Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.209/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_209/2015

Urteil vom 17. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiberin Berger Götz.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
 vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Laube,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Graubünden,
Ottostrasse 24, 7000 Chur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Revision),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 11. November 2014.

Sachverhalt:

A. 
Der 1958 geborene A.________ bezog gestützt auf die Verfügung der IV-Stelle des
Kantons Graubünden vom 4. Oktober 2006 ab 1. August 2004 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung, basierend auf einem 100%igen Invaliditätsgrad. Mit
Mitteilung vom 4. Juli 2008 bestätigte die IV-Stelle den Anspruch auf eine
ganze Invalidenrente. Im Rahmen eines im Jahr 2011 eingeleiteten
Revisionsverfahrens holte die Verwaltung unter anderem ein neuropsychologisches
und ein psychiatrisches Gutachten bei Dr. phil. B.________, Diplompsychologe/
Klinischer Neuropsychologe, vom 25. Juni 2012 und Dr. med. C.________, Facharzt
für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 4. Juli 2012 ein. Nach Durchführung
des Vorbescheidverfahrens hob sie die Rente mit Verfügung vom 8. November 2013
per Ende Dezember 2013 auf; zur Begründung gab sie an, der Gesundheitszustand
habe sich in revisionsrechtlich relevantem Ausmass verbessert, da A.________
aber durch seine Simulation eine vollständige Abklärung des Sachverhalts
verhindert habe, werde die Leistung gestützt auf Art. 17 Abs. 1 ATSG und Art.
7b Abs. 2 lit. c IVG verweigert.

B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden wies die dagegen erhobene
Beschwerde ab (Entscheid vom 11. November 2014).

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm weiterhin
eine ganze Rente der Invalidenversicherung auszurichten; eventuell sei "mit
einer medizinischen Begutachtung festzustellen, ob sich der Gesundheitszustand
(...) und die daraus folgende Arbeitsunfähigkeit gegenüber Oktober 2006
verbessert habe". Ferner lässt er die Rechtsbegehren stellen, es sei eine
öffentliche Verhandlung gemäss Art. 6 EMRK durchzuführen und es sei ihm
Gelegenheit zur Replik einzuräumen.

Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht
durchgeführt.

Erwägungen:

1. 
Die Voraussetzungen für den vom Beschwerdeführer verlangten zweiten
Schriftenwechsel sind schon deshalb nicht erfüllt, weil das Bundesgericht
bereits auf die Durchführung eines ersten Schriftenwechsels verzichtet hat
(vgl. Art. 102 Abs. 1 und 3 BGG; BGE 133 I 98 E. 2.2 S. 99 f.; Urteil 8C_28/
2012 vom 29. Mai 2012 E. 2). Soweit der Versicherte die Einräumung einer
Replikmöglichkeit beantragt, um zu einem späteren Zeitpunkt eine
Beschwerdeergänzung einreichen zu können, ist ihm entgegenzuhalten, dass es der
beschwerdeführenden Partei im Verfahren vor dem Bundesgericht verwehrt ist,
nach Ablauf der Beschwerdefrist Anträge und Rügen vorzutragen, die sie bereits
in der Beschwerde hätte erheben können (BGE 132 I 42 E. 3.3.4 S. 47).

2. 
Der Versicherte beantragt im Verfahren vor Bundesgericht die Aufhebung des
kantonalen Gerichtsentscheids. An der alleinigen Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheids kann er allerdings kein rechtlich geschütztes Interesse (vgl. Art.
89 Abs. 1 BGG) haben, weil seine Rechtsposition sich dadurch unter den
vorliegenden Umständen nicht verbessern liesse. Würde das Bundesgericht seinem
Begehren zufolge nämlich den kantonalen Gerichtsentscheid aufheben, hätte die
rentenaufhebende Verfügung der IV-Stelle vom 8. November 2013 Bestand, womit
der vom Beschwerdeführer erlittene Nachteil (Wegfall der Rente) nicht beseitigt
wäre. Aus dem weiteren Antrag, wonach ihm weiterhin eine ganze Rente
auszurichten sei und der Begründung des letztinstanzlich eingereichten
Rechtsmittels geht aber hervor, dass es ihm um die Weiterausrichtung der Rente
geht, weshalb sinngemäss auch die Aufhebung der Verfügung vom 8. November 2013
als beantragt gelten muss. Auf die Beschwerde ist einzutreten.

3.

3.1. Das Verfahren der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist
gemäss Art. 58 Abs. 2 und Art. 102 BGG grundsätzlich schriftlich; eine
Verhandlung findet nicht statt. Die Durchführung einer mündlichen
Parteiverhandlung gemäss Art. 57 BGG ist dem Ermessen des Abteilungspräsidenten
oder der Abteilungspräsidentin anheim gestellt. Ein Anspruch darauf kann sich
ausnahmsweise aus Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergeben. Dies ist
insbesondere dann der Fall, wenn das Bundesgericht als einzige Instanz
entscheidet und Rechte im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK betroffen sind (Urteile
8C_112/2013 vom 2. Mai 2013 E. 2.1 und 9C_357/2011 vom 23. November 2011 E.
1.1). Der Beschwerdeführer hat seinen Standpunkt in seiner Rechtsschrift
ausführlich dargetan. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich ausnahmsweise
eine öffentliche Parteiverhandlung im Sinne von Art. 57 BGG aufdrängen würde.

3.2. Selbst wenn die Voraussetzungen des Art. 6 Ziff. 1 EMRK erfüllt sind,
haben primär die erstinstanzlichen Gerichte die durch diese Bestimmung
garantierte Öffentlichkeit der Verhandlung zu gewährleisten (vgl. Art. 61 lit.
a ATSG). Voraussetzung ist ein im erstinstanzlichen Verfahren zu stellender
klarer und unmissverständlicher Parteiantrag (BGE 122 V 47 E. 3a S. 55 mit
Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 37 E. 2 S. 38). Versäumt eine Partei die
rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs auf öffentliche Verhandlung, hat
dieser grundsätzlich als verwirkt zu gelten (BGE 122 V 47 E. 3b/bb S. 56 mit
Hinweisen), weil nur so der geforderte einfache und rasche Verfahrensablauf
gewährleistet bleibt (bereits erwähntes Urteil 9C_357/2011 E. 1.2). Der
Beschwerdeführer hat im vorinstanzlichen Verfahren keinen Antrag auf
parteiöffentliche Verhandlung gestellt. Das vor Bundesgericht gestellte
Begehren um Durchführung einer öffentlichen Verhandlung (mit der Begründung,
die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf, zu wissen, wie "Simulanten" die
öffentliche Kasse beanspruchten, und die Angehörigen seien in diesem Rahmen als
Zeugen darüber zu befragen, wie sich der Gesundheitszustand seit 2004
entwickelt habe und ob eine Simulation vorliege) ist verspätet und daher
abzuweisen.

Ebenso wenig ist eine öffentliche Beratung durchzuführen. Das Bundesgericht
berät seine Entscheide nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen - und nicht
auf entsprechenden Parteiantrag hin - mündlich bzw. öffentlich (Art. 58 f. BGG;
Urteil 2C_665/2010 vom 24. Mai 2011 E. 7).

4. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung auf Rüge hin
oder von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht,
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 105 Abs. 2 BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). Als "offensichtlich
unrichtig" gelten die vorinstanzlichen Feststellungen, wenn sie willkürlich
erhoben worden sind (Art. 9 BV; BGE 140 III 115 E. 2 S. 117; allgemein zur
Willkür in der Rechtsanwendung BGE 140 III 16 E. 2.1 S. 18 f.; 138 I 49 E. 7.1
S. 51; 138 III 378 E. 6.1 S. 379 f.; insbesondere zu jener in der
Beweiswürdigung BGE 137 I 58 E. 4.1.2 S. 62; 135 III 127 E. 1.5 S. 129 f.;
Urteil 2C_1143/2013 vom 28. Juli 2014 E. 1.3.4). Das Bundesgericht wendet das
Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist folglich weder an die in
der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der
Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.; 134 V 250 E. 1.2 S. 252, je
mit Hinweisen).

5. 
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze zur Bemessung des
Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten nach der allgemeinen Methode
des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG in Verbindung mit Art. 28a Abs. 1 IVG;
BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348; 128 V 29 E. 1 S. 30; 104 V 135 E. 2a und b S.
136), zum Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG), zu den
Voraussetzungen einer Revision der Invalidenrente (Art. 17 ATSG; BGE 134 V 131
E. 3 S. 132 mit Hinweisen), namentlich zu den zeitlichen Vergleichspunkten (BGE
133 V 108 E. 5.4 S. 114; 130 V 71), zur Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte bei der
Ermittlung des Invaliditätsgrades (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99 mit Hinweisen) sowie
zu den Anforderungen an beweiskräftige medizinische Berichte und Gutachten (BGE
137 V 210 E. 6.2.2 S. 269; 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V 351 E. 3a S. 352)
zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

6. 
Streitig und zu prüfen ist die Frage, ob sich der Gesundheitszustand des
Versicherten zwischen der Rentenverfügung vom 4. Oktober 2006 und streitiger
Revisionsverfügung vom 8. November 2013 massgeblich verändert hat (vgl. BGE 133
V 108 E. 5 S. 110 ff.).

Die Vorinstanz hat dies mit Blick auf die neuropsychologische Exploration des
Dr. phil. B.________ vom 19. Juni 2012, auf das psychiatrische Gutachten des
Dr. med. C.________ vom 4. Juli 2012 und auf die übrigen Umstände, namentlich
die Reisen in den Kosovo, die regelmässigen Sauna-/Hallenbad-/
Fitnessstudiobesuche, die Reduktion der Medikamente und den kürzlichen Erwerb
des Führerausweises bejaht. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, der
angefochtene Gerichtsentscheid sei widersprüchlich, weil darin zwar zugestanden
werde, dass er ursprünglich infolge paranoider Schizophrenie zu 100 % invalid
gewesen sei, nun jedoch keine rentenbegründende Invalidität mehr bestehen
solle, obwohl die Schizophrenie andauere "und er weiter krank sei, weil er eben
diese Krankheit simuliere". Diesen Widerspruch im Sachverhalt löse das
kantonale Gericht nicht auf. Indem es das Gutachten des Dr. med. C.________ vom
4. Juli 2012 zudem zu Unrecht als für die streitigen Belange umfassend und
schlüssig darstelle, verletze es die Beweiswürdigungsregeln, denn dieser habe
die im Revisionsverfahren entscheidende Frage, ob sich der Gesundheitszustand
seit dem Jahr 2006 verbessert habe, nicht beantwortet. Schliesslich rügt er,
die weiteren Feststellungen der Vorinstanz zu den Lebensumständen seien
offensichtlich unrichtig. Zur Untermauerung dieser Behauptung reicht er vor
Bundesgericht diverse Unterlagen ein.

6.1.

6.1.1. In der Beschwerde dürfen keine neuen Tatsachen und Beweismittel
vorgebracht werden, es sei denn, erst der Entscheid der Vorinstanz habe dazu
Anlass gegeben (Art. 99 Abs. 1 BGG). Neu sind Tatsachen, die weder im
vorangegangenen Verfahren vorgebracht noch von der Vorinstanz festgestellt
wurden (BGE 136 V 362 E. 3.3.1 S. 364). Der Versicherte stützt sich
letztinstanzlich wiederholt auf Tatsachen und Beweismittel (Beschwerdebeilagen
3 - 5 und 7a - 7c), die bereits anlässlich des kantonalgerichtlichen Verfahrens
Bestand hatten, aber nicht vorgebracht wurden (BGE 136 III 123 E. 4.4.3 S. 128
f.), oder erst nach dem angefochtenen Entscheid entstanden sind (BGE 135 I 221
E. 5.2.4 S. 229). Ob diese von vornherein unzulässig und unbeachtlich sind,
kann dahingestellt bleiben, da sie so oder anders für den Ausgang des
Verfahrens nicht erheblich sind:

6.1.2. So vermögen die im Verfahren vor Bundesgericht aufgelegte Bestätigung
der Sportanlagenbesuche in der Zeit vom 4. Januar bis 12. März 2015 und das
Arztzeugnis des Dr. med. D.________, Allgemeine Medizin FMH/Sportmedizin, vom
16. März 2015, wonach der Versicherte seine fibromyalgieähnlichen Beschwerden
am Bewegungsapparat durch intensive Saunagänge in ihrem Ausmass limitieren
könne, nichts an der unbestrittenen Tatsache ändern, dass der Beschwerdeführer
zumindest seit dem Jahr 2008 und andauernd körperlich und psychisch in der Lage
ist, mehrmals in der Woche selbstständig die Sportanlage aufzusuchen, wobei
nicht relevant ist, ob er dort das Freibad, das Hallenbad, die Sauna oder die
Fitnessanlage benützt. Aus der eingereichten Kopie des Führerausweises geht
zwar hervor, dass er diesen, nicht wie von der Vorinstanz angenommen, im Jahr
2011, sondern schon im Jahr 1988 erworben hat. Es bleibt jedoch dabei, dass er
unbestrittenermassen seinen Personenwagen regelmässig selber steuert. Die
eingereichten Pässe des Versicherten und seiner Ehefrau belegen seine rege
Auslandsreisetätigkeit, wobei für die Belange des vorliegenden Verfahrens offen
bleiben kann, ob er jeweils allein oder in Begleitung seiner Ehefrau unterwegs
ist, weil dies an seiner grundsätzlich vorhandenen Mobilität nichts ändert.

6.2.

6.2.1. Der Versicherte hat im Rahmen des Revisionsverfahrens durch sein eigenes
täuschendes Verhalten bei der Abklärung des aktuellen Gesundheitszustandes
durch Dr. med. C.________ und Dr. phil. B.________ zuverlässige Angaben zu den
aktuellen Auswirkungen der paranoiden Schizophrenie auf die Arbeitsfähigkeit
verunmöglicht. Dr. phil. B.________ stellt in seiner neuropsychologischen
Beurteilung vom 25. Juni 2012 in sämtlichen sechs Beschwerdevalidierungstests
auffällige, stark unterdurchschnittliche Resultate und Diskrepanzen zwischen
Testleistungen und bekannten Mustern von Hirnleistungen und
Hirnleistungsstörungen fest. Der Neuropsychologe geht von einem suboptimalen
Leistungsverhalten aus und erachtet die Kriterien nach Slick et al. (1999) für
das Vorliegen einer wahrscheinlichen Simulation als erfüllt. Aus dem
psychiatrischen Gutachten des Dr. med. C.________ vom 4. Juli 2012 geht hervor,
dass die in der neuropsychologischen Testung festgestellten auffälligen
Diskrepanzen auf eine Simulation von neuropsychologischen Einschränkungen
zurückzuführen und nicht als Manifestation der diagnostizierten paranoiden
Schizophrenie zu interpretieren sind. Zur Entwicklung der Arbeitsfähigkeit seit
der Rentenzusprache im Jahr 2006 kann der Experte wegen der Simulation des
Versicherten keine zuverlässigen Angaben machen. Immerhin äussert er erhebliche
Zweifel an der von Dr. med. E.________, Oberarzt, Klinik F.________ wiederholt
attestierten 100%igen Arbeitsunfähigkeit. Im Verlaufe des vorinstanzlichen
Verfahrens nahm Dr. phil. B.________ Stellung zur Kritik des Versicherten
hinsichtlich des Einsatzes von Beschwerdevalidierungstests (Bericht vom 12.
März 2014, visiert auch von Dr. med. C.________). Er wies namentlich darauf
hin, dass die Leistung des Beschwerdeführers in der Untersuchung teilweise im
Zufallsbereich lag. Selbst bei Personen mit schwerster Störung seien
entsprechende Auffälligkeiten nicht zu erwarten. Die Ergebnisse der
Beschwerdevalidierungstests hätten bei der Untersuchung vom 25. Juni 2012 nur
einen Baustein gebildet. In casu hätten sich mehrere Inkonsistenzen in den
Befunden und zu berichteten Alltagsleistungen ergeben, weshalb auch ohne diese
Testergebnisse ein dringender Verdacht auf Aggravation respektive Simulation in
der Untersuchung bestehe.

6.2.2. Demnach wurde im angefochtenen Gerichtsentscheid aus dem Verhalten
während der Untersuchung und aus der Alltagsgestaltung des Versicherten (Reisen
in den Kosovo, sehr häufige Sauna-/Hallenbad-/Fitnessstudiobesuche, drastische
Reduktion der Medikamente) zu Recht auf eine (erhebliche) Besserung des
Gesundheitszustands seit 4. Oktober 2006 geschlossen. Auf die Kritik des
Versicherten an den Beschwerdevalidierungstests muss letztinstanzlich nicht
weiter eingegangen werden, weil die Gutachter ohne die Testergebnisse nicht zu
einem anderen Ergebnis gelangt wären. Die vorinstanzliche Feststellung, wonach
der Beschwerdeführer im Jahr 2011 die Einnahme des Medikaments Seroquel um die
Hälfte und diejenige des Medikaments Efexor um 80 % habe reduzieren können, ist
auch vor dem Hintergrund seiner geltend gemachten "regelmässigen"
Klinikaufenthalte nicht offensichtlich unrichtig. Entgegen der Annahme des
Versicherten ist unbestritten geblieben, dass er weiterhin an einer paranoiden
Schizophrenie leidet, also krank ist. Allein aus dieser Diagnose kann aber
nicht auf eine für alle Zeiten unabänderliche 100%ige Arbeitsunfähigkeit
geschlossen werden.

6.3. Anlass zur Revision einer Invalidenrente gibt jede wesentliche Änderung in
den tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und
damit den Rentenanspruch zu beeinflussen (BGE 134 V 131 E. 3 S. 132 mit
Hinweisen; vgl. Art. 87 Abs. 1 und 2 IVV). Weil eine solche Veränderung in casu
vorinstanzlich willkürfrei bejaht wurde, mithin ein Revisionsgrund im Sinne von
Art. 17 ATSG gegeben ist, hatten Verwaltung und Vorinstanz die aktuelle
Invalidität im Zeitpunkt der Revisionsverfügung frei zu prüfen.

6.3.1. In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, dass regelmässig
keine versicherte Gesundheitsschädigung vorliegt, soweit die
Leistungseinschränkung auf Aggravation oder einer ähnlichen Erscheinung beruht.
Herrscht im Einzelfall Klarheit darüber, dass solche Ausschlussgründe die
Annahme einer Gesundheitsbeeinträchtigung verbieten, so besteht von vornherein
keine Grundlage für eine Invalidenrente (zur Publikation bestimmtes Urteil
9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 E. 2.2.1 f.).

6.3.2. Infolge der Simulation von neuropsychologischen Einschränkungen in den
Untersuchungen von Dr. med. C.________ und Dr. phil. B.________ war es dem
psychiatrischen Gutachter in casu nicht möglich, zuverlässige Angaben
betreffend der Entwicklung der Arbeitsfähigkeit bezüglich der paranoiden
Schizophrenie zu machen. Da das psychiatrische Gutachten des Dr. med.
C.________ gestützt auf die neuropsychologischen Abklärungen des Dr. phil.
B.________ nachvollziehbar von einer Simulation neuropsychologischer
Einschränkungen ausgeht, durfte die Vorinstanz in antizipierter Beweiswürdigung
(BGE 137 V 64 E. 5.2 S. 69; 136 I 229 E. 5.3 S. 236; 134 I 140 E. 5.3 S. 148;
124 V 90 E. 4b S. 94) - ohne gegen den Untersuchungsgrundsatz zu verstossen
(Art. 61 lit. c ATSG; vgl. auch Art. 43 Abs. 1 ATSG) - auf weitere medizinische
Abklärungen verzichten, weil davon keine entscheidrelevanten neuen Erkenntnisse
zu erwarten waren.

6.3.3. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist dem Versicherten aufgrund der
konkreten Sach- und Rechtslage allerdings keine qualifizierte Verletzung seiner
Mitwirkungspflichten vorzuwerfen, denn er hatte sich der angeordneten
Begutachtung ja unterzogen. Er kann sich aber deshalb andererseits auch nicht
erfolgreich darauf berufen, dass vor der Rentenverweigerung ein Mahn- und
Bedenkzeitverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Die Durchführung eines
Mahn- und Bedenkzeitverfahrens nach Einholung der Expertise erübrigt sich von
vornherein, da die Begutachtung, während welcher der Beschwerdeführer simuliert
hatte, zu jenem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war. Eine nachträgliche
Abmahnung hinsichtlich einer Simulation in der Begutachtungssituation macht
keinen Sinn.

6.3.4. Trotz der Verneinung einer Mitwirkungspflichtverletzung ist die
vorinstanzliche Bestätigung der am 8. November 2013 verfügten
Rentenverweigerung rechtens, weil sich die gutachtlich festgestellte Simulation
auch mit Blick auf die konkrete Alltagsbewältigung des Versicherten (namentlich
grosse Selbstständigkeit und Kontinuität in der Wahrnehmung gesundheitlich
sinnvoller Freizeitangebote und erhaltene Mobilität) nachvollziehen lässt und
weil es wegen des bewusst manipulativen Verhaltens des Versicherten während der
Begutachtung ärztlicherseits nicht möglich war, eine allfällig noch vorhandene
Arbeits- und Leistungsunfähigkeit allein aufgrund der Schizophrenie zu eruieren
(vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 E. 2.2.2).
Bei dieser Ausgangslage kann eine rentenbegründende Invalidität nicht mehr
angenommen werden.

7. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Die
Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 65
Abs. 4 lit. a in Verbindung mit Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden,
3. Kammer als Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. August 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Berger Götz

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