Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.468/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_468/2015

Urteil vom 20. August 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Siegenthaler.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Jean-Christophe Schai,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache qualifizierte Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts; willkürliche
Beweiswürdigung; rechtliches Gehör,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 17. März 2015.

Sachverhalt:

A.

 X.________ vermittelte dem Betreiber des Cabaret A.________ mehrere Frauen aus
der Dominikanischen Republik. Er schloss mit ihnen jeweils mehrere
Arbeitsverträge für die Dauer von je einem Monat für das besagte Cabaret ab.
Darin wurden ein Bruttolohn inkl. Ferienentschädigung und Spesen festgelegt
sowie die üblichen Abzüge aufgeführt, woraus ein Nettolohn von Fr. 2'300.--
resultierte. Ausdrücklich festgehalten wurde ausserdem, dass die Leistung der
Arbeitnehmerin aus "Streaptease Integral" bestehe, sie die Gäste nicht zum
Alkoholkonsum anhalten dürfe und andere als die im Vertrag vorgesehenen
Leistungen nicht verlangt werden dürften. Aufgrund dieser Verträge erhielten
die betreffenden Frauen ein Einreisevisum und eine Aufenthaltsbewilligung L,
mit der sie für die Vertragsdauer berechtigt waren, als Tänzerinnen in der
Schweiz zu arbeiten. Nach der Ankunft im Cabaret eröffnete dessen Betreiber den
Frauen jeweils, dass sie nicht die vertraglich vereinbarte Gage erhalten und
ihnen stattdessen Umsatzbeteiligungen an den durch sie motivierten
Getränkekonsumationen der Gäste ausbezahlt würden. In der Folge übten die
Frauen zwischen ihren Tanzauftritten die im schriftlichen Arbeitsvertrag nicht
vereinbarte Tätigkeit der Animation zum Getränkekonsum aus.

 Gemäss Anklage soll X.________ davon schon bei der Vermittlung der
Arbeitsverträge gewusst haben. Insbesondere sei er jeweils als Übersetzer dabei
gewesen, wenn der Cabaret-Betreiber die Frauen über die wirklichen Konditionen
ihres Arbeitsverhältnisses informierte. Somit habe er den Tänzerinnen eine
Erwerbstätigkeit ohne die entsprechende Bewilligung verschafft und sich dadurch
der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das Ausländergesetz im Sinne
von Art. 116 Abs. 1 lit. a und b sowie Abs. 3 lit. a des Bundesgesetzes vom 16.
Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (Ausländergesetz, AuG; SR
142.2) schuldig gemacht.

B.

 Das Bezirksgericht Hinwil sprach X.________ am 23. Januar 2014 von sämtlichen
Vorwürfen frei.

 Auf Berufung der Staatsanwaltschaft II des Kantons Zürich sprach das
Obergericht des Kantons Zürich X.________ am 17. März 2015 schuldig der
mehrfachen qualifizierten Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts im Sinne von
Art. 116 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. a AuG. Im Übrigen erkannte es auf
Freispruch. Es verurteilte X.________ zu einer bedingten Geldstrafe von 180
Tagessätzen zu Fr. 100.-- bei einer Probezeit von 2 Jahren.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. März 2015 sei aufzuheben und er von
sämtlichen Vorwürfen freizusprechen. Er ersucht um unentgeltliche
Verbeiständung.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Feststellung des Sachverhalts.

1.2. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht, und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie
willkürlich ist (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1; vgl. zum Begriff
der Willkür: BGE 140 III 167 E. 2.1; 137 I 1 E. 2.4; je mit Hinweisen). Die
Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert
begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf eine rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 140 III 264 E. 2.3;
137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).

1.3. Die Vorinstanz erwägt (Urteil, S. 11 ff.), relevant seien vor allem die
Aussagen von B.________. Diese seien generell detailliert, lebensnah und
glaubhaft. Sie berichte authentisch über die Vermittlung, ihre Beweggründe und
die Zustände im Cabaret. Es sei offensichtlich, dass sie die Situation nicht
für eigene Zwecke missbrauche. Sie äussere keine übertriebenen Anschuldigungen,
mache überlegte Angaben und relativiere diese an mehreren Stellen. Ihre
Ausführungen wirkten emotional, aber nicht reisserisch. Insbesondere bei der
Schilderung des Lohngesprächs mit dem Cabaret-Besitzer in Anwesenheit des
Beschwerdeführers kämen deutlich ihre Verzweiflung und Machtlosigkeit zum
Ausdruck. Ausserdem sei kein Grund ersichtlich, weshalb B.________ die
Teilnahme und Übersetzungstätigkeit des Beschwerdeführers am fraglichen
Lohngespräch hätte erfinden sollen, da sie keine Vorteile daraus ableite. Und
schliesslich wiesen die Aussagen der übrigen Frauen deutliche Parallelen zu
jenen von B.________ auf. Dafür, dass die Tänzerinnen ein Komplott gegen den
Beschwerdeführer und den Cabaret-Betreiber organisiert haben könnten, gebe es
keinerlei Anhaltspunkte. Die Aussagen der einzelnen Tänzerinnen hätten eine zu
starke individuelle Färbung, als dass der Eindruck entstehen könnte, sie hätten
sich in irgendeiner Art abgesprochen. Auch machte eine solche Absprache
zulasten des Beschwerdeführers wenig Sinn, da sie keine Ansprüche gegen ihn
stellten. Was das Kerngeschehen anbelange stimmten die Aussagen der Frauen
überein, wirkten realitätsnah und aussagekräftig. Dass sie hie und da
variierten, spreche gegen eine Absprache und somit für ihre Glaubhaftigkeit.

 Gemäss den Aussagen der Tänzerinnen habe der Beschwerdeführer an den
Gesprächen zu den Lohnmodalitäten jeweils als Übersetzer teilgenommen. Eine
regelmässige Übersetzertätigkeit bestätige auch dieser selbst. Dass er
ausgerechnet bei den Diskussionen über das heikle Thema Lohn nie anwesend
gewesen sein wolle, erscheine unlogisch und stehe im Widerspruch zu den
diversen gegenteiligen Aussagen der Tänzerinnen. Die Angaben des
Beschwerdeführers vermöchten die Aussagen von B.________ insgesamt nicht in
Zweifel zu ziehen.

 Weiter erwägt die Vorinstanz, wann genau das Lohngespräch von B.________ mit
dem Cabaret-Betreiber stattgefunden habe, sei ihren Aussagen nicht zu
entnehmen. Sie gebe aber an, sie habe dies klarstellen wollen, als sie den
Februarlohn erhalten habe. Deshalb gehe sie davon aus, das Gespräch habe Ende
Februar bzw. nach den ersten beiden Monaten stattgefunden. Die Vorinstanz
schliesst daraus, dass das Gespräch Anfang März, allenfalls Ende März, nachdem
auch der Märzlohn nicht korrekt gezahlt worden sei, geführt worden sei.
Folglich habe der Beschwerdeführer spätestens ab Ende März 2010 gewusst, dass
B.________ nicht den vertraglich vereinbarten Lohn, sondern lediglich eine
Umsatzbeteiligung am infolge ihrer Animation ausgeschenkten Alkohol erhielt und
somit zwangsläufig der Animationstätigkeit nachging. Dass einige der
Tänzerinnen offenbar tatsächlich den vertragsgemässen Lohn erhalten hätten,
ändere an diesem Wissen nichts.

1.4.

1.4.1. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt (Beschwerde, S. 12 ff.),
vermag keine Willkür zu begründen. Seine Ausführungen erschöpfen sich
grösstenteils in appellatorischer Kritik am angefochtenen Urteil und
beschränken sich weitgehend darauf, eine andere mögliche Beweiswürdigung bzw.
seine Sicht der Dinge aufzuzeigen (beispielsweise soweit er die Aussagen der
Zeuginnen und insbesondere von B.________ in Zweifel zu ziehen versucht, oder
wenn er geltend macht, die von den Tänzerinnen unterzeichneten Lohnquittungen
seien nicht nur echt, sondern auch wahr und deshalb für die Beweisführung
relevant). Damit lässt sich keine Willkür belegen, weshalb auf die Beschwerde
in diesen Punkten nicht einzutreten ist. Welche Zeugen die Vorinstanz
unberücksichtigt gelassen haben soll und inwiefern diese in der Lage gewesen
wären, ihn zu entlasten, begründet der Beschwerdeführer nicht näher. Darauf ist
ebenfalls nicht weiter einzugehen.

1.4.2. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz lasse in willkürlicher
Weise unberücksichtigt, dass zwei der Tänzerinnen aussagten, sie hätten die
Gäste nicht zum Alkoholkonsum animieren müssen bzw. seien ausser zum Tanzen zu
keinen anderen Arbeitsleistungen verpflichtet gewesen.

 Entgegen dieser Behauptung geht die Vorinstanz durchaus auf seinen Einwand
ein. Sie entkräftet ihn mit dem Vorhalt der Aussagen derselben Frauen, wonach
sie nie den vertraglich vereinbarten Lohn erhalten und somit nichts verdient
hätten, wenn sie mit den Gästen nichts getrunken hätten. Angesichts dieser
übereinstimmenden Aussagen der Tänzerinnen bestehe deshalb kein Zweifel daran,
dass zwar nicht mittels Gewalt oder Drohungen Zwang ausgeübt worden sei, die
Tänzerinnen aber aufgrund ihrer finanziellen Situation gleichwohl zur
Animationstätigkeit gezwungen gewesen seien (Urteil, S. 6 f.). Diese Erwägung
lässt keine Willkür erkennen.

1.4.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz gehe willkürlich
davon aus, er habe aufgrund des bis anhin erstmaligen Vorfalls mit B.________
darauf schliessen müssen, dass dasselbe Vorgehen auch bei künftig von ihm
vermittelten Tänzerinnen zur Anwendung gelangen würde.

 Die Vorinstanz erwägt, es sei weit verbreitet und allgemein bekannt, dass die
Gäste in Cabarets zum Alkoholkonsum animiert würden. Deshalb habe der
Beschwerdeführer, als er von der Animationstätigkeit von B.________erfuhr,
erkennen müssen, dass die notorische Praxis der Animation auch im Cabaret
A.________ gelebt werde. Aufgrund seines allgemeinen Wissens in Verbindung mit
demjenigen im konkreten Fall von B.________ habe er nicht einfach davon
ausgehen dürfen, dass es sich hierbei um einen Einzelfall handle. Deshalb habe
er bei den nachfolgenden Vermittlungen von Tänzerinnen zumindest in Kauf
genommen, dass auch diese im Cabaret A.________ der Animationstätigkeit
nachgehen würden (Urteil, S. 15). Inwiefern diese Überlegungen der Vorinstanz
willkürlich sein sollen, ist weder ersichtlich noch vom Beschwerdeführer
dargetan.

1.4.4. Insgesamt gelingt es dem Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, dass das
vorinstanzliche Beweisergebnis schlechterdings nicht vertretbar ist oder
inwiefern sich ein anderes geradezu aufgedrängt hätte. Die Beschwerde erweist
sich in dieser Hinsicht als unbegründet, soweit sie den
Begründungsanforderungen überhaupt genügt.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs.

2.2. Das rechtliche Gehör (Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 29 Abs. 2 BV und
Art. 6 Ziff. 1 EMRK) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom
Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft und
in der Entscheidfindung berücksichtigt. Nicht erforderlich ist, dass sie sich
mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne
Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den
Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Es müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und
auf die sich ihr Entscheid stützt (vgl. BGE 139 IV 179 E. 2.2; 138 IV 81 E.
2.2; 134 I 83 E. 4.1 mit Hinweisen).

2.3.

2.3.1. Zur Begründung führt der Beschwerdeführer zunächst aus, die Vorinstanz
nehme keine rechtliche Einordnung seiner (angeblichen) Kenntnis der nicht
erfolgten Lohnzahlungen vor und verletze damit ihre Pflicht zur Begründung des
Entscheids (Beschwerde, S. 10).

2.3.2. Dieser Einwand erweist sich als unzutreffend. Einerseits hält die
Vorinstanz ausdrücklich fest, dem Beschwerdeführer werde nicht vorgeworfen,
dass die von ihm vermittelten Tänzerinnen nicht den vertraglich vereinbarten
Lohn erhalten hätten (Urteil, S. 8). Den Umstand, dass er davon Kenntnis hatte,
musste sie deshalb nicht separat unter einen bestimmten Tatbestand subsumieren.
Andererseits zieht die Vorinstanz den fraglichen Aspekt im Zusammenhang mit den
Vorwürfen gegen den Beschwerdeführer zur Begründung des subjektiven Tatbestands
heran und nimmt damit eine rechtliche Einordnung vor, die sie ausreichend
begründet (vgl. Urteil, S. 14 f.). Eine Verletzung der Begründungspflicht liegt
nicht vor.

2.4.

2.4.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, indem die Vorinstanz bei ihrer
Aussagewürdigung zu den von ihm dargelegten Ungereimtheiten mit keinem Wort
Stellung nehme, verletze sie ebenfalls ihre Begründungspflicht (Beschwerde, S.
13).

2.4.2. Die Vorinstanz nimmt eine ausführliche Beweiswürdigung vor (vgl. vorne
E. 1.3). Sie legt eingehend und schlüssig dar, weshalb sie die Aussagen von
B.________ und der übrigen Tänzerinnen als glaubhaft erachtet. Ebenso führt sie
nachvollziehbar aus, weshalb sie bestimmte Einwände oder Argumentationen des
Beschwerdeführers als nicht überzeugend einstuft. Ihre Überlegungen gehen aus
der Begründung des angefochtenen Entscheids klar hervor, ihre Erwägungen sind
verständlich formuliert und lassen eine Überprüfung der Rechtsanwendung ohne
weiteres zu. Damit genügt sie den Begründungsanforderungen. Allein dadurch,
dass sie nicht auf jede einzelne vom Beschwerdeführer geltend gemachte
Widersprüchlichkeit eingeht, verletzt sie sein rechtliches Gehör nicht.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG
(Beschwerde, S. 7 ff.).

3.2. Die Vorinstanz erwägt (Urteil, S. 8 f.), die durch Tänzerinnen gegen
Entgelt vorgenommene Animation von Cabaret-Gästen zum Champagnerkonsum stelle
eine bewilligungspflichtige Erwerbstätigkeit im Sinne von Art. 11 Abs. 2 AuG
i.V.m. Art. 1a Abs. 1 der Verordnung über Zulassung, Aufenthalt und
Erwerbstätigkeit vom 24. Oktober 2007 (VZAE; SR 142.201) dar. Vorliegend gehe
es klarerweise nicht um eine nur unregelmässig ausgeübte und demnach (gemäss
BGE 101 IV 245) bewilligungsfreie Nebenbeschäftigung. Die Frauen hätten für
ihre Tätigkeit als Cabaret-Tänzerinnen über eine Bewilligung verfügt. Die
Animation von Gästen zum Alkoholkonsum sei davon (gemäss Weisungen AuG des
Staatssekretariats für Migration SEM, Version 25.10.2013, Stand 13.02.2015, S.
147) nicht abgedeckt gewesen. Somit hätten die Tänzerinnen mit ihrer
Animationstätigkeit den Tatbestand von Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG erfüllt, und
jeder, der ihnen diese unbewilligte Tätigkeit verschafft habe, sei folglich
gemäss Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG strafbar. Die Vermittlungstätigkeit des
Beschwerdeführers sei zweifelsohne als solches Verschaffen zu qualifizieren, da
sie notwendige Voraussetzung für die Ausstellung der Visa und
Aufenthaltsbewilligungen und damit für die Arbeitstätigkeit der Tänzerinnen
überhaupt gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe somit den objektiven
Tatbestand nach Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG im Zusammenhang mit sämtlichen in
der Anklageschrift erwähnten Frauen erfüllt.

 Für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands sei entscheidend, ob der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Übermittlung der fraglichen Verträge an die
Frauen gewusst habe, dass die Tänzerinnen nebst der bewilligten Tanztätigkeit
mit der Animation einer weiteren, nicht bewilligten Erwerbstätigkeit würden
nachgehen müssen. Weder aus der Anklageschrift noch aus den Akten gehe hervor,
weshalb der Beschwerdeführer bereits am 23. Oktober 2009, als er den ersten
Vertrag an B.________ vermittelte, von der unerlaubten Animationstätigkeit im
fraglichen Cabaret gewusst haben sollte. Dieses Wissen könne nicht allein
aufgrund der notorisch bekannten Tatsache, dass der Champagnerverkauf die
Haupteinnahmequelle von Cabaret-Betrieben bilde, angenommen werden. Vielmehr
bedürfe es zusätzlicher Hinweise darauf, dass dem Beschwerdeführer die
Geschäftspraktiken des Cabaret-Betreibers bekannt waren. Solche fehlten aber
für den Zeitraum bis zur Vermittlung von B.________. In diesem Punkt sei der
Beschwerdeführer deshalb freizusprechen (Urteil, S. 10 f.). Spätestens ab Ende
März 2010 habe der Beschwerdeführer hingegen Kenntnis davon gehabt, dass
B.________ nicht vertragsgemäss entlöhnt wurde und lediglich eine
Umsatzbeteiligung am durch sie angeregten Alkoholkonsum erhielt. In Bezug auf
die nach diesem Zeitpunkt vermittelten Frauen habe er folglich mindestens in
Kauf genommen, dass auch diese der unbewilligten Animationstätigkeit nachgehen
würden. Es gebe keinen Grund, weshalb er hätte davon ausgehen dürfen, bei
B.________ handle es sich um eine Ausnahme. Gerade vor dem Hintergrund, dass
die Animation der Gäste zum Alkoholkonsum eine bekannte und weit verbreitete
Praxis in Cabarets sei, habe der Beschwerdeführer erkennen müssen, dass dies
auch bei seinem Geschäftspartner so geschehe. Infolgedessen habe er bei der
Vermittlung jeder weiteren Tänzerin mindestens eventualvorsätzlich den
Tatbestand von Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG erfüllt. Da er damit habe rechnen
müssen, dazu beizutragen, dass sich der Cabaret-Betreiber an der unerlaubten
Animationstätigkeit unrechtmässig bereicherte, habe er den qualifizierten
Tatbestand gemäss Art. 116 Abs. 3 lit. a AuG erfüllt (Urteil, S. 14 f.).

3.3. Der Schuldspruch im Sinne von Art. 116 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. a AuG
wegen mehrfacher qualifizierter Förderung des rechtswidrigen Aufenthalts durch
Verschaffen einer nicht bewilligten Erwerbstätigkeit in vier Fällen ist
bundesrechtskonform. Auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz kann
verwiesen werden (vgl. zuvor E. 3.2). Die Vorbringen des Beschwerdeführers
erweisen sich als entweder haltlos oder unzutreffend.

3.3.1. Zunächst wendet er ein, gemäss Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG sei nur
derjenige Ausländer strafbar, der überhaupt keine Bewilligung zur
Erwerbstätigkeit habe, und Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG ahnde demnach
ausschliesslich das Verschaffen einer Erwerbstätigkeit an Ausländer, denen es
an einer Bewilligung für eine solche überhaupt fehle (Beschwerde, S. 7 f.).

 Diese Annahme trifft nicht zu. Die gesetzliche Regelung ist eindeutig: Nach
Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG macht sich strafbar, wer Ausländerinnen oder
Ausländern eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz ohne die  dazuerforderliche
Bewilligung verschafft. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung handelt es
sich um Gehilfenschaft zur Straftat im Sinne von Art. 115 Abs. 1 lit. c AuG,
wonach bestraft wird, wer eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit ausübt (vgl.
BGE 137 IV 159 E. 1.5.1 mit Hinweis). Die Frauen, die lediglich über eine
Bewilligung zum Tanzen in einem Cabaret verfügten, haben mit der entgeltlichen
Animation von Gästen zum Alkoholkonsum eine nicht bewilligte Erwerbstätigkeit
ausgeübt. Der Beschwerdeführer hat ihnen somit zu einer Erwerbstätigkeit ohne
die dazu erforderliche Bewilligung verholfen und sich gemäss Art. 116 Abs. 1
lit. b AuG strafbar gemacht.

3.3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, er hätte sich selbst dann nicht
strafbar gemacht, wenn Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG auch in Fällen anwendbar
wäre, in denen ein Ausländer eine andere als die konkret bewilligte
Erwerbstätigkeit ausübe. Die Vorinstanz vertrete die Ansicht, es sei üblich und
gerichtsnotorisch, dass Tänzerinnen in Cabaret regelmässig Kunden zum
Alkoholkonsum animierten. Wenn eine Tänzerin nun genau dies tue, könne die
Vorinstanz deshalb nicht von einer "anderen" als der bewilligten
Arbeitstätigkeit ausgehen. Sonst wäre jeder Arbeitgeber zu verurteilen, der
einem ausländischen Angestellten neben dessen normaler Tätigkeit beispielsweise
das Amt auferlege, jeweils den Müll hinauszutragen, beim Aufräumen zu helfen
oder Briefe zur Post zu bringen. Auch könne entgegen der Auffassung der
Vorinstanz das Entlöhnungssystem nicht als Kriterium für die Zuweisung einer
nicht bewilligten Arbeit herangezogen werden. In diesem Zusammenhang sei sehr
wohl entscheidend, dass die Tänzerinnen ihre Animationstätigkeit freiwillig
ausgeübt hätten (Beschwerde, S. 8 f.).

 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Insbesondere hinkt der
Vergleich, wonach keinem ausländischen Angestellten bestimmte Sonderaufgaben
nebst der Haupttätigkeit mehr übertragen werden dürften. Im vorliegenden Fall
hatten die Tänzerinnen nicht lediglich einen nebensächlichen zusätzlichen
Auftrag zu erledigen. Vielmehr veränderte sich der Inhalt ihrer
Erwerbstätigkeit entscheidend, indem der Lohn allein von der Animation und
nicht mehr vom Tanzen abhing. Zutreffend erachtet die Vorinstanz als
irrelevant, dass die Frauen nicht mittels Drohung oder Gewalt zur Animation
gezwungen wurden, zumal ihnen mangels anderweitigem Einkommen keine andere Wahl
blieb.

 Selbst wenn die Vorinstanz davon ausgeht, die Animation gehöre in einem
Cabaret üblicherweise dazu, bedeutet dies entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers nicht, dass eine Bewilligung zum Tanzen auch die
Animationstätigkeit umfasst. Gemäss den Weisungen und Erläuterungen
Ausländerbereich (Weisungen AuG) des Staatssekretariats für Migration SEM
(Version vom 25.10.2013, Stand 1.07.2015, S. 146) sind Personen, welche Gäste
animieren, von der Bewilligung für Cabaret-Tänzerinnen ausdrücklich
ausgeschlossen, und Cabaret-Tänzerinnen ist die Animation untersagt. Demnach
kommt die Vorinstanz zutreffend zum Schluss, dass die Bewilligung für eine
Erwerbstätigkeit als Tänzerin die Animationstätigkeit nicht umfasst.

3.3.3. Unbeachtlich ist der Einwand des Beschwerdeführers, wonach der
vorinstanzlichen Logik zufolge die Angestellten des Migrationsamts ebenfalls
wegen Widerhandlung gegen das AuG verurteilt werden müssten, weil sie trotz
ihres (aufgrund eines Briefes von mehreren Tänzerinnen) konkreten Wissens um
die Animationstätigkeit weiterhin Arbeitsverträge für das Cabaret A.________
bewilligt hätten (Beschwerde, S. 5). Selbst wenn dem so wäre, würde dies an
seiner eigenen Strafbarkeit nichts ändern. Dasselbe gilt für sein Argument,
dass auch gegen die Tänzerinnen ein Strafverfahren eingeleitet werden müsste,
wenn diese mit ihrer Animationstätigkeit den Tatbestand von Art. 115 Abs. 1
lit. c AuG erfüllt hätten.

3.3.4. Ohne Relevanz ist auch sein Vorbringen, dass er als Vermittler der
Arbeitsverträge keine Einflussmöglichkeit und damit keine Tatmacht besessen
habe, was die Animationstätigkeit der Frauen betreffe (Beschwerde, S. 5 i.f.).
Dem Beschwerdeführer wird nicht vorgeworfen, er habe sich als Arbeitgeber im
Sinne von Art. 117 AuG strafbar gemacht. Zur Erfüllung des Tatbestands gemäss
Art. 116 Abs. 1 lit. b AuG ist keine Weisungsbefugnis hinsichtlich des
Einsatzbereichs der vermittelten Frauen erforderlich. Es reicht, dass der
Beschwerdeführer von der Art ihrer Arbeit Kenntnis hatte und den Frauen diese
ohne die entsprechende Bewilligung verschaffte.

3.3.5. Dass die Vorinstanz das Vorliegen eines leichten Falls im Sinne von Art.
116 Abs. 2 AuG nicht prüft, ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers
(Beschwerde, S. 11) nicht bundesrechtswidrig. Indem sie (zutreffend) auf einen
qualifizierten Fall gemäss Art. 116 Abs. 3 lit. a AuG erkennt (vgl. vorne E.
3.2 i.f.), fällt ein leichter Fall von Vornherein ausser Betracht. Auf eine
entsprechende Prüfung durfte die Vorinstanz deshalb verzichten.

3.3.6. Soweit der Beschwerdeführer vom vorinstanzlich festgestellten
Sachverhalt abweicht (wenn er beispielsweise geltend macht, er habe von der
Animationstätigkeit der von ihm vermittelten Frauen nichts gewusst), ohne
Willkür darzutun, ist auf seine Ausführungen nicht einzugehen (vgl. vorne E.
1).

4.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Verfahrenskosten
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist infolge
Aussichtslosigkeit der Beschwerde sowie mangels Nachweis seiner Bedürftigkeit
abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. August 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Siegenthaler

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