Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.364/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_364/2015

Urteil vom 18. Dezember 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier,
Beschwerdeführer,

gegen

Ersatzkasse UVG,
Hohlstrasse 552, 8048 Zürich,
vertreten durch Fürsprecher René W. Schleifer,
Beschwerdegegnerin,

Sanitas Grundversicherungen AG,
Konradstrasse 14, 8400 Winterthur.

Gegenstand
Unfallversicherung (Leistungseinstellung; Fallabschluss),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 22. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ (Jg. 1967) zog sich am 30. Mai 2008 bei einem Verkehrsunfall
Verletzungen am rechten Knie (Tibiaplateau-Impressionsfraktur, vordere
Kreuzbandruptur) zu. Nachdem die AXA Winterthur als Unfallversicherer zunächst
die gesetzlichen Leistungen erbracht hatte, erklärte sie sich mit Verfügung vom
10. August 2009 als für den Unfall nicht zuständig, weil dieser nicht bei ihr
versichert gewesen sei, worauf die Ersatzkasse UVG die Fallführung übernahm.
Die Ersatzkasse UVG stellte ihre Leistungen mit Verfügung vom 24. November 2011
rückwirkend per 31. Dezember 2008 unter gleichzeitiger Verneinung eines
Anspruches auf eine Invalidenrente und/oder eine Integritätsentschädigung ein.
Eine hiegegen erhobene Einsprache hiess sie mit Einspracheentscheid vom 25.
März 2014 insoweit gut, als sie sich bereit erklärte, die Kosten für zwei
spezialärztliche Betreuungen pro Jahr und allenfalls Physiotherapie und
Antirheumatika zu übernehmen, sofern diese Massnahmen indiziert seien und mit
dem Unfallereignis vom 30. Mai 2008 in Zusammenhang stünden. Im Übrigen wies
sie die Einsprache ab.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit dem Begehren um Zusprache der gesetzlichen Leistungen (Taggeld,
Rente, Heilungskosten) über den 31. Dezember 2008 hinaus mit Entscheid vom 22.
April 2015 ab.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde ans Bundesgericht seinen vor Vorinstanz
gestellten Antrag erneuern. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht er um
unentgeltliche Verbeiständung.
Die Ersatzkasse UVG lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen, während das
kantonale Gericht und die als Verfahrensbeteiligte beigeladene Sanitas
Grundversicherungen AG von einer Stellungnahme absehen. Auch das Bundesamt für
Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2
BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhaltes gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

1.2. Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der geltend gemachten
Leistungsansprüche massgebenden gesetzlichen Bestimmungen und die dazu von der
Rechtsprechung weiter konkretisierten Grundsätze zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer beanstandet, dass das kantonale Gericht auf der
Grundlage des interdisziplinären Gutachtens des medizinischen Instituts
B.________ vom 27. April 2011 zum Schluss gelangt ist, schon Ende 2008 sei
gesundheitlich wieder derjenige Zustand erreicht worden, wie er sich vor dem am
30. Mai 2008 erlittenen Verkehrsunfall präsentiert hatte (status quo ante), was
nicht zutreffe. Aus diesem Einwand will er ableiten, dass die Voraussetzungen
für einen Abschluss des Versicherungsfalles per Ende 2008 nicht erfüllt waren.

2.2. Für die Beantwortung der Frage nach dem Zeitpunkt des Fallabschlusses -
mit allfälliger Berentung (Art. 19 Abs. 1 UVG) - ist indessen das Erreichen
eines Zustandes wie vor oder ohne Unfallereignis (status quo ante vel sine)
letztlich nicht entscheidend. Massgebend ist - wie in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 UVG
festgehalten - einzig, ob von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch
eine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes erwartet werden konnte. Das
Erreichen des status quo ante vel sine gibt demgegenüber lediglich Aufschluss
darüber, ob überhaupt noch ein unfallbedingter Gesundheitsschaden vorliegt oder
nicht. Ist dies zu verneinen, lässt sich daraus zwar folgern, dass das für
einen Fallabschluss in Art. 19 Abs. 1 UVG vorausgesetzte Fehlen einer namhaften
Besserung eines (unfallbedingt geschädigten) Gesundheitszustandes ausser
Betracht fällt. Dasselbe ist aber auch möglich, wenn trotz noch bestehender
unfallkausaler Schädigung keine Verbesserung aufgrund medizinischer Vorkehren
mehr zu erwarten ist.
Primär zu fragen ist deshalb entsprechend dem Gesetzeswortlaut in Art. 19 Abs.
1 UVG einzig, ob - unabhängig davon, ob wieder der Zustand wie vor oder ohne
Unfall vorliegt - von weiterer ärztlicher Behandlung noch eine namhafte
Besserung des Gesundheitszustandes erwartet werden konnte. Diesbezüglich konnte
die Vorinstanz aufgrund der Aktenlage keine Anhaltspunkte finden. Solche werden
denn auch vom Beschwerdeführer nicht genannt. Beschwerden, welche die
Arbeitsfähigkeit selbst in adaptierter Tätigkeit einschränken würden, lagen bei
der Begutachtung durch das medizinische Institut B.________ jedenfalls nicht
mehr vor. Wie der Chirurge Dr. med. C.________ in seiner Aktenbeurteilung vom
10. November 2011 und auch die Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung vom
8. Juli 2015 zutreffend darlegen, haben die Gutachter des medizinischen
Instituts B.________ sämtliche medizinischen Akten geprüft und darüber hinaus
auch aus der persönlichen Überwachung des Beschwerdeführers stammende
Video-Sequenzen mit einbezogen. Dafür, dass die seit 2009 diskutierten und
teils auch effektiv durchgeführten medizinischen und therapeutischen
Behandlungen auf eine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes
ausgerichtet gewesen wären und nicht nur der Beobachtung der befürchteten
Entwicklung einer Gonarthrose dienten, konnten keine Hinweise gefunden werden.
Den Ausführungen des Dr. med. C.________ kann entgegen der Darstellung in der
Beschwerdeschrift auch nicht entnommen werden, dieser hätte empfohlen, den Fall
per Ende 2011 abzuschliessen. Es kann insoweit vollumfänglich auf die
Entgegnungen der Beschwerdegegnerin vom 8. Juli 2015 verwiesen werden. Im
Gutachten des medizinischen Instituts B.________, dessen Beweistauglichkeit mit
der Vorinstanz nicht in Frage zu stellen ist, wird denn auch ausgeführt, dass
das von ihren Fachleuten formulierte Zumutbarkeitsprofil sechs bis neun Monate
nach dem Unfallereignis vom 30. Mai 2008 Geltung beanspruchen könne, was nicht
zuletzt die vorhandenen Video-Aufzeichnungen, die unter anderem
Beobachtungsphasen im Januar 2009 mitumfassen, untermauern. Die Voraussetzungen
eines Fallabschlusses per Ende 2008 sind damit hinreichend belegt und dieser
ist demnach - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht zu
beanstanden.

3.

3.1. Des Weiteren rügt der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz den für die
Invaliditätsbemessung erforderlichen Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG) nicht
durchgeführt habe.

3.2. Dieser Einwand mag zwar zutreffen. Das kantonale Gericht hat weder den
ohne Gesundheitsschädigung möglichen Lohn (Valideneinkommen) noch einen trotz
gesundheitlicher Beeinträchtigung zumutbarerweise realisierbaren Verdienst
(Invalideneinkommen) ziffernmässig festgehalten und einander diese beiden Werte
gegenübergestellt. Dies erübrigte sich jedoch, weil der Beschwerdeführer gemäss
vom medizinischen Institut B.________ formuliertem Zumutbarkeitsprofil durchaus
wieder in der Lage gewesen wäre, seiner zuletzt ausgeübten oder einer
lohnmässig vergleichbaren Tätigkeit nachzugehen. So unterscheidet sich die -
von der Arbeitslosenversicherung vorgeschlagene - Beschäftigung als Pizzakurier
denn auch kaum vom früheren Einsatz als mit der Auslieferung von Lebensmitteln
betrauter Chauffeur. Nicht abgestellt werden kann auf das relativ hohe, in der
Beschwerdeschrift angeführte Einkommen, das im Jahre 2005 während nur gerade
vier Monaten erzielt worden ist.

4.

4.1. Auch was schliesslich die beantragte Übernahme der Kosten weiterer
Heilbehandlung - namentlich einer Kniearthroskopie am 23. Juli 2012 und der
erforderlich gewordenen Nachbehandlungen einschliesslich der Folgen einer
Erwerbseinbusse zufolge dadurch bedingter Arbeitsunfähigkeit von mindestens
einem Monat - anbelangt, kann der Argumentation des Beschwerdeführers kein
Erfolg beschieden sein.

4.2. Festzuhalten ist zunächst, dass die Heilbehandlung - wie sich aus Art. 19
Abs. 1 UVG e contrario ergibt - nach einem Fallabschluss grundsätzlich zu
Lasten der Krankenversicherung geht. Nur ausnahmsweise - nämlich dann, wenn ein
Rückfall vorliegt - trifft dies nicht zu (Art. 11 UVV; vgl. Art. 21 Abs. 1 lit.
b UVG). Insofern argumentiert der Beschwerdeführer widersprüchlich, wenn er
einerseits geltend macht, der Fallabschluss sei verfrüht erfolgt, andererseits
aber von einem Rückfall spricht. Die Berufung auf Art. 21 Abs. 1 lit. b UVG
geht schon deswegen fehl, weil diese Bestimmung von vornherein keine Anwendung
finden kann, ist es doch hier - wie gesehen zu Recht (E. 2.2 und 3.2 hievor) -
nie zu einer Rentenzusprache gekommen. Im Übrigen hat die Ersatzkasse UVG im
Einspracheentscheid vom 25. März 2014 bestätigt, dass der Fallabschluss per
Ende 2008 in der Verfügung vom 24. November 2011 zu Recht erfolgt ist, und
nicht darüber befunden, ob in der 2012 erfolgten Arthroskopie ein Rückfall zu
sehen ist, zumal ihr nie eine entsprechende Rückfallmeldung zugegangen ist.
Damit aber gehört dieser Aspekt nicht zum Streitgegenstand, weshalb das
Bundesgericht insoweit auf die Beschwerde nicht eintreten kann. Auch eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs ist deshalb darin, dass sich die Vorinstanz
zu diesem Punkt gar nicht geäussert hat, nicht zu erblicken.

5. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege kann entsprochen werden (Art. 64 BGG), nachdem seine Beschwerde
nicht von vornherein aussichtslos war, die Bedürftigkeit ausgewiesen ist und
eine anwaltliche Vertretung als geboten erschien. Er wird der
Bundesgerichtskasse indessen Ersatz zu leisten haben, wenn er später dazu in
der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Dr. André Largier wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, der Sanitas Grundversicherungen AG, dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. Dezember 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl

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