Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.59/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_59/2015

Urteil vom 23. Juli 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber M. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Albert Rüttimann,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 20, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache Beschimpfung; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
2. Kammer, vom 12. November 2014.

Sachverhalt:

A.

 X.________ wird vorgeworfen, A.________ zwischen dem 21. Dezember 2011 und dem
16. März 2012 ca. 20-30 Mal beschimpft zu haben.
Das Obergericht des Kantons Aargau verurteilte X.________ am 12. November 2014
zweitinstanzlich wegen mehrfacher Beschimpfung zu einer bedingten Geldstrafe
von 30 Tagessätzen zu Fr. 180.-- sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.--.

B.

 X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche
Urteil sei aufzuheben und er freizusprechen. Allenfalls sei die Sache zur
Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

 Anfechtungsobjekt der Beschwerde ist das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau vom 12. November 2014 als letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (vgl.
Art. 80 Abs. 1 BGG). Soweit der Beschwerdeführer rügt, die Untersuchung sei
mangelhaft geführt worden und die Einvernahmeprotokolle von A.________ aus dem
Vorverfahren liessen viele Fragen offen, ist darauf nicht einzutreten.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz würdige die Beweise
offensichtlich unrichtig und stelle den Sachverhalt willkürlich fest. Sie
verstosse gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" und verletze das
Rechtsgleichheitsgebot.

2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des
Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Offensichtlich unrichtig ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 139 II 404 E. 10.1; 137
III 226 E. 4.2; je mit Hinweisen). Willkür liegt vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls
vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür
nicht (BGE 139 III 334 E. 3.2.5; 138 I 49 E. 7.1; je mit Hinweisen). Eine
entsprechende Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden
(Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 138 I 225 E. 3.2 mit Hinweisen).
Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3; 139 II 404 E. 10.1; 137 IV 1 E. 4.2.3; je
mit Hinweisen).
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als
Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das
Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende selbstständige Bedeutung zu (BGE 138
V 74 E. 7 mit Hinweisen).

2.3. Die Vorinstanz setzt sich unter Verweis auf die Ausführungen des
erstinstanzlichen Gerichts eingehend mit den Aussagen von A.________ und des
Beschwerdeführers auseinander und würdigt diese sorgfältig. Sie hält fest,
A.________ habe während des gesamten Verfahrens detaillierte, im Wesentlichen
gleichlautende Aussagen gemacht und den Beschwerdeführer nicht unnötig
belastet, sondern teilweise sogar in Schutz genommen, was für deren
Glaubhaftigkeit spreche. Anzeichen dafür, dass es sich bei der Anzeige gegen
den Beschwerdeführer um eine Retourkutsche für ein von diesem angestrengtes
Strafverfahren wegen Sachbeschädigung gegen den Bruder von A.________ handeln
könnte, sieht sie nicht. Grund für die Anzeige sei gewesen, dass es beim
letzten Vorfall gemäss den Aussagen von A.________ nicht bei Beschimpfungen des
Beschwerdeführers ihm gegenüber geblieben sei, sondern dieser ihn zusätzlich
mit dem Auto verfolgt habe. Das habe ihn verängstigt und dazu gebracht, zur
Polizei zu gehen. Dass sich A.________ anlässlich der Anzeigeerstattung wenige
Tage später nicht mehr an das genaue Datum dieses letzten Vorfalls erinnern
konnte, spreche nicht gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussagen. Zwar sei
grundsätzlich davon auszugehen, dass sich die geschädigte Person noch an das
genaue Datum der Tat erinnern könne. A.________ habe den Tatzeitraum allerdings
eng eingrenzen können. Es habe sich beim letzten Vorfall zudem nicht um den
ersten Zwischenfall mit dem Beschwerdeführer gehandelt, sondern um einen unter
mehreren gleich gelagerten.

2.4.

2.4.1. Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern die Vorinstanz bei der
Beweiswürdigung und Sachverhaltsfeststellung in Willkür verfallen sein soll. Er
beschränkt sich weitgehend darauf, seine Sicht der Dinge darzulegen, angebliche
Widersprüche in den Zeugenaussagen von A.________ hervorzuheben und die ihm
gemachten Vorwürfe pauschal zu bestreiten. Soweit auf seine Rügen einzutreten
ist, vermag der Beschwerdeführer damit keine Willkür darzutun. Wie die
Vorinstanz zu Recht darlegt, lässt sich der Tatzeitpunkt genügend eng
eingrenzen. Inwiefern der Frage, ob A.________ zum Tatzeitpunkt noch zur Schule
ging und sein Schulweg am Haus des Beschwerdeführers vorbeiführte, eine
entscheidende Bedeutung zukommen sollte, ist nicht ersichtlich. A.________ hat
ausgesagt, den Beschwerdeführer im Tatzeitraum beinahe täglich gesehen zu haben
(staatsanwaltliche Akten, act. 27). Mit Blick auf den Umstand, dass beide im
selben Quartier wohnen, ist die vorinstanzliche Annahme, Begegnungen im
Tatzeitraum erschienen wahrscheinlich, ohne weiteres plausibel und nicht
willkürlich. Sodann geht die Vorinstanz zwar nicht näher auf die vom
Beschwerdeführer geltend gemachte "lange Vorgeschichte mit gegenseitigen
Beschimpfungen" ein. Aus ihrem Urteil und den Verweisen auf die Ausführungen
des erstinstanzlichen Gerichts, welches sich damit detailliert
auseinandersetzte (erstinstanzliches Urteil, S. 12 E. 4.5.1), geht jedoch
hervor, dass ihr diese bekannt war. Weshalb die Vorgeschichte für die
Beweiswürdigung im vorliegenden Verfahren von besonderem Gewicht sein sollte,
zeigt der Beschwerdeführer im Übrigen nicht auf.
Nicht gefolgt werden kann dem Beschwerdeführer, soweit er die Glaubwürdigkeit
von A.________ mit Hinweis auf die Nichtanhandnahme des Verfahrens hinsichtlich
des Nötigungsvorwurfs (Verfolgung mit dem Auto) generell infrage stellt. Aus
der staatsanwaltlichen Verfügung vom 27. Juli 2012 ergibt sich, dass das
Verfahren hinsichtlich dieses Vorwurfs nicht an die Hand genommen wurde, weil
A.________ im Auto, das ihn angeblich verfolgte, keine Personen erkennen
konnte. Die Staatsanwaltschaft führt in ihrer Begründung aus, unter diesen
Umständen sei das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten nicht
nachzuweisen. Entgegen der Interpretation des Beschwerdeführers ist damit nicht
erstellt, dass A.________ diesbezüglich gelogen hat.
Schliesslich verfängt das sinngemässe Vorbringen des Beschwerdeführers nicht,
wonach A.________ die ihm gegenüber geäusserten Verbalinjurien im Verlauf des
Verfahrens nicht deckungsgleich geschildert habe. Inwiefern A.________
widersprüchliche Angaben gemacht haben sollte, legt der Beschwerdeführer nicht
dar und ist auch nicht ersichtlich. Unberechtigt ist seine Kritik, die
Vorinstanz schliesse einzig aus dem Umstand, dass er A.________ auf Vorlage
eines Fotos sofort erkannt haben solle, er habe diesen auch beschimpft. Wie
dargelegt gelangt die Vorinstanz nach ausführlicher und nicht zu beanstandender
Beweiswürdigung zu diesem Schluss.

2.4.2. Der Beschwerdeführer bemängelt, sein Beweisantrag um Einvernahme von
B.________ sei zu Unrecht abgewiesen worden. Dieser hätte Angaben machen
können, ob und wann es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem
Beschwerdeführer und A.________ gekommen sei. Dem hält die Vorinstanz entgegen,
A.________ habe ausgesagt, B.________ habe ihn gesehen, als er beim letzten
Vorfall auf der Flucht vor dem Auto über das Schulareal gerannt sei. B.________
hätte somit allenfalls zu der angeblichen Verfolgung Angaben machen können.
Diese bilde jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens. In diesem sei einzig zu
beurteilen, ob der Beschwerdeführer A.________ beschimpft habe. Die
Beschimpfungen hätten aber gemäss den glaubhaften Aussagen von A.________ vor
der angeblichen Verfolgung und nicht auf dem Schulareal stattgefunden. Es sei
somit nicht ersichtlich, inwiefern B.________ sachdienliche Hinweise hätte
machen können.
Das Gericht kann in antizipierter Beweiswürdigung auf die Abnahme von Beweisen
verzichten, wenn es aufgrund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung
gebildet hat und ohne Willkür annehmen kann, diese werde durch weitere
Beweiserhebungen nicht geändert (vgl. Art. 139 Abs. 2 StPO; BGE 136 I 229 E.
5.3 mit Hinweisen). Dies war vorliegend der Fall. Die Vorinstanz legt mit ihrer
willkürfreien Beweiswürdigung dar, dass die für einen Entscheid notwendigen
Beweise erhoben wurden und die beantragte Einvernahme von B.________ an ihrer
Überzeugung nichts zu ändern vermocht hätte.

2.4.3. Der Beschwerdeführer sieht das Rechtsgleichheitsgebot gemäss Art. 8 Abs.
1 BV verletzt, indem das erstinstanzliche Gericht in dem von ihm angestrengten
Strafverfahren wegen Sachbeschädigung den Bruder von A.________ "in dubio pro
reo" freisprach. Dieses Vorbringen ist von vornherein ungeeignet, eine
rechtsungleiche Behandlung darzulegen. Im vorliegenden Fall kommt die
Vorinstanz willkürfrei zum Schluss, dass der Beschwerdeführer die ihm
vorgeworfenen Taten begangen hat. Der Grundsatz "in dubio pro reo" kommt daher
nicht zur Anwendung. Aus den Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts in
einem anderen Verfahren kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten
ableiten.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juli 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: M. Widmer

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