Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.225/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_225/2015

Urteil vom 24. August 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiberin Schär.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Daniel Jung,
Beschwerdeführerin,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510
Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Fahrlässige Tötung, Willkür,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 17.
November 2014.

Sachverhalt:

A. 
Gemäss Anklage fuhr X.________ am 13. Oktober 2011 um 15.10 Uhr mit einem
Personenwagen auf der A.________-Strasse in B.________ in Richtung
Hauptstrasse. Gleichzeitig fuhr C.________ mit einem Traktor auf der gegenüber
der A.________-Strasse vortrittsberechtigten Hauptstrasse in Richtung
D.________. Vor der Verzweigung mit der Hauptstrasse verlangsamte X.________
die Geschwindigkeit, hielt jedoch nicht vollständig vor der Wartelinie an. Sie
gelangte mit der linken Front ihres Personenwagens mit geringer Geschwindigkeit
zwischen das rechte Vorder- und Hinterrad des Traktors und kollidierte mit
diesem bei der oder knapp nach der Wartelinie. Der grobstollige Reifen des
Traktors verkrallte sich mit dem linken Kotflügel des Personenwagens, was zu
einem schlagartigen Anheben des rechten Hinterrades führte. In der Folge kippte
der Traktor um 90 Grad nach links und kam nach einer weiteren Drehung um 90
Grad auf dem Dach liegend zum Stillstand. C.________ wurde unter dem Traktor
eingeklemmt und zog sich schwere innere Verletzungen zu. Er verstarb noch an
der Unfallstelle. Die Staatsanwaltschaft wirft X.________ vor, sich der
fahrlässigen Tötung schuldig gemacht zu haben.

B. 
Das Bezirksgericht Frauenfeld sprach X.________ am 17. Dezember 2013 vom
Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.

Die Staatsanwaltschaft legte gegen das Urteil des Bezirksgerichts Frauenfeld
Berufung ein. Das Obergericht des Kantons Thurgau sprach X.________ am 17.
November 2014 der fahrlässigen Tötung schuldig und bestrafte sie mit einer
bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 70.-- sowie einer Busse von Fr.
1'300.--.

C. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Thurgau sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Eventualiter sei sie von Schuld und Strafe freizusprechen. Die
Kosten für das erst- und zweitinstanzliche Verfahren seien dem Staat
aufzuerlegen und es sei ihr für diese Verfahren eine angemessene Entschädigung
zuzusprechen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz eine willkürliche Beweiswürdigung
und die Verletzung des Grundsatzes "in dubio pro reo" vor.

1.1. Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs.
1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 139 II 404 E. 10.1 mit
Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 140 III 16 E. 2.1; 139 III 334 E.
3.2.5; 138 I 49 E. 7.1; je mit Hinweisen).

Inwiefern das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro reo" als
Beweiswürdigungsregel verletzt hat, prüft das Bundesgericht ebenfalls unter dem
Gesichtspunkt der Willkür. Diese aus der Unschuldsvermutung abgeleitete Maxime
wurde wiederholt dargelegt, worauf zu verweisen ist (BGE 138 V 74 E. 7; 127 I
38 E. 2a; je mit Hinweisen).

Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen
Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls
darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 264 E. 2.3; 139
I 229 E. 2.2; 138 I 225 E. 3.2; 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 I 65 E. 1.3.1; je mit
Hinweisen).

1.2. Die Beschwerdeführerin bemängelt, die Vorinstanz hätte bezüglich der
Todesursache nicht allein auf den Bericht des Amtsarztes vom 14. Oktober 2011
abstellen dürfen. Aufgrund des hohen Alters des Traktorfahrers müsse auch eine
andere Todesursache als der angebliche Milzriss in Betracht gezogen werden.
Einzig eine fachgerechte Obduktion hätte Gewissheit über die Todesursache
gebracht. Die vorinstanzlichen Feststellungen seien unhaltbar und verletzten
den Grundsatz "in dubio pro reo". Da sich die Vorinstanz nicht mit den
vorgebrachten Argumenten auseinandersetze, verletze sie zudem ihren Anspruch
auf rechtliches Gehör.

Die Vorinstanz erwägt, der Amtsarzt habe in seinem Bericht vom 14. Oktober 2011
festgehalten, der Brustkorb des Opfers sei im Bereich der linken unteren Hälfte
instabil gewesen. Mehrere Rippen seien gebrochen gewesen. Der Amtsarzt sei
davon ausgegangen, dass C.________ an inneren Blutungen gestorben sei. Der
instabile Brustkorb habe mit grösster Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung
der darunterliegenden Milz und zu schweren respektive unstillbaren Blutungen im
Bauchraum geführt. Es sei zu einem Kreislaufschock gekommen, welcher nach
einigen Minuten zum Hirntod geführt habe. Die Behauptung der
Beschwerdeführerin, C.________ habe unmittelbar vor dem Unfall eine
Hirnblutung, einen Aortariss oder einen Herzinfarkt erlitten, sei äusserst
unwahrscheinlich und durch nichts erhärtet. Der Unfall bilde die nicht
wegzudenkende Ursache für den Tod von C.________. Habe die Beschwerdeführerin
die Kollision verursacht, habe sie gleichzeitig mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit die alleinige Ursache für dessen Tod gesetzt.

Die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen sind nicht willkürlich. Der
Amtsarzt stellte einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Kollision und
dem Todeseintritt fest. Weiter schloss er von den äusserlich feststellbaren auf
innere Verletzungen des Opfers. Der Amtsarzt äusserte keinerlei Zweifel an der
Todesursache. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin hielt er eine
Autopsie nicht für nötig. Er wies lediglich darauf hin, dass die Versicherung
des Verstorbenen allenfalls auf eine Untersuchung bestehen könnte. Ebenfalls
unzutreffend ist, dass sich die Vorinstanz nicht mit den Einwänden der
Beschwerdeführerin befasst. Diese machte bereits im vorinstanzlichen Verfahren
geltend, aufgrund des hohen Alters des Opfers könne eine andere Todesursache
nicht ausgeschlossen werden. Die Vorinstanz qualifiziert das Vorbringen zu
Recht als reine Parteibehauptung. Konkrete Hinweise auf eine andere
Todesursache liegen jedenfalls nicht vor. Eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs ist ebenfalls nicht ersichtlich.

1.3. Bezüglich des Unfallhergangs stützt sich die Vorinstanz, wie bereits die
Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage, auf das Gutachten des Strassenverkehrs-
und Schifffahrtsamts des Kantons St. Gallen vom 16. Januar 2013. Der Gutachter
ermittelte nebst dem Unfallhergang auch den Kollisionsbereich. Dieser liege bei
oder knapp nach der Wartelinie.

Die Beschwerdeführerin bemängelt das Gutachten und die daraus gezogenen
Schlussfolgerungen in verschiedener Hinsicht. Sie wendet ein, der Gutachter
stelle nicht eindeutig fest, dass sich die Kollision auf der Hauptstrasse
ereignet habe. Dennoch gehe die Vorinstanz unzulässigerweise von einer
Kollision auf der Hauptstrasse aus. Dieser Einwand verfängt nicht. Der vom
Gutachter eingegrenzte Kollisionsbereich erstreckt sich zwar auch auf die
A.________-Strasse. Er liegt jedoch mehrheitlich auf der Hauptstrasse.
Jedenfalls weicht die Vorinstanz nicht vom Gutachten ab, indem sie feststellt,
die Kollision habe sich auf der Hauptstrasse ereignet. Wie noch zu zeigen sein
wird, stützt die Vorinstanz ihre Feststellung nicht allein auf das Gutachten,
sondern auf weitere Beweismittel wie etwa am Unfallort sichergestellte Spuren
und Zeugenaussagen.

Die Beschwerdeführerin bringt vor, das Gutachten sei unvollständig. Es sei
nicht ermittelt worden, welche Position die beteiligten Fahrzeuge im Verhältnis
zur Strasse eingenommen und welche "Bewegungen" kurz vor der Kollision
stattgefunden hätten. Ähnlich argumentierte sie bereits im kantonalen
Verfahren. Damals machte sie geltend, der Traktor habe vor der Kollision
allenfalls einen Schwenker auf die A.________-Strasse gemacht. Die Vorinstanz
erwägt diesbezüglich, der Gutachter habe den Kollisionsbereich nicht nach der
mutmasslichen Fahrtrichtung bestimmt. Ausgehend von der effektiven
Unfallendlage des Traktors habe er den Unfallablauf rekonstruiert und sich auch
über die wahrscheinlich beabsichtigte Fahrtrichtung geäussert. Ein Schwenker
des Traktors sei, wenn überhaupt, nur in einem sehr beschränkten Rahmen möglich
gewesen. Da die Vorinstanz willkürfrei zum Schluss gelangt, die Kollision habe
sich auf der Hauptstrasse ereignet, ist nicht ersichtlich, inwiefern die
beabsichtigte Fahrtrichtung oder die Position der Fahrzeuge im Verhältnis zur
Strassenlage relevant sein sollen. Die Einwände der Beschwerdeführerin sind
unbehelflich.

Ebenfalls bereits im kantonalen Verfahren vorgebracht hat die
Beschwerdeführerin den Einwand, gemäss den Feststellungen des
Kriminaltechnischen Dienstes habe sich die Kollision an einer anderen Stelle
als im vom Gutachter bezeichneten Bereich ereignet. Die Vorinstanz hält fest,
der Kriminaltechnische Dienst sei von der eindeutig widerlegten Annahme
ausgegangen, der Traktor sei gleich nach der Kollision umgekippt. Mit dieser
Erwägung setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Auf die Rüge ist
daher nicht einzutreten.

Weiter bemängelt die Beschwerdeführerin, die auf dem von der Vorinstanz
erwähnten Plan (vgl. act. A65) eingezeichneten Spurenfunde deuteten darauf hin,
dass der Kollisionspunkt rund sechs Meter westlich des vom Gutachter
bezeichneten Bereichs liege. Es bestünden somit erhebliche Zweifel, ob die
Kollisionsstelle auf der in ost-westlicher Richtung verlaufenden Hauptstrasse
korrekt ermittelt worden sei. Aufgrund dessen sei eine Abweichung in
nord-südlicher Richtung ebenfalls nicht auszuschliessen. Selbst die
Staatsanwaltschaft habe anlässlich des Augenscheins eingeräumt, dass der
Traktor "weiter vorne" gewesen sein müsse. Diese Argumentation ist nicht
stichhaltig. Die Vorinstanz stellt an der erwähnten Stelle fest, dass sämtliche
Kratzspuren, Felgenteile und Abdeckungen des linken Vorderrads des
Personenwagens sowie Glasscherben und Teile des Traktors ausnahmslos auf der
Hauptstrasse sichergestellt werden konnten. Dies wertet sie als Indiz dafür,
dass sich die Kollision auf der Hauptstrasse ereignete, was nicht zu
beanstanden ist. Selbst wenn die Behauptung der Beschwerdeführerin zutreffen
sollte, wonach der Kollisionsbereich weiter westlich lag als vom Gutachter
festgestellt, lässt sich daraus nicht ohne Weiteres ableiten, dass auch in
nord-südlicher Richtung eine Abweichung vorliegt. Hierfür gibt es keine
konkreten Hinweise.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansic ht, sie könne bei der Kollision nicht an
der vom Gutachter ermittelten Stelle gestanden sein. In diesem Fall wäre sie
links eingespurt gewesen, obwohl sie rechts habe abbiegen wollen. Ihr
Fahrverhalten hätte damit nicht jenem der übrigen Verkehrsteilnehmer
entsprochen. Diese Argumentation dringt nicht durch. Aus der behaupteten
Fahrweise der übrigen Verkehrsteilnehmer kann die Beschwerdeführerin nichts zu
ihren Gunsten ableiten.

Zusammenfassend liegen keine triftigen Gründe vor, die die Überzeugungskraft
des Gutachtens ernsthaft erschüttern würden. Demnach durfte die Vorinstanz auf
das Gutachten des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts des Kantons St. Gallen
vom 16. Januar 2013 abstellen, ohne in Willkür zu verfallen.

1.4. Die Vorinstanz setzt sich sodann eingehend mit den Aussagen diverser
Zeugen auseinander. E.________ habe den Unfall ab dem Zeitpunkt der Kollision
beobachtet. Er habe ausgesagt, die Front des Fahrzeugs der Beschwerdeführerin
habe nach der Kollision etwa 50 bis 100 cm über die Wartelinie hinaus auf die
Hauptstrasse geragt. Die Beschwerdeführerin sei unverzüglich rückwärts und dann
rechts in die Seitenstrasse gefahren. Nach der Vorinstanz bestehen keine
Zweifel, dass E.________ den Unfall ab dem Zusammenstoss beobachtet hat. Auf
seine Aussagen könne abgestellt werden.

Die Beschwerdeführerin wendet ein, einige Aussagen des Zeugen E.________ seien
unberücksichtigt geblieben. Dieser habe beispielsweise ausgesagt, der Traktor
sei in den Personenwagen hineingefahren, was sowohl den Feststellungen des
Gutachters als auch den Aussagen der Zeuginnen F.________ und G.________
zuwiderlaufen würde. Weiter bemängelt die Beschwerdeführerin, die Vorinstanz
habe sich nicht mit ihrem Einwand befasst, wonach der Zeuge E.________ nebst
der eigentlichen Kollision ein zweites Krachen gehört haben müsse, nämlich als
der Traktor auf den Strassenbelag geprallt sei.

Damit reisst die Beschwerdeführerin die Zeugenaussage aus ihrem Zusammenhang.
Die Vorinstanz hält fest, es habe beim Zusammenstoss einen Knall gegeben,
woraufhin der Zeuge aufgeblickt habe und der Traktor umgefallen sei. Dass beim
Umfallen wiederum Geräusche entstanden, stellt die Vorinstanz zwar nicht
explizit fest, dies liegt aber auf der Hand. Nach den vorinstanzlichen
Feststellungen beobachtete der Zeuge E.________ den Unfall erst ab dem
Zusammenstoss, weshalb er ohnehin keine verlässlichen Angaben zu den Bewegungen
der Fahrzeuge vor der Kollision respektive zur Frage, wer in wen hineingefahren
ist, machen kann. Der Zeuge E.________ sagte denn auch aus, er sei zwar der
Meinung, der Traktor sei in den Personenwagen hineingefahren. Dabei handle es
sich allerdings um eine eigene Interpretation der Geschehnisse. Die Vorinstanz
stellt zu Recht nur auf seine Aussagen zum Geschehen nach der Kollision ab.

1.5. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, es sei völlig ausgeschlossen, dass
die Zeugin F.________ die Kollision über einen Spiegel beobachtet habe.
Jedenfalls könne sie keine Angaben zum Kollisionsbereich machen. Die Zeugin
F.________ sagte aus, der Traktor sei auf der Hauptstrasse unterwegs gewesen.
Sie habe gesehen, wie der Personenwagen direkt zwischen Vorder- und Hinterachse
des Traktors gefahren sei. Der Traktor sei in Schräglage geraten, wobei das
grosse Rad hinten rechts erhöht gewesen sei. Anschliessend sei der Traktor
umgekippt. Die Vorinstanz erwägt, insgesamt habe F.________ den Unfallhergang
genau gleich geschildert wie im Gutachten beschrieben. Nach der Vorinstanz ist
es daher möglich, dass sie die Kollision im Rückspiegel beobachten konnte. Sie
erachtet die Aussagen der Zeugin als glaubwürdig. Der dagegen vorgebrachte
Einwand, es sei unmöglich, den Unfall in einem Spiegel beobachtet zu haben, ist
unsubstanziiert. Die Vorinstanz durfte auf die Aussagen der Zeugin F.________
abstellen.

1.6. Gegen die Aussagen der Zeugin G.________ bringt die Beschwerdeführerin
ähnliche Einwände vor. Auch sie könne nur mutmassen über die Kollisionsstelle.
Die Vorinstanz erwägt, die Aussagen der Zeugin G.________ hinsichtlich des
Unfallhergangs seien klar und konstant. Insbesondere bestätige sie die
Feststellung des Gutachters, wonach sich der Personenwagen der
Beschwerdeführerin beim Zusammenstoss in einer Vorwärtsbewegung befand. Nur
insoweit stellt die Vorinstanz auf die Aussagen der Zeugin G.________ ab. Der
Einwand der Beschwerdeführerin, die Zeugin könne keine Angaben zum
Kollisionsort machen, geht damit fehl.

1.7. Bezüglich des Zeugen H.________ führt die Beschwerdeführerin aus, dieser
habe als einziger den Unfallhergang schon vor der Kollision beobachtet. Die
Vorinstanz demontiere seine Aussagen mit willkürlichen Argumenten und
Schlussfolgerungen. Sie halte fest, die Sicht des Zeugen, welcher sich im
Waschraum einer gegenüberliegenden Garage befunden habe, sei durch unsaubere
Torscheiben, Bepflanzungen und abgestellte Fahrzeuge eingeschränkt gewesen. Im
Unfallzeitpunkt sei aber das Garagentor offen gestanden. In seinem Sichtfeld
seien auch keine Autos abgestellt gewesen. Dass die Sicht nicht eingeschränkt
gewesen sei, habe der Zeuge selbst bestätigt. Der Zeuge deklariere klar, was er
nicht gesehen habe. Dies sei als Realitätskriterium zu werten. Die
vorinstanzliche Annahme, er habe etwas rekonstruiert, sei nicht
nachvollziehbar.

Die Vorinstanz erwägt, die Erinnerungen des Zeugen H.________ zum Unfall seien
unvollständig und teilweise diffus. Seine Aussage darüber, ob der Traktor mit
der gesamten Vorderachse auf der A.________-Strasse gefahren sei, sei sehr
vage. Der Zeuge habe C.________ bereits mehrmals auf seinem Traktor beobachtet.
Es sei daher möglich, dass er das Unfallereignis gestützt auf frühere
Beobachtungen rekonstruiere, um die Gedächtnislücke zu füllen. Ein solches
Verhalten sei für Zeugen nicht aussergewöhnlich. Dafür spreche auch, dass er
den Personenwagen zunächst nicht bemerkt und auch nicht beobachtet habe, dass
sich der Traktor unmittelbar nach der Kollision zuerst hinten rechts angehoben
habe. Es sei daher möglich, dass der Zeuge erst durch das Geräusch der
Kollision auf den Unfall aufmerksam geworden sei. Dazu komme seine
erwiesenermassen falsche Überzeugung, dass der Traktor seitlich in den
Personenwagen hineingefahren sei.

Die Vorinstanz begründet ausführlich und in nachvollziehbarer Weise, weshalb
sie an der Wahrnehmung des Zeugen H.________ zweifelt. Sie stellt verbindlich
fest, dass er das Unfallgeschehen nicht vollständig richtig erfasste. Dies gilt
unabhängig davon, ob seine Sicht eingeschränkt war oder nicht. Soweit die
Beschwerdeführerin wiederum versucht, das Gutachten in Zweifel zu ziehen, sind
ihre Behauptungen unsubstanziiert. Die diesbezüglichen Ausführungen stellen
lediglich eine eigene Interpretation der Beweise dar, was nicht geeignet ist,
Willkür darzutun. Darauf ist nicht einzugehen.

1.8. Bezüglich der Aussagen der Beschwerdeführerin zeigt die Vorinstanz auf,
dass diese ihre Aussagen im Lauf des Verfahrens anpasste. Anfänglich sagte sie
aus, zwei bis drei Meter vor der Wartelinie angehalten zu haben. Zudem habe sie
ein Ausweichmanöver nach rechts versucht. Später habe sie angegeben, bei der
Linie angehalten zu haben. Von einem Ausweichmanöver sei keine Rede mehr
gewesen. Die Vorinstanz zeigt damit die Widersprüche in den Aussagen der
Beschwerdeführerin auf. Sie erwähnt zwar auch, dass sich ihre Aussagen mit
jenen von H.________ deckten. Seine Aussagen wurden jedoch erheblich
relativiert. Die weiteren von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Einwände
wurden bereits abgehandelt. Beispielsweise verweist sie bezüglich des
Kollisionsortes wiederum auf die vom Kriminaltechnischen Dienst bezeichnete
Stelle. Des Weiteren argumentiert sie erneut mit einer Verschiebung des
Kollisionsortes in westlicher Richtung (vgl. dazu E. 1.3).

1.9. Alles in allem bringt die Beschwerdeführerin nichts vor, was die
umfassende und sorgfältige Beweiswürdigung der Vorinstanz als willkürlich oder
gegen den Grundsatz "in dubio pro reo" verstossend erscheinen lassen würde.
Gestützt auf das Gutachten des Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamts des
Kantons St. Gallen vom 16. Januar 2013, die sichergestellten Spuren sowie die
Zeugenaussagen durfte sie willkürfrei schliessen, dass die Beschwerdeführerin
nicht vor der Wartelinie anhielt und schliesslich mit dem Traktor auf der
Hauptstrasse kollidierte.

2. 
Auf die Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin, die erst- und zweitinstanzlichen
Verfahrenskosten seien dem Staat aufzuerlegen und sie sei für diese Verfahren
zu entschädigen, ist nicht einzutreten. Die Anträge werden mit einem Freispruch
vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung begründet. Es bleibt jedoch beim
vorinstanzlichen Schuldspruch.

3. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. August 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Die Gerichtsschreiberin: Schär

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