Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.100/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
8C_100/2015

Urteil vom 27. März 2015

I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Leuzinger, Präsidentin,
Bundesrichter Ursprung, Bundesrichterin Heine,
Gerichtsschreiberin Durizzo.

Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jürg Leimbacher,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 18. Dezember 2014.

Sachverhalt:

A. 
A.________, geboren 1965, erlitt am 27. Juli 2009 einen Schlaganfall
(ischämischer Hirninfarkt). Nach der Rehabilitation konnte er wieder an seinen
angestammten Arbeitsplatz bei der B.________ AG zurückkehren, wo er als Senior
Analyst tätig war. Am 20. Dezember 2012 meldete er sich bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die Arbeitgeberin kündigte das
Arbeitsverhältnis am 7. Januar 2013 auf den 30. Juni 2013. Am 29. Januar 2014
sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013
eine halbe Invalidenrente zu.

B. 
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 18. Dezember 2014 ab.

C. 
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag auf Zusprechung einer Dreiviertelsrente.

Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten eingeholt und auf einen
Schriftenwechsel verzichtet.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung nur
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art.
105 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG)
und ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden (BGE 134 I 65 E. 1.3 S. 67 f.,
134 V 250 E. 1.2 S. 252, je mit Hinweisen). Unter Berücksichtigung der
Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) prüft es indessen nur die geltend
gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich
sind, und ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr aufgegriffen werden (BGE 134 I 313 E. 2 S. 315, 65 E. 1.3 S. 67 f.,
je mit Hinweisen).

2. 
Das kantonale Gericht hat die für den Rentenanspruch massgeblichen Bestimmungen
und Grundsätze zutreffend dargelegt. Es wird darauf verwiesen.

3. 
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen ist dem Beschwerdeführer die
angestammte Tätigkeit als Analyst nicht mehr zumutbar. Einer sitzenden,
einfacheren administrativen Verweistätigkeit ohne hohen kognitiven
Anforderungen beziehungsweise Zeitdruck vermöchte er jedoch vollzeitlich
nachzugehen und dabei ein (Invaliden-) Einkommen von 67'455 Franken zu
erzielen. Dies entspricht dem Tabellenlohn nach der vom Bundesamt für Statistik
herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2010 im Sektor 3 (Dienstleistungen),
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (TA1 Ziff. 64-66), Anforderungsniveau
4, unter Berücksichtigung eines leidensbedingten Abzuges von zwanzig Prozent
wegen eingeschränkter Handmotorik und verstärkter Ermüdbarkeit. Verglichen mit
dem Lohn von 147'900 Franken, den der Beschwerdeführer als Gesunder verdienen
könnte (Valideneinkommen), ergab sich ein Invaliditätsgrad von 54 Prozent.

4. 
Der Beschwerdeführer bestreitet letztinstanzlich nicht mehr, dass er in einer
zumutbaren Verweistätigkeit zu 100 Prozent arbeitsfähig sei. Er macht jedoch
sinngemäss geltend, dass die erwerblichen Auswirkungen seiner
Gesundheitsschädigung nur unzureichend berücksichtigt worden seien. Er sei seit
1998 bei der B.________ AG in einer hochspezialisierten Tätigkeit beschäftigt
gewesen. Über eine Ausbildung im Finanzbereich verfüge er nicht. Wie den Akten
zu entnehmen ist, hat er die Maturitätsprüfung absolviert, in der Folge aber
keine Berufsausbildung aufgenommen. Eine Tätigkeit im Bereich Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen mit den dort verlangten Anforderungen (unter
anderem exaktes Verarbeiten von Zahlen) sei völlig ungeeignet und der Beizug
des entsprechenden statistischen Durchschnittseinkommens daher nicht
gerechtfertigt. In der Hochlohnbranche des Finanz- und Versicherungsbereichs
hätten schlecht qualifizierte oder behinderte Arbeitnehmer kaum Chancen auf
eine Anstellung.

5. 
Das Bundesgericht und das Eidgenössische Versicherungsgericht haben beim
Invalideneinkommen insbesondere bei Personen, die vor der Gesundheitsschädigung
lange Zeit in diesem Bereich tätig gewesen sind und bei denen eine Arbeit in
anderen Bereichen kaum in Frage kommt, auf das statistische
Durchschnittseinkommen einzelner Branchen abgestellt, wenn dies als sachgerecht
erschien, um der im Einzelfall zumutbaren erwerblichen Verwertung der
verbleibenden Arbeitsfähigkeit Rechnung zu tragen (in BGE 133 V 545 nicht
publizierte E. 5.1 des Urteils 9C_237/2007 vom 24. August 2007; Urteil I 289/01
vom 19. Oktober 2001 E. 3c).

Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was eine Abweichung von dieser
Rechtsprechung rechtfertigen würde. Soweit ersichtlich war er seit jeher im
Finanzbereich tätig und verfügt über eine entsprechend langjährige
Berufserfahrung. Der vom Beschwerdeführer geltend gemachte statistische
Durchschnittslohn aller Dienstleistungsbereiche nach Sektor 3 (TA1 Ziff. 45-96)
umfasst etwa auch die Wirtschaftszweige Verkehr, Gastgewerbe, Gesundheits- und
Sozialwesen oder Kunst, Unterhaltung und Erholung. Dem Beschwerdeführer sind in
diesen Bereichen keine besseren Anstellungschancen einzuräumen.

Es bestehen aber auch keine Anhaltspunkte dafür, dass seine
Restarbeitsfähigkeit im angestammten Berufszweig nicht verwertbar wäre. Der
Beschwerdeführer beruft sich insbesondere darauf, dass einfache und repetitive
Tätigkeiten nach Anforderungsniveau 4 in dieser Hochlohnbranche gar nicht
nachgefragt, sondern grundsätzlich höhere Anforderungen gestellt würden. In der
LSE sind jedoch die entsprechenden statistisch bezahlten Löhne ausgewiesen, was
nach den Erläuterungen eine hinreichende Datenmenge voraussetzt (s. z.B. LSE
2010 S. 27 unten). Auch vermag der Einwand nicht zu überzeugen, dass Verwaltung
und Vorinstanz willkürlich auf den Bereich Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen mit statistisch höheren Löhnen als in den anderen
Wirtschaftszweigen des Sektors Dienstleistungen abgestellt hätten. Zunächst ist
der Beschwerdeführer, wie bereits dargelegt, im Finanzbereich fachlich hoch
qualifiziert, was ihn jedoch nicht ohne Weiteres für die anderen
Wirtschaftszweige des Sektors Dienstleistungen befähigt. Es kann der Rüge der
Willkür aber auch deshalb nicht gefolgt werden, weil im Bereich Finanz- und
Versicherungsdienstleistungen zwischen den Anforderungsprofilen 1+2
(Verrichtung höchst anspruchsvoller und schwierigster Arbeiten beziehungsweise
selbstständiger und qualifizierter Arbeiten, in der LSE lohnmässig nicht
einzeln aufgeführt) und 4 (einfache und repetitive Tätigkeiten) beträchtliche
und im Vergleich zu den anderen Wirtschaftszweigen verhältnismässig deutlich
grössere Lohnunterschiede bestehen (vgl. auch die Erläuterungen in LSE 2010 S.
10). So beläuft sich der statistische Durchschnittslohn für die beiden höchsten
Anforderungsniveaus, der in etwa auch dem vom Beschwerdeführer vormals
tatsächlich erzielten Verdienst entspricht, auf annähernd das Doppelte des
Tabellenlohns für das tiefste Anforderungsniveau 4. Es darf davon ausgegangen
werden, dass der Beschwerdeführer eine entsprechend einfachere Tätigkeit trotz
der geschilderten motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen ohne Weiteres
zu bewältigen vermag, dies gerade auch wegen seiner langjährigen
Berufserfahrung. Verwaltung und Vorinstanz haben diesen Einschränkungen im
Übrigen darüber hinaus mit einem leidensbedingten Abzug Rechnung getragen. Die
Anwendung des tieferen Durchschnittslohns des gesamten Sektors Dienstleistungen
rechtfertigt sich daher nicht.

Zusammengefasst vermögen die letztinstanzlich erhobenen Einwände insgesamt
keine offensichtliche Unrichtigkeit oder Rechtsverletzung der vorinstanzlichen
Feststellungen zu begründen und ist daher nicht zu beanstanden, dass Verwaltung
und Vorinstanz beim Invalideneinkommen auf den Tabellenlohn im Bereich Finanz-
und Versicherungsdienstleistungen (TA1 Ziff. 64-66) abgestellt haben. Es ist
wie im angefochtenen Entscheid von einem Invaliditätsgrad von 54 Prozent
auszugehen.

6. 
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Die Gerichtskosten werden dem
unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 27. März 2015

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Leuzinger

Die Gerichtsschreiberin: Durizzo

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