Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.196/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_196/2015

Urteil vom 4. August 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Nabold.

Verfahrensbeteiligte
 A.________,
vertreten durch Fürsprecher Herbert Bracher,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (Verwaltungsverfahren; Prozessvoraussetzung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 11. Februar 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 16. Mai 2007 erklärte die Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) den 1955 geborenen A.________ als nicht
geeignet für Arbeiten mit Absturzgefahr. Die SUVA erbrachte daraufhin ein
Übergangstaggeld und eine Übergangsentschädigung. Mit Schreiben vom 31.
Dezember 2008 erstellte die SUVA eine Abrechnung der bereits ausbezahlten
Leistungen und der Verrechnung mit einer Rückforderung der Zürich
Versicherungsgesellschaft. Gleichzeitig stellte sie dem Versicherten ab Februar
2009 bis 15. September 2009 eine monatliche Zahlung von Fr. 4'834.35 in
Aussicht. Mit Eingabe vom 15. April 2013 erklärte sich der Versicherte für
nicht einverstanden mit der Berechnung der Leistungshöhe und mit der
Verrechung. Mit "Verfügung" vom 16. Mai 2013 bestätigte die SUVA ihr bisheriges
Handeln. Auf die Einsprache des Versicherten trat die SUVA mit Entscheid vom
25. Oktober 2013 nicht ein, da über die Höhe der Leistungen und die Verrechnung
bereits rechtskräftig entschieden worden sei und die "Verfügung" vom 16. Mai
2013 deshalb nichtig sei.

B. 
Die von A.________ hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht
des Kantons Solothurn mit Entscheid vom 11. Februar 2015 insoweit teilweise
gut, als sie die Höhe der Leistungen in der Zeit vom 16. September 2009 bis 15.
September 2011 betraf, und verpflichtete die SUVA, diesbezüglich auf die
Einsprache des Versicherten einzutreten. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.

C. 
Mit Beschwerde beantragt A.________, die SUVA sei unter Aufhebung des
Einspracheentscheides und Anpassung des kantonalen Gerichtsentscheides zu
verpflichten, auf seine Einsprache auch bezüglich der Zeit vor dem 16.
September 2009 einzutreten.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist
somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen oder es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 140 V 136 E.
1.1 S. 137 f.). Das Bundesgericht prüft indessen, unter Berücksichtigung der
allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), nur die
geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht
geradezu offensichtlich sind (BGE 138 I 274 E. 1.6 S. 280; vgl. auch BGE 140 V
136 E. 1.1 S. 138).

2. 
Streitig ist, ob die SUVA auf die Einsprache des Versicherten gegen die
"Verfügung" vom 16. Mai 2013 auch insoweit hätte eintreten sollen, als sie die
Zeit vor dem 16. September 2009 betrifft. Soweit diesen Zeitraum betreffend,
hat das kantonale Gericht einen (Teil-) Endentscheid gefällt. Auf die
Beschwerde des Versicherten ist demnach einzutreten.

3. 
Es ist letztinstanzlich unbestritten, dass die SUVA über die Leistungsansprüche
des Versicherten im hier streitigen Zeitraum am 31. Dezember 2008 einen
formlosen Entscheid getroffen hat und dass über diese daher rechtskräftig
entschieden ist. Der Versicherte macht jedoch geltend, die SUVA sei mit ihrer
"Verfügung" vom 16. Mai 2013 sinngemäss auf sein Wiedererwägungsgesuch
eingetreten und habe dieses abgewiesen. Ob diese Abweisung rechtmässig sei,
könne aber auf Einsprache hin überprüft werden; auf seine Einsprache gegen die
Verfügung vom 16. Mai 2013 sei daher (auch) betreffend die Ansprüche für den
Zeitraum vor dem 16. September 2009 einzutreten.

4. 

4.1. Gemäss einem allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts kann die
Verwaltung formell rechtskräftige Verfügungen oder Einspracheentscheide, die
nicht Gegenstand materieller richterlicher Beurteilung waren, in Wiedererwägung
ziehen, wenn sie zweifellos unrichtig sind und ihre Berichtigung von
erheblicher Bedeutung ist (Art. 53 Abs. 2 ATSG). Dieses Zurückkommen liegt -
beim Fehlen eigentlicher Revisionsgründe (vgl. Art. 53 Abs. 1 ATSG) - im
Ermessen des Versicherungsträgers. Es besteht demnach kein gerichtlich
durchsetzbarer Anspruch auf Wiedererwägung. Verfügungen, mit denen das
Eintreten auf ein Wiedererwägungsgesuch abgelehnt wird, sind grundsätzlich
weder beschwerde- noch einspracheweise anfechtbar (BGE 133 V 50).

4.2. Wenn die Verwaltung hingegen auf ein Wiedererwägungsgesuch eintritt, die
Wiedererwägungsvoraussetzungen prüft und anschliessend einen erneut ablehnenden
Sachentscheid trifft, ist dieser mit Einsprache und hernach beschwerdeweise
anfechtbar. Die entsprechende Überprüfung hat sich in einem solchen Falle
indessen auf die Frage zu beschränken, ob die Voraussetzungen für eine
Wiedererwägung der bestätigten Verfügung gegeben sind. Thema des Einsprache-
und des Beschwerdeverfahrens bildet also einzig die Prüfung, ob der
Versicherungsträger zu Recht die ursprüngliche, formell rechtskräftige
Verfügung nicht als zweifellos unrichtig und/oder deren Korrektur als von
unerheblicher Bedeutung qualifizierte (BGE 119 V 475 E. 1b/cc S. 479, 117 V 8
E. 2a S. 13, 116 V 62; vgl. auch Urteil 8C_89/2014 vom 24. Juli 2014 E. 2.3).

5. 
Der Versicherte erklärte sich mit Eingabe vom 15. April 2013 mit verschiedenen
Punkten der Leistungsabrechnungen der SUVA nicht einverstanden. Er stellte
jedoch nicht ausdrücklich ein Wiedererwägungsgesuch; in seinem Schreiben fehlen
denn auch Ausführungen zu den Wiedererwägungsvoraussetzungen. Entsprechend
weist auch die "Verfügung" vom 16. Mai 2013 keine Auseinandersetzung mit dieser
Thematik auf; die Verfügung beinhaltet - soweit sie sich auf den vorliegend
streitigen Zeitraum bezieht - lediglich eine Zusammenfassung des Standpunktes
der SUVA. Es ist somit davon auszugehen, dass die SUVA die Eingabe vom 15.
April 2013 nicht als Wiedererwägungsgesuch verstand und damit in ihrer
"Verfügung" vom 16. Mai 2013 auch nicht über ein entsprechendes Gesuch
entscheiden wollte. Die gegenteilige Argumentation des Beschwerdeführers würde
darauf hinauslaufen, jedes Festhalten eines Versicherungsträgers an seinem
bisherigen Standpunkt nach Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheides als ein
sinngemässes Abweisen eines Wiedererwägungsgesuchs aufzufassen. Damit würde in
all diesen Fällen dem Versicherten der Rechtsweg geöffnet. Dies würde wiederum
die Rechtsprechung, wonach kein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf
Wiedererwägung besteht, faktisch ausser Kraft setzen. Die Vorinstanz ist damit
zu Recht nicht davon ausgegangen, bei der "Verfügung" vom 16. Mai 2013 handle
es sich um ein anfechtbares Abweisen eines Wiedererwägungsgesuchs. Die
Beschwerde des Versicherten ist somit abzuweisen.

6. 
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. August 2015
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Nabold

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