Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.359/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_359/2015

Urteil vom 7. Mai 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache grobe Verletzung der Verkehrsregeln, Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 17. Februar 2015.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. 
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte den Beschwerdeführer am 17.
Februar 2015 im Berufungsverfahren wegen mehrfacher Vereitelung von Massnahmen
zur Feststellung der Fahrunfähigkeit, mehrfachen Fahrens trotz Entzugs des
Führerausweises bzw. ohne Berechtigung, mehrfacher grober Verletzung der
Verkehrsregeln (Missachten Stoppsignal, Nichtanpassen der Geschwindigkeit,
Missachten Rotlicht, Missachten des Signals "Einfahrt verboten", Missachten des
Signals "Rechtsabbiegen", mangelnde Rücksichtnahme beim Abbiegen, Befahren des
Trottoirs), wegen mehrfacher Hinderung einer Amtshandlung, Fahrens in
fahrunfähigem Zustand, Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs und
mehrfacher Verletzung von Verkehrsregeln zu 18 Monaten Freiheitsstrafe, mit
aufgeschobenem Vollzug im Umfang von neun Monaten bei einer Probezeit von vier
Jahren, sowie zu 15 Tagessätzen zu Fr. 30.-- Geldstrafe und Fr. 300.-- Busse
bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen.

Der Beschwerdeführer wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil
des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

2.

2.1. Dem Beschwerdeführer wird unter anderem vorgeworfen, am 14. Februar 2010
vom Kreisel Betzholz kommend auf der Autobahn A53 in Richtung Reichenburg
gefahren zu sein, wobei er zufolge einer Blutalkoholkonzentration von 0,54
Gewichtspromillen fahrunfähig gewesen sei. Nachdem er einen Spurwechsel
ausgeführt habe, ohne den Blinker zu betätigen, habe ihn eine Polizeipatrouille
kontrollieren wollen. Er habe sich aber der Kontrolle entzogen, indem er eine
Sperrfläche missachtet habe und mit sehr hoher Geschwindigkeit davongefahren
sei. Auf diese Weise habe er sich einem Alkoholtest entziehen wollen. Nachdem
die Polizei ihn einholte und verhaftete, weigerte er sich auf dem Stützpunkt
der Polizei, eine Blutprobe abzugeben. Wegen dieses Verhaltens wurde der
Beschwerdeführer unter anderem wegen zweimaliger Vereitelung von Massnahmen zur
Feststellung der Fahrunfähigkeit verurteilt (vgl. angefochtenes Urteil S. 6/7
E. I/1/a und S. 10-18 E. III/1). Vor Bundesgericht ficht er nur die
Verurteilung in diesem Fall an.

2.2. In Bezug auf den ersten Vorfall auf der Autobahn, der zur Verurteilung
wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit führte,
stellt die Vorinstanz fest, der Beschwerdeführer habe erkannt, dass vor ihm
eine Polizeipatrouille fuhr und die rote Leuchtschrift, "Polizei - bitte
folgen", ihm galt. Er sei in der Folge nur aus dem Grund, sich der zu
erwartenden polizeilichen Kontrolle zu entziehen, davongefahren. Vor der Fahrt
habe er zugegebenermassen Alkohol getrunken, der zu foetor aethylicus und bei
drei später durchgeführten Atemlufttests zu einem Wert von mehr als 0,5
Promillen führte. Da er aufgrund des vorherigen Fahrverhaltens auf der Autobahn
höchstens eine Busse zu befürchten hatte, liege auf der Hand, dass er vor der
Polizei flüchtete, um einem Alkohol-Atemtest bzw. einer Blutprobe zu entgehen.

Es sind Tatfragen, ob und aus welchem Grund der Beschwerdeführer auf der
Autobahn flüchtete. Die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid
können vor Bundesgericht gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig im
Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV sind.
Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar
ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm
oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dass eine andere Lösung
ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (BGE 138 III 378 E. 6.1, 137 IV 1 E.
2.4). Die angebliche Willkür ist in der Beschwerde präzise zu rügen, und die
Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Das Bundesgericht stellt insoweit
strenge Anforderungen. Appellatorische Kritik, wie sie z.B. im
Berufungsverfahren vor einer Instanz mit voller Kognition vorgebracht werden
kann, ist vor Bundesgericht unzulässig. Die Beschwerde enthält zur Hauptsache
appellatorische Kritik. Insoweit ist darauf nicht einzutreten.

Zur Frage, ob der Beschwerdeführer die Polizeikontrolle erkannte und nur aus
dem Grund, sich dieser zu entziehen, davonfuhr, äussert er sich vor
Bundesgericht nicht. Es ist folglich davon auszugehen, dass er tatsächlich nur
deshalb vor der Polizei davon fuhr, um sich einer polizeilichen Kontrolle zu
entziehen.

In Bezug auf das Motiv zur Flucht und seinen Alkoholisierungsgrad bringt der
Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass nicht auf die Atemlufttests hätte
abgestellt werden dürfen. Das entsprechende Protokoll verstosse gegen die
Weisungen betreffend die Feststellung der Fahrfähigkeit im Strassenverkehr des
ASTRA, da die Unterschrift des Probanden, die unter Punkt 2.4 der Weisungen als
zwingend erforderlich vorgeschrieben sei, auf dem Dokument fehle (Beschwerde S.
2). Das Vorbringen geht an der Sache vorbei. Gemäss Punkt 2.4 der genannten
Weisungen des ASTRA ist die Unterschrift der betroffenen Person nur  für die
Anerkennung der Atem-Alkoholkonzentration zwingend erforderlich. Der
Beschwerdeführer hat den Wert nicht anerkannt und die entsprechende Stelle im
Protokoll nicht unterzeichnet (HD act. 9 S. 3). Aber die Vorinstanz hat auch
nicht festgestellt, dass er das Resultat des Atemlufttests anerkannt hätte
(vgl. Urteil S. 12 lit. dd). Davon, dass auf das Protokoll nicht abgestellt
werden dürfte, weil es vom Beschwerdeführer nicht unterschrieben wurde, kann
nicht die Rede sein. Den Wert selber vermag der Beschwerdeführer im Übrigen in
seiner Eingabe vor Bundesgericht nicht in Frage zu stellen. Inwieweit die
Feststellung der Vorinstanz, er habe vor der Fahrt eine nicht unerhebliche
Menge Alkohol getrunken und sei vor der Polizei geflüchtet, um einem
Alkohol-Atemtest bzw. einer Blutprobe zu entgehen, willkürlich wäre, sagt er
ebenfalls nicht. Unter diesen Umständen ist die erste Verurteilung wegen
Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit nicht zu
beanstanden.

2.3. In Bezug auf den  zweiten Vorfall auf dem Stützpunkt der Polizei und die
zweite Verurteilung wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der
Fahrunfähigkeit stellt die Vorinstanz unter anderem in tatsächlicher Hinsicht
fest, der Beschwerdeführer sei einem Drogenspeicheltest unterzogen worden, und
dieser sei bezüglich Cannabis positiv ausgefallen (Urteil S. 17 lit. bbb mit
Hinweis auf HD act. 9 S. 3). Der Beschwerdeführer stellt das Resultat in Abrede
(vgl. Beschwerde S. 3). Indessen sind seine Ausführungen dazu appellatorischer
Natur und vermögen keine Willkür darzutun. Es ist folglich davon auszugehen,
dass der Drogenspeicheltest bezüglich Cannabis positiv ausfiel.

2.4. In rechtlicher Hinsicht stellt der Beschwerdeführer in Bezug auf den
zweiten Vorfall die Frage, ob die Anordnung der Blutprobe rechtens war
(Beschwerde S. 3). Diese wurde nach dem positiven Drogenspeicheltest mit Blick
auf eine allfällig von anderen Substanzen als Alkohol verursachte
Fahrunfähigkeit angeordnet. In diesem Punkt kann in Anwendung von Art. 109 Abs.
3 BGG auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. Urteil S. 17/
18 lit. gg). Inwieweit diese bundesrechtswidrig sein könnten, ist der
Beschwerde nicht zu entnehmen und auch nicht ersichtlich.

2.5. Schliesslich ist der Beschwerdeführer der Ansicht, das Tatbestandsmerkmal
des Widersetzens sei nicht erfüllt, weil die Polizei ihm die Blutprobe aus
wichtigen Gründen auch gegen seinen Willen hätte abnehmen dürfen (Beschwerde S.
4). Ob die Blutentnahme im vorliegenden Fall tatsächlich mit Zwang hätte
durchgeführt werden dürfen, ist fraglich, kann aber offenbleiben. Auch wenn
dies der Fall gewesen sein sollte, vermöchte dies nichts daran zu ändern, dass
der Beschwerdeführer sich geweigert und damit strafbar gemacht hat.

3. 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Aus welchem Grund davon
abgesehen werden soll, ist nicht ersichtlich. Das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die
Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Den finanziellen Verhältnissen des
Beschwerdeführers (vgl. angefochtenes Urteil S. 45) ist bei der Bemessung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Mai 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Monn

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