Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.101/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
8C_101/2015        
{T 0/2}

Urteil vom 30. April 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Maillard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
CAP Rechtsschutz, Leistungen/Services Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (vorinstanzliches Verfahren; Fristversäumnis),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 7. Januar 2015.

Sachverhalt:

A. 
Mit Verfügung vom 14. Oktober 2014 eröffnete die IV-Stelle Bern ihrem
Versicherten A.________ (Jg. 1967) - seit 1. März 2010 Bezüger einer halben
Invalidenrente -, dass im Rahmen eines Rentenrevisionsverfahrens keine
Verschlechterung seines Gesundheitszustandes ausgewiesen worden sei.

B. 
Auf eine hiegegen von der CAP Rechtsschutz-Versicherungsgesellschaft AG
(nachstehend: CAP) für A.________ erhobene Beschwerde ist das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Einzelrichterverfügung vom 7. Januar
2015 wegen Versäumnis der Rechtsmittelfrist nicht eingetreten.

C. 
A.________ lässt mit Beschwerde ans Bundesgericht beantragen, es seien der
kantonale Entscheid vom 7. Januar 2015 aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz, eventuell an die IV-Stelle zurückzuweisen.

Die IV-Stelle schliesst unter Verweis auf den vorinstanzlichen Entscheid auf
Abweisung der Beschwerde, während das kantonale Gericht von einer Stellungnahme
zur Sache absieht und das Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Dem in der Beschwerdeschrift als Eventualbegehren gestellten Antrag auf
Rückweisung zu neuem Entscheid an die IV-Stelle ist mangels Zuständigkeit
derselben zum Entscheid über das vorinstanzliche Nichteintreten nicht
stattzugeben. Sollte der Beschwerdeführer damit die materiell-rechtliche
Beurteilung seines Rentenanspruches im Auge gehabt haben, ist festzuhalten,
dass Streitgegenstand im bundesgerichtlichen Verfahren einzig die
verfahrensrechtliche Erledigung der Streitsache durch das Nichteintreten der
Vorinstanz bilden kann.

2. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung
nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

Soweit die Vorinstanz entscheidwesentliche Erhebungen sachverhaltlicher Art
unterlassen hat, stehen dem Bundesgericht Ergänzungen des Sachverhalts zu,
sofern diese aufgrund der Aktenlage möglich sind.

3. 
Laut vorinstanzlicher Feststellung wurde die Verfügung vom 14. Oktober 2014 dem
Versicherten am 15. Oktober 2014 persönlich zugestellt. Weil die 30-tägige
Beschwerdefrist mit der Zustellung (recte: am Tag danach) zu laufen begonnen
habe, die Beschwerde aber erst am 17. November 2014 der Post übergeben worden
sei, ist das kantonale Gericht auf diese zufolge verspäteter Einreichung nicht
eingetreten.

3.1. Der Beschwerdeführer, welcher überspitzten Formalismus, eine
offensichtlich unrichtige, willkürliche Sachverhaltsfeststellung (Art. 97 Abs.
1 BGG) und eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG)
geltend macht, beruft sich auf eine mangelhafte Verfügungseröffnung, weil
bereits am 7. Juli 2010 eine Vertretungsvollmacht erteilt und diese der
IV-Stelle am 12. Juli 2010 auch zugestellt worden sei; überdies habe die
Verwaltung vom Andauern des Vertretungsverhältnisses aufgrund eines
Akteneinsichtsgesuchs vom 1./5. September 2014 Kenntnis gehabt.

3.2. Der Beschwerdeführer hat der IV-Stelle seinerzeit eine am 7. Juli 2010
unterzeichnete Vertretungsvollmacht vorgelegt. Diese betraf das "IV-Verfahren"
generell, wobei es damals noch um die erstmalige Rentenzusprache ging. Mit der
am 1. und 21. Februar 2012 verfügten und - soweit ersichtlich - seitens des
Beschwerdeführers unangefochten gebliebenen Gewährung einer halben
Invalidenrente ab 1. März 2010 hat dieses Verfahren vorerst seinen Abschluss
gefunden. Bereits am 6. März 2012 hat die CAP der IV-Stelle denn auch bekannt
gegeben, dass sie die Interessen des Versicherten nicht mehr vertrete. Damit
hat die IV-Stelle nach Einleitung des Rentenrevisionsverfahrens im Juni 2014
nicht von einem Weiterbestehen des früheren Vertretungsverhältnisses ausgehen
können. Erst mit Schreiben vom 1. September 2014 hat ihr die CAP mitgeteilt,
dass der Beschwerdeführer sie erneut mit der Interessenwahrung betraut habe.
Gleichzeitig hat sie die unaufgeforderte Nachreichung einer schriftlichen
Vollmacht in Aussichtgestellt, was sie am 15. September 2014 wiederholt, in der
Folge aber nie umgesetzt hat.

3.3. Dennoch wurde die CAP von der IV-Stelle über längere Zeit hinweg wie eine
ordnungsgemäss bestellte Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers behandelt und
damit auch anerkannt. So wickelte sich die gesamte Korrespondenz über die CAP
und nicht über den Beschwerdeführer ab, der CAP wurden auf entsprechendes
Verlangen hin die den Beschwerdeführer betreffenden Verfahrensakten problemlos
zugestellt und schliesslich wurde auch ihr Schreiben vom 15. September 2014 als
Begehren um Erlass einer - anfechtbaren - Verfügung entgegengenommen. Damit,
dass die Verfügung vom 14. Oktober 2014 mangels Vertretungsvollmacht dem
Beschwerdeführer persönlich eröffnet würde, war angesichts dieses
vorangegangenen Verhaltens der IV-Stelle nicht zu rechnen. Dies wird in der
Beschwerdeschrift denn auch zu Recht als überspitzt formalistisch beanstandet
und verstösst gegen Treu und Glauben. Hätte die IV-Stelle auf dem erneuten
Einreichen einer rechtsgenüglichen Vollmacht beharren wollen, hätte sie den
Beschwerdeführer oder seine Rechtsvertretung dazu auffordern und für den
Unterlassungsfall allenfalls drohende Nachteile anzeigen müssen. Da dies nicht
geschehen ist, kann erst der Zustellung einer Kopie der Verfügung vom 14.
Oktober 2014 an die CAP am 17. Oktober 2014 fristauslösende Wirkung zukommen.
Die am 17. November 2014 der Post übergebene Beschwerde ist damit rechtzeitig
innert der massgebenden 30-tägigen Frist erhoben worden.

4. 
Die Beschwerde ist demnach gutzuheissen und die Sache an das kantonale Gericht
zurückzuweisen, damit es - sofern auch die übrigen Eintretensvoraussetzungen
erfüllt sind - über die Beschwerde materiell befinde. Die Gerichtskosten (Art.
65 Abs. 1 BGG) sind von der Beschwerdegegnerin als unterliegender Partei zu
tragen, die überdies eine Parteientschädigung schuldet (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 7. Januar 2015 wird
aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese über
die ihr eingereichte Beschwerde vom 15. November 2014 befinde.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'800.- zu entschädigen.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. April 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Der Gerichtsschreiber: Krähenbühl

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