Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.156/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_156/2015

Urteil vom 25. Februar 2015

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin E. Looser,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell A.Rh., Schützenstrasse 1A, 9100
Herisau,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Einstellungsverfügung (fahrlässige Tötung, einfache Verletzung von
Verkehrsregeln),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts von Appenzell A.Rh., 2. Abteilung,
vom 28. Oktober 2014.

Der Präsident zieht in Erwägung:

1. 
Am 17. Juni 2012 wurde in A.________ ein Kind von dem durch den
Beschwerdeführer gelenkten Personenwagen angefahren. Es erlag den dabei
erlittenen Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft Appenzell Ausserrhoden stellte
das gegen den Beschwerdeführer eröffnete Strafverfahren am 14. Februar 2013
ein.

Gegen die Einstellungsverfügung reichte die Mutter des Kindes Beschwerde ein.
Mit Zwischenentscheid vom 24. September 2013 beschloss das Obergericht des
Kantons Appenzell Ausserrhoden, unter dem Gesichtswinkel der Legitimation der
Mutter werde auf die Beschwerde eingetreten. Mit Urteil vom 28. Oktober 2014
hob das Obergericht die Einstellungsverfügung vom 14. Februar 2013 auf und wies
die Sache zur eventuellen Vornahme weiterer Untersuchungshandlungen und
allfälligen Anklageerhebung an die Staatsanwaltschaft zurück.

Der Beschwerdeführer wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil
des Obergerichts vom 28. Oktober 2014 sei aufzuheben und die
Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft vom 14. Februar 2013 zu
bestätigen.

2. 
Gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, die wie hier weder
die Zuständigkeit noch den Ausstand betreffen, ist eine Beschwerde ans
Bundesgericht nur zulässig, wenn alternativ der Vor- und Zwischenentscheid
entweder einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs.
1 lit. a BGG) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen
Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder
Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (Art. 93 Abs. 1 lit.
b BGG). Die selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden bildet aus
prozessökonomischen Gründen eine Ausnahme vom Grundsatz, dass sich das
Bundesgericht mit jeder Angelegenheit nur einmal befassen soll (BGE 139 IV 113
E. 1 S. 115; 135 I 261 E. 1.2 S. 263; je mit Hinweisen). Die Ausnahme ist
restriktiv und zurückhaltend zu handhaben, zumal sie nicht in erster Linie den
Interessen der Verfahrensbeteiligten dient, sondern das Bundesgericht entlasten
soll.

2.1. Nach der Rechtsprechung muss es sich im Bereich der Beschwerde in
Strafsachen beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1
lit. a BGG um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil
liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen
Endentscheid nicht mehr gänzlich behoben werden könnte. Diese Voraussetzung ist
im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Die blosse Verlängerung des Verfahrens
stellt lediglich einen tatsächlichen Nachteil und keinen solchen rechtlicher
Natur dar (BGE 139 IV 113 E. 1).

2.2. Ebenso fällt im vorliegenden Fall eine Anfechtung gestützt auf Art. 93
Abs. 1 lit. b BGG ausser Betracht. Bei Gutheissung des Antrags des
Beschwerdeführers läge zwar ein Endentscheid vor. Kumulativ erforderlich ist
jedoch, dass damit ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein
weitläufiges Beweisverfahren erspart würde. Dass diese Voraussetzung erfüllt
wäre, steht nicht fest.

Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz handelt es sich nicht um den Fall, in
welchem plötzlich und unerwartet ein Kind zwischen zwei am Strassenrand
parkierten Autos hindurch auf die Strasse rennt, sondern es geht um Kinder, die
die Strasse auf einer geraden und übersichtlichen Strecke von links nach rechts
überqueren wollten und die von verschiedenen Verkehrsteilnehmern denn auch
gesehen, vom Beschwerdeführer bis zur Kollision jedoch übersehen worden waren.
Aus dieser Tatsache ergibt sich für die Vorinstanz, dass vorab die
Sichtverhältnisse abzuklären seien. In einem weiteren Schritt werde zu klären
sein, welches die richtige Reaktion des Beschwerdeführers hätte sein müssen,
wenn er die Kinder rechtzeitig gesehen hätte. Zu fragen sei dann als nächstes,
ob der Unfall auch mit dieser korrekten Reaktion passiert wäre und wenn ja, mit
welchen (eventuell geringeren) Verletzungsfolgen des Kindes. Bezüglich der vom
Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Kollision gefahrenen Geschwindigkeit bestehe
sodann ein Widerspruch zwischen dessen Aussage (70 km/h) und den Angaben in der
Einstellungsverfügung (55-60 km/h). Zu diesem Punkt werde die
Staatsanwaltschaft nähere Ausführungen machen müssen. "Ausgehend von diesen
Prämissen" ist nach Auffassung der Vorinstanz "gestützt auf die heute
vorliegenden Untersuchungsergebnisse der Sachverhalt nicht klar und
vollständig". Sie überlässt es der Staatsanwaltschaft, "die aus ihrer Sicht für
ein umfassendes Untersuchungsergebnis notwendigen Beweismittel zu erheben"
(Urteil S. 9/10).

Gestützt auf diese Erwägungen lässt sich über den Umfang der Beweismassnahmen,
welche die Staatsanwaltschaft allenfalls noch ergreifen wird, zurzeit nichts
aussagen. Dass es zwingend zu einem weitläufigen Beweisverfahren kommen wird,
welches einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten verursacht, steht
jedenfalls nicht fest. Gesamthaft gesehen rechtfertigt es sich nicht, dass das
Bundesgericht die Beschwerde gegen die Rückweisungsverfügung ausnahmsweise
behandelt.

3. 
Auf die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 108 BGG nicht einzutreten. Bei
diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Entschädigung auszurichten,
weil sie vor Bundesgericht keine Umtriebe hatte.

Demnach erkennt der Präsident:

1. 
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht von Appenzell A.Rh., 2.
Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Februar 2015

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: C. Monn

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