Folge forderte das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
die SUVA auf, zu dem im bundesgerichtlichen Entscheid angesprochenen
Widerspruch in der kreisärztlichen Beurteilung und allenfalls zu den
unterschiedlichen Beurteilungen des Kreisarztes und des behandelnden Arztes
Stellung zu nehmen. Mit Entscheid vom    30. März 2015 wies das
Sozialversicherungsgericht die Beschwerde des Versicherten erneut ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und stellt den Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei ihm ab
1. August 2012 eine Invalidenrente auf der Basis einer Erwerbsunfähigkeit von
50 % auszurichten. Eventualiter sei die Sache zur Einholung eines medizinischen
Gutachtens und neuer Entscheidung an das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt zurückzuweisen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, die Vorinstanz und das
Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 

2.1. Das Bundesgericht hatte im Urteil 8C_520/2014 vom 29. Oktober 2014
festgehalten, dass sich aus dem Bericht über die kreisärztliche
Abschlussuntersuchung vom 19. September 2012 keine eindeutige Aussage über die
dem Beschwerdeführer noch zumutbare Arbeitsfähigkeit entnehmen lässt. Der Arzt
führt dort zwar detailliert aus, welche Bewegungen bei einer zumutbaren
Tätigkeit zu vermeiden sind, und dass seine Einschätzung der Zumutbarkeit
"gesamthaft und ganztags" gelte. Indessen wird gleichenorts ausdrücklich die
"vorhandene 50 %ige Arbeitsfähigkeit" bestätigt. Da die Umschreibung "ganztags"
einzig die zeitliche Verteilung der zumutbaren Leistung betrifft, indessen
keine Aussage hinsichtlich der in diesem Zeitraum zu erwartenden zumutbaren
Leistung enthält, sind die kreisärztlichen Ausführungen widersprüchlich. Die
Sache wurde zur Klärung an das kantonale Gericht zurückgewiesen.

2.2. Wie sich dem Protokoll im vorinstanzlichen Verfahren          Nr.
UV.2013.50 entnehmen lässt, hat das kantonale Gericht die Beschwerdebeklagte
eingeladen, sie möge zu dem im bundesgerichtlichen Urteil angesprochenen
Widerspruch Stellung nehmen. Das Schreiben selbst findet sich nicht in den
Akten. In der Folge merkte der juristische Dienst der SUVA an, die Ausführungen
im kreisärztlichen Bericht vom 19. September 2012 seien entgegen der
bundesgerichtlichen Auffassung eindeutig und nicht etwa widersprüchlich. Im
weiteren interpretierte der die SUVA vertretende Jurist die Worte im
kreisärztlichen Bericht. Dieser habe einzig die Arbeitsfähigkeit in der
bisherigen Tätigkeit im Reinigungsdienst des Spitals C.________ im Rahmen von
50 % bestätigt. Mit dem Begriff "ganztags" sei ein 100 %-Pensum in einer
leidensangepassten Tätigkeit gemeint.

3. 

3.1.

3.1.1. Zur Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche bedarf
es verlässlicher medizinischer Entscheidungsgrundlagen. Wie die einzelnen
Beweismittel zu würdigen sind, ist in BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff. festgelegt.
Hinsichtlich des Beweiswertes eines Arztberichtes ist demnach entscheidend, ob
dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen
beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten
(Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen
Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation einleuchtet
und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1
S. 232 mit Hinweis).

3.1.2. Anspruch auf ein Gerichtsgutachten besteht rechtsprechungsgemäss, wenn
die Abklärungsergebnisse aus dem Verwaltungsverfahren in rechtserheblichen
Punkten nicht ausreichend beweiswertig sind (BGE 137 V 210 E. 4.4.1.5 S. 265).
Zu beachten ist diesbezüglich, dass Berichten versicherungsinterner
medizinischer Fachpersonen praxisgemäss nicht dieselbe Beweiskraft zukommt, wie
einem gerichtlichen oder einem im Verfahren nach Art. 44 ATSG vom
Versicherungsträger in Auftrag gegebenen Gutachten. Soll ein Versicherungsfall
ohne Einholung eines externen Gutachtens entschieden werden, so sind an die
Beweiswürdigung strenge Anforderungen zu stellen. Bestehen auch nur geringe
Zweifel an der Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit der versicherungsinternen
ärztlichen Feststellungen, so sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 135
V 465 E. 4.4 S. 470).

3.2. Wie bereits im Urteil 8C_520/2014 vom 29. Oktober 2014 dargelegt, bietet
der kreisärztliche Bericht vom 19. September 2012 keine genügende Grundlage für
eine eindeutige Interpretation der medizinischen Zumutbarkeit. Die spätere
Auslegung der kreisärztlichen Ausführungen durch den die SUVA im Prozess
vertretenden Juristen vermag eine medizinische Angabe über eine zumutbare
Leistung nicht zu ersetzen. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin haben es
unterlassen, durch Rücksprache mit dem Verfasser des erwähnten Berichts die
Sachlage zu erhellen. Da Dr. med. B.________, Spezialarzt für Innere Medizin,
speziell Rheumaerkrankungen FMH, in seinem Bericht vom 31. Mai 2013 begründet
ausführt, die bisherige Tätigkeit - in welcher er eine 50 %ige Arbeitsfähigkeit
attestierte - sei dem Leiden bereits angepasst worden indem nur noch Arbeiten
unterhalb der Horizontalen und ohne vermehrte Rotationsbewegungen ausgeführt
würden, verbleiben zumindest geringe Zweifel hinsichtlich der
Zumutbarkeitsbeurteilung der SUVA. Die Sache ist daher an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit sie nach Einholung eines gerichtlichen Gutachtens über
die Beschwerde vom 4. Dezember 2013 neu entscheide.

4. 
Die Beschwerde ist offensichtlich begründet, weshalb sie im Verfahren nach Art.
109 BGG mit summarischer Begründung erledigt wird.

5. 
Die Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht zu erneuter Abklärung gilt
für die Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als
vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie von Art. 68 Abs. 1 und
2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im
Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wurde (BGE 137 V 210 E. 7.1 S. 271 mit
Hinweisen).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 30. März 2015
aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 22. September 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Schüpfer

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