Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.73/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_73/2015

Urteil vom 25. November 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi, Jametti,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kenad Melunovic,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Versuchte vorsätzliche Tötung; Willkür; Strafzumessung; Massnahme,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
1. Kammer,
vom 3. November 2014.

Sachverhalt:

A.
X.________ ohrfeigte im Laufe einer zunächst verbalen Auseinandersetzung seine
Ehefrau mehrmals, um sie ruhig zu stellen. Anschliessend packte er sie an den
Haaren, warf sie zu Boden und setzte sich auf ihren Rücken. Er entledigte sich
seines Sarams (tamilischer Schlafrock), legte diesen um ihren Mund und zog ihn
zu, wobei er rief: "Stirb! Du stirbst! Ich bringe Dich um!". Seiner Ehefrau
gelang es, den Saram in den Halsbereich hinunterzuziehen und ihre Hände
zwischen den Schlafrock und ihren Hals zu schieben. Beide Eheleute zogen
während rund einer Minute am Saram, wobei X.________ zeitweise beide Enden in
eine Hand nahm und mit der freien Faust auf den Rücken seiner Ehefrau schlug.
Er biss sie in die Schulter und schlug ihren Kopf wiederholt auf den
Wohnzimmerplattenboden, wodurch sie das Bewusstsein verlor. Als sie wieder zu
sich kam, war sie mit Bandagen gefesselt.
X.________ stand im Zeitpunkt der Tatbegehung unter Alkohol- und mutmasslich
auch unter Medikamenteneinfluss.

B.
Das Bezirksgericht Aarau verurteilte X.________ am 19. Dezember 2013 wegen
versuchter vorsätzlicher Tötung und Freiheitsberaubung zu einer unbedingten
Freiheitsstrafe von drei Jahren. Gleichzeitig ordnete es eine stationäre
therapeutische Massnahme zur Behandlung der psychischen Störung und der
Suchtproblematik an und schob den Strafvollzug zu Gunsten der Massnahme auf.

C.
Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 3. November 2014
im Berufungsverfahren wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und
Freiheitsberaubung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und ordnete zur
Suchtbehandlung eine stationäre Massnahme an.

D.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, er sei vom
Vorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung freizusprechen. Anstelle der
stationären sei eine ambulante Massnahme anzuordnen, zu deren Gunsten der
Strafvollzug aufzuschieben sei. Eventualiter sei das Urteil des Obergerichts
aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. X.________ ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung.
Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau haben auf
Vernehmlassungen verzichtet.

E.
Der Rechtsvertreter von X.________ reichte am 8. Juni und 14. Oktober 2015
Berichte vom 21. Mai, 30. August und 22. September 2015 über den
Behandlungsverlauf der Klinik A.________ ein, in der X.________ sich zur
Behandlung seiner Alkoholsucht befindet.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 12
Abs. 2 StGB. Die Vorinstanz habe den Sachverhalt zutreffend festgestellt,
jedoch zu Unrecht eine eventualvorsätzliche Tötung bejaht. Wenn sie ausführe,
es sei unerheblich, ob Lebensgefahr für die Ehefrau bestanden habe, lege sie
ihren Erwägungen zu Unrecht eine Lebensgefahr im rechtlichen Sinne zugrunde,
und verkenne, dass dem Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht keine auf
Unterbrechung der Luftzufuhr gerichtete Handlung nachzuweisen sei. Soweit die
Vorinstanz alternativ annehme, auch die Schläge des Kopfes auf den Plattenboden
seien derart massiv gewesen, dass der Beschwerdeführer mit dem Tod seiner Frau
hätte rechnen müssen, verlasse sie sowohl den von ihr verbindlich
festgestellten als auch den Anklagesachverhalt und widerspreche den
Schlussfolgerungen des rechtsmedizinischen Gutachtens. Insgesamt fehle es an
tatsächlichen äusseren Umständen, die auf eine eventualvorsätzliche Tötung
schliessen lassen könnten.

1.2. Die Vorinstanz erwägt, dem Beschwerdeführer könne ein direkter
Tötungsvorsatz nicht rechtsgenüglich nachgewiesen werden. Mit Blick auf die
bundesgerichtliche Rechtsprechung müsse bei Würgen mit einem Saram das Risiko
der Todesfolge als sehr hoch eingestuft werden. Der Tod als Folge einer
Strangulation mit einem Objekt, welches um den Hals gezogen wird, liege denn
auch im allgemein bekannten Rahmen des Kausalverlaufs. Dass das Würgen keine
konkret lebensgefährliche Verletzung zur Folge hatte, sei für die rechtliche
Qualifikation als eventualvorsätzliche Tötung nicht massgeblich. Der
Beschwerdeführer habe mit dem Einsatz des Sarams als Würgewerkzeug eine
objektiv hohe Gefahr geschaffen, und es sei einzig einer glücklichen Fügung zu
verdanken, dass die Ehefrau überlebt hat. Aufgrund des unkontrollierten Würgens
des wehrlos am Boden liegenden Opfers habe sich dem Beschwerdeführer die
Möglichkeit des Todeseintritts als so wahrscheinlich aufdrängen müssen, dass
sein Handeln einzig als Billigung des möglichen Erfolges ausgelegt werden
könne. Dass er nicht weitergemacht habe, sei wohl hauptsächlich auf die
Tatsache zurückzuführen, dass seine Ehefrau kurzfristig weggetreten sei, denn
der Beschwerdeführer habe überrascht reagiert, als sie sich wieder bewegt habe.
Selbst wenn das Würgen mit dem Saram nicht in genügender Intensität erfolgt
sei, ändere dies nichts am Schuldspruch der eventualvorsätzlichen Tötung, denn
der Beschwerdeführer habe im Zuge der Auseinandersetzung mehrmals den Kopf
seiner Ehefrau auf den Plattenboden geschlagen. Wer ein wehrlos am Boden
liegendes Opfer wiederholt mit dem Kopf auf einen Plattenboden schlägt und
gleichzeitig würgt, wisse um das Risiko tödlicher Verletzungen, zumal der
Beschwerdeführer aufgrund seiner Alkoholisierung das Ausmass der Verletzungen
nicht mehr habe kalkulieren können. Die erstinstanzlichen Schuldsprüche wegen
versuchter vorsätzlicher Tötung und Freiheitsberaubung (der im
Berufungsverfahren nicht angefochten war) seien zu bestätigen.

1.3.

1.3.1. Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, wird mit Freiheitsstrafe nicht
unter fünf Jahren bestraft (Art. 111 StGB).

1.3.2. Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen
und Willen ausführt oder wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in
Kauf nimmt (Art. 12 Abs. 1 und 2 StGB). Eventualvorsatz ist gegeben, wenn der
Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält, aber dennoch handelt,
weil er den Erfolg für den Fall seines Eintritts in Kauf nimmt, sich mit ihm
abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4 mit
Hinweis; zur Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit:
BGE 133 IV 9 E. 4.1 mit Hinweisen).
Für den Nachweis des Vorsatzes kann sich das Gericht - soweit der Täter nicht
geständig ist - regelmässig nur auf äusserlich feststellbare Indizien und auf
Erfahrungsregeln stützen, die ihm Rückschlüsse auf die innere Einstellung des
Täters erlauben. Zu den äusseren Umständen, aus denen der Schluss gezogen
werden kann, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen,
zählen namentlich die Grösse des dem Täter bekannten Risikos der
Tatbestandsverwirklichung und die Schwere der Sorgfaltspflichtverletzung. Je
grösser dieses Risiko ist und je schwerer die Sorgfaltspflichtverletzung wiegt,
desto eher darf gefolgert werden, der Täter habe die Tatbestandsverwirklichung
in Kauf genommen (BGE 134 IV 26 E. 3.2.2 S. 28 f. mit Hinweisen ). Der Richter
darf vom Wissen des Täters auf den Willen schliessen, wenn sich dem Täter der
Eintritt des Erfolges als so wahrscheinlich aufdrängte, dass die Bereitschaft,
ihn als Folge hinzunehmen, vernünftigerweise nur als Inkaufnahme des Erfolges
ausgelegt werden kann (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 4 mit Hinweis). Eventualvorsatz
kann indessen auch vorliegen, wenn der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs
nicht in diesem Sinne sehr wahrscheinlich, sondern bloss möglich war. Doch darf
nicht allein aus dem Wissen des Täters um die Möglichkeit des Erfolgseintritts
auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden. Vielmehr müssen weitere Umstände
hinzukommen (BGE 133 IV 9 E. 4.1 mit Hinweisen). Solche Umstände liegen
namentlich vor, wenn der Täter das ihm bekannte Risiko nicht kalkulieren und
dosieren kann und das Opfer keine Abwehrchancen hat (BGE 133 IV 1 E. 4.5 mit
Hinweisen; Urteil 6B_617/2013 vom 4. April 2014 E. 2.3).
Was der Täter wusste, wollte und in Kauf nahm, betrifft innere Tatsachen, die
vor Bundesgericht nur im Rahmen von Art. 97 Abs. 1 BGG gerügt werden können.
Rechtsfrage ist hingegen, ob im Lichte der festgestellten Tatsachen der Schluss
auf Eventualvorsatz begründet ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 mit Hinweis).

1.3.3. Was der Beschwerdeführer gegen den Schuldspruch wegen versuchter
(eventualvorsätzlicher) Tötung vorbringt, geht an der Sache vorbei. Er legt
seinen Ausführungen einen von den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
abweichenden Sachverhalt zugrunde, obwohl er diesen ausdrücklich anerkennt. Die
Rügen richten sich ausschliesslich gegen die vorinstanzliche Beweiswürdigung
und nicht gegen die rechtliche Würdigung des Handelns als eventualvorsätzliche
Tötung. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwieweit die Vorinstanz aufgrund
der verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht darauf schliessen durfte, er
habe den Tod seiner Ehefrau billigend in Kauf genommen. Sein Einwand, er habe
seine Ehefrau nicht töten, sondern lediglich zum Schweigen bringen wollen, ist
unbehelflich, denn die Vorinstanz bejaht keinen direkten Tötungsvorsatz,
sondern geht (nur) von Eventualvorsatz aus. Zudem zog der Beschwerdeführer den
Saram weiterhin zu, als dieser um den Hals seiner Ehefrau lag und rief dabei
"Stirb! Du stirbst! Ich bringe Dich um!". Weder konnte die Ehefrau des
Beschwerdeführers sich effektiv gegen das gleichzeitige Strangulieren und das
Aufschlagen des Kopfes auf den Plattenboden wehren, noch war der
Beschwerdeführer aufgrund seines Rauschzustandes dazu in der Lage, seine
Gewalteinwirkungen, die zur Bewusstlosigkeit seiner Ehefrau führten, zu
kontrollieren. Dass (rückblickend) für seine Ehefrau zu keinem Zeitpunkt akute
Lebensgefahr bestanden und sie nur leichte Verletzungen erlitten hat, schliesst
die Annahme, der Beschwerdeführer habe den Tod billigend in Kauf genommen,
nicht aus. Er konnte nicht darauf vertrauen, seine Ehefrau nicht tödlich zu
verletzen.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung und macht
sinngemäss eine Verletzung von Art. 47 und Art. 49 Abs. 1 StGB. Die Vorinstanz
gehe entgegen den Feststellungen des rechtsmedizinischen Gutachtens davon aus,
es habe eine erhebliche Gefährdung des Rechtsguts Leben bestanden und sei nur
glücklichen Umständen zu verdanken, dass es bei einem Tötungsversuch geblieben
ist. Dies sei unzutreffend, denn er hätte seine Ehefrau aufgrund deren
Bewusstlosigkeit töten können, wenn er gewollt hätte. Die Vorinstanz
berücksichtige den Versuch zu Unrecht nur strafmindernd und nicht
strafmildernd. Der Beschwerdeführer habe unter dem Einfluss von Alkohol
gehandelt, weshalb ihm nicht "ernsthaft" rücksichtsloses oder vermeidbares
Verhalten vorgeworfen werden könne. Die Einsatzstrafe von acht Jahren falle
insgesamt und im Vergleich zu ähnlich gelagerten Fällen viel zu hoch aus.
Zudem lägen die Voraussetzungen zur Gesamtstrafenbildung nach Art. 49 Abs. 1
StGB nicht vor. Die Freiheitsberaubung sei lediglich Durchgangsstadium der
versuchten Tötung und von dieser mit abgegolten. Es fehle zudem am Erfordernis
gleichartiger Strafen. Die Vorinstanz begründe nicht, warum sie entgegen der
gesetzlichen Regelung für die Freiheitsberaubung eine (unbedingte)
Freiheitsstrafe von sechs Monaten anstatt einer Geldstrafe ausspreche.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, die erstinstanzlichen Schuldsprüche seien zu
bestätigen. Der Beschwerdeführer habe sich der versuchten vorsätzlichen Tötung
und der Freiheitsberaubung schuldig gemacht. Gestützt auf das Gutachten des
Psychiatrischen Dienstes Aargau (PDAG) vom 22. Juli 2012, wonach beim
Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt seines Alkoholrausches und der vermuteten
Einnahme von Schlaftabletten eine deutlich verminderte Einsichts- und
Steuerungsfähigkeit vorlag, sei von einer leicht bis mittelgradig verminderten
Schuldfähigkeit auszugehen. Zwar sei die Ehefrau nicht lebensgefährlich
verletzt worden, das Rechtsgut Leben sei jedoch erheblich gefährdet gewesen.
Der Beschwerdeführer habe seine Frau derart stranguliert und zeitgleich ihren
Kopf wiederholt auf den Plattenboden geschlagen, dass sie den Eindruck gehabt
habe, sterben zu müssen. Es sei nur dem Zufall zu verdanken, dass keine
schwerwiegenden und bleibenden Nachteile eingetreten sind. Die konkreten
Verletzungsfolgen seien noch leicht, weshalb das Ausmass des verschuldeten
Erfolges leicht bis mittelschwer straferhöhend ins Gewicht falle. Dass der
Beschwerdeführer nicht planmässig, sondern spontan gehandelt habe, wirke sich
nicht strafmindernd aus, da sein Vorgehen von Brutalität und starken
Aggressionen geprägt gewesen sei, was mittelschwer bis schwer
verschuldenserhöhend zu gewichten sei. Bei den subjektiven Tatmerkmalen sei das
Motiv, seine während eines verbalen Streits schreiende Ehefrau ruhig stellen zu
wollen, stark verschuldenserhöhend, das Fehlen eines direkten Tötungsvorsatzes
hingegen leicht verschuldensmindernd zu berücksichtigen. Das Tatverschulden für
das vollendete Delikt sei als noch mittelschwer bis schwer zu qualifizieren und
wiege infolge der leicht bis mittelgradig verminderten Schuldfähigkeit noch
leicht bis mittelschwer. Eine Einsatzstrafe von acht Jahren erscheine
angemessen. Dass es letztlich beim Versuch geblieben sei, habe nicht am
Beschwerdeführer gelegen. Der Versuch sei mittelgradig strafmindernd zu
berücksichtigen und die Freiheitsstrafe auf vier Jahre zu reduzieren.
Leicht verschuldenserhöhend wirke sich aus, dass der Beschwerdeführer seine
Ehefrau nur relativ kurz der Freiheit beraubt hat. Stark verschuldenserhöhend
sei das Tatvorgehen zu gewichten. Der Beschwerdeführer habe die Wehrlosigkeit
seiner Ehefrau infolge deren Bewusstlosigkeit ausgenutzt, um sie mit Bandagen
zu fesseln. Das mittelschwere bis schwere Tatverschulden bei der
Freiheitsberaubung sei infolge der leicht bis mittelgradig verminderten
Schuldfähigkeit als noch leicht bis mittelschwer zu qualifizieren und die
Einsatzstrafe um sechs Monate zu erhöhen.
Bei den Täterkomponenten sei zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer
seine Frau bereits früher aus nichtigem Anlass geschlagen habe. Auch wenn
diesbezüglich kein Strafverfahren durchgeführt worden sei, sei das Vorleben
mittelschwer straferhöhend zu berücksichtigen. Dies gelte auch für das
Nachtatverhalten. Der Beschwerdeführer habe sich nach der Tat schlafen gelegt,
ohne sich weiter um seine Ehefrau zu kümmern. Auch anlässlich der ersten
Einvernahme habe er sich nicht nach ihrem Befinden erkundigt. Er habe seine
Taten zwar eingeräumt und schäme sich dafür, habe sein Handeln aber bis zuletzt
bagatellisiert und als Spass abgetan. Er sei sich der Ernsthaftigkeit seiner
Taten nicht bewusst und zeige weder Reue noch Einsicht. Insgesamt wirkten sich
die Täterkomponenten mittelschwer bis schwer straferhöhend aus, und es sei eine
Freiheitsstrafe von fünf Jahren auszusprechen.

2.3.

2.3.1. Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es
berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung
der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Verschulden wird
nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts,
nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters
sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren
Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden (Art. 47
Abs. 2 StGB).
Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB
und die an sie gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (BGE
136 IV 55 E. 5.4 ff. S. 59 ff. mit Hinweisen). Entsprechendes gilt für die
Gesamtstrafenbildung nach Art. 49 Abs. 1 StGB (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2 S. 67;
132 IV 102 E. 8 f. S. 104 ff.; je mit Hinweisen; Urteil 6B_460/2010 vom 4.
Februar 2011 E. 3.3.4 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 137 IV 57).
Es liegt im Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen
Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Das Bundesgericht überprüft die
Rechtsfrage der Ermessensausübung durch den Sachrichter mit Zurückhaltung. Es
schreitet nur ein, wenn dieser grundlos von anerkannten Bemessungsgrundsätzen
abweicht, sich von nicht massgeblichen Faktoren leiten lässt oder sich das
Ergebnis als offensichtlich unbillig erweist (BGE 136 IV 55 E. 5.6 S. 61 mit
Hinweis).

2.4. Die Vorinstanz verstösst mehrfach gegen die gesetzlichen Vorschriften und
die bundesgerichtlichen Grundsätze der Strafzumessung. Die Rügen des
Beschwerdeführers vermögen im Ergebnis jedoch keinen Ermessensmissbrauch im
Hinblick auf die ausgesprochene Freiheitsstrafe von fünf Jahren aufzuzeigen.

2.4.1. Die Vorinstanz hat die vom Bezirksgericht Aarau ausgesprochene
dreijährige Freiheitsstrafe auf fünf Jahre erhöht. Die Rechtsmittelinstanz ist
bei ihrem Entscheid nicht an die Anträge der Parteien gebunden (Art. 391 Abs. 1
lit. b StPO). Dass sie um ein Jahr über den den Antrag der Staatsanwaltschaft
hinausgeht und die erstinstanzlich als angemessen erachtete Freiheitsstrafe von
drei Jahren kein Bundesrecht verletzt hätte, vermögen für sich die Annahme
einer bundesrechtswidrigen Strafzumessung nicht zu begründen.
Die vom Beschwerdeführer angeführten Vergleichsfälle der bundesgerichtlichen
(und kantonalen) Praxis sind ungeeignet, die mangelnde Plausibilität der
ausgesprochenen Strafe zu belegen. Unterschiede in der Zumessungspraxis
innerhalb der gesetzlichen Grenzen sind als Ausdruck des Rechtssystems
hinzunehmen (BGE 135 IV 191 E. 3.1 S. 193; 124 IV 44 E. 2c S. 47). Die
Strafzumessung beruht auf einer Beurteilung aller massgeblichen Umstände des
Einzelfalls und kann daher nicht durch den blossen Verweis auf die in anderen
Fällen ausgesprochenen Strafen in Frage gestellt werden. Die aus dem weiten
Ermessensspielraum resultierende Ungleichheit in der Zumessung der Strafe
erlaubt für sich allein nicht, auf einen Missbrauch des sachrichterlichen
Ermessens zu schliessen (BGE 135 IV 191, a.a.O.).

2.4.2. Soweit der Beschwerdeführer hinsichtlich Gewichtung einzelner
Strafzumessungsfaktoren mit seinen Rügen von den verbindlichen
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz abweicht, ist hierauf nicht
einzutreten.
Im Übrigen erweisen sich seine Vorbringen, wie nach seiner Auffassung einzelne
Strafzumessungskriterien zu gewichten sind, als unzutreffend oder ungeeignet,
im Ergebnis eine Ermessensverletzung darzulegen. Dass die Einsatzstrafe von
acht Jahren übersetzt scheint, kann nicht isoliert von der Gewichtung der
übrigen Strafzumessungsfaktoren und der ausgesprochenen Freiheitsstrafe
betrachtet werden kann. Die Vorinstanz gewichtet alle Strafzumessungskriterien
übermässig stark; dies gilt sowohl hinsichtlich straferhöhender als auch
strafmindernder bzw. -mildernder Umstände. Inwieweit sie sich dabei jeweils
noch innerhalb des ihr zustehenden Ermessens hält, kann vorliegend mit Blick
auf die gerade noch nicht bundesrechtswidrig erscheinende Freiheitsstrafe von
fünf Jahren offenbleiben.
Entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers und den anderslautenden
Erwägungen im angefochtenen Entscheid, berücksichtigt die Vorinstanz, dass es
beim Versuch geblieben ist, strafmildernd und nicht nur strafmindernd. Sie
reduziert die "hypothetische Einsatzstrafe" für das vollendete Delikt um die
Hälfte auf vier Jahre und unterschreitet damit die gesetzliche Mindeststrafe
von Art. 111 StGB um ein Jahr. Unzutreffend ist, die Vorinstanz setze sich bei
der Beurteilung des Ausmasses der Rechtsgutgefährdung über das unangefochtene
Sachverständigengutachten des PDAG hinweg. Dass sie eine erhebliche
Rechtsgutgefährdung bejaht, obwohl für die Ehefrau des Beschwerdeführers keine
Lebensgefahr bestand, ist (auf den ersten Blick) nicht kohärent. Die Vorinstanz
bejaht damit jedoch nicht implizit eine (konkrete oder unmittelbare)
Lebensgefahr, sondern trägt dem Umstand Rechnung, dass der Beschwerdeführer
Intensität und Ausmass seiner Tathandlungen infolge seiner Alkoholisierung und
Medikamenteneinnahme nicht mehr kontrollieren konnte. Wäre die Vorinstanz von
einer unmittelbaren Lebensgefahr ausgegangen, hätte sie den Versuch nicht
strafmildernd berücksichtigen können. Soweit der Beschwerdeführer implizit
einen Rücktritt vom Versuch geltend macht, da er seine bewusstlose Ehefrau
hätte töten können, wenn er dies gewollt hätte, kann er nicht gehört werden. Er
setzt sich mit den Erwägungen der Vorinstanz, die aufgrund einer zeitlichen
Zäsur von Tatmehrheit zwischen Gewaltanwendung und Freiheitsberaubung ausgeht,
nicht auseinander. Ist jedoch der Tötungsversuch im Zeitpunkt der
Freiheitsberaubung beendet, konnte der Beschwerdeführer von diesem auch nicht
mehr zurücktreten.

2.4.3. An der Sache vorbei geht der Einwand, die Voraussetzungen der
Gesamtstrafenbildung im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB seien nicht erfüllt. Der
Beschwerdeführer entfernt sich erneut von den verbindlichen
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz, wonach zwischen Tötungsversuch und
Freiheitsberaubung eine zeitliche Zäsur vorlag. Inwiefern die zeitlich
nachfolgende Freiheitsberaubung "Durchgangsstadium" für den bereits beendeten
Tötungsversuch sein kann, erschliesst sich nicht. Der Beschwerdeführer verkennt
zudem, dass die Voraussetzungen von Art. 40 und 41 StGB nicht vorliegen. Die
Vorinstanz erhöht die Einsatzstrafe in Anwendung des Asperationsprinzips um
sechs Monate, woraus sich ergibt, dass sie isoliert eine höhere Strafe für die
Freiheitsberaubung ausgesprochen hätte.

2.4.4. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die ausgesprochene
Freiheitsstrafe sich gerade noch als vom sachrichterlichen Ermessen gedeckt und
bundesrechtskonform erweist.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Anordnung einer stationären
Massnahme. Die Vorinstanz stütze sich ausschliesslich auf das Gutachten des
PDAG, ohne die seitdem eingetretenen Veränderungen und medizinischen
Erkenntnisse aus der stationären Behandlung des Beschwerdeführers vom 1. Mai
2014 bis zum 15. August 2014 zu berücksichtigen. Die Berichte der Klinik
A.________ und des Ambulatoriums B.________ stellten die Diagnose des PDAG in
Frage und kämen zum Schluss, eine stationäre Massnahme sei aussichtslos
respektive nicht durchführbar. Die beantragte Befragung der leitenden Ärzte sei
in Missachtung des rechtlichen Gehörs ohne Begründung abgelehnt worden. Auch
der Sachverständige habe anlässlich der Berufungsverhandlung nicht erklären
können, warum die Klink A.________ zu einer abweichenden Diagnose hinsichtlich
der Alkoholsucht gekommen sei, und habe Zweifel an der Erforderlichkeit einer
stationären Massnahme geäussert.

3.2. Gemäss Art. 56 Abs. 1 StGB ist eine Massnahme anzuordnen, wenn eine Strafe
allein nicht geeignet ist, der Gefahr weiterer Straftaten des Täters zu
begegnen (lit. a), wenn ein Behandlungsbedürfnis des Täters besteht oder die
öffentliche Sicherheit dies erfordert (lit. b) und wenn die Voraussetzungen von
Art. 59 bis 61, 63 oder 64 StGB erfüllt sind (lit. c).
Ist der Täter von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, kann das Gericht
nach Art. 60 StGB eine stationäre Behandlung anordnen, wenn der Täter ein
Verbrechen oder ein Vergehen begangen hat, das mit seiner Abhängigkeit in
Zusammenhang steht (lit. a), und zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr
weiterer mit der Abhängigkeit in Zusammenhang stehender Taten begegnen (lit.
b). Gemäss Art. 63 Abs. 1 StGB kann das Gericht anordnen, dass der von
Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängige Täter nicht stationär, sondern
ambulant behandelt wird, wenn er eine mit Strafe bedrohte Tat verübte, die mit
seinem Zustand in Zusammenhang steht (lit. a), und wenn zu erwarten ist,
dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in
Zusammenhang stehender Taten begegnen (lit. b).

3.3.

3.3.1. Die vom Beschwerdeführer eingereichten Verlaufsberichte stellen echte
Noven dar und sind bei der Überprüfung der Rechtmässigkeit der Anordnung der
stationären Massnahme im bundesgerichtlichen Verfahren unbeachtlich (vgl. Art.
99 Abs. 1 BGG; BGE 139 III 120 E. 3.1.2 S. 123 mit Hinweisen).

3.3.2. Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Anordnung einer
stationären Massnahme gehen an der Sache vorbei, soweit sie überhaupt den
Begründungsanforderungen genügen. Er setzt sich mit der eingehenden Begründung
der Vorinstanz, warum keine Zweifel an der gutachterlichen Diagnose einer
Alkoholabhängigkeit bestehen, nicht auseinander. Die Vorinstanz legt
überzeugend dar, dass der Bericht der Klinik A.________ und die Einschätzung
des Ambulatoriums B.________ überwiegend auf den beschönigenden und nicht der
Wahrheit entsprechenden Auskünften des Beschwerdeführers zu seinem damaligen
Alkoholkonsum beruhen. Zwar sei der Beschwerdeführer seit seiner Verhaftung
abstinent, bagatellisiere jedoch nach wie vor sein Trinkverhalten, was zeige,
dass der zur Suchtbewältigung erforderliche Reifungsprozess noch nicht
stattgefunden habe. Auch der Beschwerdeführer scheint davon auszugehen, dass er
sowohl massnahmebedürftig als auch massnahmefähig ist, denn ansonsten hätte er
nicht die Anordnung einer ambulanten Massnahme beantragt. Er verkennt, dass die
ambulante Behandlung süchtiger Täter lediglich eine besondere Art des Vollzugs
einer stationären Massnahme ist, für deren jeweilige Anordnung das Gesetz an
die gleichen Voraussetzungen anknüpft (vgl. Art. 60 Abs. 1 und Art. 63 Abs. 1
StGB; vorstehend E. 3.3; Urteil 6B_440/2014 vom 14. November 2014 E. 5.6; ,
Basler Kommentar, Strafrecht I, 3. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 63). Massgebend
für die Wahl der Massnahme ist grundsätzlich, welche Form der Behandlung für
die optimale Erreichung des Massnahmezwecks notwendig und geeignet ist. Auf die
subjektive Meinung der betroffenen Person kommt es grundsätzlich nicht an
(Urteil 6B_440/2014 vom 14. November 2014 E. 5.6).Marianne Heer
Der Gutachter hat anlässlich der Berufungsverhandlung ausgeführt, eine
ambulante Suchtbehandlung sei nicht ausgeschlossen, er halte jedoch insgesamt
eine stationäre Massnahme für zweckmässiger. Die mangelnden Deutschkenntnisse
und die Minderintelligenz des Beschwerdeführers stehen - wie die Vorinstanz
zutreffend festhält - der erforderlichen Behandlung nicht entgegenstehen. Wäre
dies der Fall, müsste dies auch für die vom Beschwerdeführer beantragte
ambulante Massnahme gelten. Die in der Person des Beschwerdeführers liegenden
Umstände betreffen den Massnahmenvollzug, in dessen Rahmen ihnen Rechnung zu
tragen ist.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit auf sie eingetreten werden kann. Das
Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung
ist gutzuheissen, da seine Rügen nicht von vornherein aussichtlos erschienen
und seine Bedürftigkeit erstellt ist (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es sind keine Kosten
zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers ist aus der Bundesgerichtskasse angemessen zu entschädigen
(Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

 

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.
Für das bundesgerichtliche Verfahren wird dem Beschwerdeführer Rechtsanwalt
Kenad Melunovic als unentgeltlicher Anwalt beigegeben.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine
Entschädigung von Fr. 3'000.-- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. November 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Held

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