Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.493/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_493/2015

Urteil vom 15. April 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Moses.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat André M. Brunner,
Beschwerdeführerin,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Einfache Verkehrsregelverletzung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung,
1. Strafkammer, vom 26. März 2015.

Sachverhalt:

A. 
X.________ fuhr am 17. Juni 2013 um 9:36 Uhr auf der Hauptstrasse in Hagneck.
Bei einer Geschwindigkeitskontrolle wurde sie mit 71 km/h gemessen. Dabei soll
sie die innerorts geltende Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 21 km/h
überschritten haben.

B. 
Auf Berufung gegen das Urteil des Regionalgerichts Berner Jura-Seeland vom 7.
Juli 2014 erklärte das Obergericht des Kantons Bern X.________ am 26. März 2015
der einfachen Verkehrsregelverletzung schuldig. Es bestrafte sie mit einer
Busse von Fr. 600.--.

C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben und sie sei freizusprechen. Das Obergericht und die
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Anklagegrundsatzes. Sie
macht geltend, der als Anklageschrift dienende Strafbefehl enthalte keine
Angaben zum subjektiven Tatbestand. Die Höchstgeschwindigkeit sei vorliegend
nicht korrekt signalisiert gewesen; weshalb es gerade in einer derartigen
Konstellation zulässig sein soll, auf eine Umschreibung des subjektiven
Sachverhaltes in der Anklageschrift vollständig zu verzichten, sei nicht
nachvollziehbar. Aufgrund des Umstandes, dass sie durch einen Wald und später
neben einem Parkplatz mit einem einzelnen Haus vorbeigefahren sei, habe sie
gemeint, sie befinde sich in einem Ausserortsbereich. In subjektiver Hinsicht
habe sie sich gegen den Vorwurf wehren müssen, die Höchstgeschwindigkeit von 50
km/h signalisierende Tafel übersehen zu haben, und nicht gegen den Vorwurf, mit
mehr als 50 km/h gefahren zu sein.

1.2. Der Beschwerdeführerin wird im Strafbefehl vom 29. Juli 2013, welcher
zugleich als Anklageschrift diente, vorgeworfen, sie habe am 17. Juni 2013 um
9:36 Uhr auf der Hauptstrasse in Hagneck die innerorts zulässige
Höchstgeschwindigkeit nach Abzug der vom ASTRA festgelegten Geräte- und
Messunsicherheit um 21 km/h überschritten. Die Vorinstanz erwägt, die
Beschwerdeführerin habe aufgrund des Strafbefehls gewusst, welches Verhalten
ihr zur Last gelegt werde. Bei einfachen Verhältnissen genüge eine kurze
Sachverhaltsschilderung, soweit diese eine Individualisierung der Tat zulasse
und für die beschuldigte Person keine Zweifel darüber bestehen, welches
strafbare Verhalten ihr vorgeworfen werde. Eine zu enge Umschreibung des
Anklagesachverhalts würde die Durchführung des Beweisverfahrens vor Gericht
erschweren oder gar verunmöglichen. Bei der Frage, ob die beschuldigte Person
die zulässige Geschwindigkeit willentlich oder unbeabsichtigt überschritt,
handle es sich um eine innere Einstellung, die sich im Rahmen von routinemässig
durchgeführten Geschwindigkeitskontrollen in aller Regel nicht mehr feststellen
lasse. Die angeklagte Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
beinhalte auch den alternativen Vorwurf, die Tat wenn nicht vorsätzlich,
zumindest fahrlässig begangen zu haben. Der Beschwerdeführerin sei es
zweifelsfrei möglich gewesen, ihre Verteidigungsrechte angemessen auszuüben.
Der Anklagegrundsatz sei nicht verletzt.

1.3.

1.3.1. Nach dem Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des
Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion; Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2 BV;
Art. 9 und Art. 325 StPO; Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK). Das
Gericht ist an den in der Anklage wiedergegebenen Sachverhalt gebunden
(Immutabilitätsprinzip), nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die
Anklagebehörde (vgl. Art. 350 StPO). Die Anklage hat die der beschuldigten
Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu
umschreiben, dass die Vorwürfe im objektiven und subjektiven Bereich genügend
konkretisiert sind. Das Anklageprinzip bezweckt zugleich den Schutz der
Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und dient dem Anspruch auf
rechtliches Gehör (Informationsfunktion; BGE 140 IV 188 E. 1.3; 133 IV 235 E.
6.2 und 6.3; Urteil 6B_130/2012 vom 22. Oktober 2012 E. 6.2, nicht publ. in:
BGE 138 IV 209; je mit Hinweisen). Bei Fahrlässigkeitsdelikten sind die
tatsächlichen Umstände anzuführen, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des
vorgeworfenen Verhaltens sowie die Voraussehbarkeit und die Vermeidbarkeit des
eingetretenen Erfolgs ergeben sollen. Es ist insbesondere auch darzulegen,
inwiefern die beschuldigte Person die gebotene Vorsicht nicht beachtet hat (BGE
120 IV 348 E. 3c mit Hinweisen).

1.3.2. Der Tatbestand der einfachen Verkehrsregelverletzung gemäss Art. 90 Abs.
1 SVG kann sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig begangen werden (vgl. Art.
100 Ziff. 1 SVG). Die Beschwerdeführerin machte gegenüber der
Staatsanwaltschaft wiederholt geltend, sie habe die Höchstgeschwindigkeit nicht
bewusst überschritten bzw. die Beschränkung der Geschwindigkeit auf 50 km/h sei
nicht korrekt signalisiert gewesen und sie habe damit nicht gerechnet
(kantonale Akten, pag. 28, 35 und 53 ff.). Sie ging mithin selbst davon aus,
ihr werde fahrlässiges Verhalten vorgeworfen. Indem die Staatsanwaltschaft den
Strafbefehl an das Gericht überwies, brachte sie ebenfalls zum Ausdruck, die
Beschwerdeführerin habe die Tat fahrlässig begangen. Damit ist auch der Vorwurf
verbunden, die Beschwerdeführerin habe nicht die erforderliche Aufmerksamkeit
aufgebracht und die Signalisation aus diesem Grund übersehen. Die
Beschwerdeführerin konnte ihre Verteidigungsrechte angemessen ausüben; eine
Verletzung des Anklagegrundsatzes liegt nicht vor.

2.

2.1. Die Maximalgeschwindigkeit von 50 km/h ist vorliegend mit einer am linken
Strassenrand montierten Tafel signalisiert. Eine andere Tafel befindet sich
4.25 Meter vom rechten Strassenrand entfernt, jenseits einer der Strasse
parallel verlaufenden Eisenbahnlinie. Das erstinstanzliche Gericht hielt fest,
dass die Schilder bereits von einer Distanz von 120 Metern zu sehen gewesen
seien. Damit beide verdeckt gewesen wären, hätte Kolonnenverkehr auf der
Gegenseite herrschen und gleichzeitig ein Zug vorbeifahren müssen. Davon sei
nicht auszugehen. Die Vorinstanz erachtet die erstinstanzliche Beweiswürdigung
als nicht willkürlich und fügt hinzu, dass zwischen der Strasse und dem
beidseitig angrenzenden Wald zwei breite Grünstreifen verlaufen, wodurch die
Sicht auf die beiden Strassenverkehrsschilder im Sommer trotz blättertragenden
Bäumen gleichermassen gewährleistet sei wie im Winter. Die an der linken
Strassenseite unterhalb der Geschwindigkeitstafel angebrachte blaue
Ortseingangstafel erhöhe die Erkennbarkeit zusätzlich und signalisiere mit den
geradeaus sichtbaren Häusern den Beginn einer Ortschaft. Die Vorinstanz erwägt,
die Beschwerdeführerin sei unabhängig von der Rechtmässigkeit der
Geschwindigkeitstafeln verpflichtet gewesen, die leicht und rechtzeitig
erkennbare Signalisation "generell 50" zu beachten.

2.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, die von ihr befahrene Strecke habe
keinen Innerortscharakter. Im Wald sei nicht mit einer Beschränkung der
Geschwindigkeit von 50 km/h zu rechnen; diese sei nach Art. 22 Abs. 3 SSV beim
Ortsbeginn anzubringen. Nach dem Wald würden sich am rechten Strassenrand bis
einige Dutzend Meter nach der Messstelle keine Häuser befinden; an der linken
Seite stehe vor und nach der Aarebrücke je ein einzelnes Haus. Auf die
entsprechenden Rügen sei die Vorinstanz nicht eingegangen und habe somit ihren
Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Die Beschwerdeführerin rügt zudem, die Signalisation entspreche nicht den
Vorgaben von Art. 103 SSV. Das rechte Schild liege weit ausserhalb der noch
zulässigen Distanz zum Fahrbahnrand und ein zwingender Ausnahmefall, der eine
Befestigung der Tafel ausschliesslich am linken Strassenrand erlauben würde,
liege nicht vor. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz seien Verkehrsschilder
aus einer grösseren Distanz derart klein, dass sie nicht erkennbar seien. Die
Annahme der Vorinstanz, zum massgebenden Zeitpunkt sei kein Zug durchgefahren,
sei willkürlich. Die Vorinstanz habe sich ausschliesslich auf den Fahrplan
gestützt, ohne auf Verspätungen, Extrafahrten oder Güterverkehr zu achten.
Entsprechende Beweise habe sie nicht erhoben.

2.3.

2.3.1. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 III 226 E. 4.2 mit Hinweisen). Willkür liegt vor, wenn
der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung
oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für
die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3 mit Hinweisen). Eine
entsprechende Rüge muss klar vorgebracht und substanziiert begründet werden
(Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E.
1.3.1; je mit Hinweisen). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen
Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit
Hinweisen).

2.3.2. Art. 27 Abs. 1 SVG schreibt vor, dass Signale und Markierungen sowie die
Weisungen der Polizei befolgt werden müssen. Gemäss BGE 128 IV 184 gilt diese
Pflicht zur Befolgung von Signalen und Markierungen grundsätzlich unabhängig
von der Anfechtbarkeit und allenfalls erfolgten Anfechtung der zugrunde
liegenden Verfügung. Signale und Markierungen richten sich an eine Vielzahl von
Strassenbenutzern. Diese müssen sich auf die Verkehrszeichen verlassen können.
Eine allfällige Rechtswidrigkeit eines solchen Zeichens ist meist nicht
erkennbar. Auch nicht gesetzeskonforme Geschwindigkeitsbeschränkungen sind
daher in der Regel zu beachten. Die Verbindlichkeit vertrauensbegründender
Verkehrszeichen findet ihre Grenze bei nichtigen Anordnungen. Nichtigkeit wird
angenommen bei Anordnungen, deren Mangelhaftigkeit besonders schwer wiegt und
offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist (BGE a.a.O E. 4). Nach der
Rechtsprechung vermögen Signale Fahrzeuglenker nur zu verpflichten, wenn sie so
aufgestellt sind, dass sie leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Dabei
ist als Massstab ein Fahrzeuglenker zu Grunde zu legen, der dem Strassenverkehr
die notwendige und von ihm vernünftigerweise zu erwartende Aufmerksamkeit
widmet. Fahrzeuglenker sind nicht gehalten, nach unzulässigerweise fernab von
der Fahrbahn aufgestellten Signalen Ausschau zu halten (Urteil 6B_361/2011 vom
5. September 2011 E. 2.2 mit Hinweisen).
Nach Art. 103 SSV stehen Signale am rechten Strassenrand. Sie können am linken
Strassenrand wiederholt, über die Fahrbahn gehängt, auf Inseln gestellt oder in
zwingenden Ausnahmefällen ausschliesslich links angebracht werden (Abs. 1). Der
Abstand zwischen dem Fahrbahnrand und der nächsten Signalkante beträgt
innerorts 0.30-2.00 Meter, ausserorts 0.50-2.00 Meter, in besonderen Fällen
maximal 3.50 Meter (Abs. 4).
Die rechte Tafel befindet sich 4.25 Meter vom rechten Strassenrand entfernt und
ist mithin ausserhalb der nach Art. 103 Abs. 4 SSV noch zulässigen Distanzen
angebracht. Inwiefern ein zwingender Ausnahmefall vorliegt, welcher es erlauben
würde, das Signal ausschliesslich links anzubringen, ist dem angefochtenen
Urteil nicht zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin rügt zu Recht, dass die
Beschilderung den Vorgaben von Art. 103 SSV nicht entspricht. Von einer
nichtigen Anordnung kann indessen keine Rede sein, zumal die Mangelhaftigkeit
der Signalisation nicht ohne Weiteres zu erkennen ist. So schliesst Art. 103
Abs. 1 SSV eine Signalisation an der linken Strassenseite nicht von vornherein
aus und für vorbeifahrende Automobilisten ist nicht leicht erkennbar, ob ein
zwingender Grund vorliegt, welcher es erlaubt, vom Grundsatz der Anbringung von
Signalen an der rechten Seite abzuweichen. Dies entbindet die zuständige
Behörde selbstverständlich nicht davon, Verkehrsschilder ordnungsgemäss
anzubringen.

2.3.3. Auch in einem Wald ist jederzeit mit Verkehrssignalen zu rechnen, die zu
beachten sind. Die zulässige Maximalgeschwindigkeit kann auch aus anderen
Gründen als einer Ortschaft begrenzt werden. Die Rüge der Beschwerdeführerin,
sie habe nicht mit einer Beschränkung der Geschwindigkeit auf 50 km/h rechnen
müssen, geht an der Sache vorbei. Zudem ist auf der Höhe der
Geschwindigkeitstafeln nicht nur eine Gruppe einzelner Häuser, sondern eine
ganze Siedlung zu erkennen (vgl. kantonale Akten, act. 47 und 48). Die
Vorinstanz hat den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nicht
verletzt.

2.3.4. Die Feststellungen der Vorinstanz zur Erkennbarkeit der Tafeln sind
nicht willkürlich. Wie die Vorinstanz zutreffend erwägt, trug insbesondere das
Ortsschild an der linken Strassenseite zusätzlich zur Sichtbarkeit der
Signalisation bei. Ausserdem verringert sich der Abstand zu den Tafeln während
der Fahrt zunehmend. Nicht zu hören ist demnach die Beschwerdeführerin, wenn
sie geltend macht, Verkehrsschilder seien aus grösserer Distanz nicht
erkennbar. Ebenso wenig verfällt die Vorinstanz in Willkür, wenn sie aufgrund
des Fahrplans der Eisenbahn und des geringen Verkehrsaufkommens ausschliesst,
dass beide die Geschwindigkeit beschränkende Signale gleichzeitig verdeckt
waren. Selbst wenn Gegenverkehr vorhanden gewesen sein sollte, kann dieser das
linke Schild nur für einen sehr kurzen Zeitraum verdeckt haben. Vor und nach
Vorbeifahren von einzelnen Fahrzeugen bleibt die Tafel, die nach den
verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ab einer Distanz von 120 Metern
sichtbar war, unverdeckt. Die Vorinstanz durfte unter diesen Umständen davon
absehen, weitere Beweise zum Bahnverkehr zu erheben. Die Beschwerdeführerin
musste nicht nach fernab neben der Fahrbahn aufgestellten Schildern Aussicht
halten und war daher verpflichtet, der Signalisation Folge zu leisten.

3.

3.1. Die Beschwerdeführerin kritisiert die Strafzumessung. Sie rügt, die
Vorinstanz wende die Richtlinien für die Strafzumessung des Verbandes
Bernischer Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte
(VBRS-Richtlinien) an, welche sich auf normale Fälle beziehen würden, ohne zu
beachten, dass die Tafeln rechtswidrig montiert waren. Das Verschulden sei
daher im Vergleich zu anderen Fällen äusserst gering. Wenn die Vorinstanz mit
Hinweis auf das erstinstanzliche Urteil festhalte, dass die Signalisation für
einen aufmerksamen Lenker leicht und rechtzeitig erkennbar gewesen sei, sei
immer noch nicht ersichtlich, wie der Unterschied zum Normalfall beurteilt
worden sei. Unter dem Titel "Strafzumessung" des angefochtenen Urteils befinde
sich das Wort "Verschulden" nirgends, obwohl der Richter nach Art. 47 Abs. 1
StGB die Strafe zunächst nach dem Verschulden des Täters zu bemessen habe.

3.2. Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem
Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen
Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Es liegt im
Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es den verschiedenen
Strafzumessungsfaktoren Rechnung trägt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde
hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 mit Hinweis). Das Gericht erfüllt seine
Begründungspflicht (Art. 50 StGB), wenn es die Überlegungen, die es bei der
Bemessung der Strafe vorgenommen hat, in den Grundzügen wiedergibt (BGE 134 IV
17 E. 2.1).

3.3. Das erstinstanzliche Gericht, auf dessen Urteil die Vorinstanz verweist,
hält fest, dass für das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit keine
entschuldbaren oder wenigstens nachvollziehbaren Beweggründe ersichtlich seien.
Aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin offenbar die Orientierung verloren
hatte und auf der Suche nach einem Zugang zum Bielersee gewesen sei, könne
diese nichts zu ihren Gunsten ableiten. Sie hätte sich auf die Strasse
konzentrieren und so die Signalisation sehen müssen (kantonale Akten, pag.
101). Die Vorinstanz fügt hinzu, dass die Tafeln für einen aufmerksamen
Fahrzeuglenker leicht und rechtzeitig erkennbar gewesen seien (Urteil, S. 7).
Die Vorinstanz trägt damit dem Verschulden der Beschwerdeführerin ausreichend
Rechnung. Sie sprengt das ihr zustehende Ermessen nicht, wenn sie die zur
Diskussion stehende Geschwindigkeitsüberschreitung wie einen Normalfall
behandelt und mit einer Busse von Fr. 600.-- sanktioniert.

4. 
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die Kosten sind der unterliegenden
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. April 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Moses

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