Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.346/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_346/2015

Urteil vom 9. Juli 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Susanne Raess,
Beschwerdeführer,

gegen

Bundesamt B.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Öffentliches Personalrecht,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Bundesverwaltungsgerichts
vom 8. April 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________ war ab 1. Februar 2009 für das Bundesamt B.________ tätig. Mit
Schreiben vom 3. Dezember 2013 wurde er ermahnt und am 19. Dezember 2013 wurde
ihm das rechtliche Gehör zur beabsichtigten Kündigung gewährt. Nachdem
A.________ längere Zeit arbeitsunfähig gewesen und ein Einigungsversuch
gescheitert war, verfügte das Bundesamt B.________ am 29. Juli 2014 die
Kündigung des Arbeitsverhältnisses per 31. Oktober 2014 unter sofortiger
Freistellung. Dabei hielt das Bundesamt B.________ fest, die Auflösung des
Arbeitsverhältnisses gelte als vom Arbeitnehmer verschuldet, da seit längerer
Zeit unterschiedliche Auffassungen bezüglich Arbeitsverhalten und
Arbeitsleistung bestünden und der Arbeitnehmer verschiedentlich die Weisungen
und Mahnungen seitens des Arbeitgebers missachtet habe; damit liege eine
Verletzung der Treuepflicht vor. Zudem habe der Arbeitnehmer auch die Arbeit
nicht gemäss den Vorgaben erledigt, was ebenfalls einen Kündigungsgrund
darstelle.

B. 
A.________ liess dagegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen.
Dieses wies das Gesuch um Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung am 14.
Oktober 2014 ab; auf die dagegen erhobene Beschwerde trat das Bundesgericht mit
Urteil 8C_833/2014 vom 1. Dezember 2014 nicht ein. Das Bundesverwaltungsgericht
wies die Beschwerde am 8. April 2015 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihm eine
andere zumutbare Arbeit zuzuweisen; eventualiter sei ihm eine Entschädigung in
der Höhe von sechs bis zwölf Monatslöhnen zuzusprechen.

Erwägungen:

1. 
Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt, da die Beschwerde unter Einhaltung
der gesetzlichen Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) und Form (Art. 42 BGG) von einer
durch die Entscheidung besonders berührten Partei mit einem schutzwürdigen
Interesse an deren Aufhebung oder Änderung (Art. 89 Abs. 1 BGG) eingereicht
wurde und sich das Rechtsmittel gegen einen von einer zulässigen Vorinstanz
(Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) gefällten Endentscheid (Art. 90 BGG) in einer
Angelegenheit des öffentlichen Rechts (Art. 82 lit. a BGG) richtet und keine
der in Art. 83 BGG erwähnten Ausnahmen greift. Weiter ist der erforderliche
Streitwert nach Art. 85 Abs. 1 lit. b BGG gegeben.

2. 
Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge
Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt.
Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG
genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr
ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen
darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung
einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind.
Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den
Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt
werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV
286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).

3. 
Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung, da die
Vorinstanz verschiedene Sachverhaltselemente, die er vorgebracht habe, nicht
gehört und nicht beachtet habe. Weiter macht er geltend, es liege kein
zulässiger Kündigungsgrund vor resp. es handle sich um eine missbräuchliche
Kündigung, so dass er Anspruch auf Weiterbeschäftigung, allenfalls auf eine
Entschädigung habe.

4. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Auflösung eines
Arbeitsverhältnisses gestützt auf das Bundespersonalrecht (Art. 10 Abs. 3 BPG
in der seit 1. Juli 2013 in Kraft stehenden Fassung; bis 30. Juni 2013 Art. 12
Abs. 6 BPG; vgl. auch die Botschaft des Bundesrates vom 31. August 2011 zu
einer Änderung des Bundespersonalgesetzes, BBl 2011 6703, 6714, wonach Art. 10
Abs. 3 BPG mit dem bisherigen Art. 12 Abs. 6 BPG identisch ist, so dass die
dazu ergangene Rechtsprechung auch unter der Herrschaft von Art. 10 Abs. 3 PBG
Geltung hat; vgl. auch Urteil 8C_500/2013 vom 15. Januar 2014 E. 7),
einschliesslich des Anspruchs auf Weiterbeschäftigung bei missbräuchlicher
Kündigung (Art. 34c Abs. 1 lit. b BPG; vgl. auch Art. 336 OR; BGE 136 III 513
E. 2.3 S. 514; 132 III 115 E. 2 S. 116), sowie die allgemeine Sorgfalts- und
Treuepflicht (Art. 20 Abs. 1 BPG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

5. 
Bezüglich der Rüge der willkürlichen Sachverhaltsfeststellung und Verletzung
des rechtlichen Gehörs gibt der Beschwerdeführer wortwörtlich und über mehrere
Seiten seine Ausführungen aus der vorinstanzlichen Beschwerde wieder. Er legt
jedoch nicht dar, in welchen Punkten die Vorinstanz willkürlich bzw. unter
Verletzung des rechtlichen Gehörs den massgebenden Sachverhalt erstellt haben
soll. Dies stellt keine Auseinandersetzung mit dem vorinstanzlichen Entscheid
dar und genügt der qualifizierten Begründungspflicht nicht, so dass nicht
weiter darauf einzugehen ist (vgl. E. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).

6.

6.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Mahnung vom 3. Dezember 2013 die
Anforderungen an Rüge- und Warnfunktion erfüllt. Denn es ist nicht zwingend
vorgeschrieben, dass diese mit einer zeitlich begrenzten Bewährungsfrist zu
verbinden ist (vgl. zu den Voraussetzungen der schriftlichen Verwarnung etwa
die Urteile 8C_358/2009 vom 8. März 2010 E. 4.3.1 und 1C_245/2008 vom 2. März
2009 E. 5, publiziert in Pra 2009 Nr. 74 S. 496; vgl. auch Rudolf Ursprung/
Dorothea Riedi Hunold, Schwerpunkte der neueren bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zum öffentlichen Personalrecht, ZBl 114/2013 S. 295, 299). Zudem
kann den im Rahmen der Besprechung der Mahnung zusätzlich ausgehändigten
Unterlagen entnommen werden, welches Verhalten in den folgenden Wochen vom
Beschwerdeführer erwartet wurde. Die Ansetzung einer Bewährungsfrist, wie der
Beschwerdeführer sie versteht, ist häufig auch nicht zweckmässig. Dies gilt im
hier zu beurteilenden Fall umso mehr, geht es doch beim nunmehr erwarteten
Verhalten im Wesentlichen darum, dass er die allen Arbeitnehmern auferlegte
Arbeitszeiterfassung korrekt vornimmt, sich an die Arbeitszeiten hält sowie die
inhaltlichen Weisungen seiner Vorgesetzten - auch dies eigentlich eine
Selbstverständlichkeit - befolgt. Inwiefern die Einhaltung dieser grundlegenden
Arbeitnehmerpflichten bloss befristet erfüllt werden sollte, ist nicht
nachvollziehbar.

6.2. Weiter ist festzuhalten, dass zu den Tatbeständen, welche eine Kündigung
infolge Verletzung wichtiger gesetzlicher oder vertraglicher Pflichten
rechtfertigen, auch die Nichteinhaltung der Arbeitszeitregelung gehört; d.h.
etwa bei wiederholter Nichteinhaltung der Blockzeiten, bei unkorrekten Angaben
über die Präsenzzeiten oder bei Erbringung der Arbeit an einem andern als dem
vereinbarten Arbeitsort (vgl. dazu etwa Urteil 1C_277/2007 vom 30. Juni 2008,
E. 4.3 sowie Ursprung/Riedi Hunold, a.a.O., S. 299).

6.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, anlässlich des Personalgesprächs vom
21./22. November 2013 sei ihm nochmals eine Chance gegeben worden; die ihm
vorgeworfenen Anlässe, welche seitens des Bundesamtes B.________ zur Kündigung
führten, würden sich aber auf Begebenheiten vor diesem Datum beziehen. Aus
diesem Grund sei der angegebene Kündigungsgrund nicht zulässig.
Dem Beschwerdeführer wurde am 3. Dezember 2013 eine Mahnung überreicht, welche
- wie oben dargelegt - die Anforderungen an Rüge- und Warnfunktion erfüllt; in
diesem Schreiben wurde ein weiteres Mal detailliert, welches Verhalten
bezüglich Arbeitszeit und Arbeitszeiterfassung erwartet wird. Die Kündigung vom
19. Dezember 2013 erfolgte, weil der Beschwerdeführer in der
Arbeitszeiterfassung für den Monat November 2013, welche er am 6. Dezember 2013
weiterleitete, mehrere, zum Teil qualifiziert falsche Angaben zu seiner
geleisteten Arbeitszeit machte. So liegt der 19. November 2013, an welchem er
nicht im Büro erschien (vgl. dazu die E-Mailkorrespondenz vom 19. November
2013), aber mehrere Stunden Arbeitszeit notierte, zwar vor der Mahnung vom 3.
Dezember 2013; das vorgeworfene Verhalten, nämlich die falsche Angabe, an
diesem Tag gearbeitet zu haben, erfolgte aber am 6. Dezember 2013, mithin nach
Erhalt der Mahnung. Dasselbe gilt für die übrigen unzutreffenden
Arbeitszeiterfassungen. Die Rüge, der Kündigungsgrund datiere vor Erlass der
Mahnung, geht somit fehl.

6.4. Wie der Beschwerdeführer zutreffend festhält, beinhaltet die Treuepflicht
von Art. 20 Abs. 1 BPG auch die Pflicht des Arbeitnehmers, den Arbeitgeber auf
ihm im Rahmen seiner Tätigkeit aufgefallene Mängel hinzuweisen, um diesen vor
Schaden zu bewahren (vgl. Peter Helbling, in: Portmann/Uhlmann [Hrsg.],
Bundespersonalgesetz [BPG], 2013, N. 20 und 34 zur Art. 20 BPG). Diese Pflicht
geht jedoch nicht soweit, dass der Arbeitnehmer berechtigt wäre, infolge von
ihm als Fehler wahrgenommenen Umständen gegen diesbezüglich explizite
Anweisungen des Arbeitgebers zu verstossen. Dies ist Ausfluss des
Subordinationsverhältnisses, welches allen Arbeitsverhältnissen inhärent ist
(vgl. Art. 6 Abs. 2 BPG in Verbindung mit Art. 321d OR; Helbling, a.a.O., N. 26
zu Art. 6 BPG).
Die vom Beschwerdeführer gerügten inhaltlichen Mängel am von ihm zu
bearbeitenden Projekt wurden von seinen Vorgesetzten entgegengenommen und zum
Teil auch als zutreffend bezeichnet. Der Beschwerdeführer wurde jedoch mehrfach
darauf hingewiesen, dass das Projekt sich in einem Stadium befinde, in welchem
darauf keine Rücksicht mehr genommen werden könne und man auf dem
eingeschlagenen Weg weiterzugehen habe, sprich trotz dieser Schwächen keine
Korrekturen am Projekt mehr vorgenommen werden könnten. Unter diesen Umständen
bedarf es keines fachlichen Gutachtens zur Klärung der vom Beschwerdeführer am
Projekt erhobenen Mängel. Vielmehr ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass
das Verhalten des Beschwerdeführers - Nichtbefolgung der Weisungen seiner
Vorgesetzten - eine schwere Verletzung seiner vertraglichen Pflichten
darstellt.

6.5. Was schliesslich den Vorwurf betrifft, die Kündigung sei missbräuchlich
erfolgt, ist auch dies unbehelflich. Das Bundesamt B.________ war als
Arbeitgeber weder verpflichtet, zusätzlich zu den durchgeführten Massnahmen
eine externe Stelle zur Klärung des inhaltlichen Konflikts zwischen dem
Beschwerdeführer und seinem Vorgesetzten beizuziehen, noch war es gehalten, dem
Beschwerdeführer ein Angebot zum Home-Office zu machen. Schliesslich ist auch
die Feststellung der Vorinstanz zutreffend, dass die Problematik mit der
Arbeitszeiterfassung nicht zur Kaschierung des inhaltlichen Konflikts benutzt
wurde, sondern sich parallel dazu entwickelte; es handelt sich somit nicht um
einen vorgeschobenen Kündigungsgrund.

7. 
Nachdem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch das Bundesamt B.________
gestützt auf Art. 10 Abs. 3 lit. a BPG nicht zu beanstanden ist und auch keine
missbräuchliche Kündigung vorliegt, erübrigen sich weitere Ausführungen zum
Anspruch auf Weiterbeschäftigung resp. zur Ausrichtung einer Entschädigung nach
Art. 34b oder Art. 34c BPG.

8. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Beschwerdeführer hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesverwaltungsgericht schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 9. Juli 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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