Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.240/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_240/2015

Urteil vom 23. Juli 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Schär.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jakob Rhyner,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaa tsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8090 Zürich,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Guy Reich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Nichtanhandnahme (fahrlässige Körperverletzung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 5. Februar 2015.

Sachverhalt:

A.

 Am 25. Juni 2012 ereignete sich auf der Autobahn A1 in Fahrtrichtung Zürich
auf der Höhe der Ausfahrt Wädenswil eine Auffahrkollision mit mehreren
beteiligten Fahrzeugen. In der Folge stellte X.________ Strafantrag gegen
A.________ wegen fahrlässiger Körperverletzung.

B.

 Am 14. Oktober 2013 verfügte die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis die
Nichtanhandnahme des Strafverfahrens gegen A.________.

 Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde von X.________ gegen
die Nichtanhandnahmeverfügung am 5. Februar 2015 ab.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Beschluss des
Obergerichts sei aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Untersuchung an die
Staatsanwaltschaft zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

 Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor
der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme
erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung
oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Der Privatklägerschaft
wird Letzteres gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zuerkannt, wenn der
angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken
kann. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die
Privatklägerschaft die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen
formeller Natur, die von der Prüfung der Sache selber getrennt werden können.
Nicht zu hören sind Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des
angefochtenen Entscheids abzielen (vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 248 E. 2;
je mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer legt nicht dar, ob und welche Zivilforderungen er gegen
den Beschwerdegegner geltend machen wird und inwiefern die Aufhebung des
angefochtenen Beschlusses sich auf diese Forderungen auswirken kann. Jedoch
rügt er in verschiedener Hinsicht eine Verletzung seiner Parteirechte, weshalb
er zur Beschwerde berechtigt ist.

2.

 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung des rechtlichen Gehörs,
insbesondere in Zusammenhang mit Art. 101 Abs. 1 und Art. 107 Abs. 1 StPO,
geltend. Dazu führt er aus, ihm sei das Akteneinsichtsrecht nicht gewährt
worden. Zudem hätte ihn die Staatsanwaltschaft als Auskunftsperson einvernehmen
und ihm Gelegenheit geben müssen, Beweisanträge zu stellen. Stattdessen sei die
Nichtanhandnahmeverfügung ergangen, ohne dass ihm das rechtliche Gehör gewährt
worden sei. Schliesslich komme die vorinstanzliche Begründung einer
Rechtsverweigerung gleich.

2.1. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Akteneinsicht hätte ihm bereits
nach der ersten Einvernahme des Beschwerdegegners gewährt werden müssen. Er
habe bei der Staatsanwaltschaft mehrmals ein entsprechendes Gesuch gestellt.
Die Akteneinsicht sei ihm jedoch nur "häppchenweise" gewährt worden, was eine
Verletzung seiner Parteirechte darstelle.

 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör.
Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits stellt
es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids
dar, welcher in die Rechtsstellung einer Person eingreift. Dazu gehört etwa das
Recht, Einsicht in die Akten zu nehmen (BGE 133 I 270 E. 3.1; 132 V 368 E. 3.1;
je mit Hinweisen). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur,
womit seine Verletzung ungeachtet der materiellen Begründetheit des
Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des
angefochtenen Entscheids führt (BGE 135 I 187 E. 2.2; 132 V 387 E. 5.1; je mit
Hinweisen). Immerhin kann eine Gehörsverletzung ausnahmsweise geheilt werden.
Eine solche Heilung kommt aber nur dann in Betracht, wenn dem Betroffenen durch
die erst nachträgliche Gewährung des rechtlichen Gehörs kein Rechtsnachteil
erwächst. Dies ist praxisgemäss dann der Fall, wenn die Verletzung des
Anspruchs nicht besonders schwer wiegt und die unterbliebene Anhörung,
Akteneinsicht oder Beweiserhebung in einem Rechtsmittelverfahren nachgeholt
wird, in welchem der Beschwerdeinstanz die gleiche Prüfungsbefugnis wie der
unteren Instanz zusteht, sie also sowohl den Sachverhalt als auch die
Rechtsfragen frei überprüfen kann (vgl. BGE 137 I 195 E. 2.3.2; 133 I 201 E.
2.2; 132 V 387 E. 5.1; je mit Hinweisen).

 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen und
des Bundesstrafgerichts (Art. 80 Abs. 1 BGG). Anfechtungsobjekt bildet der
Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. Februar 2015. Soweit der
Beschwerdeführer rügt, die Staatsanwaltschaft habe ihm kein umfassendes
Akteneinsichtsrecht gewährt, kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.
Die Vorinstanz äussert sich zu dieser Frage nicht. Allerdings ist den Akten zu
entnehmen, dass sie dem Beschwerdeführer spätestens mit Verfügung vom 28.
Februar 2014 das umfassende Akteneinsichtsrecht einräumte. Eine allfällige
Gehörsverletzung respektive eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts wäre damit
ohnehin geheilt.

2.2. Die Verletzung weiterer Parteirechte, insbesondere des Rechts auf
Teilnahme an den Einvernahmen der übrigen Unfallbeteiligten, macht der
Beschwerdeführer erstmals im bundesgerichtlichen Verfahren explizit geltend. Im
vorinstanzlichen Verfahren zielte seine Kritik in erster Linie auf die
behauptete Verletzung des Akteneinsichtsrechts ab. Eine Verletzung weiterer
Parteirechte rügte er, wenn überhaupt, lediglich am Rande. Aufgrund dessen
äussert sich die Vorinstanz dazu in ihrem Beschluss ebenfalls nicht. Darin
aber, dass sich die Vorinstanz an den vom Beschwerdeführer selber vorgegebenen
Rahmen gehalten hat, ist keine Rechtsverweigerung zu sehen. Der
Beschwerdeführer hätte den kantonalen Instanzenzug ausschöpfen müssen, falls er
der Vorinstanz Rechtsverweigerung vorwerfen will.

2.3. Schliesslich kritisiert der Beschwerdeführer, dass er vor Erlass der
Nichtanhandnahmeverfügung nicht über den bevorstehenden Verfahrensabschluss
informiert wurde.

 Diesbezüglich erwägt die Vorinstanz, es sei keine formelle Eröffnungsverfügung
ergangen. Gleichwohl habe die Staatsanwaltschaft zum Unfallgeschehen mehrere
formelle Befragungen beschuldigter Personen sowie eines Zeugen durchgeführt,
bevor sie das Verfahren gegen den Beschwerdegegner bezüglich des Tatbestands
der fahrlässigen Körperverletzung nicht an die Hand nahm. Dieses Vorgehen sei
vertretbar gewesen, da aufgrund der Unfallendlage zwar klare Hinweise auf
Verkehrsregelverletzungen durch den Beschwerdegegner vorlagen, nicht jedoch für
einen Kausalzusammenhang zwischen einem entsprechenden Fehlverhalten und den
beim Beschwerdeführer eingetretenen Verletzungen. Der Erlass einer
Nichtanhandnahmeverfügung setze nicht voraus, dass den Parteien dazu vorgängig
das rechtliche Gehör eingeräumt werde.

 Art. 310 Abs. 2 StPO verweist für die Modalitäten des
Nichtanhandnahmeverfahrens auf die Bestimmungen der Verfahrenseinstellung. Art.
318 Abs. 1 StPO ist nicht anwendbar, wenn die Staatsanwaltschaft eine
Nichtanhandnahme verfügt. Sie muss weder den Parteien ankündigen, dass sie eine
Nichtanhandnahmeverfügung erlassen wird, noch ihnen eine Frist ansetzen, um
Beweisanträge zu stellen (Urteil 6B_641/2013 vom 12. Dezember 2013 E. 3.2 mit
Hinweisen).

 Der Beschwerdeführer setzt sich mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht
auseinander. Er wendet sich auch nicht gegen die Erledigungsart. Vielmehr führt
er aus, nach einer Rückweisung an die Staatsanwaltschaft könne diese, nachdem
ihm seine Parteirechte gewährt worden seien, nochmals eine Nichtanhandnahme
verfügen. Wird das Verfahren durch Nichtanhandnahme abgeschlossen, gelangt Art.
318 Abs. 1 StPO nicht zur Anwendung, weshalb den Parteien der bevorstehende
Verfahrensabschluss nicht angekündigt werden muss. Dementsprechend geht auch
der Einwand des Beschwerdeführers fehl, er sei nicht aufgefordert worden,
Beweisanträge zu stellen. Eine solche Aufforderung ist ebenfalls nur im
Anwendungsbereich von Art. 318 Abs. 1 StPO vorgesehen. Schliesslich ist
anzumerken, dass der Beschwerdeführer im vorinstanzlichen Verfahren mit
Verfügung vom 28. Februar 2014 zur Einreichung einer Stellungnahme aufgefordert
wurde. Bereits damals hätte er sich zur Sache äussern, allfällige Beweisanträge
stellen sowie seine eigene Befragung als Auskunftsperson beantragen können.
Werden Beweisanträge nicht rechtzeitig gestellt, verwirkt das entsprechende
Recht (vgl. BGE 125 I 127 E. 6c/bb mit Hinweisen). Die Rügen des
Beschwerdeführers sind unbegründet, soweit darauf einzutreten ist.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da
ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe entstanden sind.

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juli 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Schär

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