Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.278/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]          
8C_278/2015 {T 0/2}     

Urteil vom 27. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Invalidenrente; Arbeitsunfähigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 25. Februar 2015.

Sachverhalt:

A. 
Der 1977 geborene A.________ war seit 1. Juni 2008 als Bauhilfsarbeiter bei der
Firma B.________ AG tätig gewesen und in dieser Eigenschaft bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) u.a. für die Folgen von
Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 7. April 2009 rutschte er auf
einer Treppe aus und stürzte. Der am 5. Mai 2009 konsultierte Hausarzt überwies
ihn an das Spital C.________, wo eine Ellbogenkontusion links und der Verdacht
auf ein Nervus ulnaris-Syndrom diagnostiziert wurden. Nach weiteren
medizinischen Abklärungen verfügte die SUVA am 7. Mai 2010 die Einstellung der
bisher in Form von Heilbehandlung und Taggeldern erbrachten Leistungen per 17.
Mai 2010. Auf Einsprache hin veranlasste der Unfallversicherer ergänzende
neurologische Untersuchungen. Mit Einspracheentscheid vom 14. März 2011
beschied die SUVA die Rechtsvorkehr abschlägig, da die geklagten Beschwerden
weder auf ein objektivierbares, unfallkausales organisches Substrat
zurückzuführen seien noch ein adäquater Kausalzusammenhang zwischen diesen und
dem Sturz bestünde. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 22. August
2012). Das hierauf angerufene Bundesgericht hiess die Beschwerde in Aufhebung
des angefochtenen Entscheids mit Urteil 8C_851/2012 vom 16. April 2013
teilweise gut und wies die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurück.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich beauftragte in der Folge
Prof. Dr. med. D.________, Neurologie FMH, Universitätsklinik für Neurologie,
Spital E.________, mit der Erstellung eines Gutachtens, welches am 24. April
2014 verfasst wurde. A.________ gab im Weiteren einen Bericht des Dr. med.
F.________, Neurologie FMH, vom 8. Oktober 2014 und einen am Spital C.________
erhobenen MRI-Befund beider Ellbogen vom 26. November 2014 zu den Akten. Mit
Entscheid vom 25. Februar 2015 wies das kantonale Gericht die Beschwerde ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die
Angelegenheit zur ergänzenden Abklärung und Neubeurteilung an das kantonale
Gericht bzw. an die SUVA zurückzuweisen. Ferner sei ihm die unentgeltliche
Rechtspflege (Prozessführung, Verbeiständung) zu gewähren.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Vorinstanz und das
Bundesamt für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.

D.
Mit Eingaben vom 27. April sowie 5. und 7. Mai 2015 teilte A.________ mit, dass
er nicht länger anwaltlich vertreten sei.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet
das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Immerhin prüft es, unter
Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42
Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht
gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen
Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen
wurden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2. Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2. 

2.1. Streitig ist, ob die über den 17. Mai 2010 hinaus geklagten Beschwerden
des Versicherten in einem rechtsgenüglichen, die Beschwerdegegnerin zu
Leistungen verpflichtenden Zusammenhang zum Sturz vom 7. April 2009 stehen.
Dabei ist rechtskräftig erstellt, dass der Unfallversicherer nicht für auf eine
psychische Fehlentwicklung zurückzuführende Einschränkungen einzustehen hat
(erwähntes Urteil 8C_851/2012 E. 3.3.2 am Ende; vorinstanzlicher Entscheid E.
2.3 am Ende). Auf Grund des bundesgerichtlichen Rückweisungsurteils vom 16.
April 2013 ist einzig noch die Frage zu prüfen, ob ein Sulcus ulnaris-Syndrom
links besteht, dieses bejahendenfalls auf den Unfall vom 7. April 2009
zurückzuführen ist und es sich auf die Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers
auswirkt.

2.2. Die für die Beurteilung relevanten rechtlichen Grundlagen wurden im
Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 14. März 2011, im
vorinstanzlichen Entscheid vom 22. August 2012 und im Urteil des Bundesgerichts
vom 16. April 2013 zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. Anzufügen ist,
dass im Sozialversicherungsverfahren der Untersuchungsgrundsatz sowie der
Grundsatz der freien Beweiswürdigung gelten (Art. 43 Abs. 1 und Art. 61 lit. c
ATSG). Der rechtserhebliche Sachverhalt ist von Amtes wegen unter Mitwirkung
der Versicherten resp. der Parteien zu ermitteln. In diesem Sinne
rechtserheblich sind alle Tatsachen, von deren Vorliegen es abhängt, ob über
den streitigen Anspruch so oder anders zu entscheiden ist (Urteil 8C_441/2012
vom 25. Juli 2013 E. 6.1.1, in: SVR 2013 IV Nr. 44 S. 134). Der Verzicht auf
weitere Abklärungen oder im Beschwerdefall auf Rückweisung der Sache zu diesem
Zweck (antizipierte Beweiswürdigung) verletzt etwa dann Bundesrecht (Art. 95
lit. a BGG), wenn der festgestellte Sachverhalt unauflösbare Widersprüche
enthält oder wenn eine entscheidwesentliche Tatfrage, wie namentlich
Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit einer versicherten Person, auf
unvollständiger Beweisgrundlage beantwortet wird (Urteil 9C_37/2015 vom 17.
Juni 2015 E. 3.1 mit Hinweisen).

3. 

3.1. Die Vorinstanz hat in Würdigung der detailliert wiedergegebenen
medizinischen Aktenlage, namentlich des von ihr bei Prof. Dr. med. D.________
veranlassten neurologischen Gutachtens vom 24. April 2014, festgestellt, es
hätten im linken Ellbogen keine objektiven klinischen Befunde einer Schädigung
des Nervus ulnaris gefunden werden können. Die elektrophysiologischen
Untersuchungen hätten einen Normalbefund ergeben. Es fehle sowohl an
objektivierbaren klinischen Befunden als auch an einem elektrophysiologischen
Korrelat hinsichtlich der geklagten Beschwerden. Die Diagnose eines Sulcus
ulnaris-Syndroms sei wegen der generellen Schmerzschonung klinisch nicht
nachvollziehbar. Das Vorliegen eines entsprechenden Befundes sei deshalb zu
verneinen und dem Beschwerdeführer eine 100 %ige Arbeitsfähigkeit in seiner
bisherigen Tätigkeit zu attestieren. Daran sei trotz des im Beschwerdeverfahren
neu aufgelegten MRI-Berichts des Spitals C.________ vom 26. November 2014
festzuhalten. In ihrer Beurteilung hätten die betreffenden Ärzte zwar Anzeichen
eines Sulcus ulnaris-Syndroms links mit deutlicher Neuropathie des Nervus
ulnaris bejaht. Dass dieser Befund in einem Zusammenhang zum Unfall vom 7.
April 2009 stehe, sei darin indessen nicht postuliert worden. Bereits in einem
früheren MRI vom 6. Juli 2009 habe eine Pathologie des linken Ellbogens denn
auch ausgeschlossen werden können. Im Übrigen habe Prof. Dr. med. D.________
zur Interpretation der verschiedenen Messwerte Stellung genommen und
ausführlich dargelegt, weshalb diese Messparameter nicht als organisches
Korrelat der beklagten Schmerzen hätten heranzogen werden können bzw. der
Befund einer Verlangsamung der Leitgeschwindigkeit im Sulcus ulnaris zur
Objektivierung des organischen Ursprungs der Beschwerden ungeeignet sei.

3.2. In der Beschwerde wird dagegen vorgebracht, das kantonale Gericht habe
seine - in Art. 61 lit. c ATSG verankerte - Untersuchungspflicht verletzt,
indem es den am 26. November 2014 am Spital C.________ erhobenen MRI-Befund der
Ellbogen beidseits nicht Prof. Dr. med. D.________ zur ergänzenden
gutachtlichen Stellungnahme unterbreitet habe.

3.3.

3.3.1. Anlässlich des am 26. November 2014 durchgeführten MRI wurde im Bereich
des linken Ellbogens - im Gegensatz zum rechten Ellbogen - eine starke
Hyperintensität des Nervus ulnaris im Sulcus nervi ulnaris in der T2-Sequenz,
vergleichbar mit Synovialis, festgestellt. Die Ärzte beschrieben eine
Seitenasymmetrie im Bereich des Nervus ulnaris auf Höhe des Kubitalkanals mit
signalalteriertem, zum Teil volumenvermehrtem Nervus ulnaris linksseitig,
passend zu einem Sulcus ulnaris-Syndrom links. Da im Fokus des
unfallversicherungsrechtlichen Verfahrens die Frage nach der Existenz des
besagten Sulcus ulnaris-Syndroms bzw. dessen Unfallkausalität steht (vgl. u.a.
Urteil 8C_851/2012 vom 16. April 2013), sind gestützt auf den neuen Befund
mögliche, für den vorliegenden Prozess relevante Rückschlüsse auf die
gesundheitlichen Verhältnisse und damit auf das Leistungsvermögen des
Versicherten nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Daran ändert entgegen
der Betrachtungsweise des kantonalen Gerichts der Umstand nichts, dass sich die
Ärzte des Spitals C.________ nicht explizit dazu geäussert haben, ob das
Syndrom auf den Sturz vom 7. April 2009 zurückzuführen sei. Wie ferner den
gutachtlichen Ausführungen des Prof. Dr. med. D.________ entnommen werden kann,
basieren seine Schlussfolgerungen auf der Annahme unauffälliger Röntgen- und
MRI-Aufnahmen des linken Ellbogens, welche namentlich keine mechanische
Kompromittierung des Nervs gezeigt hätten (Expertise, S. 28 unten). Dieser
Hypothese zugrunde lag jedoch einzig der MRI-Befund vom 6. Juli 2009(vgl.
Bericht des Instituts für Radiologie, G.________, vom 7. Juli 2009). Angesichts
des doch klaren radiologischen Untersuchungsergebnisses vom 26. November 2014
sowie der gerade bezüglich des entsprechenden Beschwerdebildes im Vorfeld
teilweise widersprüchlichen, im erwähnten Urteil 8C_851/2012 (E. 3)
aufgeführten ärztlichen Angaben wäre die Vorinstanz gehalten gewesen, den
entsprechenden Bericht Prof. Dr. med. D.________ vorzulegen mit der
Aufforderung, dazu im Rahmen seines Gutachtensauftrags ergänzend Stellung zu
nehmen und allfällige, durch den aktuellen MRI-Befund geweckte Zweifel
auszuräumen.

3.3.2. Vor diesem Hintergrund ist dem kantonalen Gericht eine Verletzung der
ihm obliegenden Abklärungspflicht vorzuwerfen. Der angefochtene Entscheid ist
daher aufzuheben und die Angelegenheit an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit
sie den medizinischen Sachverhalt im aufgezeigten Sinne (hinsichtlich
Befunderhebung, Unfallkausalität, Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit)
vervollständige und hernach erneut über den Leistungsanspruch des
Beschwerdeführers entscheide.

4.

4.1. Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung oder an die Vorinstanz zu
erneuter Abklärung (mit noch offenem Ausgang) gilt für die Frage der
Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als
vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1
und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende
Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1
S. 235; Urteil 8C_671/2007 vom 13. Juni 2008 E. 4.1).

4.2. Demgemäss sind die Prozesskosten der Beschwerdegegnerin zu überbinden.
Ferner hat sie dem bei Beschwerdeeinreichung noch anwaltlich vertretenen
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten. Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten und
der unentgeltlichen Verbeiständung wird damit gegenstandslos.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts
des Kantons Zürich vom 25. Februar 2015 wird aufgehoben. Die Sache wird an die
Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie im Sinne der Erwägungen verfahre und
hernach erneut entscheide.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'500.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl

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