Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.908/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_908/2015

Urteil vom 31. März 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte
Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Michael Stalder,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Leitender Oberstaatsanwalt, An der Aa 4,
6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache qualifizierte Veruntreuung; Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafabteilung,
vom 30. Juli 2015.

Sachverhalt:

A.
Y.________ wird vorgeworfen, er habe von Mai 2003 bis August 2006 als
Stiftungsrat und Geschäftsführer der BVG-Sammelstiftung A.________
(nachfolgend: BVG-Sammelstiftung) Vorsorgegelder im Umfang vom rund Fr. 33.8
Mio unrechtmässig und zweckwidrig verwendet. Auf Berufung gegen das Urteil des
Strafgerichts des Kantons Zug vom 15. Oktober 2013 erklärte das Obergericht des
Kantons Zug Y.________ am 30. Juli 2015 der mehrfachen qualifizierten
Veruntreuung schuldig. Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von vier
Jahren und vier Monaten.

B.
Y.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, er sei vom Vorwurf
der mehrfachen qualifizierten Veruntreuung freizusprechen. Er ersucht um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer bestreitet, vorsätzlich gehandelt zu haben. Er sei
der Überzeugung gewesen, dass das Stiftungsvermögen durch entsprechende
Guthaben auf Konten bei der Bank D.________ hinreichend abgesichert gewesen
sei.

1.2. Was der Täter wusste, wollte oder in Kauf nahm, betrifft sogenannte innere
Tatsachen, die vor Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 97 Abs. 1 BGG gerügt
werden können (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3). Danach kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann. Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweisen). Willkür liegt vor, wenn
der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung
oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für
die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hinweisen). Eine
entsprechende Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden
(Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E.
1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit
Hinweisen).
Hinsichtlich seines Wissens legt der Beschwerdeführer seine Sicht der Dinge
dar, ohne aufzuzeigen, dass und inwiefern die Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz im Ergebnis nicht vertretbar und willkürlich sein soll. Seine
Vorbringen erschöpfen sich in appellatorischer Kritik, worauf nicht einzutreten
ist.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, er habe ohne Absicht unrechtmässiger Bereicherung
gehandelt. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz seien Zahlungen im Umfang von
insgesamt Fr. 879'500.-- nicht in seinem Interesse erfolgt. Die Vorinstanz hält
diesbezüglich fest, dass die Frage, im welchem Umfang sich der Beschwerdeführer
durch sein strafbares Verhalten direkt oder indirekt selbst bereicherte, keinen
Einfluss auf die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes hat.
Dies sei vielmehr im Rahmen der Strafzumessung von Relevanz (Urteil, S. 27).
Der Beschwerdeführer legt nicht dar, inwiefern dies falsch sein soll. Darauf
ist mangels ausreichender Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG) nicht einzutreten.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Unterstellung von
Vorsorgeeinrichtungen einer Aufsichtsbehörde sei nicht mit der behördlichen
Ermächtigung zur Ausübung der Vermögensverwaltung verbunden. Hierfür sei nach
Art. 14 des Geldwäschereigesetzes (GwG; SR 955.0) der Anschluss an eine
Selbstregulierungsorganisation oder eine Bewilligung der FINMA erforderlich.
Weder der Vorsorgeeinrichtung noch ihm selbst sei eine solche Bewilligung
erteilt worden. Der qualifizierte Tatbestand von Art. 138 Ziff. 2 StGB sei
daher nicht erfüllt.

3.2. Die Vorinstanz erwägt zutreffend, dass der BVG-Sammelstiftung die Stellung
einer berufsmässigen Vermögensverwalterin zukomme und deren führende Organe -
darunter der Beschwerdeführer - sich diese Qualifikation nach Art. 29 StGB
anrechnen lassen müssen (Urteil, S. 30 f.). Der Beschwerdeführer nimmt dazu mit
keinem Wort Stellung. Dass für die Qualifikation als berufsmässiger
Vermögensverwalter im Sinne von Art. 138 Ziff. 2 StGB eine Bewilligung der
FINMA oder der Anschluss an eine Selbstregulierungsorganisation erforderlich
sein soll, ist abwegig. Das Erfordernis einer behördlichen Bewilligung bezieht
sich nach dem Wortlaut von Art. 138 Ziff. 2 StGB auf die Ausübung eines
Berufes, Gewerbes oder Handelsgeschäftes, nicht aber auf die berufsmässige
Vermögensverwaltung. Die Rüge ist unbegründet.

4.

4.1. Der Beschwerdeführer kritisiert die Strafzumessung. Er macht geltend, er
habe sich seit mittlerweile mehr als neun Jahren wohl verhalten. Er sei heute
59 Jahre alt und die von der Vorinstanz ausgesprochene Freiheitsstrafe würde
sowohl das Ende seiner Berufstätigkeit als auch Altersarmut bewirken. Zu
berücksichtigen sei auch, dass das Verfahren vier Jahre stillgestanden sei und
er sich - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht persönlich bereichert
habe. Selbst wenn diese Aspekte keine Beachtung finden sollten, wäre in
Anwendung des Grundtatbestandes von Art. 138 Ziff. 1 StGB eine maximale
Freiheitsstrafe von 26 Monaten auszusprechen, für welche der bedingte Vollzug
zu gewähren sei.

4.2.

4.2.1. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem
Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen
Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Es liegt im
Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es den verschiedenen
Strafzumessungsfaktoren Rechnung trägt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde
hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 mit Hinweis). Das Gericht erfüllt seine
Begründungspflicht (Art. 50 StGB), wenn es die Überlegungen, die es bei der
Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergibt (BGE 134 IV
17 E. 2.1).
Nach der Rechtsprechung kann eine erhöhte Strafempfindlichkeit nur bei
aussergewöhnlichen Umständen bejaht werden, weil die Verbüssung einer
Freiheitsstrafe für jede arbeitstätige und in ein familiäres Umfeld
eingebettete Person mit Härten verbunden ist (Urteil 6B_375/2014 vom 28. August
2014 E. 2.6 mit Hinweisen).

4.2.2. Die Vorinstanz erwägt hinsichtlich der Strafzumessung, dass der
Beschwerdeführer sich nicht unwesentlich geständig zeigte und seine
Verantwortung stets anerkannte. Nach Berücksichtigung der Täterkomponenten
erscheine eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten als
angemessen. Obwohl der Beschwedeführer sich in der Zwischenzeit einer groben
Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gemacht habe, müsse die seit der
Begehung der Tat verstrichene Zeit im Umfang von acht Monaten strafmindernd
berücksichtigt werden. Eine weitere Reduktion von 15 Monaten erfolgte aufgrund
einer nicht unerheblichen Verletzung des Beschleunigungsgebotes. Dabei hielt
die Vorinstanz fest, dass das Verfahren während vier Jahren still stand und
insgesamt neun Jahre dauerte.
Die Vorinstanz berücksichtigt im Rahmen der Strafzumessung sämtliche relevanten
Aspekte, ohne das ihr zustehende Ermessen zu sprengen. Daraus, dass der
Beschwerdeführer 59 Jahre alt ist und die Verbüssung einer Freiheitsstrafe
schwere Folgen nach sich ziehen würde, folgt keine besondere
Strafempfindlichkeit, welche zu beachten wäre. Soweit der Beschwerdeführer
vorbringt, er habe sich nicht persönlich bereichert, entfernt er sich von den
verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, ohne darzulegen, dass
und inwiefern diese willkürlich sind.

5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Kosten sind dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1
BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist
abzuweisen, weil die Beschwerde von vornherein aussichtslos war. Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist mit herabgesetzten Gerichtskosten
Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 1'600.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zug,
Strafabteilung, und der Bank E.________, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. März 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses

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