Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.229/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_229/2015

Urteil vom 6. Juli 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Frésard,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich,
Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 17. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1982, war von 1. Mai 2008 bis 30. September 2010 und erneut
von 1. Januar 2011 bis 30. September 2012 bei der B.________ AG sowie von 1.
Oktober bis 9. November 2012 bei der C.________ AG als juristische
Mitarbeiterin angestellt. Am 31. Oktober 2013 meldete sie sich zur
Arbeitsvermittlung an und stellte den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab
1. November 2013. Mit Verfügungen vom 7. März, 1. April, 5. Mai und 3. Juni
2014 stellte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich (nachfolgend:
Arbeitslosenkasse) fest, die Ansprüche für die Monate November und Dezember
2013 resp. für Januar und Februar 2014 seien erloschen, da die eingeforderten
notwendigen Unterlagen trotz mehrmaliger schriftlicher Mahnung nicht
eingereicht worden seien. A.________ erhob gegen jede der Verfügungen
Einsprache. Am 8. Juli 2014 verfügte die Arbeitslosenkasse die Einstellung der
weiteren Abklärungen und trat auf den Antrag auf Arbeitslosenentschädigung
nicht ein, da die mit Säumnisfolge versehene Aufforderung zur Einreichung der
notwendigen Unterlagen unbenutzt verstrichen sei. A.________ reichte auch
dagegen Einsprache ein. Die Arbeitslosenkasse vereinigte die fünf Einsprachen
und wies sie mit Einspracheentscheid vom 7. August 2014 ab.

B. 
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 17. März 2015 ab.

C. 
A.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die Sache an die
Arbeitslosenkasse zur Festsetzung und Auszahlung der Arbeitslosenentschädigung
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Gemäss Art. 42 Abs. 1 BGG ist
die Beschwerde hinreichend zu begründen, andernfalls wird darauf nicht
eingetreten (Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG). Das Bundesgericht prüft grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2. Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art.
97 Abs. 1 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach
Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage
geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung
einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge
Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt.
Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG
genannten Rügen. Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr
ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen
darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung
einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind.
Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den
Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt
werden. Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von
Art. 105 Abs. 2 BGG, die dem Richter geradezu in die Augen springen (BGE 133 IV
286 E. 6.2 S. 288; 133 II 249 E. 1.4.3 S. 255).

2. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die
Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt von Arbeitslosenentschädigung (Art. 8
Abs. 1 AVIG), namentlich die Pflichten der arbeitslosen Person bei
Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs (Art. 29 Abs. 1 AVIV) sowie das
Vorgehen der Arbeitslosenkasse im Rahmen der Ermahnung zur rechtzeitigen
Einreichung der erforderlichen Unterlagen (Art. 29 Abs. 3 AVIV), zutreffend
dargelegt. Dasselbe gilt für die allgemeine Abklärungspflicht der
Sozialversicherungsträger (Art. 43 Abs. 1 ATSG) und die Verwirkungsfrist zur
Geltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung (Art. 20 Abs. 3
AVIG; BGE 114 V 123; vgl. auch Urteil 8C_935/2011 vom 25. Februar 2012). Darauf
wird verwiesen.

3. 
Streitig ist, ob die Arbeitslosenkasse zu Recht einen Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung verneinte, weil die Versicherte sich weigerte, die
angeforderte Arbeitgeberbescheinigung sowie die einverlangten Lohnabrechnungen
resp. Lohnjournals einzureichen.

4. 
Die Beschwerdegegnerin hat die Versicherte mehrfach zur Einreichung der
detailliert genannten, für die Abklärung des Leistungsanspruchs notwendigen
Unterlagen innert Frist aufgefordert und auch jeweils die Folgen einer nicht
fristgerechten Einreichung dargelegt (vgl. die Schreiben vom 13. Dezember 2013
vom 28. November 2013, vom 2. Dezember 2013, vom 29. Januar 2014, vom 6.
Februar 2014, und vom 10. Juni 2014). Insofern ist die Rüge der Versicherten,
es sei seitens der Arbeitslosenkasse nicht näher spezifiziert worden, welche
Unterlagen sie nachzureichen habe, angesichts der klaren Formulierungen in den
Schreiben aktenwidrig. Auch der Einwand der Versicherten, sie habe die
Arbeitgeberbescheinigung ihres letzten Arbeitgebers eingereicht und aus Art. 29
AVIV ergebe sich keine weitergehende Pflicht, ist unbehelflich. Wie die
Arbeitslosenkasse etwa in ihren Schreiben vom 2. Dezember 2013 und vom 10. Juni
2014 sowie die Vorinstanz in ihrem Entscheid zu Recht dargelegt haben, besteht
die Notwendigkeit zur Einreichung einer Bescheinigung sämtlicher Arbeitgeber,
bei welchen die versicherte Person während der Beitragsrahmenfrist beschäftigt
war (Art. 29 Abs. 1 lit. c AVIV). Daran ändert auch der Einwand nichts, die
verlangten Unterlagen seien für die Feststellung ihres Leistungsanspruchs
überhaupt nicht nötig. Die Arbeitgeberbescheinigung und auch die genauen
Lohnabrechnungen sind erforderlich für die Abklärung der Verhältnisse während
der zweijährigen Beitragsrahmenfrist (hier vom 1. November 2011 bis 31. Oktober
2013). Denn allein aus dem Lohnausweis und dem Auszug aus dem individuellen
Konto ergeben sich nicht ausreichend detaillierte Angaben (wie z.B. allfällige
kurze Lücken oder angebrochene Kalendermonate) zur Überprüfung der Erfüllung
der Beitragszeit. Dies zeigt sich exemplarisch im hier zu beurteilenden Fall,
wo sich die Versicherte erst knapp ein Jahr nach Beendigung ihres letzten
Arbeitsverhältnisses zum Leistungsbezug angemeldet hat und somit die Erfüllung
der Beitragszeit nicht offensichtlich ist, sondern einer detaillierten
Überprüfung bedarf.
Ebenso ist dem Einwand, die einverlangten Unterlagen würden gegen den
Datenschutz verstossen, kein Erfolg beschieden. Einerseits unterliegen die
Vollzugsorgane der Arbeitslosenversicherung dem Amtsgeheimnis (Art. 33 ATSG);
andererseits haben sich die privaten Arbeitgeber zwar an die Bestimmungen des
Datenschutzgesetzes (Art. 328b OR), aber auch an die ihnen gesetzlich
auferlegten Auskunftspflichten (vgl. zum Sozialversicherungsrecht im
Allgemeinen Art. 28 Abs. 1 ATSG und zur Arbeitslosenversicherung im Speziellen
Art. 88 Abs. 1 lit. b und d AVIG, welcher keine Zustimmung seitens der
versicherten Person verlangt; vgl. auch Yvonne Prieur, Datenschutz im
Sozialversicherungswesen, in: Passadelis/Rosenthal/Thür [Hrsg.],
Datenschutzrecht, 2015, Rz. 13.28) zu halten. Zudem wird von einer
leistungsansprechenden Person grundsätzlich verlangt, dass sie die zur
Ermittlung des Anspruchs notwendigen Daten der Verwaltung mitteilt (vgl. zum
Sozialversicherungsrecht im Allgemeinen Art. 28 Abs. 2 und 3 ATSG; vgl. auch
Prieur, a.a.O., Rz. 13.13 und Boris Rubin, Commentaire de la loi sur
l'assurance-chômage, 2014 N. 7 und N. 11 zu Art. 88 AVIG); darin liegt kein
bundesrechtswidriger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der betroffenen
Person. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern das Einholen einer
Arbeitgeberbescheinigung resp. das Einreichen der Lohnjournale oder
Lohnabrechnungen der B.________ AG die Persönlichkeitsrechte der Versicherten
in unzulässigerweise verletzt hätten, zumal sich die Arbeitslosenkasse - wie
dargelegt - auf eine gesetzliche Auskunftspflicht seitens der Versicherten und
des früheren Arbeitgebers stützen kann (Art. 28 Abs. 1 bis 3 ATSG; Art. 88 Abs.
1 lit. b und d AVIG).
Schliesslich ist auch die Rüge, die Arbeitslosenkasse habe es unterlassen, ihre
Verfügungen der infolge des Unfalles vom 8. Februar 2014 mitbeteiligten
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) im Sinne von
Art. 49 Abs. 4 ATSG zu eröffnen, unbehelflich. Denn Versicherungsschutz gegen
Unfälle nach Art. 3 Abs. 5 UVG in Verbindung mit Art. 2 der Verordnung vom 24.
Januar 1996 über die Unfallversicherung von arbeitslosen Personen (UVAL; SR
837.171) geniessen nur jene Personen, welche die Voraussetzungen nach Art. 8
AVIG erfüllen (vgl. SVR 2011 UV Nr. 2 S. 5 E. 6.4, 8C_1010/2009). Mangels
Einreichung der erforderlichen Unterlagen kann aber gerade die Erfüllung der
Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 1 AVIG von den zuständigen Behörden nicht
überprüft werden, was die Versicherte zu vertreten hat. Somit war die
Arbeitslosenkasse nicht gehalten, ihre Verfügungen auch der SUVA zuzustellen.
Der kantonale Entscheid besteht nach dem Gesagten zu Recht.

5. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. Juli 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Riedi Hunold

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