Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.348/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_348/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 25. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Oliver Lücke,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 10. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1967, war zuletzt als gelernter Maler selbstständig
erwerbstätig, bevor er sich am 10. März 1999 erstmals bei der
Invalidenversicherung wegen seit 1998 anhaltender Arthrosebeschwerden und
diverser Operationen zum Rentenbezug anmeldete. Die IV-Stelle Bern ermittelte
einen Invaliditätsgrad von 34% und verneinte folglich einen Rentenanspruch
(rechtskräftige Verfügung vom 27. Juli 2000). Auf wiederholte Leistungsgesuche
hin gewährte die Invalidenversicherung dem Versicherten verschiedene berufliche
Massnahmen, unter anderem eine Umschulung zum Hauswart. Ein "Revisionsgesuch"
vom 29. Mai 2008 nahm die IV-Stelle als neues Rentenbegehren entgegen, welches
sie bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 21% wiederum ablehnte (Verfügung
vom 13. August 2008). Eine hiegegen beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern
erhobene Beschwerde liess der Versicherte am 22. April 2009 zurückziehen.
Am 10. September 2012 meldete sich A.________ wegen beidseitiger Knieprothesen
und einer seit Sommer 2012 aufgetretenen ischämischen Herzkrankheit erneut bei
der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach einer laparoskopischen
Sleeve-Gastrektomie vom 9. Januar 2013 mit anschliessender
Körpergewichtsreduktion von 150 auf 85 Kilogramm und nach Durchführung einer
Arbeitsmarktlich-Medizinischen-Abklärung (AMA) im Sommer 2014 verneinte die
IV-Stelle bei einem Invaliditätsgrad von 32% einen Rentenanspruch (Verfügung
vom 10. Dezember 2014), bot dem Versicherten jedoch gleichzeitig Beratung und
Unterstützung bei der Stellensuche an.

B. 
Die gegen die Verfügung der IV-Stelle vom 10. Dezember 2014 erhobene Beschwerde
des A.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom
10. April 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ unter
Aufhebung des angefochtenen Gerichtsentscheides im Wesentlichen sinngemäss
beantragen, die IV-Stelle habe ihm eine Invalidenrente und eine
Parteientschädigung in Höhe von Fr. 1'917.50 (inkl. Auslagen und MWSt) für das
kantonalen Gerichtsverfahren auszurichten sowie die vorinstanzlichen
Gerichtskosten zu tragen. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Zudem lässt der Versicherte für das bundesgerichtliche
Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
ersuchen.
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wird nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Mit der Beschwerde kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG geltend
gemacht werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Trotzdem prüft es - vorbehältlich offensichtlicher Fehler - nur
die in seinem Verfahren geltend gemachten Rechtswidrigkeiten (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389). Es legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen,
wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne
von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG in Verbindung mit Art.
105 Abs. 2 BGG). Rechtsfragen sind die vollständige Feststellung erheblicher
Tatsachen sowie die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes bzw. der
Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG und der Anforderungen an den
Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232). Die aufgrund
Letzterer gerichtlich festgestellte Gesundheitslage bzw. Arbeitsfähigkeit und
die konkrete Beweiswürdigung sind Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397; nicht
publ. E. 4.1 des Urteils BGE 135 V 254, veröffentlicht in SVR 2009 IV Nr. 53 S.
164 [9C_204/2009]).

2. 
Strittig ist, ob die Vorinstanz die von der IV-Stelle im Verfahren betreffend
Neuanmeldung vom 10. September 2012 am 10. Dezember 2014 erneut verfügte
Verneinung eines Rentenanspruchs zu Recht mit angefochtenem Entscheid bestätigt
hat.

3. 
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen
Rechtsgrundlagen im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).

4. 

4.1. Nach eingehender Würdigung der umfangreichen medizinischen Aktenlage und
mit überzeugender Begründung, worauf verwiesen wird (Art. 109 Abs. 3 Satz 2
BGG), hat das kantonale Gericht zutreffend festgestellt, dass im unbestritten
massgebenden Vergleichszeitraum zwischen 13. August 2008 (letzte rechtskräftige
Verneinung eines Rentenanspruchs) und 10. Dezember 2014 zu den vorbestehenden
Beeinträchtigungen (unter anderem Adipositas per magna, linksseitige
Knietotalprothese, massive arthrotische Kniebeschwerden rechts) als erhebliche
Veränderung des Gesundheitszustandes eine Herzproblematik hinzugetreten sei.
Weiter hat es in tatsächlicher Hinsicht für das Bundesgericht grundsätzlich
verbindlich erkannt, dass die - trotz erfolgreicher Einsetzung einer
Totalprothese auch am rechten Knie vom 8. Juni 2012 und Durchführung einer
laparoskopischen Sleeve-Gastrektomie vom 9. Januar 2013 mit anschliessender
Körpergewichtsreduktion sowie Absolvierung der
Arbeitsmarktlich-Medizinischen-Abklärung (AMA) vom 7. bis 31. Juli 2014 -
verbliebenen Leistungsfähigkeitseinschränkungen zum Teil auf
Motivationsprobleme und eine muskuläre Dekonditionierung zurückzuführen seien.
Deshalb schöpfe er seine zumutbare Restarbeitsfähigkeit nicht vollständig aus.
Eine durch Selbstlimitierung bedingte Dekonditionierung weise jedoch
praxisgemäss keinen invalidisierenden Krankheitswert auf (vgl. Meyer/Reichmuth,
Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 3. Aufl. 2014, N. 96 zu Art.
4 IVG mit Hinweis auf das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts [heute:
sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] I 283/02 vom 28. Januar 2004
E. 4). In der Folge schloss die Vorinstanz darauf, dass auf das medizinische
Zumutbarkeitsprofil gemäss Abklärungsbericht AMA vom 20. August 2014
abzustellen sei. Die ursprünglich erlernte Tätigkeit als Maler könne der
Versicherte infolge seiner Gesundheitsschäden nicht mehr ausüben. Ihm seien
jedoch leidensangepasste, körperlich leichte, vorwiegend sitzende Tätigkeiten
ohne repetitives Heben und Tragen von über fünf Kilogramm schweren Gewichten,
ohne Knien und ohne vermehrtes Treppensteigen sowie ohne Besteigen von Leitern
und Gerüsten trotz seiner Beschwerden bei vollem Rendement täglich während
sechs bis acht Stunden zumutbar. Die auf diesem Zumutbarkeitsprofil beruhende
Restleistungsfähigkeit habe er auf dem einzig massgebenden ausgeglichenen
Arbeitsmarkt mit einem ausreichend breiten Angebot verschiedenster für ihn in
Frage kommenden Tätigkeiten zu verwerten, ohne dass ihn gesundheitliche Gründe
dazu zwingen würden, seinen Lebensunterhalt mit Sozialhilfe und Einkünften aus
einem 40%-Pensum als unselbstständig erwerbender Taxifahrer zu bestreiten. Aus
dem Vergleich des trotz der Gesundheitsschäden zumutbarerweise erzielbaren
Invalideneinkommens mit dem hypothetisch ohne Gesundheitsschaden verdienten
Valideneinkommen ermittelte das kantonale Gericht einen Invaliditätsgrad von
31%, weshalb es - im Ergebnis gleich wie die IV-Stelle - einen Rentenanspruch
verneinte.

4.2. Der Beschwerdeführer rügt eine unrichtige Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts und Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes,
indem er beanstandet, das kantonale Gericht sei zu Unrecht von der
Verwertbarkeit der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden
zumutbaren Leistungsfähigkeit ausgegangen. Ohne konkret darzulegen, welche
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz im Einzelnen offensichtlich
unrichtig seien, begnügt sich der Versicherte über weite Teile damit, den
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen seine eigene Darstellung der
tatsächlichen Verhältnisse gegenüber zu stellen. Es genügt jedoch nicht, einen
von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu
behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1
S. 356; Urteil 9C_779/2010 vom 30. September 2011 E. 1.1.2, nicht publ. in: BGE
137 V 446, aber in: SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44). Eine Sachverhaltsfeststellung
ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden,
sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42
E. 3.1 S. 44). Letzteres zeigt der Beschwerdeführer jedoch nicht auf und es
finden sich in den Akten keine Anhaltspunkte dafür. Indem er ohne Angaben zum
zeitlichen Verlauf, zur Häufigkeit und zur Intensität der einzelnen
Krankheitsbehandlungsphasen in der Vergangenheit darauf schliesst, dass er auch
nach den erfolgreichen operativen Eingriffen von 2012 und 2013 weiterhin
konstant in gleicher Regelmässigkeit intensiv behandlungsbedürftig bleibe,
macht er geltend, für einen durchschnittlichen Arbeitgeber nicht zumutbar zu
sein. Es ist jedoch auf den von der Vorinstanz zu Recht hervorgehobenen
positiven Verlauf nach der laparoskopischen Sleeve-Gastrektomie vom 9. Januar
2013 mit anschliessender massiver Körpergewichtsreduktion zu verweisen, wobei
aktenkundig dokumentiert ist, dass die Compliance des Versicherten insbesondere
in Bezug auf das mittels der zumutbaren CPAP-Therapie behandelbare schwere
obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (BGE 134 V 109 E. 10.2.7 S. 129 mit Hinweisen;
Urteil 8C_249/2015 vom 13. Juli 2015 E. 4.2 mit Hinweisen) vor allem vor dem
Eingriff vom 9. Januar 2013 mangelhaft war. Den Ausführungen des
Beschwerdeführers ist zusammenfassend nicht zu entnehmen, inwiefern das
kantonale Gericht Bundesrecht verletzt haben könnte, indem es basierend auf
einer umfassenden Beweiswürdigung auf die Zumutbarkeitsbeurteilung gemäss
Abklärungsbericht AWA vom       20. August 2014 abgestellt hat, wonach dem
Versicherten die Verwertung der erwähnten Restarbeitsfähigkeit (vgl. E. 4.1
hievor) zumutbar ist. Dass er in Nachachtung der ihm obliegenden
Schadenminderungspflicht und bei ausreichender Motiviation die ihm verbleibende
Restleistungsfähigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht zu verwerten
vermöchte, ist jedenfalls nicht ersichtlich und wird auch nicht nachvollziehbar
geltend gemacht.

4.3. Gegen die auf diesem medizinischen Zumutbarkeitsprofil beruhende
Ermittlung des Invaliditätsgrades werden im Übrigen zu Recht keine Einwendungen
erhoben.

5. 
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im vereinfachten Verfahren nach
Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG - ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit
summarischer Begründung und unter Verweis auf den kantonalen Entscheid (Art.
102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) - erledigt.

6. 
Das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung im bundesgerichtlichen Verfahren
ist wegen Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Dem
Beschwerdeführer sind demnach die Gerichtskosten aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). 

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, dem Bundesamt für Sozialversicherungen
und der Steuerverwaltung des Kantons Bern Bereich Inkasso schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 25. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Hochuli

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