Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.370/2015
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2015


Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente
dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet.
Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem
Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
                                                               Grössere Schrift

Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_370/2015

Urteil vom 17. September 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiber Jancar.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Rechtsanwalt Eric Schuler,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Uri, Dätwylerstrasse 11, 6460 Altdorf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit; Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Uri vom 24. April
2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1967 geborene A.________ war bis 31. Mai 2003 Hilfskoch im Hotel
B.________. Mit Verfügung vom 14. Februar 2007 sprach ihm die IV-Stelle Uri ab
1. Februar 2004 eine ganze Invalidenrente zu. Am 21. August 2008 bestätigte sie
dies revisionsweise. Im Juli 2010 leitete sie eine weitere Rentenrevision ein.
Sie holte diverse Arztberichte und ein Gutachten des Instituts C.________ vom
10. Dezember 2013 ein. Der Versicherte legte einen Bericht des Sozial
Psychiatrischen Dienstes (nachfolgend SPD) vom 6. März 2014 auf. Mit Verfügung
vom 29. April 2014 hob die IV-Stelle die Rente ab dem ersten Tag des zweiten
Monats nach Zustellung der Verfügung auf.

B. 
Hiegegen reichte der Versicherte beim Obergericht des Kantons Uri Beschwerde
ein. Er legte einen Bericht des SPD vom 13. August 2014 auf. Mit Entscheid vom
24. April 2015 wies die Vorinstanz die Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Aufhebung des kantonalen
Entscheids sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihm weiterhin eine ganze
Invalidenrente auszurichten.

Mit Verfügung vom 2. Juli 2015 erhielt der Versicherte Gelegenheit, seine
Vorbringen angesichts des zwischenzeitlich ergangenen Grundsatzurteils BGE
9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 im Bereich der Rechtsprechung zu den anhaltenden
somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden zu
ergänzen. Davon machte er mit Vernehmlassung vom 11. August 2015 Gebrauch.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt
werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem
Verfahren beanstandeten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E.
2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind
die vollständige Feststellung erheblicher Tatsachen sowie die Beachtung des
Untersuchungsgrundsatzes bzw. der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c
ATSG und der Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten. Die aufgrund
dieser Berichte gerichtlich festgestellte Gesundheitslage bzw. Arbeitsfähigkeit
und die konkrete Beweiswürdigung sind Sachverhaltsfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2
S. 397; nicht publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR
2009 IV Nr. 53 S. 164 [9C_204/2009]).

2. 
Die Vorinstanz hat die Grundlagen über die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG),
die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 2 ATSG), die Invaliditätsbemessung nach dem
Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG), den Rentenanspruch (Art. 28 Abs. 2 IVG) und
die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 87 Abs. 2, Art. 88bis Abs. 2 lit.
a IVV; BGE 134 V 131 E. 3 S. 132, 130 V 343 E. 3.5 S. 349) richtig dargelegt.
Gleiches gilt betreffend die Überprüfung der bei pathogenetisch-ätiologisch
unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage
zugesprochenen Renten (lit. a Abs. 1 der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen
Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. März 2011 des IVG [6. IV-Revision, 1.
Massnahmenpaket], nachfolgend SchlBest. IVG; BGE 140 V 8) und den Beweiswert
von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232, 125 V 351). Darauf wird
verwiesen.

3.

3.1. Die Vorinstanz hat in Würdigung der medizinischen Akten mit einlässlicher
Begründung - auf die verwiesen wird - im Wesentlichen erwogen, eine
Rentenaufhebung nach lit. a Abs. 1 SchlBest. IVG sei nicht möglich. Hingegen
seien die Revisionsvoraussetzungen nach Art. 17 Abs. 1 ATSG erfüllt. Gestützt
auf das interdisziplinäre (allgemein-internistische, psychiatrische,
orthopädische und neurologische) Gutachten des Instituts C.________ vom 10.
Dezember 2013 habe aus Sicht des Bewegungsapparates wie auch aus
allgemein-internistischer Sicht keine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit
bestanden. Einzig neurologischerseits bestehe seit dem Verlust des rechten
Auges (ca. 1983) eine Einschränkung für Tätigkeiten, die dreidimensionales
Sehen erforderten. Laut den Gutachtern des Instituts C.________ habe sich die
psychische Symptomatik verbessert, da die im Gutachten vom 19. Juni 2006
diagnostizierte rezidivierende depressive Störung remittiert sei. Aus dem vagen
SPD-Bericht vom 6. März 2014 könne der Versicherte nichts zu seinen Gunsten
ableiten. Gleiches gelte für den SPD-Bericht vom 13. August 2014, da eine
allfällige Verschlechterung der Erwerbsfähigkeit nach Verfügungserlass am 29.
April 2014 in einem neuen Verfahren zu prüfen wäre. Das obstruktive
Schlafapnoesyndrom schränke die Arbeitsfähigkeit in körperlich leichten bis
mittelschweren Tätigkeiten nicht ein; dasselbe gelte für die Hämochromatose.
Infolge einer Verbesserung des Gesundheitszustands der Versicherten sei somit
ab dem Zeitpunkt des Gutachtens des Instituts C.________ vom 10. Dezember 2013
von voller Arbeitsfähigkeit in angepasster Tätigkeit auszugehen.

3.2. Psychischerseits bringt der Versicherte vor, die Praxis zu den
somatoformen Schmerzstörungen sei hier nicht anwendbar. Er leide an einer
rezidivierenden depressiven Störung, bei der Schwankungen dazu gehörten. Die im
SPD-Bericht vom 6. März 2014 gestellten vorläufigen Diagnosen seien im
SPD-Bericht vom 13. August 2014 bestätigt worden, wenn auch der Schweregrad der
depressiven Störung etwas höher eingestuft worden sei. Laut letztgenanntem
Bericht habe seit Behandlungsbeginn am 6. März 2014 - somit bereits vor der
Verfügung vom 29. April 2014 - keine Arbeitsfähigkeit bestanden. Wegen der
Nichtberücksichtigung des SPD-Berichts vom 13. August 2014 habe die Vorinstanz
Bundesrecht verletzt und den Sachverhalt offensichtlich unrichtig festgestellt.

Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die Vorinstanz erkannte richtig, dass auf
den SPD-Bericht vom 6. März 2014 nicht abgestellt werden könne, da er nur
vorläufige psychiatrische Diagnosen und eine Vermutung zu deren Entwicklung
enthielt. Angaben zur Arbeits- bzw. Erwerbsfähigkeit - die für die Bestimmung
des Rentenanspruchs massgebend sind (BGE 136 V 279 E. 3.2.1 S. 281) - waren
darin nicht enthalten. Wenn der SPD nachträglich im Bericht vom 13. August 2014
eine seit 6. März 2014 durchgehend bestehende vollständige Arbeitsunfähigkeit
attestierte, überzeugt es nicht. Dies umso weniger, als er am 6. März 2014 eine
mittelgradige depressive Störung (ICD-10 F32.1) annahm, während er am 13.
August 2014 eine rezidivierende depressive Störung mit Chronifizierungstendenz,
derzeit mittelgradig bis schwer (ICD-10 F33.1), diagnostizierte. Es leuchtet
nicht ein, weshalb trotz des unterschiedlichen Schweregrads der gestellten
Diagnosen seit 6. März 2014 eine unveränderte vollständige Arbeitsunfähigkeit
bestanden haben soll. Diesbezüglich ist denn auch auf die Erfahrungstatsache
hinzuweisen, dass behandelnde Ärzte mitunter im Hinblick auf ihre
auftragsrechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zugunsten ihrer
Patienten aussagen (BGE 135 V 465 E. 4.5. S. 470). Die Vorinstanz stellte somit
psychischerseits bis zum massgebenden Verfügungszeitpunkt am 29. April 2014
(vgl. BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 320) zu Recht auf das Gutachten des Instituts
C.________ vom 10. Dezember 2013 ab.

3.3. Weiter rügt der Versicherte, die Gutachter des Instituts C.________ hätten
sich mit der funktionellen Relevanz seiner Hämochchromatose überhaupt nicht
befasst; sie bleibe weiterhin unklar. Von dieser Krankheit seien Symptome wie
Müdigkeit, Schwäche oder Gelenkschmerzen, vor allem der
Mittelhand-Fingergelenke, bekannt. Auch die funktionellen Auswirkungen seines
obstruktiven Schlafapnoesyndroms seien im Gutachten des Instituts C.________
nicht näher erläutert worden. Hierzu habe sich die Vorinstanz nicht geäussert.
Dem ist entgegenzuhalten, dass sich der allgemein-internistische Teilgutachter
des Instituts C.________ mit diesen beim Versicherten vorliegenden Krankheiten
und den von ihm deswegen durchgeführten Behandlungen befasste. Die
psychiatrische Teilgutachterin des Instituts C.________ stellte im Weiteren
eine geringe subjektive Belastung durch die Hämochromatose fest. Wenn die
Vorinstanz diesbezüglich aufgrund des Gutachtens des Instituts C.________ und
unter Hinweis auf den Bericht der Klinik für Schlafmedizin vom 24. Oktober
2013, wonach das Schlafapnoesyndrom mit der CPAP-Therapie gut behandelt werde,
von einer vollen Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit ausging, ist
dies als nur eingeschränkt überprüfbare Sachverhaltsfrage im Lichte der
pauschalen Vorbringen des Versicherten nicht zu bemängeln.

4. 
Gegen den von der Vorinstanz gestützt auf den Einkommensvergleich
festgestellten rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 7 % (vgl. Art. 28
Abs. 2 IVG) erhebt der Versicherte keine substanziierten Einwände, die ihn zu
entkräften vermöchten.

5. 
Der unterliegende Versicherte trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Uri,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. September 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Jancar

Navigation

Neue Suche

ähnliche Leitentscheide suchen
ähnliche Urteile ab 2000 suchen

Drucken nach oben