Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.339/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_339/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 25. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard,
Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Lanz.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Tomas Kempf,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich,
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 27. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1964 geborene A.________ bezog gestützt auf die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Zürich vom 21. Februar 2008 und den hierauf ergangenen
Beschwerdeentscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31.
März 2010 ab 1. Januar 2004 eine Viertelsrente und ab 1. Februar 2004 eine
ganze Rente der Invalidenversicherung. Im Rahmen eines
Rentenrevisionsverfahrens holte die Verwaltung nebst weiteren Abklärungen ein
polydisziplinäres (Innere Medizin, Rheumatologie, Psychiatrie) Gutachten der
MEDAS vom 4. August 2013 ein. Am 15. November 2013 verfügte die IV-Stelle, die
Rente werde auf das Ende des der Verfügungszustellung folgenden Monats
revisionsweise aufgehoben, da aufgrund einer gesundheitlichen Verbesserung
keine Invalidität mehr vorliege.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich unter Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege mit Entscheid vom 27. März 2015 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________,
in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei die IV-Stelle zu
verpflichten, ab 1. Januar 2014 weiterhin die Rente zu bezahlen; eventuell sei
die Sache zur weiteren Abklärung und Neubeurteilung an das kantonale Gericht,
subeventuell an die Verwaltung, zurückzuweisen.
Die IV-Stelle beantragt die Abweisung der Beschwerde, ohne sich weiter zur
Sache zu äussern. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), doch prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1
und 2 BGG), nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere
rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S.
280; vgl. auch BGE 140 V 136 E. 1.1 S. 137 f.).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren
Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG).

2. 
Im angefochtenen Entscheid sind die Bestimmungen und Grundsätze zur
revisionsweisen Erhöhung, Herabsetzung oder Aufhebung einer Invalidenrente
infolge erheblicher Änderung des Invaliditätsgrades sowie zu den Anforderungen
an beweiswertige ärztliche Berichte und Gutachten zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.

3. 
Die Vorinstanz hat erwogen, aus dem MEDAS-Gutachten vom 4. August 2013 ergebe
sich, dass sich die der Rentenzusprechung zugrunde gelegenen psychischen und
physischen Leiden inzwischen gebessert hätten und die Arbeitsfähigkeit nunmehr
in einem weit geringeren Masse als damals einschränkten. Im jetzigen Zeitpunkt
sei der Beschwerdeführer für alle Tätigkeiten ohne repetitives Heben von Lasten
über 20 kg und ohne repetitives Arbeiten in gebückter Haltung voll
arbeitsfähig. Der darauf gestützte Einkommensvergleich ergebe, dass kein
rentenbegründender Invaliditätsgrad mehr bestehe.

Die Einwände des Beschwerdeführers richten sich gegen die Beurteilung der
physischen Leiden und ihrer Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit.
Diesbezüglich sei keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung
eingetreten.

3.1. Gerügt wird als erstes, das kantonale Gericht gehe zu Unrecht davon aus,
auch bei gleich bleibender Diagnose sei eine massgebliche Veränderung der
gesundheitlichen Verhältnisse und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit
möglich. Der Einwand ist nicht begründet. Die Vorinstanz stützt sich hiebei auf
bewährte Rechtsprechung. Danach kann eine revisionsbegründende Änderung auch
gegeben sein, wenn sich ein Leiden bei gleicher Diagnose in seiner Intensität
und in seinen Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit verändert hat (vgl. nebst
dem im angefochtenen Entscheid erwähnten Urteil 9C_261/2009 vom 11. Mai 2009 E.
1.2 u.a. Urteile 9C_109/2013 vom 9. April 2013 E. 3.2 und 3.3; 8C_959/2012 vom
3. April 2013 E. 2.4 und 8C_719/2012 vom 19. November 2012 E. 3.2.2.2).

3.2. Die weiteren Einwände richten sich gegen die vorinstanzliche Beurteilung,
wonach gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 4. August 2013 von einer solchen
Verbesserung von physischem Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit auszugehen
ist.

3.2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz habe offensichtlich
unrichtig festgestellt, die von ihm eingereichten Berichte über
MRI-Untersuchungen der Wirbelsäule vom September 2013 enthielten keine
Diagnosen, welche wesentlich vom MEDAS-Gutachten abwichen. Konkret wird geltend
gemacht, das MEDAS-Gutachten stütze sich lediglich auf konventionelle
Röntgenaufnahmen. Die MRI-Berichte vom September 2013 bestätigten nicht nur
diskrete Veränderungen von HWS, BWS und LWS, sondern eine Überstreckung der HWS
mit mehrsegmentalen degenerativen Veränderungen bei fortgeschrittener
Osteochondrose. Eine Fehlstellung der HWS hat aber auch der MEDAS-Rheumatologe
diagnostiziert und seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Er konnte sich überdies
auf frühere MRI-Berichte stützen, in welchen die Osteochrondrose bereits
erwähnt worden ist. Die Vorbringen des Versicherten sind daher nicht geeignet,
die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig
erscheinen zu lassen. Gleiches gilt für den weiteren Einwand, die
MRI-Untersuchung vom September 2013 habe eine im Verlauf neue
Bandscheibenprotrusion in Höhe von LWK 2/3 ergeben. Den medizinischen Akten
lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Versicherte wegen
Beschwerden in diesem Bereich eingeschränkt wäre.

3.2.2. Beanstandet wird sodann die vorinstanzliche Feststellung, aufgrund der
Ergebnisse der vom MEDAS-Rheumatologen vorgenommenen klinischen Untersuchung
sei von einer Abnahme der objektiv feststellbaren funktionellen Einschränkungen
auszugehen. Der Beschwerdeführer rügt diese Beweiswürdigung als offensichtlich
unrichtig. Er macht geltend, die MRI-Untersuchung vom September 2013 habe
wesentlich schwerwiegendere Diagnosen ergeben, weshalb die Ergebnisse der
klinischen Untersuchung nicht verlässlich seien. Diesem Einwand ist schon nach
dem bereits Gesagten die Grundlage entzogen. Vorgebracht wird weiter, auf die
Resultate der klinischen Untersuchung könne nicht abgestellt werden, da sie vom
Rechtsanwender nicht überprüfbar seien. Hier liege daher auch eine
Rechtsverletzung durch die Vorinstanz vor. Diese Rüge ist ebenfalls nicht
stichhaltig. Es gehört zur Aufgabe des medizinischen Experten, auch die
klinisch feststellbaren Befunde zu erheben und seiner Einschätzung der
bestehenden Einschränkungen zugrunde zu legen. Diese Einschätzung bildet
notwendige Grundlage der Invaliditätsbeurteilung. Die rechtsanwendende Behörde
stützt sich darauf, wenn keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, welche die
fachärzliche Stellungnahme in Frage stellen. Solche Anhaltspunkte liegen hier
nicht vor. Dass das kantonale Gericht auch bezüglich der Ergebnisse der
klinischen Untersuchung auf das MEDAS-Gutachten abgestellt hat, ist daher nicht
offensichtlich unrichtig oder in anderer Weise bundesrechtswidrig.

3.3. Zusammenfassend ergibt sich Folgendes: Der psychische Gesundheitszustand
hat sich seit der Rentenzusprechung unbestrittenermassen verbessert. Sodann hat
das kantonale Gericht rechtmässig festgestellt, dass dies auch für den
physischen Gesundheitszustand sowie seine Auswirkungen auf das
Leistungsvermögen gilt und nunmehr eine volle Arbeitsfähigkeit in angepasster
Tätigkeit besteht. Der von der Vorinstanz dementsprechend vorgenommene
Einkommensvergleich mit dem Ergebnis eines nicht mehr rentenbegründenden
Invaliditätsgrades wird vom Versicherten nicht beanstandet. Die Beschwerde ist
abzuweisen.

4. 
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art.
66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege (im Sinne der
vorläufigen Befreiung von den Gerichtskosten und der unentgeltlichen
Verbeiständung) kann entsprochen werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen ist,
die Beschwerde nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung durch
einen Rechtsanwalt geboten war (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Es wird indessen
ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte
Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu im
Stande ist.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und
Rechtsanwalt Tomas Kempf wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4. 
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Gerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 2'800.- ausgerichtet.

5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 25. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Lanz

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