Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.11/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_11/2015

Urteil vom 30. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiber Grünvogel.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Kreso Glavas,
Beschwerdeführerin,

gegen

Visana Versicherungen AG,

Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung (unfallähnliche Körperschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 13.
November 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________ war seit dem 1. Januar 2007 bei den Schulen B.________ angestellt
und in dieser Eigenschaft bei der Visana Versicherungen AG (kurz: Visana) gegen
Unfälle obligatorisch versichert. Am 5. November 2013 meldete die Arbeitgeberin
der Visana einen Meniskus-Riss im rechten Knie, den A.________ am 16. September
2013 beim abendlichen Aerobic-Training erlitten habe und weswegen sie sich,
nachdem bei gewissen Bewegungen die beim Ereignis aufgetretenen Schmerzen
fortbestanden, seit dem 21. Oktober 2013 in ärztlicher Behandlung befinde. Der
Unfallversicherer liess A.________ einen Fragebogen zum Ereignishergang am 18.
November 2013 ausfüllen. Auf die darin enthaltene Aufforderung, den Ablauf des
Ereignisses vom 16. September 2013 so genau wie möglich zu umschreiben, führte
sie aus, während des Trainings eine grosse Bewegung gemacht und sofort einen
grossen Schmerz im rechten Knie verspürt zu haben. Die Frage, "Hat sich der
Ablauf wie gewohnt und unter normalen Umständen zugetragen oder ist der Ablauf
durch etwas Besonderes beeinträchtigt worden?", beantwortete sie im ersten
Punkt mit "Ja" und im zweiten mit "Nein". Gestützt darauf und nach Eingang dazu
eingeholter Arztberichte teilte der Unfallversicherer ihr mit Verfügung vom 27.
Januar 2014 mit, keine Leistungen nach UVG zu erbringen, da es sich bei der von
ihr geschilderten Bewegung um eine beherrschte, gleichmässig ausgeführte
Tätigkeit ohne erhöhtes Schädigungspotential handle und deshalb weder von einem
Unfall noch einer unfallähnlichen Körperschädigung auszugehen sei. In der
Einsprache machte A.________ geltend, die im Fragebogen gestellte Frage zu den
normalen Umständen oder ob das Ereignis durch etwas Besonderes herbeigeführt
worden sei, nicht richtig verstanden zu haben; während einer Übung habe sie mit
einer grossen Bewegung vom Stepper wieder auf den Boden stehen wollen, dabei
sei dieser unter dem einen Fuss weggerutscht, weshalb sie auf den anderen
rechten Fuss hart habe abstehen müssen. Mit Entscheid vom 26. Mai 2014 hielt
die Visana an ihrer Auffassung fest.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde (wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
mit Entscheid vom 13. November 2014 ab.

C. 
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________
beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen und des Einsprache-Entscheids sei
die Visana zu verpflichten, die gesetzlichen Unfallversicherungsleistungen für
das Ereignis vom 16. September 2013 zu erbringen; eventualiter sein die
Angelegenheit für weitere Beweiserhebungen an die Visana zurückzuweisen.

Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Visana
schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder der Unfallversicherung ist das Bundesgericht - anders als in den
übrigen Sozialversicherungsbereichen (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 und 2
BGG) - nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).
Das Gericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft
indessen - unter Beachtung der Begründungspflicht in Beschwerdeverfahren (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG) - nur die geltend gemachten Rügen, sofern allfällige
weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E.
1.4.1 S. 254; Urteil 8C_561/2014 vom 31. Oktober 2014 E. 1).

2. 
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen zur Leistungspflicht
der Unfallversicherung bei unfallähnlichen Körperschädigungen (Art. 6 Abs. 2
UVG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 UVV) und die dazu ergangene Rechtsprechung
(BGE 139 V 327; 129 V 466) zutreffend dargelegt Darauf wird verwiesen.

3. 
Die Versicherte zog sich beim Aerobic-Training eine Meniskusläsion zu. In Frage
steht, ob diese eine unfallähnliche Körperschädigung im Sinne von Art. 6 Abs. 2
UVG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 UVV darstellt.

3.1. Die Vorinstanz umschrieb das Aerobic-Training näher als ein dynamisches
Fitnesstraining in der Gruppe mit rhythmischen Bewegungen zu motivierender
Musik, das sich durch das Aneinanderreihen von durch die instruierende Person
vorgeführten verschiedenen, wiederholt vorzunehmenden Bewegungsabläufen
auszeichnet. Das Gericht führte weiter aus, dies sei zwar mit einer gewissen
Kraftanstrengung und ständigem Belastungswechsel verbunden, es handle sich
dabei aber in der Regel um normale, kontrollierte und voraussehbare, wenn auch
nicht immer ganz übliche Bewegungsabläufe, sodass im Regelfall von einer
physiologisch normalen und psychologisch beherrschten Beanspruchung des Körpers
auszugehen sei; deshalb könne anders als etwa beim Carving-Skifahren (vgl. dazu
Urteil U 223/05 vom 27. Oktober 2005) nicht von einer erhöht risikogeneigten
Sportart ausgegangen werden; ebenso wenig gehe es dabei im Unterschied zur
Partnerübung im Selbstverteidigungstraining (dazu siehe Urteil 8C_147/2014 vom
16. Juli 2014) um ein möglichst rasches Reagieren auf teilweise
unvorhergesehene Bewegungen oder Angriffe eines Trainingspartners. Diesen
Ausführungen ist vorbehaltlos beizupflichten.

3.2. Soweit das kantonale Gericht alsdann eine im Rahmen eines
Aerobic-Trainings ausgeführte "grosse Bewegung" mit abschliessendem Abstellen
des Fusses auf den Boden als eine kontrollierte und physiologisch im normalen
Rahmen liegende Bewegung wertet, ist dies ebenfalls zutreffend. Dabei ist
unerheblich, ob diese Bewegung allenfalls von einem Aerobic-Steppbrett aus
erfolgt ist oder nicht. Das Stepp-Aerobic zeichnet sich durch sich
wiederholende Schrittvariationen mit Auf- und Absteigen (nicht Auf- und
Abspringen) auf eine üblicherweise zwischen 10 und 20 cm hohe Plattform
(Stepper) aus, vergleichbar einem wiederholten Auf- und Absteigen auf oder von
einer Treppenstufe. Zwar wirken dabei je nach Ausführungsvariante auch leicht
höhere Kräfte auf das Knie als wenn die Schrittabfolgen rein auf dem Boden
ausgeführt werden. Im Unterschied etwa zu einem Squat-Sprung, bei welchem aus
einer Hockstellung heraus mit an die Hüften angelegten Armen so hoch wie
möglich gesprungen wird (dazu siehe Urteil 8C_40/2014 vom 8. Mai 2014), geht
damit indessen nicht eine gesteigerte Gefahrenlage einher. Ebensowenig führt
allein das blosse Be- oder Absteigen eines Steppers im Rahmen einer
Aerobic-Choreographie zu einer unkontrollierbaren Bewegung. Anders wäre mit der
Vorinstanz allenfalls zu entscheiden, falls der Stepper beim Absteigevorgang
ausgewiesenermassen weggerutscht wäre.
Dies lässt sich indessen mit der Vorinstanz nicht mit überwiegender
Wahrscheinlichkeit erstellen. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem
Zusammenhang argumentiert, Verwaltung und Vorinstanz hätten gegen den
Untersuchungsgrundsatz verstossen, wenn sie in antizipierter Beweiswürdigung
auf das Befragen der am Aerobic-Kurs Teilnehmenden verzichtet haben, ist ihr
entgegenzuhalten, dass nicht davon auszugehen ist, dass diese den von ihr erst
im Einspracheverfahren geschilderten Geschehensablauf im Detail noch
nachträglich und durch eigene Wahrnehmung erfasst, bestätigen können. Denn
allein die Feststellung, dass mit einem Stepper trainiert worden ist, hilft
nach Gesagtem nicht weiter. Und das im Einspracheverfahren behauptete
Wegrutschen des (an sich sehr stabilen) Steppers unter dem einen Fuss während
des Absetzens des anderen auf dem Boden mit der einzigen Konsequenz, dass auf
diesen härter als üblich gestanden (und nicht etwa hingefallen) wurde, d ürfte,
wenn es sich tatsächlich so zugetragen hat, ebenfalls wenig augenfällig gewesen
sein, anderenfalls die Versicherte erfahrungsgemäss auch im am 18. November
2013 ausgefüllten Fragebogen nähere Ausführungen dazu gemacht hätte. Entgegen
dem Vorgebrachten kann nämlich auch nicht gesagt werden, die ihr im Fragebogen
gestellten Fragen seien zweideutig und derart unklar formuliert gewesen, dass
deswegen ein augenfälliges Wegrutschen eines an sich rutsch festen
Trainingsgerätes beim Zuziehen der Verletzung in guten Treuen unerwähnt
geblieben wäre.
Soweit auf die Dres. med. C.________ und D.________ verwiesen wird, wonach die
Beschwerdeführerin eine Kniegelenkdistorsion (verdrehtes Knie) erlitten haben
soll, stimmt dies sodann nicht mit ihrer eigenen Geschehensschilderung überein.
Ebenso wenig kann aus der von der Arbeitgeberin ausgefüllten Unfallmeldung vom
5. November 2011 etwas zu ihren Gunsten abgeleitet werden, ist darin doch
lediglich ganz allgemein von einer falschen Bewegung beim Aerobic die Rede.

3.3. Zusammengefasst ist weder eine heftige, belastenden Bewegung, noch ein in
den Bewegungsablauf hinein spielendes äusseres Moment, das zur
Unkontrollierbarkeit der Körperbewegung hätte führen können, ausgewiesen.
Allein der Umstand, dass die Verletzung beim Training mit dem Stepper erfolgt
ist, genügt nicht. Somit fehlt es an einem einwirkenden äusseren Faktor.
Vorinstanz und Verwaltung durften demnach das Vorliegen einer unfallähnlichen
Körperschädigung verneinen.

4. 
Ausgangsgemäss sind die Kosten des Verfahrens der Beschwerdeführerin zu
überbinden (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug,
Sozialversicherungsrechtliche Kammer, und dem Bundesamt für Gesundheit
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. März 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Grünvogel

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