Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.20/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_20/2015

Urteil vom 16. März 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Bundesrichterin Jametti,
Gerichtsschreiber Näf.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Paul Brantschen,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200
Schaffhausen,
2. A.________ GmbH,
vertreten durch Rechtsanwalt Hans-Peter Sorg,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Ungetreue Geschäftsbesorgung; Zivilforderung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 18.
November 2014.

Sachverhalt:

A. 
Das Kantonsgericht Schaffhausen sprach X.________ am 29. Mai 2009 der
ungetreuen Geschäftsbesorgung, der Misswirtschaft und der mehrfachen
Bevorzugung eines Gläubigers schuldig. Es bestrafte ihn mit einer
Freiheitsstrafe von 15 Monaten, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von
zwei Jahren. Es entschied im Zivilpunkt, dass die "Zivilforderung der
A.________ GmbH .... dem Grundsatz nach gutgeheissen" wird, in solidarischer
Haftung mit den Mitangeklagten Y.________ und Z.________. "In Bezug auf die
Höhe des Schadenersatzes" wurde "die Zivilforderung auf den Weg des
ordentlichen Zivilprozesses gewiesen".

X.________ erhob Berufung. In der Berufungsbegründung stellte er unter anderem
die Anträge, das Verfahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung und mehrfacher
Bevorzugung eines Gläubigers sei infolge Eintritts der absoluten
Verfolgungsverjährung einzustellen. Im Übrigen sei er von Schuld und Strafe
freizusprechen. Die Zivilforderung der A.________ GmbH sei abzuweisen, soweit
darauf einzutreten sei.

Das Obergericht des Kantons Schaffhausen verurteilte X.________ in teilweiser
Gutheissung der Berufung mit Entscheid vom 18. November 2014 wegen ungetreuer
Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB), Misswirtschaft (Art. 165
Ziff. 1 StGB) und Bevorzugung eines Gläubigers (Art. 167 StGB) zu einer
Geldstrafe von 360 Tagessätzen zu Fr. 230.--, bedingt vollziehbar bei einer
Probezeit von zwei Jahren. Im Zivilpunkt erkannte das Obergericht, dass die
"Zivilklage ... dem Grundsatz nach gutgeheissen (wird), nämlich in Bezug auf
den Bestand der Schadenersatzpflicht des Angeklagten gegenüber der
Zivilklägerin als solchen, in solidarischer Haftung mit dem Mitangeklagten
Y.________".

B. 
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er stellt die Anträge, er sei vom
Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung freizusprechen und lediglich der
Misswirtschaft und der Bevorzugung eines Gläubigers schuldig zu sprechen. Er
sei unter Einbezug des Freispruchs angemessen zu bestrafen. Die Zivilforderung
der A.________ GmbH sei vollumfänglich abzuweisen, eventualiter sei darauf
nicht einzutreten.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer war einziger Verwaltungsrat der B.________ AG. In
dieser Eigenschaft war er im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB damit
betraut, das Vermögen der Gesellschaft zu verwalten beziehungsweise die
Vermögensverwaltung zu beaufsichtigen. Y.________ war Alleinaktionär und
Direktor der B.________ AG.

1.2.

1.2.1. Der Beschwerdeführer erstellte den Jahresabschluss 2001 der B.________
AG verspätet erst am 25. Juni 2003 und hielt die Generalversammlung 2001
ebenfalls verspätet erst am 11. Juli 2003 ab.

Die Generalversammlung wird durch den Verwaltungsrat, nötigenfalls durch die
Revisionsstelle, einberufen (Art. 699 Abs. 1 Satz 1 OR). Die ordentliche
Generalversammlung findet alljährlich innerhalb sechs Monaten nach Schluss des
Geschäftsjahres statt (Art. 699 Abs. 2 OR). Die Generalversammlung hat unter
anderem die unübertragbare Aufgabe, die Jahresrechnung zu genehmigen (Art. 698
Abs. 2 Ziff. 4 OR). Die Jahresrechnung muss mithin spätestens dann vorliegen,
wenn die Generalversammlung tagt, also spätestens sechs Monate nach Schluss des
Geschäftsjahres. Der Jahresabschluss 2001 der B.________ AG wurde erst am 25.
Juni 2003 erstellt und an der ordentlichen Generalversammlung vom 11. Juli 2003
genehmigt. Dies war jedenfalls unter Berücksichtigung der konkreten Umstände
pflichtwidrig verspätet, zumal nach den Aussagen des Beschwerdeführers schon im
Jahr 2001 wegen der schlechten Auftragslage ein Umsatzrückgang absehbar war,
wodurch das Aktienkapital und die gebundenen Reserven als erheblich gefährdet
erscheinen mussten. Unter diesen Umständen hätte die finanzielle Situation der
B.________ AG per Ende 2001 möglichst rasch festgestellt werden müssen, um
allenfalls den Pflichten gemäss Art. 725 OR bei Überschuldung nachzukommen, und
jedenfalls nicht erst lange nach Ablauf der Frist von sechs Monaten ermittelt
werden dürfen. Insoweit liegt nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz,
welche der Beschwerdeführer nicht in Zweifel zieht, eine Pflichtverletzung vor.

1.2.2. Der Beschwerdeführer nahm in der im Juni 2003 erstellten Bilanz der
B.________ AG per 31. Dezember 2001 in Bezug auf eine Forderung der B.________
AG gegenüber der C.________ Inc. von US$ 134'000.-- (umgerechnet Fr.
195'640.--) in Verletzung seiner Pflichten eine ungenügende Wertberichtigung um
Fr. 159'870.-- auf Fr. 35'770.-- vor. Die Forderung hätte nach der Einschätzung
der Vorinstanz, welche der Beschwerdeführer nicht anficht, bei pflichtgemässer
Anwendung des Vorsichtsprinzips im Rahmen einer Rechnungslegung nach allgemein
anerkannten Grundsätzen vollständig wertberichtigt werden müssen.

1.2.3. Der Beschwerdeführer aktivierte eine angebliche Schadenersatzforderung
der B.________ AG gegen die A.________ GmbH von Fr. 1'185'134.-- nebst Zins in
der Bilanz per 1. Januar 2002 und nahm per 31. Dezember 2002 eine ungenügende
Wertberichtigung um Fr. 780'000.-- auf Fr. 485'130.55 (inklusive Zins) vor. In
Wahrheit bestand kein realistischer Ansatzpunkt für die Existenz
beziehungsweise Berechtigung der behaupteten Schadenersatzforderung (unter
anderem wegen angeblicher Verletzung von Kundenschutzklauseln, unlauterem
Wettbewerb und mangelhafter Lieferungen) und hätte diese jedenfalls per Ende
2002 vollständig wertberichtigt werden müssen. Der Beschwerdeführer ficht auch
diese Einschätzung der Vorinstanz nicht an.

1.3. Wäre die Forderung der B.________ AG gegenüber der C.________ Inc.
pflicht- und ordnungsgemäss per 31. Dezember 2001 vollständig, d.h. um weitere
Fr. 35'770.--, wertberichtigt worden, so wäre nach den Feststellungen der
Vorinstanz per Ende 2001 eine Überschuldung der B.________ AG im Umfang von Fr.
30'860.96 ausgewiesen worden. Wäre die Forderung der B.________ AG gegenüber
der A.________ GmbH pflicht- und ordnungsgemäss per 31. Dezember 2002
vollständig, d.h. um weitere Fr. 485'130.55, wertberichtigt worden, so wäre
nach den Feststellungen der Vorinstanz per Ende 2002 eine Überschuldung der
B.________ AG im Umfang von Fr. 363'456.90 ausgewiesen worden. In Anbetracht
der bei ordnungsgemässen Verbuchungen ausgewiesenen Überschuldungen in den
Jahren 2001 und 2002 hätte der Beschwerdeführer als Verwaltungsrat gestützt auf
Art. 725 Abs. 2 OR mangels Alternativen den Richter benachrichtigen müssen,
welcher gemäss Art. 725a Abs. 1 OR auf die Benachrichtigung hin den Konkurs
über die B.________ AG eröffnet hätte. Stattdessen wurde der Konkurs erst viel
später, nämlich am 23. September 2004 eröffnet. Der Beschwerdeführer bewirkte
durch Verletzung der ihm als Verwaltungsrat obliegenden Pflichten im
Zusammenhang mit der Rechnungslegung, dass die Konkurseröffnung über die
B.________ AG zeitlich hinausgeschoben wurde. In dieser Zeit bezogen der
Beschwerdeführer zulasten der B.________ AG weiterhin Honorare und der
Alleinaktionär und Direktor Y.________ Löhne und Spesen. Diese Aufwände zu
Lasten der B.________ AG wären bei früherer, rechtzeitiger Konkurseröffnung
unterblieben. In der Summe dieser Zahlungen wurde die B.________ AG an ihrem
Vermögen geschädigt.

1.4. In subjektiver Hinsicht hält die Vorinstanz fest, aufgrund der fachlichen
und tatsächlichen Kenntnisse des Beschwerdeführers als erfahrener Treuhänder
und Verwaltungsrat sei jedenfalls für den Zeitpunkt des effektiven Abschlusses
der Jahresrechnungen 2001 und 2002 am 25. respektive 27. Juni 2003 der Schluss
zu ziehen, dass es ihm darum gegangen sei, durch Buchungen entgegen den ihm
bekannten Rechnungslegungsgrundsätzen und damit unter Verletzung seiner
Pflichten als Vermögensverwalter zu verhindern, dass schon im Juni 2003 die
Überschuldung der B.________ AG ausgewiesen würde und daher der Richter
angerufen werden müsste. Der Beschwerdeführer habe gewollt beziehungsweise
zumindest in Kauf genommen, dass die überschuldete, nicht mehr produktive
B.________ AG nicht in Konkurs fiel, sondern weitergeführt wurde und zu ihrem
Schaden weitere Zahlungen insbesondere in Form von Löhnen und Spesen an den
Alleinaktionär und Direktor Y.________ leistete.

1.5. Aus diesen Gründen erfüllte der Beschwerdeführer nach der Auffassung der
Vorinstanz den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art.
158 Ziff. 1 Abs. 1 StGB zum Nachteil der B.________ AG.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet ein, er hätte im Juni 2003 entgegen der
Auffassung der Vorinstanz nicht sogleich den Richter anrufen müssen. Vielmehr
hätte er nach Massgabe von Art. 725 Abs. 2 OR zuerst noch eine Zwischenbilanz
zu Fortführungs- und zu Veräusserungswerten erstellen und diese zudem einem
zugelassenen Revisor zur Prüfung vorlegen müssen. Weiter hätte er auf der
Grundlage einer gründlichen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Analyse
(und immer in Rücksprache mit dem Alleinaktionär der Gesellschaft) die
Möglichkeit einer Sanierung prüfen dürfen und prüfen müssen. Erst wenn er eine
Sanierung pflichtgemäss hätte verwerfen müssen, hätte er den Richter
benachrichtigen müssen. All dies hätte noch mehrere Monate Zeit in Anspruch
genommen, so dass er mit einer Deponierung der Bilanz - auch nach den Prämissen
der Vorinstanz - jedenfalls noch bis in den Spätherbst 2003 hätte zuwarten
dürfen. Als strafrechtlich relevanter Vermögensschaden fielen damit einzig die
Ausgaben in Betracht, welche ab Spätherbst 2003 bis zur Konkurseröffnung am 23.
September 2004 noch zu Lasten der B.________ AG getätigt worden seien.

2.2. Der Einwand ist unbegründet. Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, dass
er in den Jahresrechnungen 2001 und 2002, welche er am 25. beziehungsweise am
27. Juni 2003 erstellte, zwei Forderungen in Verletzung der Buchführungsregeln
viel zu hoch bewertete und dadurch die bei korrekter Verbuchung im Juni 2003
ersichtliche Überschuldung der B.________ AG verschleierte. Im Juni 2003 wäre
mithin bei korrekter Buchung die Überschuldung ausgewiesen gewesen und konnte
es daher nicht mehr bloss darum gehen, wegen begründeter Besorgnis einer
Überschuldung eine Zwischenbilanz zu erstellen. Eine solche hätte der
Beschwerdeführer allenfalls Mitte 2002 erstellen müssen, da gemäss den
Ausführungen der Vorinstanz spätestens Mitte 2002 die begründete Besorgnis
einer Überschuldung bestand, doch wird dem Beschwerdeführer in der
Anklageschrift nicht auch zur Last gelegt, dass er es pflichtwidrig unterlassen
habe, Mitte 2002 eine Zwischenbilanz zu erstellen (siehe angefochtenes Urteil
S. 43, 50). Gemäss den vorinstanzlichen Ausführungen ist nicht ersichtlich,
inwiefern im Juni 2003, als bei ordnungsgemässer Rechnungslegung in den
Jahresabschlüssen 2001 und 2002 eine Überschuldung der B.________ AG
ausgewiesen worden wäre, irgendwelche Sanierungsmassnahmen erfolgversprechend
hätten sein können, und wurde solches vom Beschwerdeführer im kantonalen
Verfahren auch nicht geltend gemacht (angefochtener Entscheid S. 43). Der
Beschwerdeführer legt nicht substantiiert dar, inwiefern diese Ausführungen der
Vorinstanz unzutreffend sind.

3.

3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Zahlungen zulasten der B.________
AG seien grossenteils - als Lohn und Spesen - an den Alleinaktionär und
Direktor Y.________ gegangen. Dieser habe auch jederzeit Kenntnis von den
übrigen Auslagen zu Lasten der B.________ AG gehabt und sie akzeptiert.
Zwischen der B.________ AG und dem Alleinaktionär Y.________ habe eine
wirtschaftliche Identität bestanden. Das Tun und Unterlassen des
Beschwerdeführers im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsrat habe in allen
Teilen dem Willen des Alleinaktionärs entsprochen, und die B.________ AG habe
in die Vermögensverfügungen des Beschwerdeführers eingewilligt. Damit aber habe
die B.________ AG als solche gar nicht geschädigt werden können. Art. 158 StGB
schütze im Unterschied zu Art. 165 StGB nicht die Interessen der Gläubiger. Die
Vorinstanz verletze Art. 158 StGB, indem sie unter Berufung auf BGE 117 IV 259
den Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung als erfüllt erachte.

3.2. Die Einwände sind unbegründet. Die Einwilligung des Alleinaktionärs ist
nicht relevant. Die Aktiengesellschaft ist auch in der Form einer
Einpersonen-AG selbständige Vermögensträgerin, und ihr Vermögen ist nicht nur
nach aussen, sondern auch im Verhältnis zu den einzelnen Gesellschaftsorganen
ein fremdes. Die Einpersonen-AG ist auch für den sie als einziger
Verwaltungsrat beherrschenden Alleinaktionär jemand anderer. Diese
Verschiedenheit der Rechtssubjekte und damit die Fremdheit des Vermögens des
einen Rechtssubjekts für das andere ist auch im Strafrecht grundsätzlich
beachtlich (BGE 117 IV 259 E. 3b mit Hinweisen). Für Handlungen, die der
Geschäftsführer einer AG als Organ derselben vornimmt, haftet grundsätzlich nur
das Gesellschaftsvermögen. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers und
Verwaltungsrats besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 754 ff. OR).
Da grundsätzlich nur das Vermögen der AG gegenüber Dritten haftet, enthält das
Aktienrecht eine ganze Reihe von Bestimmungen, die den Schutz des
Gesellschaftsvermögens bezwecken. Diese Vorschriften muss auch der faktisch
einzige Verwaltungsrat beziehungsweise Geschäftsführer und Alleinaktionär einer
Einpersonen-AG beachten beziehungsweise darf der Verwaltungsrat und
Geschäftsführer auch mit Zustimmung des Alleinaktionärs nicht missachten. Eine
Handlung des Geschäftsführers, die im Widerspruch zu diesen gesetzlichen
Vorschriften steht, ist pflichtwidrig und erfüllt den objektiven Tatbestand der
ungetreuen Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 StGB, wenn als Folge des
pflichtwidrigen Handelns die Einpersonen-AG am Vermögen geschädigt wird (siehe
BGE 117 IV 259 E. 4 mit Hinweisen). Eine Vermögensdisposition, die als
(verdeckte) Gewinnausschüttung (an den Verwaltungsrat beziehungsweise an den
Alleinaktionär) zu qualifizieren ist, ist pflichtwidrig, wenn sie im
Widerspruch zu zwingenden aktienrechtlichen Bestimmungen steht, die den Schutz
des Gesellschaftsvermögens bezwecken. Über diese Vorschriften, die nach ihrer 
"ratio legis" gerade auch dem Schutz Dritter dienen, welche mit der AG in
Kontakt kommen, kann sich auch ein Alleinaktionär einer Einpersonen-AG nicht
hinwegsetzen. Das Vermögen einer AG und damit auch einer Einpersonen-AG muss
nach den aktienrechtlichen Vorschriften gerade auch im Interesse Dritter
(Arbeitnehmer, Gläubiger der AG) in einem gewissen Umfang erhalten bleiben. Die
Interessen der Gläubiger der AG an der Erhaltung des Gesellschaftsvermögens in
einem gewissen Umfang werden nicht allein durch die Bestimmungen betreffend die
Konkursdelikte (Art. 163 ff. StGB) strafrechtlich geschützt, welche als
objektive Strafbarkeitsbedingung die Konkurseröffnung voraussetzen, sondern
auch durch Art. 158 StGB betreffend die ungetreue Geschäftsbesorgung (BGE 117
IV 259 E. 5a). Eine Vermögensdisposition zu Lasten der Einpersonen-AG, welche
das Reinvermögen der AG (Aktiven minus Passiven) im Umfang des Aktienkapitals
und der gebundenen Reserven unberührt lässt, ist nicht pflichtwidrig im Sinne
von Art. 158 StGB, egal, ob es sich bei der Vermögensdisposition um eine
(verdeckte) Gewinnausschüttung oder um einen Aufwand handelt. Wird hingegen das
Reinvermögen der Einpersonen-AG im Umfang des Aktienkapitals und der gebundenen
Reserven angetastet, so ist die Vermögensdisposition pflichtwidrig, soweit sie
eine (verdeckte) Gewinnausschüttung darstellt. Handelt es sich bei der
Vermögensdisposition hingegen um Aufwand, so ist sie nur pflichtwidrig unter
der weiteren Voraussetzung, dass sie mit den Pflichten des Geschäftsführers zur
sorgfältigen Verwaltung der Geschäfte der Gesellschaft nicht vereinbar ist, was
von den gesamten Umständen des konkreten Falles abhängt (BGE 117 IV 259 E. 5b).

Die in BGE 117 IV 259 vertretene Auffassung stützt sich auf eine
Meinungsäusserung von MARTIN SCHUBARTH (Kommentar zum schweizerischen
Strafrecht, 2. Band, Delikte gegen das Vermögen, Art. 137 - 172, 1990, Art. 159
StGB N. 38). BGE 117 IV 259 hat bei einigen Autoren Zustimmung gefunden ( HANS
SCHULTZ, ZBJV 129/1993 S. 38; ANDREAS DONATSCH, Aspekte der ungetreuen
Geschäftsbesorgung nach Art. 158 StGB, ZStrR 114/1996 S. 200 ff., 211). Er ist
bei andern Autoren auf Ablehnung gestossen ( MARCEL ALEXANDER NIGGLI, in:
Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, Art. 158 StGB N. 16; TRECHSEL/
CRAMERI, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2. Aufl. 2013, Art. 158 StGB N. 8;
STRATENWERTH/JENNY/BOMMER, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I,
Straftaten gegen Individualinteressen, 7. Aufl. 2010, § 19 N. 17; MATTHIAS
HEINIGER, Der Konzern im Unternehmensstrafrecht gemäss Art. 102 StGB, Diss.
Bern 2011, N. 578 ff., 584; MICHEL RIEDO, Ausgewählte strafrechtliche Aspekte
bei der Einpersonen-AG, unter Berücksichtigung des deutschen Rechts, Diss.
Freiburg 2011, S. 53 ff.). Die Kritiker wenden im Wesentlichen ein, die
Rechtsprechung laufe darauf hinaus, dass durch Art. 158 StGB die Interessen der
Gläubiger der Gesellschaft vor einer Gefährdung geschützt werden. Der
Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung setze indessen einen
Vermögensschaden voraus, und die Interessen der Gläubiger würden nicht durch
Art. 158 StGB, sondern durch Art. 163 ff. StGB betreffend die Betreibungs- und
Konkursdelikte geschützt. Die in BGE 117 IV 259 vertretene Auffassung
entspricht im Wesentlichen der sog. eingeschränkten Gesellschaftstheorie,
welcher die Rechtsprechung und wohl herrschende Lehre in Deutschland betreffend
den Tatbestand der Untreue (§ 266 D-StGB) im Zusammenhang mit der Einmann-GmbH
folgen (siehe BERND SCHÜNEMANN, in: Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 12.
Aufl. 2012, § 266 D-StGB N. 249, 253, 254).
Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung gemäss BGE 117 IV 259 in mehreren
Entscheiden - zumindest indirekt und implizit - bestätigt (siehe zum Beispiel
Urteile 6S.277/2005 vom 25. November 2006 E. 2; 6B_326/2012 vom 14. Januar 2013
E. 2.5.5; 6B_34/2013 vom 17. Juni 2013 E. 2.2; 6B_606/2014 vom 27. Oktober 2014
E. 2.3.2). An der Rechtsprechung ist festzuhalten.

Dass er auf der Grundlage dieser Rechtsprechung den Tatbestand der ungetreuen
Geschäftsbesorgung im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 StGB erfüllte, stellt der
Beschwerdeführer nicht in Abrede.

4.

4.1. Die A.________ GmbH beantragte als Zivilklägerin vor der ersten Instanz,
die Angeklagten (unter ihnen der Beschwerdeführer) seien zu verpflichten, ihr
unter solidarischer Haftung Fr. 784'379.60 nebst Zins zu 8,25 % seit 24. August
2001 sowie Fr. 55'011.60 nebst Zins zu 5 % seit 31. August 2004 zu bezahlen.

Die erste Instanz entschied im Zivilpunkt Folgendes:

"Die Zivilforderung der A.________ GmbH wird dem Grundsatz nach gutgeheissen,
in solidarischer Haftung mit den Mitangeklagten Y.________ und Z.________. In
Bezug auf die Höhe des Schadenersatzes wird die Zivilforderung auf den Weg des
ordentlichen Zivilprozesses gewiesen."

In seiner Berufungsbegründung stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die
Zivilforderung der A.________ GmbH sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten
werde.

Die A.________ GmbH beantragte in ihrer Berufungsantwort, die Berufungen seien
vollumfänglich abzuweisen. Eventuell seien die Angeklagten (unter ihnen der
Beschwerdeführer) in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verpflichten,
ihr unter solidarischer Haftung zu bezahlen: Fr. 594'177.65 zuzüglich Zins von
8,25 % seit 24. August 2001 und Fr. 85'144.15 zuzüglich Zins von 5 % seit 31.
August 2004.

Die Vorinstanz entschied im Zivilpunkt Folgendes:

"Die Zivilklage wird dem Grundsatz nach gutgeheissen, nämlich in Bezug auf den
Bestand der Schadenersatzpflicht des Angeklagten gegenüber der Zivilklägerin
als solchen, in solidarischer Haftung mit dem Mitangeklagten Y.________". "In
Bezug auf die Höhe des Schadenersatzes wird die Zivilklage auf den Weg des
ordentlichen Zivilprozesses gewiesen."

4.2. Der Beschwerdeführer erhebt gegen die Formulierung der Urteilsdispositive
im Zivilpunkt mehrere Einwände.

4.2.1. Soweit sich die Vorbringen auf den erstinstanzlichen Entscheid beziehen,
ist auf die Beschwerde nicht einzutreten, da Gegenstand des bundesgerichtlichen
Beschwerdeverfahrens einzig der Entscheid der Vorinstanz bildet.

4.2.2. Das vorinstanzliche Urteilsdispositiv unterscheidet sich vom
erstinstanzlichen Dispositiv unter anderem darin, dass nicht mehr die
"Zivilforderung", sondern - terminologisch richtiger - die "Zivilklage"
gutgeheissen wird. Zudem wird im vorinstanzlichen Urteilsdispositiv im
Unterschied zum erstinstanzlichen Dispositiv erläutert, worauf sich die
Gutheissung "dem Grundsatz nach" bezieht, nämlich "auf den Bestand der
Schadenersatzpflicht des Angeklagten gegenüber der Zivilklägerin als solchen".
Damit hält die Vorinstanz im Sinne eines Feststellungsurteils fest, dass der
Beschwerdeführer gegenüber der Zivilklägerin schadenersatzpflichtig ist. Dass
im Urteilsdispositiv nicht ausdrücklich von einer Feststellung die Rede ist,
ist unerheblich. Die Vorinstanz führt in ihren Urteilserwägungen aus, dass
somit "die grundsätzliche Haftung des Angeklagten, d.h. das Bestehen von dessen
Schadenersatzpflicht, als solche festzustellen und die Zivilklage in diesem
Sinne dem Grundsatz nach gutzuheissen" ist (angefochtener Entscheid S. 86). In
den Dispositiven beider Urteile wird sodann die Zivilforderung respektive die
Zivilklage übereinstimmend "in Bezug auf die Höhe des Schadenersatzes" auf den
Weg des ordentlichen Zivilprozesses gewiesen. Damit ist klar, worüber der
Zivilrichter noch zu entscheiden hat. Er hat unter anderem die Höhe des
Schadens festzusetzen (Art. 42 OR), den Schadenersatz zu bestimmen (Art. 43
OR), über allfällige Herabsetzungsgründe zu befinden (Art. 44 OR) und
allenfalls über den Rückgriff (Art. 50 Abs. 2 OR) zu entscheiden (siehe auch
angefochtener Entscheid S. 86).

4.2.3. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Privatklägerin habe vor der
Vorinstanz - wie bereits vor der ersten Instanz - eine Leistungsklage erhoben.
Der Entscheid der Vorinstanz, wonach die Zivilklage dem Grundsatz nach, nämlich
in Bezug auf den Bestand der Schadenersatzpflicht gutgeheissen wird, sei
indessen ein Feststellungsurteil. Somit habe die Vorinstanz der Zivilklägerin
etwas anderes zugesprochen, als diese verlangt habe. Dies verstosse gegen die
in Art. 253 aZPO/SH festgelegte Dispositionsmaxime, die auch im
Adhäsionsprozess gelte.

Der Einwand ist unbegründet. Das Feststellungsurteil, wonach der
Beschwerdeführer gegenüber der Zivilklägerin grundsätzlich
schadenersatzpflichtig ist, stellt gemessen an der Klage der Zivilklägerin auf
Leistung einer Geldsumme als Schadenersatz ein Minus dar. Die Vorinstanz hat
der Zivilklägerin somit weniger zugesprochen, als diese verlangt hat. Die
Feststellung der Schadenersatzpflicht im Urteil mag gemessen an der in der
Klage geforderten Leistung auf Zahlung einer Geldsumme etwas anderes sein. Die
Zulässigkeit einer solchen Feststellung ergibt sich indessen unmittelbar aus
dem Gesetz. Erfordert die vollständige Beurteilung der Zivilansprüche einen
unverhältnismässigen Aufwand, so kann nach Art. 45 Abs. 4 Satz 1 aStPO/SH, der
hier zur Anwendung gelangt (siehe Art. 453 Abs. 1 StPO), der Strafrichter die
Ansprüche nur dem Grundsatz nach entscheiden und den Geschädigten im Übrigen
auf den Weg des ordentlichen Zivilprozesses verweisen. Dieses Vorgehen im
Adhäsionsprozess stellt eine Ausnahme von der im Zivilprozess geltenden
Dispositionsmaxime dar. Die besonderen Bestimmungen der Strafprozessordnung
über die Art der Erledigung einer Zivilklage im Adhäsionsprozess gehen den
allgemeinen zivilprozessualen Regeln vor, wie die Vorinstanz im angefochtenen
Entscheid (S. 82) zutreffend bemerkt. Der Strafrichter darf gestützt auf Art.
45 Abs. 4 Satz 1 aStPO/SH den Zivilanspruch nur dem Grundsatz nach entscheiden,
auch wenn die Zivilklägerin nur eine Klage auf Leistung einer Geldsumme und
nicht eventualier auch eine Klage auf Feststellung des Anspruchs im Grundsatz
eingereicht hat.

4.2.4. Das vorinstanzliche Urteilsdipositiv im Zivilpunkt stellt entgegen einem
Einwand in der Beschwerde keine unzulässige Änderung des erstinstanzlichen
Dispositivs dar. Letzteres wird lediglich präzisiert, indem klargestellt wird,
worauf sich die Gutheissung dem Grundsatz nach bezieht, nämlich auf die
Schadenersatzpflicht als solche.

4.2.5. Unbegründet ist auch der Einwand des Beschwerdeführers, die
vorinstanzliche Gutheissung der Zivilklage dem Grundsatz nach sei eine
Erledigungsart, die im Gesetz nicht vorgesehen sei, welches zwischen
Feststellungs-, Leistungs- und Gestaltungsurteilen unterscheide. Die
Gutheissung der Zivilklage dem Grundsatz nach lehnt sich Art. 45 Abs. 4 aStPO/
SH an, wonach der Strafrichter die Ansprüche nur dem Grundsatz nach entscheiden
kann. Damit trifft der Strafrichter eine Feststellung über das Bestehen eines
Anspruchs beziehungsweise einer Ersatzpflicht.

4.2.6. Der Beschwerdeführer ficht das Dispositiv des vorinstanzlichen Urteils
schliesslich auch in Bezug auf seine darin angeordnete solidarische Haftung mit
dem Mitangeklagten Y.________ an. Er rügt insoweit eine Verletzung der
Begründungspflicht und seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zur Begründung
führt er aus, dass Y.________ gegen das erstinstanzliche Urteil ebenfalls
Berufung erhoben habe. Wann und wie dieses Berufungsverfahren erledigt worden
sei, wisse er aber nicht. Er wisse weder in tatsächlicher noch in rechtlicher
Hinsicht, weswegen Y.________ schliesslich verurteilt worden sei. Aus dem
angefochtenen Entscheid gehe dies nicht hervor. Es sei ihm daher nicht möglich,
sich sachgerecht mit Argumenten gegen die angeordnete solidarische Haftung zur
Wehr zu setzen.

Der Beschwerdeführer kann dem vorinstanzlichen Urteilsdispositiv entnehmen,
dass er gegenüber der Zivilklägerin, d.h. der A.________ GmbH, im Grundsatz
schadenersatzpflichtig erklärt worden ist. Er kann den vorinstanzlichen
Urteilserwägungen (S. 81-87) entnehmen, dass er für die von ihm verübten
strafbaren Handlungen zum Schaden der Zivilklägerin, nämlich die Straftaten der
Misswirtschaft (angefochtener Entscheid S. 54 ff.) und der Bevorzugung eines
Gläubigers (angefochtener Entscheid S. 63 f.), im Grundsatz
schadenersatzpflichtig erklärt worden ist. Der Beschwerdeführer wird durch die
im Urteilsdispositiv angeordnete solidarische Haftung mit dem Mitangeklagten
Y.________ entgegen seinen Andeutungen nicht auch im Grundsatz
schadenersatzpflichtig erklärt für allfällige Handlungen von Y.________, an
welchen er gar nicht beteiligt war.

5. 
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten
zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. März 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: Näf

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