Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.295/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_295/2015

Urteil vom 8. September 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
CONCORDIA
Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG,
Rechtsdienst, Bundesplatz 15, 6002 Luzern,
Beschwerdeführerin,

gegen

Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG, Richtiplatz 1, 8304 Wallisellen,
Beschwerdegegnerin,

A._________.

Gegenstand
Unfallversicherung (unfallähnliche Körperschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug
vom 19. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
A._________, geboren 1957, war bei der Allianz Suisse
Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend: Allianz) für die Folgen von Berufs-
und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert, als er sich am 2.
Mai 2013 beim Fitnesstraining einen Meniskusriss zuzog. Auf dem Frageblatt zur
Verletzung gab er an, dass sich nichts Besonderes, Unvorhergesehenes ereignet
habe. Am 3. Juli 2013 ergänzte er, dass er in einer Session mit seinem
persönlichen Trainer Bein-/ Knieübungen gemacht habe, mit abwechslungsweisem
einbeinigem Hüpfen und Schlagen der Knie in die Hände des Trainers, welche mit
Dämpfungshandschuhen geschützt gewesen seien. Mit Verfügung vom 30. Juli 2013
und Einspracheentscheid vom 1. November 2013 lehnte die Allianz eine
Leistungspflicht ab mit der Begründung, dass das Ereignis weder als Unfall noch
als unfallähnliche Körperschädigung zu qualifizieren sei.

B. 
Die CONCORDIA Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung AG (nachfolgend:
CONCORDIA) erhob dagegen als Krankenversicherer Beschwerde, welche das
Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Entscheid vom 19. März 2015 abwies.

C. 
Die CONCORDIA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit
dem Antrag, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Allianz zu
verpflichten, dem Versicherten für die unfallähnliche Körperschädigung die
gesetzlichen Leistungen zu erbringen.
Die Allianz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. A._________ und das
Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 
Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zur Leistungspflicht
des Unfallversicherers nach Art. 6 UVG, zum Unfallbegriff (Art. 4 ATSG) sowie
zur unfallähnlichen Körperschädigung (Art. 9 Abs. 2 UVV) zutreffend dargelegt.
Darauf wird verwiesen.

3. 
Es ist unbestritten, dass kein Unfall im Rechtssinne vorliegt, dass sich der
Versicherte jedoch eine Körperschädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. c UVV
zugezogen hat. Zu prüfen ist, ob die übrigen Tatbestandsmerkmale für den
Leistungsanspruch aus Art. 9 Abs. 2 UVV erfüllt sind und der Vorfall vom 2. Mai
2013 als unfallähnliches Ereignis zu qualifizieren ist.

4. 
Nach Auffassung des kantonalen Gerichts kam es beim Fitnesstraining des
Versicherten nicht zu einer mehr als physiologisch normalen und psychologisch
beherrschten Beanspruchung des Körpers. Damit hat es das einbeinige Hüpfen mit
Schlagen der Knie in die Hände des Trainers als alltägliche Lebensverrichtung
ohne Hinzutreten eines zur Unkontrollierbarkeit führenden Elementes
qualifiziert (BGE 139 V 327 E. 3.3.1 S. 329; 129 V 466 E. 4.3 S. 471 f.; SVR
2014 UV Nr. 29 S. 97, 8C_40/2014 E. 2.2.3). Dagegen richtet sich die
Beschwerde.
Die sportliche Aktivität allein als Anlass des für die Verletzung angeblich
ursächlichen Bewegungsablaufs genügt nicht für die Bejahung des mit Blick auf
den äusseren Faktor praxisgemäss erforderlichen gesteigerten Gefahrenpotenzials
(SVR 2014 UV Nr. 30 S. 100, 8C_147/2014 E. 3.3). Der Versicherte hat während
der Sprünge auf einem Bein gleichzeitig mit dem anderen Bein Kniestösse
ausgeführt mit dem Ziel, einen Gegner, das heisst seinen Fitnesstrainer, zu
treffen, welcher sich mit Handschuhen schützte. Von einem gleichmässigen
Bewegungsablauf wie etwa beim Joggen kann damit nicht gesprochen werden (Urteil
8C_118/2008 vom 23. Oktober 2008 E. 3.3). Der Fall ist vielmehr zu vergleichen
mit der vom Bundesgericht als unfallähnliches Geschehen qualifizierten
Partnerübung im Rahmen eines Selbstverteidigungskurses. Das Bundesgericht hat
wegen der Kraftanstrengung und den ständigen Belastungswechseln in kurzer
Abfolge im Bewegungsablauf als Ganzem eine erhöhte Verletzungsgefahr angenommen
(SVR 2014 UV Nr. 30 S. 100, 8C_147/2014 E. 3.5). Auch hier ist, ähnlich wie
beim Squat-Jumping, von einer Gefahrenlage auszugehen, welche die Annahme eines
mitwirkenden äusseren Faktors im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 UVV
unterstützt (SVR 2014 UV Nr. 29 S. 97, 8C_40/2014 E. 3.1). Das kantonale
Gericht hat des Weiteren in Betracht gezogen, dass die Übung zum normalen
Trainingsprogramm des Versicherten gehört habe. Das Bundesgericht hat jedoch
die Annahme der für die Qualifikation als unfallähnliches Geschehen
erforderlichen Gefahrenlage auch nicht ausgeschlossen im Fall der
Fitness-Instruktorin, die sich beim Squat-Jump verletzt hatte, obwohl dieser zu
ihren alltäglichen, gewohnten Lebensvorrichtungen zählte (SVR 2014 UV Nr. 29 S.
97, 8C_40/2014 E. 3.2).

5. 
Zusammengefasst ist die Knieverletzung durch eine unfallähnliche
Körperschädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVV verursacht worden, weshalb der
Unfallversicherer dafür einzustehen hat.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
Prozessausgang entsprechend der unterliegenden Allianz auferlegt (Art. 66 Abs.
1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zug vom 19. März 2015 und der Einspracheentscheid der Allianz Suisse
Versicherungs-Gesellschaft AG vom 1. November 2013 werden aufgehoben. Die
Allianz Suisse Versicherungs-Gesellschaft AG hat A._________ für das Ereignis
vom 2. Mai 2013 die gesetzlichen Versicherungsleistungen zu erbringen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, A._________, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Zug und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. September 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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