Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.355/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_355/2015

Urteil vom 21. Juli 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden
vom 6. Mai 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1960, war ab März 1981 bei der B.________ AG angestellt und
in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(nachfolgend: SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am 13. Mai 1986
zog er sich eine Kontusion des linken Handgelenks zu. Die SUVA erbrachte die
gesetzlichen Leistungen. Am 26. Januar 1998 verdrehte er sich das rechte
Handgelenk. Die SUVA erbrachte auch dafür die gesetzlichen Leistungen. Nachdem
die Verletzungen schlecht heilten und mehrfach operiert werden mussten,
verfügte die SUVA ab 1. Juli 2002 für den Unfall von 1998 eine Rente bei einem
Invaliditätsgrad von 13 % sowie eine Integritätsentschädigung bei einer
Integritätseinbusse von 5 %. Am 27. April 2006 sprach sie für die Folgen beider
Unfälle eine Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von insgesamt 23 % sowie
eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von total 25 % zu.
A.________ machte im September 2007 einen Rückfall/Spätfolgen geltend. Nachdem
die SUVA weitere Leistungen am 22. Januar 2008 abgelehnt hatte, liess er
dagegen Einsprache erheben. Die SUVA nahm weitere Abklärungen vor und verfügte
am 29. August 2013, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 1. Juli 2014, es
bestehe mangels Verschlechterung des Gesundheitszustandes kein Anspruch auf
weitergehende Leistungen.

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 6. Mai 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die ihm
zustehenden gesetzlichen Unfallversicherungsleistungen zuzusprechen;
eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die SUVA zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die allgemeinen
Leistungsvoraussetzungen des natürlichen (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit
Hinweisen) und des adäquaten Kausalzusammenhangs (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181
mit Hinweis), den Begriff der Rückfälle und Spätfolgen (Art. 11 UVV; BGE 118 V
293 E. 2c S. 296) und die Anforderungen zum Nachweis des Kausalzusammenhangs
bei Rückfällen und Spätfolgen (Urteil 8C_24/2013 vom 18. Juni 2013 E. 2.2 mit
Hinweisen; vgl. auch RKUV 1994 Nr. U 206 S. 326 E. 3b) zutreffend dargelegt.
Dasselbe gilt für die Anforderungen an einen ärztlichen Bericht (BGE 134 V 231
E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352), und die Aufgabe des Arztes bei der
Ermittlung der massgebenden Arbeitsunfähigkeit (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99).
Darauf wird verwiesen.

3.

3.1. Für die Beurteilung des Gesundheitszustandes im Vergleich zu jenem gemäss
Bericht des Dr. med. C.________, Facharzt für Plastische Chirurgie/
Handchirurgie, Ärztlicher Berater, SUVA, vom 21. November 2005, finden sich in
den Akten der Bericht des behandelnden Dr. med. D.________, Leitender Arzt
Handchirurgie, Spital E.________, vom 10. April 2008, das Gutachten der Frau
Prof. Dr. med. F.________, Chefärztin, Plastische-, Rekonstruktive-,
Ästhetische-, Handchirurgie, Spital G.________, vom 21. Dezember 2010 (vgl.
auch deren Ergänzungen vom 8. August und 5. September 2011) sowie das Gutachten
des Prof. Dr. med. H.________, Facharzt für Chirurgie, speziell Handchirurgie,
vom 5. Oktober 2012.

3.2. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, kann auf die Beurteilung der Frau
Prof. Dr. med. F.________ nicht abgestellt werden, da sie bezüglich der
strittigen Frage der Berücksichtigung der Ellenbogenbeschwerden von der
unzulässigen Beweismaxime "post hoc ergo propter hoc" (BGE 119 V 335 E. 2b/bb
S. 341; SVR 2008 UV Nr. 11 S. 34 E. 4.2.3, U 290/06; vgl. auch Urteil 8C_189/
2013 vom 4. Oktober 2013 E. 5) ausgeht. Ebenfalls richtig ist, dass der Bericht
des Dr. med. D.________ unfallkausale und unfallfremde Beschwerden vermischt,
so dass den darin enthaltenen Einschätzungen nicht gefolgt werden kann.

3.3. Dem Bestreben des Versicherten, das schlüssige und den Anforderungen der
Rechtsprechung genügende Gutachten des Prof. Dr. med. H.________ durch einen
Vergleich mit dem die Beweisanforderungen nicht erfüllenden Gutachten der Frau
Prof. Dr. med. F.________ zu entkräften, ist kein Erfolg beschieden. Einerseits
genügt es nicht, dass die beiden Ärzte zu unterschiedlichen Befunden gekommen
sind, um das später erstellte Gutachten des Prof. Dr. med. H.________ allein
deshalb zu diskreditieren. Andererseits ist die Einschätzung der zumutbaren
Arbeitsfähigkeit durch Prof. Dr. med. H.________ schlüssig und nachvollziehbar.
Der vom Versicherten konstruierte Zweifel fällt bei Berücksichtigung der
gesamten Aussage zur Arbeitsfähigkeit in sich zusammen: Prof. Dr. med.
H.________ erachtete leichte Arbeiten ohne manuellen Kraftaufwand als ganztägig
zumutbar (Ziff. 2.1) resp. eine angepasste Tätigkeit als ganztägig und ohne
Einschränkungen zumutbar (Ziff. 2.2.) resp. eine Tätigkeit, bei welcher kein
Kraftaufwand mit den Händen nötig sei, als ganztägig ausführbar (Ziff. 2.3).
Unter Berücksichtigung dieser Aussagen ist eindeutig, dass die in Ziff. 2.3
attestierte eingeschränkte Arbeitsunfähigkeit nur dort besteht, wo Handgriffe
im Sinne einer Kraftausübung notwendig sind. Dieses Verständnis der Aussagen
von Prof. Dr. med. H.________ deckt sich mit seiner grundsätzlichen Bemerkung,
die aktuelle Zumutbarkeit beurteile er genau so wie es 2005 durch Dr. med.
C.________ erfolgt sei (Ziff. 2.1).
Auch die Einschätzung des Hausarztes, Dr. med. I.________, Facharzt für
Allgemeine Innere Medizin, vom 12. November 2012 ist nicht geeignet, das
Gutachten des Prof. Dr. med. H.________ in Zweifel zu ziehen. Denn Dr. med.
I.________ verfügt als Allgemeinmediziner nicht über das erforderliche
Fachwissen. Er legt auch nicht dar, inwiefern allein unter Berücksichtigung der
unfallkausalen Beschwerden eine höhere (geschweige denn die geltend gemachte
volle) Arbeitsunfähigkeit gegeben sein soll, sondern schliesst ohne
Differenzierung von unfallkausalen und unfallfremden Ursachen auf eine volle
Arbeitsunfähigkeit. Seine Aussage, Prof. Dr. med. H.________ sehe älter als
seine (geschätzten) 65 Jahre aus, stellt ebenso wenig eine sachliche und
überzeugende Kritik dar. Weiter ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass
die behandelnden Ärzte im Zweifelsfall eher zugunsten ihrer Patienten aussagen
(BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353 und seither ergangene konstante Rechtsprechung,
zuletzt bestätigt mit Urteil 9C_203/2015 vom 14. April 2015 E. 3.2). Dies zeigt
sich bei Dr. med. I.________ darin, dass er die Schilderung seines Patienten,
Prof. Dr. med. H.________ habe ihn unfreundlich behandelt und nicht ernst
genommen, unkommentiert als Kritikpunkt übernahm. Schliesslich ist der
Versicherte auch darauf hinzuweisen, dass es weniger auf die gestellten
Diagnosen als vielmehr auf die funktionellen Einschränkungen ankommt; insofern
ist auch die von Frau Prof. Dr. med. F.________ geltend gemachte Einschränkung
der linken Hand als blosse Hilfshand nicht neu, sondern bereits in der
Beurteilung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit durch Dr. med. C.________
enthalten.

3.4. Entgegen der Ansicht des Versicherten hat die SUVA nicht den Nachweis zu
erbringen, dass ein Leiden unfallfremd ist, sondern es ist Sache der
versicherten Person, aufzuzeigen, dass die geklagten Beschwerden auf ein
Unfallereignis zurückzuführen sind. Somit muss vorliegend nicht der Beweis
erbracht werden, dass die strittige Tendovaginitis unfallfremd ist, sondern es
wäre am Versicherten nachzuweisen, dass diese in einem kausalen Verhältnis zu
den Unfällen steht. Dies ergibt sich jedoch aus keinem der massgeblichen
ärztlichen Berichte. Bezüglich der Epicondylitis ist mit der Vorinstanz
festzuhalten, dass der fehlende Kausalzusammenhang mit Verfügung vom 27. April
2006 rechtskräftig festgestellt wurde; daran vermöchten auch die Aussagen der
Frau Prof. Dr. med. F.________ nichts zu ändern, selbst wenn ihrem Gutachten
Beweiswert zugesprochen werden könnte.

3.5. Schliesslich vermag der Versicherte auch aus dem Bericht des Dr. med.
J.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Versicherungsmedizin,
SUVA, vom 1. März 2013 nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Dieser hielt zwar
eine psychische Komponente infolge der langwierigen Behandlung für glaubhaft,
stellte aber auch explizit fest, es liege kein relevantes psychisches Leiden
vor, und verwies dazu auf den Bericht der Reha K.________ vom 25. Oktober 2012,
welchem keine Hinweise auf ein psychisches Leiden zu entnehmen seien, obwohl
die Klinik auf derartige Beschwerdebilder spezialisiert sei. Soweit Dr. med.
J.________ sich der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit durch Dr. med. D.________
anschliesst, ist dies ohne Belang, da dabei auch die unfallfremden
Einschränkungen - namentlich auch die von Dr. med. J.________ als unfallfremd
bezeichneten Beschwerden der Epicondylitis - mitberücksichtigt werden, welche
jedoch keine weitergehenden Leistungen zu begründen vermögen.

3.6. Nach dem Gesagten liegt keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes nach
Art. 43 ATSG vor. Auch ist keine Verletzung der Begründungspflicht nach Art. 52
Abs. 2 ATSG gegeben, da die SUVA nicht gehalten war, erneut zu begründen,
inwiefern die bereits rechtskräftig als unfallfremd beurteilte Epicondylitis
nicht auf die Unfälle zurückzuführen sei. Ebenso wenig stellt die Einholung des
Gutachtens bei Prof. Dr. med. H.________ eine unzulässige Veranlassung einer
second opinion dar, sondern war vielmehr geboten, da sich der massgebliche
Sachverhalt weder gestützt auf den Bericht des Dr. med. D.________ noch auf das
Gutachten der Frau Prof. Dr. med. F.________ erstellen liess (E. 3.2).

4. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. Juli 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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