Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.731/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_731/2015

Urteil vom 14. April 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Fürsprecher Lukas Bürge,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,
2. A.A.________,
vertreten durch Fürsprecherin Sabine Schmutz,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Beweiswürdigung; Willkür (Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Wucher,
Erpressung); Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung,
2. Strafkammer, vom 10. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland verurteilte X.________ am 6. September 2013
wegen Wucher, Erpressung, Vergewaltigung und sexueller Nötigung (letztere
Delikte begangen zum Nachteil von A.A.________) zu einer teilbedingten
Freiheitsstrafe von 36 Monaten, von denen es 18 Monate bedingt aussprach. Gegen
das Urteil meldete X.________ am 10. September 2013 Berufung an.
Das Obergericht des Kantons Bern sistierte das Berufungsverfahren aufgrund
eines zwischenzeitlich neu eingeleiteten Strafverfahrens gegen X.________ wegen
Nötigung zum Nachteil von A.A.________, das in der Folge auf den Tatbestand der
Irreführung der Rechtspflege ausgedehnt wurde. Am 15. Mai 2014 verurteilte das
Regionalgericht Bern-Mittelland X.________ wegen Nötigung und Anstiftung zur
Irreführung der Rechtspflege zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 12
Monaten. X.________ erhob gegen das Urteil ebenfalls Berufung.
Die Generalstaatsanwaltschaft erklärte, nachdem die Verfahrensleitung des
Obergerichts die beiden Berufungsverfahren vereinigt hatte, Anschlussberufung.
Das Obergericht verurteilte X.________ am 10. Februar 2015 wegen
Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Wucher, Erpressung, Nötigung und Anstiftung
zur Irreführung der Rechtspflege zu einer Freiheitsstrafe von 54 Monaten. Es
erachtet folgende Sachverhalte für erwiesen:

A.a. X.________ habe dem Ehepaar B.A.________ und A.A.________, C.________ und
D.________, die sich alle in akuten finanziellen Notlagen befunden hätten,
Kredite zu weit höheren als den üblichen Zinssätzen gewährt. Als die Eheleute
A.________ die Darlehensraten nicht mehr hätten zahlen können, habe X.________
von April/Mai 2010 bis Ende Februar 2012 mehrfach mündlich und per SMS gedroht,
den Kindern etwas anzutun und Geld bei der Familie im Kosovo einzutreiben,
wodurch er die Eheleute zu Geldzahlungen in unbekannter Höhe veranlasst habe.

A.b. X.________ habe im März/April 2011 A.A.________ in deren damaliger
ehelichen Wohnung unter dem Vorwand aufgesucht, mit ihr über die Schulden ihres
zu diesem Zeitpunkt für mehrere Wochen in Mazedonien weilenden Ehemannes zu
sprechen. Für den Fall, dass die Schulden nicht bezahlt würden, habe er
gedroht, der Familie etwas anzutun. Anschliessend habe X.________ Lirije
A.________ entkleidet, aufs Bett geworfen und sei mehrmals vaginal und anal in
sie eingedrungen, obwohl sie versucht habe, ihn wegzustossen, ihn am Hals
gekratzt und ihm wiederholt gesagt habe, er solle aufhören. Zwei Tage später
habe er sich unter Androhung, ihren Kindern oder ihrem Mann etwas anzutun,
erneut Zutritt zur Wohnung verschafft und sei mehrmals anal in A.A.________
eingedrungen, obwohl sie sich verbal gewehrt und versucht habe, die Beine zu
verklemmen und sich wegzuziehen.

A.c. X.________ und B.A.________ haben nach der erstinstanzlichen Veruteilung
von X.________ wegen Wucher, Erpressung, Vergewaltigung und sexueller Nötigung
unter Mitwirkung der männlichen Mitglieder beider Familien am 7. Dezember 2013
eine "Versöhnungsvereinbarung" geschlossen, wonach die Anzeigen, die zur
erstinstanzlichen Verurteilung geführt hatten, gegen Zahlung von Fr. 10'000.-
zurückgezogen werden. Nachdem die Vereinbarung in Gegenwart und von Zeugen
beider Familien und des Iman der Moschee unterzeichnet worden war, habe
B.A.________ die vereinbarten Fr. 10'000.- in bar erhalten und die Schweiz
verlassen, ohne die Anschuldigungen zuvor zu widerrufen. Danach habe die
Familie von A.A.________ Druck auf diese ausgeübt, die Anschuldigungen gegen
den Beschwerdeführer zurückzuziehen, um die Vereinbarung zu erfüllen. Zudem sei
gedroht worden, dass der Vater von A.A.________ umgebracht werde, wenn der
Rückzug der Anzeige nicht bis zum 18. Dezember 2013 erfolge. Unter diesem Druck
habe A.A.________ ihre Anschuldigungen gegen den Beschwerdeführer zurückgezogen
und ausgesagt, diesen falsch belastet zu haben. Auch wenn offenbleiben müsse,
wer die Todesdrohung gegen den Vater ausgesprochen habe, sei jedoch klar, dass
der Beschwerdeführer als deren Urheber betrachtet werden müsse.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt zusammengefasst, das
Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und er sei vollumfänglich
freizusprechen. Der Widerruf der bedingt ausgesprochenen Geldstrafe von 40
Tagessätzen zu Fr. 80.- sei aufzuheben. Er sei für seine wirtschaftlichen
Einbussen und die ihm auferlegten Gerichtskosten mit Fr. 26'904.95 zu
entschädigen und ihm sei eine Genugtuung von Fr. 100.- pro Hafttag sowie von
Fr. 2'500.- für eine besonders schwere Verletzung seiner persönlichen
Verhältnisse zuzusprechen. Eventualiter sei das obergerichtliche Urteil
aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz
zurückzuweisen.
Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde. A.A.________
(nachfolgend "Privatklägerin") hat auf eine Vernehmlassung verzichtet, die
Generalstaatsanwaltschaft hat sich nicht geäussert.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt zusammengefasst eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung und eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro
reo". Bei ordnungsgemässer und rechtskonformer Sachverhaltsfeststellung hätten
keine Schuldsprüche ergehen dürfen. Die Vorinstanz habe die Erwägungen der
beiden erstinstanzlichen Urteile lediglich übernommen, ohne die Sachverhalte
nochmals neu und objektiv zu beurteilen. Sie mache kaum eigene Ausführungen zur
Beweiswürdigung und bewerte die Beweise einseitig.

1.2.

1.2.1. Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind
den Parteien schriftlich zu eröffnen und müssen namentlich die massgebenden
Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der
angewendeten Gesetzesbestimmungen enthalten (Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG). Aus
dem Entscheid muss klar hervorgehen, von welchem festgestellten Sachverhalt die
Vorinstanz ausgegangen ist und welche rechtlichen Überlegungen sie angestellt
hat. Genügt ein Entscheid diesen Anforderungen nicht, so kann das Bundesgericht
ihn in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG an die kantonale Behörde zur
Verbesserung zurückweisen oder aufheben. Hingegen steht es ihm nicht zu, sich
an die Stelle der Vorinstanz zu setzen, die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen
ist (BGE 141 IV 244 E. 1.2 und E. 1.3; 138 IV 81 E. 2.2; je mit Hinweisen).

1.2.2. Die Berufung nach Art. 398 ff. StPO ist grundsätzlich ein
reformatorisches Rechtsmittel (BBl 2006 1318 Ziff. 2.9.3.3). Das
Berufungsgericht verfügt über umfassende Kognition in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht (vgl. Art. 398 Abs. 2 und 3 StPO). Tritt es auf die
Berufung ein, fällt es ein neues, den erstinstanzlichen Entscheid ersetzendes
Urteil (vgl. Art. 408 StPO) und kann sich nicht mit einer Überprüfung der
erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Rechtsanwendung begnügen. Daran
ändert die Möglichkeit, im Rechtsmittelverfahren auf die Begründung der
Erstinstanz zu verweisen, nichts (vgl. BGE 141 IV 244 E. 1.3.3 mit Hinweisen).

1.2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Die Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch
Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs.
1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung bzw. die Beweiswürdigung, wenn das
Gericht den Sinn und die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich falsch
eingeschätzt, ohne sachlichen Grund ein wichtiges und für den Ausgang des
Verfahrens entscheidendes Beweismittel nicht beachtet oder aus den abgenommenen
Beweisen unhaltbare Schlüsse gezogen hat (BGE 139 II 404 E. 10.1 S. 445 mit
Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; 140 III 16 E.
2.1 S. 18 f.; je mit Hinweisen).
Für die Anfechtung des Sachverhalts gelten qualifizierte
Begründungsanforderungen (Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106
Abs. 2 BGG). Die Beschwerde führende Person hat genau darzulegen, inwiefern die
vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sein soll. Dazu genügt es nicht,
einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden
Sachverhalt zu behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137
II 353 E. 5.1; Urteil 9C_534/2015 vom 1. März 2016 E. 1.2; je mit Hinweisen).
Dass die von den Sachgerichten gezogenen Schlüsse nicht mit der Darstellung der
beschwerdeführenden Partei übereinstimmen, belegt keine Willkür. Auf ungenügend
begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 141 IV 249 E.
1.3.1; 140 III 264 E. 2.3 S. 266; je mit Hinweisen).

1.3.

1.3.1. Auf die Rüge, die Vorinstanz habe es unterlassen, ein
aussagepsychologisches Gutachten einzuholen, ist nicht einzutreten. Der
Beschwerdeführer setzt sich insoweit mit den Erwägungen im angefochtenen
Entscheid nicht auseinander, sondern wiederholt lediglich seine im
Berufungsverfahren geltend gemachten Einwendungen. Damit genügt er den
Begründungsanforderungen gemäss Art. 42 Abs. 2 und 106 Abs. 2 BGG nicht. Zudem
erweist sich die Rüge als unbegründet. Dass die Privatklägerin sich zeitweise
in psychiatrischer Betreuung befand, begründet für sich nicht die
Erforderlichkeit zur Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens. Der
Beschwerdeführer verkennt, dass die Prüfung der Glaubhaftigkeit von
Beweisaussagen primär Sache der Gerichte ist (vgl. BGE 129 I 49 E. 4 S. 57;
Urteil 6B_1251/2014 vom 1. Juni 2015 E. 1.4 mit Hinweisen) und der Beizug eines
Sachverständigen sich nur bei besonderen Umständen wie beispielsweise schwer
interpretierbarer Äusserungen eines Kleinkinds, Anzeichen ernsthafter geistiger
Störungen oder Anhaltspunkten für eine Beeinflussung durch Drittpersonen
aufdrängt (vgl. BGE 129 IV 179 E. 2.4 S. 184; Urteil 6B_667/2013 vom 20.
Februar 2014 E. 2.4.5; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer argumentiert
zudem widersprüchlich, wenn er einerseits die Aussagen der Privatklägerin als
nicht glaubhaft abtut und eine Begutachtung für erforderlich hält, andererseits
aber deren Aussagen, mit denen sie die gegen ihn erhobenen Vorwürfe widerrufen
hat, entscheidende Bedeutung beimisst.
Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die appellatorischen Vorbringen, bei denen
der Beschwerdeführer sich darauf beschränkt, zum jeweiligen Sachverhaltskomplex
seine eigene Sicht der Dinge darzustellen und die von ihm als zutreffend
erachtete Beweiswürdigung zu erläutern, ohne sich mit den vorinstanzlichen
Erwägungen auseinanderzusetzen (vgl. BGE 141 IV 249 E. 1.3.1; Urteil 6B_606/
2015 vom 7. Oktober 2015 E. 2.2.1; je mit Hinweisen).

1.3.2. Hinsichtlich der Schuldsprüche wegen Erpressung und Wucher ist
zutreffend, dass die an die Eheleute A.________ verschickten SMS des
Beschwerdeführers weder eine rasche Schuldenerhöhung noch eine Drohung, mit der
versucht worden wäre, die Zahlungen von Zinsen zu erwirken, belegen. Derartige
Schlüsse hat die Vorinstanz auch nicht gezogen. Ihre Feststellungen, aus den
SMS ergebe sich, die Rückzahlung der Schulden werde verlangt und für den Fall
des Nichtbezahlens würden Konsequenzen angedroht, ist nicht zu beanstanden. In
Bezug auf die Erhöhung der Geldschuld und der zu zahlenden Zinsen stellt die
Vorinstanz nicht auf die SMS, sondern auf die Aussagen der Eheleute A.________
ab. Dass der Beschwerdeführer diese entgegen der Vorinstanz nicht für glaubhaft
erachtet, vermag keine Willkür aufzuzeigen. Zutreffend ist sein Einwand, die
Vorinstanz verweise (wie bei der übrigen Beweiswürdigung auch) fast
ausschliesslich auf die Erwägungen des erstinstanzlichen Gerichts, das
seinerseits bereits nicht abschliessend habe klären können, wie oft
B.A.________ unter Druck Zahlungen an den Beschwerdeführer geleistet und wie
viel Geld er letztlich gezahlt habe. Dies scheint die Vorinstanz aufgrund der
zahlreichen Verweise und da sie faktisch keine eigenen
Sachverhaltfeststellungen trifft zu übersehen. Lediglich unter Beizug der
erstinstanzlichen Beweiswürdigung und der Verfahrensakten ergibt sich, dass die
Vorinstanz für erwiesen hält, dass die Eheleute A.________ dem Beschwerdeführer
einen Betrag gezahlt haben, der die geliehenen Fr. 5'000.- deutlich übersteigt.
Die Privatklägerin, deren Aussagen die Vorinstanz als glaubhaft erachtet, gab
an, sie gehe von einem Betrag von rund Fr. 50'000.- aus. Nach den verbindlichen
Feststellungen der Vorinstanz liessen die Angaben von B.A.________, der von
Zahlungen bis zu Fr. 100'000.- gesprochen habe, einen Spielraum von Fr.
50'000.-, was sich insoweit mit den Aussagen der Privatklägerin deckt. Auch
gaben beide Eheleute unabhängig und übereinstimmend voneinander an, dass die
Zinszahlungen an den Beschwerdeführer während rund zwei Jahren erfolgten (24 x
mindestens Fr. 1'000.- bis Fr. 1'500.-) und sie diesem zudem nach der Aufnahme
eines erschlichenen Bankkredites, für welche sie rechtskräftig wegen Betruges
verurteilt wurden, weitere Fr. 26'000.- gezahlt haben.
Der Einwand, es sei sachverhaltsmässig nicht erstellt, dass C.________ und
D.________ sich in einer akuten finanziellen Notlage befunden hätten, weshalb
in Achtung des Grundsatzes "in dubio pro reo" kein Schuldspruch habe ergehen
dürfen, erweist sich als unbegründet. Dass die Vorinstanz C.________ nicht
einvernommen hat, ist unerheblich, da der Beschwerdeführer selbst angab, er
habe diesem Geld zu überhöhten Konditionen geliehen und C.________ habe das
Geld benötigt, da er andernfalls ins Gefängnis gemusst hätte. Damit hat der
Beschwerdeführer sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale, insbesondere die
Notlage des Bewucherten selbst eingeräumt.
Dass D.________ in das Wuchergeschäft eingewilligt habe und deshalb ein
Rechtfertigungsgrund vorliege, geht sowohl in tatsächlicher als auch in
rechtlicher Hinsicht an der Sache vorbei. Der Beschwerdeführer verkennt, dass
die "Einwilligung" des Bewucherten ein typisches Merkmal des Wuchertatbestandes
ist, da das zweiseitige Geschäft ohne Mitwirkung des Übervorteilten nicht
zustande kommen könnte (vgl. PHILIPPE WEISSENBERGER, in: Basler Kommentar,
Strafrecht, Band II, 3. Aufl. 2013, N. 44 zu Art. 157 StGB).

1.3.3. In Bezug auf die Sexualdelikte ist dem Beschwerdeführer zuzustimmen,
dass nicht nachvollziehbar ist, inwiefern die Aussagen der Privatklägerin zu
seiner "Persönlichkeit" passen sollen und inwieweit diese aussagekräftig für
die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Privatklägerin sein soll.
In den Akten gibt es kein "Persönlichkeitsprofil" des Beschwerdeführers. Wie
dieses aussehen soll und welche Rückschlüsse es im Hinblick auf die Aussagen
der Privatklägerin geben könnte, legt die Vorinstanz nicht dar und ist auch
nicht ersichtlich. Zutreffend ist die Kritik an der vorinstanzlichen Erwägung,
die Aussagen der Privatklägerin betreffend die sexuellen Übergriffe des
Beschwerdeführers wären belastender ausgefallen, wenn sie ihre Aussagen dem
jeweiligen Aktenstand angepasst hätte. Die Vorinstanz stützt sich insoweit auf
Mutmassungen und argumentiert widersprüchlich, denn die Aussagen der
Privatklägerin zu den sexuellen Übergriffen sind das einzige belastende
Beweismittel und bilden sowohl den Aktenstand als auch das Urteilsfundament.
Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Vorinstanz willkürfrei auf die
tatsächlich gemachten Aussagen der Privatklägerin abstellen durfte, der
hypothetischen Überlegungen kommt insoweit kein Gewicht zu, ausser dass sie die
Beweiswürdigung insgesamt schwächen. Einem Schuldspruch wegen der sexuellen
Übergriffe steht auch nicht entgegen, dass bei sogenannten "Vier-Augendelikten"
oder "Aussage gegen Aussage"-Situationen neben den sich widersprechenden
Aussagen des vermeintlichen Opfers und der beschuldigten Person regelmässig
keine weiteren Beweise vorliegen. Soweit der Beschwerdeführer gewichtige
Widersprüche in den Aussagen der Privatklägerin zu erkennen vermeint, die zu
erheblichen Zweifeln am festgestellten Sachverhalt und in Anwendung des
Grundsatzes "in dubio pro reo" zu einem Freispruch führen müssten, kann ihm
nicht gefolgt werden. Er hält der vorinstanzlichen Beweiswürdigung insoweit nur
seine eigene Sichtweise entgegen und verkennt, dass dem Grundsatz "in dubio pro
reo" in der von ihm angerufenen Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren
vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende
selbstständige Bedeutung zukommt (vgl. BGE 138 V 74 E. 7 S. 82; Urteil 6B_1140/
2014 vom 3. März 2016 E. 1.1).
Auch wenn die Privatklägerin seiner Ansicht nach nicht schlüssig erklären
konnte und für den normalen Betrachter nur schwer nachvollziehbar ist, warum
sie den Beschwerdeführer nach den ersten Übergriffen erneut in die Wohnung
liess, durfte die Vorinstanz aufgrund der detaillierten Schilderungen zu den
Vorfällen und den Begleitumständen willkürfrei annehmen, dass es zu sexuellen
Handlungen gegen den Willen der Privatklägerin gekommen ist. Dass die
Vorinstanz den verschiedenen, zum Teil widersprüchlichen
Sachverhaltsschilderungen des Beschwerdeführers nicht folgt, ist nicht zu
beanstanden. Sie ist nicht verpflichtet, alle vom Beschwerdeführer
vorgetragenen Beweisinterpretationen und daraus resultierenden
Sachverhaltsalternativen zu widerlegen, sondern nur gehalten, den von ihr als
erwiesen erachteten Geschehensablauf nachvollziehbar und widerspruchsfrei zu
begründen. Unzutreffend ist, die Vorinstanz berücksichtige die Aussagen der
Zeugin E.________ nicht. Dass sie diese anders würdigt als der
Beschwerdeführer, ist nicht zu beanstanden und bedeutet nicht, dass sie die
Aussagen nicht berücksichtigt hat.

1.3.4. Der Beschwerdeführer macht gegen die Schuldsprüche wegen Anstiftung zur
Irreführung der Rechtspflege und Drohung neben den bereits im Rahmen der
bestrittenen Sexualdelikte erhobenen Rügen geltend, in der Anklageschrift werde
nicht aufgeführt, wann, wo und gegenüber wem er Drohungen ausgesprochen habe.
Auf die erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren (implizit) erhobene Rüge
einer Verletzung des Anklageprinzips ist - unabhängig allfälliger
Begründungsmängel - mangels Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht
einzutreten (vgl. BGE 141 IV 269 E. 2.2.3).
Begründet ist die Rüge der vorinstanzlichen Beweiswürdigung, dass die in der
Vereinbarung versprochenen Fr. 10'000.- nicht für die Übernahme/Bezahlung von
der Privatklägerin zu zahlender Gerichtskosten bestimmt gewesen sein könnten,
da der Beschwerdeführer zu deren Bezahlung verurteilt worden sei. Die
Vorinstanz begeht insoweit einen Zirkelschluss. Wäre der Beschwerdeführer
aufgrund des Widerrufs der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen (der
Vergewaltigung und sexuellen Nötigung) freigesprochen worden, wäre es auch
nicht zu einer Verurteilung wegen Nötigung und Anstiftung zur Irreführung der
Rechtspflege gekommen, sondern zu einem kostenpflichtigen Schuldspruch gegen
die Privatklägerin wegen falscher Anschuldigung. Dies ändert jedoch nichts
daran, dass die Vorinstanz aufgrund der Telefonmitschnitte, namentlich des
Gesprächs der Privatklägerin mit ihrem Bruder, willkürfrei als erstellt
erachten darf, es sei gedroht worden, den Vater der Privatklägerin zu töten,
wenn die Anschuldigungen gegen den Beschwerdeführer nicht zurückgenommen
würden. Die Vorinstanz hält zutreffend fest, die Aussage des Bruders, er habe
die Drohungen erfunden, um die Privatklägerin zum Widerruf ihrer (falschen)
Anschuldigungen zu bewegen, mache keinen Sinn bzw. erweise sich als falsch, da
sich die Privatklägerin im Zeitpunkt des Telefonats bereits der Falschaussage
bezichtigt hatte. Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, wenn er
vorbringt, die Vorinstanz habe die Aussagen der "weiteren Beteiligten",
insbesondere die des Vaters der Privatklägerin nicht berücksichtigt. Sie
erachtet dessen Aussagen als nicht ergiebig und stellt demnach nicht auf sie
ab. Inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung aufgrund der
Telefonüberwachungen willkürlich sein soll, zeigt der Beschwerdeführer nicht
auf. Der Einwand, aus den vorinstanzlichen Erwägungen gehe nicht hervor, wer
gedroht hätte, greift zu kurz. Zwar ist ein gewisser Widerspruch (auf den
ersten Blick) nicht zu verneinen, wenn die Vorinstanz erwägt, es müsse
offenbleiben, wer die Drohungen (in persona) ausgesprochen habe, diese jedoch
dem Beschwerdeführer zurechnet. Liest man die vorinstanzlichen Erwägungen
zusammen mit dem erstinstanzlichen Urteil und unter Beizug der Verfahrensakten,
ist im Ergebnis auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes "in dubio pro reo"
(vgl. vorstehend E. 1.3.3) nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz davon
ausgeht, der Beschwerdeführer sei der Urheber der gegen den Vater der
Privatklägerin ausgesprochenen Todesdrohung. Der Beschwerdeführer bestreitet
nicht, dass er die Privatklägerin zuvor bereits bedroht hat oder lassen hat, um
den Widerruf der Anschuldigungen zu erreichen. Die anschliessende Zahlung von
Fr. 10'000.- und der Umstand, dass er die einzige Person ist, die vom Rückzug
der Anzeige profitiert, ist offensichtlich und wird vom Beschwerdeführer auch
nicht in Abrede gestellt.

1.3.5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich die Rügen willkürlicher
Sachverhaltsfeststellung im Ergebnis als unbegründet erweisen, soweit sie den
Begründungsanforderungen genügen. Dass der Beschwerdeführer die Würdigung der
Vorinstanz nicht teilt und andere Schlussfolgerungen aus den Aussagen der
Privatklägerin zieht, vermag keine Willkür zu begründen, denn das Bundesgericht
ist keine Berufungsinstanz, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht
vornimmt. Insgesamt erweisen sich die Beweiswürdigung und
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz trotz einiger Begründungsschwächen im
Ergebnis nicht als willkürlich und im Gesamtbild schlüssiger als die vom
Beschwerdeführer gezogenen Schlussfolgerungen.

1.4. Auch wenn die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen nicht
willkürlich sind, ergeben sich diese aufgrund der zahlreichen Verweise nicht
aus dem Urteil selbst. Die Vorinstanz begnügt sich hinsichtlich aller drei
Sachverhaltskomplexe fast ausschliesslich damit, die Beweiswürdigung der beiden
erstinstanzlichen Gerichte über mehrere Seiten auszugsweise wiederzugeben und
anschliessend ohne Begründung als "korrekt" und "absolut zutreffend" zu
bezeichnen oder festzustellen, das Vorgehen der erstinstanzlichen Gerichte bei
der Beweiswürdigung sei nicht zu beanstanden. Zwar kann das Gericht im
Rechtsmittelverfahren für die tatsächliche und die rechtliche Würdigung des
angeklagten Sachverhalts aus Gründen der Prozessökonomie auf die Begründung der
Vorinstanz verweisen, wenn es dieser beipflichtet (Art. 82 Abs. 4 StPO), jedoch
ist hiervon insbesondere bei der Beweiswürdigung strittiger Sachverhalte und
der rechtlichen Subsumtion des konkreten Falls zurückhaltend Gebrauch zu machen
(vgl. BGE 141 IV 244 E. 1.2.3 mit Hinweisen). Dass die Vorinstanz sich neben
den auszugsweise zitierten Erwägungen der ersten Instanzen zusätzlich deren
Beweiswürdigung vollumfänglich anschliesst, macht trotz bzw. wegen der
Verweisungsmöglichkeit gemäss Art. 82 Abs. 4 StPO keinen Sinn. Die
Vorgehensweise der Vorinstanz erweist sich als nicht prozessökonomisch und
fehleranfällig (vgl. vorstehend E. 1.3.2). Die Feststellung der massgebenden
Erwägungen wird dadurch erschwert, dass die Vorinstanz im Anschluss an die
jeweiligen umfassenden Verweise auf die erstinstanzlichen Erwägungen noch
ergänzende Beweiswürdigungen und Feststellungen trifft. Zudem hätten die vom
Beschwerdeführer erhobenen Einwendungen im Rahmen der von der Vorinstanz
vorzunehmenden Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellungen gewürdigt werden
müssen und nicht erst, nachdem die Vorinstanz die erstinstanzlichen
Sachverhaltsfeststellungen als zutreffend befunden hat. Dies lässt die
Beweiswürdigung hinsichtlich der im Berufungsverfahren vorgebrachten Rügen des
Beschwerdeführers bei isolierter Betrachtung einseitig und ergebnisorientiert
erscheinen. Da sich die massgebenden Sachverhaltsfeststellungen im Zusammenhang
mit den erstinstanzlichen Urteilen und aufgrund der Akten noch gerade
nachvollziehen lassen, rechtfertigt es sich insbesondere aus
prozessökonomischen Gründen, auf eine Zurückweisung gemäss Art. 112 Abs. 3 BGG
zu verzichten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung. Er bringt
sinngemäss vor, dass es an den Voraussetzungen für eine Gesamtstrafenbildung
fehle. Die Vorinstanz habe bei der Wahl der Sanktionsart nicht die
Zweckmässigkeit und die Auswirkungen der Freiheitsstrafe auf ihn und sein
soziales Umfeld berücksichtigt. Zudem habe sich die Vorinstanz von sachfremden,
nicht erwiesenen Strafzumessungsfaktoren leiten lassen und die Strafzumessung
ungenügend begründet. Der Verzicht auf eine Geldstrafe erscheine willkürlich.

2.2. Die Rügen gehen an der Sache vorbei, soweit sie den
Begründungsanforderungen genügen. Der Beschwerdeführer legt nicht dar, warum
die vorinstanzliche Gesamtstrafenbildung "unkorrekt" sein soll. Er verkennt,
dass Art. 41 StGB in erster Linie dazu dient, dass kein Freiheitsentzug von
weniger als sechs Monaten angeordnet wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass es
den Gerichten - namentlich im Rahmen der Gesamtstrafenbildung - verwehrt ist,
für einzelne Delikte Freiheitsstrafen von weniger als sechs Monaten vorzusehen,
wenn eine Geldstrafe nicht mehr angemessen erscheint (vgl. Urteil 6B_466/2013
vom 25. Juli 2013 E. 2.3.3). Dass und warum die Wahl der Vorinstanz, angesichts
der einschlägigen, unbedingten Vorstrafen und der erneuten Delinquenz des
Beschwerdeführers während des Verfahrens für sämtliche Delikte eine
Freiheitsstrafe auszusprechen, ermessensfehlerhaft bzw. nicht mehr
verhältnismässig sein soll, begründet der Beschwerdeführer nicht und ist auch
nicht ersichtlich. Ebensowenig zeigt er auf, weshalb die von der Vorinstanz im
Rahmen der Gesamtstrafenbildung festgelegten Einzelstrafen bundesrechtswidrig
sein sollen, zumal sich in Bezug auf die Erpressung und die Wuchergeschäfte
eine Prüfung der Qualifikationen gemäss Art. 156 Abs. 2 und 3 StGB respektive
Art. 157 Abs. 2 StGB aufgedrängt hätte.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt, die Privatklägerin habe ihre Straf- und
Zivilklage anlässlich der Berufungsverhandlung ausdrücklich und
unmissverständlich zurückgezogen. Sie habe zu Protokoll gegeben, dass sie weder
eine Bestrafung des Beschwerdeführers wolle noch Schadensersatz oder eine
Genugtuung fordere. Hinweise auf Willensmängel oder andere Nichtigkeitsgründe
der Erklärung seien nicht ersichtlich. Mangels Prozessvoraussetzungen sei daher
auf die Zivilklage nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen.

3.2. Die Rüge erweist sich im Ergebnis als unbegründet. Zwar sind die
Erwägungen der Vorinstanz, warum sie auf die Zivilklage eintritt, rudimentär,
jedoch ergibt sich - wie die Vorinstanz zutreffend, wenn auch verspätet in
ihrer Vernehmlassung anstatt im angefochtenen Urteil ausführt - aufgrund der
Schuldsprüche wegen Nötigung und Anstiftung zur Irreführung der Rechtspflege,
dass die "Prozesserklärung" der Privatklägerin mit einem Willensmangel behaftet
und damit unwirksam ist. Dies hat auch der anwaltlich vertretene
Beschwerdeführer erkannt, denn er stellt in seiner Beschwerde das Vorliegen von
Nichtigkeitsgründen in Abrede. Insofern ist nicht zu beanstanden, dass die
Vorinstanz auf die Zivilklage eingetreten ist.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und seine Entschädigungs-
und Genugtuungsforderungen nicht zu behandeln.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. April 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Held

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