Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.1212/2015
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_1212/2015

Urteil vom 29. November 2016

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Denys, Präsident,
Bundesrichter Oberholzer, Rüedi,
Gerichtsschreiber M. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Raffael Ramel,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Verletzung von Verkehrsregeln; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung,
1. Strafkammer, vom 20. Oktober 2015.

Sachverhalt:

A.
Das Regionalgericht Emmental-Oberaargau verurteilte X.________ am 14. Januar
2014 wegen grober Verkehrsregelverletzung, begangen durch Überholen eines
Personenwagens, dessen Führer die Absicht anzeigt, nach links abzubiegen. Vom
Vorwurf der groben, eventuell einfachen Verkehrsregelverletzung, angeblich
mehrfach begangen durch Nichtanpassen der Geschwindigkeit an die
Strassenverhältnisse mit Gefährdung eines entgegenkommenden Personenwagens und
durch Überschreiten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit um mindestens 30 km/h
ausserorts als Lenker eines Personenwagens, sprach es ihn frei. X.________
wurde mit einer bedingten Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu Fr. 220.-- und einer
Verbindungsbusse von Fr. 660.-- bestraft.
Auf Berufung von X.________ und Anschlussberufung der Generalstaatsanwaltschaft
hin bestätigte das Obergericht des Kantons Bern am 20. Oktober 2015 im
schriftlichen Verfahren den erstinstanzlichen Schuldspruch und bestrafte
X.________ mit einer bedingten Geldstrafe von 12 Tagessätzen zu Fr. 250.--
sowie mit einer Verbindungsbusse von Fr. 750.--.

B.
X.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil
sei hinsichtlich des Schuldspruchs wegen grober Verkehrsregelverletzung
aufzuheben und er sei vollumfänglich freizusprechen. Allenfalls sei die Sache
zu neuer Entscheidung im mündlichen Verfahren an das Obergericht
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz hätte nicht auf eine
mündliche Berufungsverhandlung verzichten dürfen. Die Ablehnung seiner
Beweisanträge um Einvernahme von ihm selber sowie der Zeugen A.________,
B.D.________ und dessen Ehefrau verstosse gegen seinen Anspruch auf rechtliches
Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 107 Abs. 1 lit. e
StPO. Das vorinstanzliche Vorgehen verletze überdies Art. 343 Abs. 3, Art. 389
Abs. 2 lit. b und Abs. 3, Art. 405 Abs. 1 und Art. 406 Abs. 1 und 2 StPO.

1.2. Die Verfahrensleitung der Vorinstanz hat die im Rahmen der
Berufungserklärung gestellten Beweisanträge des Beschwerdeführers mit Verfügung
vom 1. Juli 2014 abgewiesen. Zur Begründung führte sie an, das
Berufungsverfahren beruhe auf den im Vorverfahren und in der erstinstanzlichen
Hauptverhandlung erhobenen Beweisen. Eine Wiederholung der Beweiserhebungen sei
nur unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen, welche vorliegend nicht
gegeben seien. Eine Beweisergänzung von Amtes wegen oder auf Antrag einer
Partei erfolge, falls zusätzliche Beweise erforderlich seien. Dies sei
vorliegend nicht der Fall, zumal sämtliche beantragte Zeugen bereits durch das
erstinstanzliche Gericht einvernommen worden seien. Im Übrigen verwies die
Verfahrensleitung "auf die umfassenden und zutreffenden Erwägungen der
Generalstaatsanwaltschaft" in deren Stellungnahme vom 5. Juni 2014.
Gleichzeitig stellte die Verfahrensleitung unter Verweis auf Art. 406 Abs. 2
StPO in Aussicht, das Berufungsverfahren schriftlich durchzuführen und forderte
den Beschwerdeführer auf, innert 20 Tagen zu erklären, ob er damit
einverstanden sei. Mit Schreiben vom 10. Juli 2014 ersuchte der
Beschwerdeführer um Wiedererwägung der Verfügung vom 1. Juli 2014. Darüber
hinaus teilte er mit, dass er mit der Durchführung des schriftlichen Verfahrens
einverstanden sei, "falls die Beweisanträge weiterhin als abgewiesen gelten
sollen". Am 17. Juli 2014 lehnte die Verfahrensleitung der Vorinstanz das
Gesuch um Wiederwägung ab und ordnete die Durchführung des schriftlichen
Verfahrens gemäss Art. 406 Abs. 2 StPO an.

1.3.

1.3.1. Das Berufungsverfahren ist grundsätzlich mündlich und öffentlich;
schriftliche Berufungsverfahren sollen nach der Intention des Gesetzgebers die
Ausnahme bleiben (vgl. Art. 69 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 StPO; Botschaft vom
21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1316
Ziff. 2.9.3.2; BGE 139 IV 290 E. 1.1 S. 291 f.). Die Voraussetzungen zur
Durchführung schriftlicher Berufungsverfahren sind in Art. 406 StPO
abschliessend geregelt (BGE 139 IV 290 E. 1.1 S. 292). Die Berufung kann unter
anderem in einem schriftlichen Verfahren behandelt werden, wenn ausschliesslich
Rechtsfragen zu entscheiden sind (Art. 406 Abs. 1 lit. a StPO). Gemäss Art. 406
Abs. 2 StPO kann die Verfahrensleitung das schriftliche Verfahren mit dem
Einverständnis der Parteien zudem anordnen, wenn die Anwesenheit der
beschuldigten Person nicht erforderlich ist (lit. a) oder Urteile eines
Einzelgerichts Gegenstand der Berufung sind (lit. b).

1.3.2. Das Rechtsmittelverfahren beruht auf den Beweisen, die im Vorverfahren
und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhoben worden sind (Art. 389 Abs. 1
StPO). Beweisabnahmen des erstinstanzlichen Gerichts werden im
Rechtsmittelverfahren nur unter den in Art. 389 Abs. 2 StPO genannten
Voraussetzungen wiederholt. Nach Abs. 3 der Vorschrift erhebt die
Rechtsmittelinstanz von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei die
erforderlichen zusätzlichen Beweise. Eine unmittelbare Beweisabnahme im
Rechtsmittelverfahren hat gemäss Art. 343 Abs. 3 i.V.m. Art. 405 Abs. 1 StPO
auch zu erfolgen, wenn eine solche im erstinstanzlichen Verfahren unterblieb
oder unvollständig war und die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die
Urteilsfällung notwendig erscheint. Der Wahrheits- und Untersuchungsgrundsatz
gilt auch im Rechtsmittelverfahren (BGE 140 IV 196 E. 4.4.1 f. S. 198 ff.;
Urteil 6B_70/2015 vom 20. April 2016 E. 1.3; je mit Hinweisen).
Die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels erscheint für die Urteilsfällung
als notwendig im Sinne von Art. 343 Abs. 3 StPO, wenn sie den Ausgang des
Verfahrens beeinflussen kann. Dies ist namentlich der Fall, wenn die
Beweiskraft des Beweismittels in entscheidender Weise vom Eindruck abhängt, der
bei seiner Präsentation entsteht, beispielsweise wenn es in besonderem Masse
auf den unmittelbaren Eindruck einer Zeugenaussage ankommt, so etwa wenn
Aussage gegen Aussage steht. Das Gericht verfügt beim Entscheid über die Frage,
ob die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels im Sinne von Art. 343 Abs. 3
StPO für die Urteilsfällung notwendig erscheint, über einen Ermessensspielraum
(BGE 140 IV 196 E. 4.4.2 S. 199 f. mit Hinweisen; Urteile 6B_70/2015 vom 20.
April 2016 E. 1.3; 6B_430/2015 vom 12. Juni 2015 E. 2.2 f.).

1.4.

1.4.1. Das Vorgehen der Vorinstanz erscheint problematisch. Das von Gesetzes
wegen grundsätzlich mündliche Berufungsverfahren soll nicht dadurch umgangen
werden können, dass in einem ersten Schritt die Beweisanträge einer Partei
abgewiesen werden und anschliessend in einem zweiten Schritt das schriftliche
Berufungsverfahren angeordnet wird. Allerdings kann das Berufungsgericht ohne
Einverständnis der Parteien die Berufung nicht im schriftlichen Verfahren
behandeln, wenn Fragen tatsächlicher Natur zu entscheiden sind (vgl. Art. 406
Abs. 1 lit. a StPO e contrario). Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer
stimmte der Durchführung des schriftlichen Verfahrens vorliegend zu, nachdem
seine Beweisanträge durch die Verfahrensleitung abgelehnt wurden. Es wäre ihm
indes unbenommen gewesen, auf einer mündlichen Berufungsverhandlung zu bestehen
und seine Beweisanträge dem Gesamtgericht erneut zu stellen (vgl. Art. 331 Abs.
3 in Verbindung mit Art. 405 Abs. 1 StPO). Darauf hat er verzichtet. Insofern
verhält er sich widersprüchlich, wenn er nun geltend macht, er habe dem
schriftlichen Berufungsverfahren nur unter Vorbehalt respektive gar nicht
zugestimmt und die Vorinstanz hätte die von ihm beantragten Beweise zwingend
abnehmen müssen. Dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung nicht mit seiner
eigenen Auffassung übereinstimmt, macht sein Einverständnis zum schriftlichen
Berufungsverfahren nicht rückgängig beziehungsweise unbeachtlich (vgl. LUZIUS
EUGSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl.
2014, N. 6 zu Art. 406 StPO mit Verweis auf das Urteil 6B_482/2012 vom 3. April
2013 E. 2.4.4).

1.4.2. Die Vorinstanz war auch nicht verpflichtet, die vom Beschwerdeführer
zunächst beantragten Beweise von Amtes wegen abzunehmen. Sie legt ausführlich
und nachvollziehbar dar, weshalb sie die Aussagen des Zeugen B.D.________ als
widerspruchsfrei sowie schlüssig erachtet. Hinsichtlich der Aussagen der Zeugen
A.________ und E.________ schliesst sie sich vollumfänglich den Erwägungen des
erstinstanzlichen Gerichts an, das diese als unglaubhaft respektive den
Beschwerdeführer nicht entlastend eingestuft hat. Die Vorinstanz zeigt
ebenfalls überzeugend und verständlich auf, weshalb sie den Aussagen des
Beschwerdeführers nicht folgt (vgl. unten E. 2.2). Aufgrund der im Vorverfahren
und vor dem erstinstanzlichen Gericht gemachten Aussagen musste sich die
Vorinstanz nicht zwingend selbst ein Bild vom Aussageverhalten des
Beschwerdeführers und der Zeugen machen. Zwar steht vorliegend die Aussage des
Zeugen B.D.________ insbesondere gegen jene des Beschwerdeführers. Dieser
Umstand machte eine erneute Einvernahme durch das Berufungsgericht indes nicht
unbedingt erforderlich. Alleine der Inhalt der Aussage einer Person (was sie
sagt), lässt eine erneute Beweisabnahme nicht notwendig erscheinen. Massgebend
ist, ob das Urteil in entscheidender Weise von deren Aussageverhalten (wie sie
es sagt) abhängt (BGE 140 IV 196 E. 4.4.2 S. 200 mit Hinweisen; Urteil 6B_430/
2015 vom 12. Juni 2015 E. 2.3.2). Wenn die Vorinstanz den unmittelbaren
Eindruck der Aussagen der Zeugen und des Beschwerdeführers im vorliegenden Fall
als nicht notwendig erachtet, verletzt sie das ihr zustehende Ermessen nicht.
Die Einvernahme der Zeugin C.D.________ im erstinstanzlichen Verfahren
gestaltete sich aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten als problematisch und
dauerte nur kurz. Daraus kann indes nicht auf eine unvollständige Beweisabnahme
geschlossen werden, die vom Berufungsgericht zwingend hätte wiederholt werden
müssen (vgl. Art. 389 Abs. 2 lit. b StPO). Das erstinstanzliche Gericht
erachtete eine nochmalige Befragung der Zeugin unter Beizug eines Übersetzers
aufgrund der glaubhaften Aussagen ihres Ehemannes als nicht notwendig und den
Anklagesachverhalt in Bezug auf das rechtswidrige Überholen als erstellt. Der
damalige Verteidiger des Beschwerdeführers verzichtete anlässlich der
erstinstanzlichen Einvernahme der Zeugin auf weitere Fragen und stellte auch
keinen Antrag um nochmalige Einvernahme derselben. Die Vorinstanz stützt sich
nicht auf die Aussagen der Zeugin ab. Entgegen dem Vorbringen des
Beschwerdeführers ist nicht zu erwarten, dass diese ihn entlastende Aussagen
machen könnte. Auch wenn sich die Zeugin im Rahmen ihrer Befragung nicht
besonders ausführlich äusserte, hat sie den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen
Sachverhalt im Wesentlichen bestätigt. So hat sie ausgesagt, dass sie und ihr
Ehemann am fraglichen Tag ein Möbelstück abholen wollten und mit dem
Lieferwagen unterwegs gewesen seien. Da sie sich über den Weg zum Abholort
nicht sicher gewesen seien, hätten sie in eine kleine Strasse einbiegen müssen.
Dann sei von hinten ein Auto schnell dahergekommen. Ihr Ehemann habe abbiegen
wollen, das andere Auto sei von hinten gekommen (act. 145). Dass sie auf die
angesichts der sprachlichen Schwierigkeiten nicht besonders glücklich gestellte
Frage, ob sie das andere Fahrzeug einmal überholt habe, antwortete, sich nicht
daran erinnern zu können, steht dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt
nicht entgegen. Die Vorinstanz durfte ohne Bundesrecht zu verletzen auf die
nochmalige Einvernahme der Zeugin verzichten.

1.4.3. Nach dem Vorstehenden war die Vorinstanz mit Blick auf das
Einverständnis des Beschwerdeführers zur Durchführung des schriftlichen
Berufungsverfahrens sowie aufgrund der gesamten Umstände nicht verpflichtet,
die beteiligten Personen nochmals zur Sache zu befragen, zumal auch der
Tatvorwurf nicht besonders schwer wiegt (vgl. BGE 140 IV 196 E. 4.4.3 S. 200).
Ihr Vorgehen verletzt die vom Beschwerdeführer angerufenen Art. 343 Abs. 3 in
Verbindung mit Art. 405 Abs. 1 StPO respektive Art. 389 Abs. 2 lit. b sowie
Art. 406 Abs. 1 und 2 StPO nicht. Inwiefern die Vorinstanz dessen Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt haben sollte, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Indem
sich der Beschwerdeführer nach vorgängiger Ablehnung seiner Beweisanträge durch
die Verfahrensleitung mit dem schriftlichen Verfahren einverstanden erklärte,
musste ihm klar sein, dass die beantragten Beweise nicht abgenommen werden
(vgl. oben E. 1.4.1 sowie zum Recht, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu
werden, und zur antizipierten Beweiswürdigung: BGE 141 I 60 E. 3.3 S. 64 und
Urteil 6B_859/2013 vom 2. Oktober 2014 E. 2.1; je mit Hinweisen).

2.

2.1. Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung durch
die Vorinstanz.

2.2. Die Vorinstanz erwägt, die Aussagen des Zeugen B.D.________ seien
grundsätzlich widerspruchsfrei und schlüssig. Seine Aussagen liessen sich
miteinander in Einklang bringen und ergäben ein stimmiges Gesamtbild. Der Zeuge
habe bereits gegenüber der Polizei angegeben, er habe frühzeitig den Blinker
nach links gesetzt, um in die Einmündung zu fahren und nach dem richtigen Weg
zu suchen. Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung habe er diese
Angaben bestätigt und präzisiert. Der Zeuge habe ausgeführt, den Blinker sicher
bereits ca. 50 Meter vor dem Abbiegen gestellt zu haben und sehr langsam
gefahren zu sein. Während des Überholmanövers sei er mit einer Geschwindigkeit
von ca. 10 km/h gerollt und habe eine letzte Sichtkontrolle nach hinten
gemacht. Dieses eher vorsichtige Fahrverhalten passe zu einem ortsunkundigen
Automobilisten, der unsicher gewesen sei, ob er sich noch auf dem richtigen Weg
befinde. Der Zeuge habe auch Erinnerungslücken eingeräumt und allfällige
Unsicherheiten offengelegt. Hinweise dafür, dass er sich zu Angaben habe
verleiten lassen, die ihm nicht mehr präsent gewesen seien, bestünden nicht. Es
seien auch keine Aggravierungstendenzen auszumachen. Der Zeuge habe vor der
erstinstanzlichen Hauptverhandlung, die rund 15 Monate nach dem Vorfall
stattgefunden habe, keinen Einblick in seine früheren Aussagen nehmen können
und das Geschehen trotzdem damit übereinstimmend, aber nicht stereotyp
schildern können. Ein Motiv für eine Falschaussage sei nicht erkennbar. Der
Zeuge kenne den Beschwerdeführer nicht und sei nicht erfreut gewesen, als er
von der Polizei kontaktiert worden sei. Dem erstinstanzlichen Gericht habe der
Zeuge einen nüchternen, sachlichen Eindruck hinterlassen. Er sei trotz
zahlreicher Fragen des Verteidigers des Beschwerdeführers ruhig sowie geduldig
geblieben und habe keine Anzeichen von Nervosität oder Verärgerung gezeigt.
Nach seiner Aussage sowie derjenigen seiner Ehefrau habe er der Verhandlung
nicht mehr beigewohnt und nicht versucht, den Ausgang des Verfahrens in
Erfahrung zu bringen. Die Aussagen des Zeugen wiesen eine Vielzahl an an
Realkennzeichen auf und seien glaubhaft.
Die Aussagen der Zeugen E.________ und A.________ erachtet die Vorinstanz unter
Hinweis auf die Würdigung durch das erstinstanzliche Gericht, der sie sich
vollumfänglich anschliesst, demgegenüber als unglaubhaft respektive für den
Beschwerdeführer nicht entlastend. Die Verteidigung habe A.________ erst sehr
spät als Zeugen angerufen. Bis zum entsprechenden Beweisantrag im
erstinstanzlichen Hauptverfahren sei dessen Namen in den Akten nicht
aufgetaucht. Weder der Beschwerdeführer noch E.________ hätten bis zu diesem
Zeitpunkt erwähnt, dass am fraglichen Tag noch eine weitere Person zugegen
gewesen sei. Die Aussagen von A.________ würden geradezu strotzen vor
Lügensignalen. E.________ sei ein guter sowie offensichtlich verlässlicher
Kollege des Beschwerdeführers und habe sein bei der Polizei gezeigtes
Aussageverhalten auch vor dem erstinstanzlichen Gericht fortgesetzt, wobei an
Stelle einer ausdrücklichen Aussageverweigerung ein vermeintlich schwaches
Erinnerungsvermögen getreten sei.
Als nicht glaubhaft stuft die Vorinstanz die Angaben des Beschwerdeführers
selber ein. Dass er an der polizeilichen Einvernahme die Aussage verweigert
habe, dürfe nicht als Schuldindiz gewertet werden. Der Beschwerdeführer habe
jedoch unbestrittenermassen auch E.________ angewiesen, zurzeit nichts
auszusagen. Dieser habe angegeben, er sei vor der polizeilichen Befragung noch
beim Beschwerdeführer gewesen, der ihm gesagt habe, er solle bei irgendwelchen
schwierigen Fragen respektive wenn es darum ginge, dass er eventuell jemanden
belasten würde, einfach die Aussage verweigern. Zudem habe der Beschwerdeführer
der Polizei und der Staatsanwaltschaft verschwiegen, dass A.________ als
Beifahrer im Auto gesessen sei. Der Beschwerdeführer habe nicht plausibel
erklären können, weshalb er sich im Verfahren so verhalten habe, wenn er sich
denn nichts vorzuwerfen respektive keine Verkehrsregelverletzung begangen habe.
Diese Umstände erschwerten es, seinen Aussagen zu glauben. Die Verteidigung
rüge, es sei nicht abgeklärt worden, ob der Beschwerdeführer den angeblich
rechtzeitig gestellten Blinker des Zeugen B.D.________ bemerkt habe oder nicht.
Sie verkenne dabei, dass der Beschwerdeführer selber angebe, gar kein Auto
überholt zu haben. Gegenüber der Staatsanwaltschaft habe der Beschwerdeführer
angegeben, er habe weder den Zeugen B.D.________ überholt, noch habe dieser die
Absicht angezeigt, abzubiegen; der Zeuge B.D.________ sei nicht dort gewesen.
Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung habe der Beschwerdeführer
erklärt, er habe kein Fahrzeug überholt und schon gar keines, das den Blinker
gestellt gehabt habe. Er habe jegliches Fehlverhalten bestritten und sich auf
Mutmassungen beschränkt, weshalb der Zeuge B.D.________ ihn belaste.

2.3. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche
Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 2 BGG). Offensichtlich
unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung,
wenn sie willkürlich ist (BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S. 253 mit Hinweis; vgl. zum
Begriff der Willkür BGE 141 IV 305 E. 1.2 S. 308 f.; 140 III 16 E. 2.1 S. 18
f.; 139 III 334 E. 3.2.5 S. 339; 138 I 49 E. 7.1 S. 51; je mit Hinweisen). Die
Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der
Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen
Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls
darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 141 IV 249 E. 1.3.1 S.
253; 139 I 229 E. 2.2 S. 232; je mit Hinweisen).

2.4. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Aussagen des Zeugen B.D.________
seien aus verschiedenen Gründen widersprüchlich und nicht glaubhaft. Ursprung
des Strafverfahrens gegen ihn sei ein Kommentar des Zeugen zu einem im Internet
veröffentlichten Artikel über den Unfall eines weissen Ferrari gewesen. Darin
habe der Zeuge mit keinem Wort erwähnt, dass er beim Linksabbiegen überholt
worden sei und einen Zusammenstoss nur durch den Abbruch des Manövers habe
verhindern können. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Zeuge in seinem
Kommentar nüchtern ein normales Überholmanöver schildere, wenn es sich um ein
gefährliches Überholen eines links abbiegenden Fahrzeugs gehandelt haben soll.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar sei, dass das Überholmanöver gemäss den
Aussagen des Zeugen zu diesem Zeitpunkt kein Gesprächsthema zwischen diesem und
seiner Ehefrau gewesen sei. Daraus könne nur gefolgert werden, dass sich das
angebliche Überholmanöver eben nicht wie vom Zeugen behauptet zugetragen habe.
Nicht glaubwürdig sei, dass der Zeuge nach links in eine schmale, mit einem
Fahrverbot belegte Strasse einbiege, wenn er auch einfach rechts in eine nicht
mit einem Fahrverbot belegte, grössere Strasse hätte fahren können. Dies würde
kein vernünftiger, ortsunkundiger Mensch tun. Der Zeuge habe überdies mit
seinem Kastenwagen gar nicht genug Platz gehabt, um in die schmale Strasse auf
der linken Seite einzubiegen, ohne dass das Heck des Fahrzeugs auf die
Hauptstrasse hinaus geragt hätte. Aufgrund dieser widersprüchlichen und
unglaubhaften Angaben wäre es zwingend notwendig gewesen, dass die Vorinstanz
den Zeugen selbst befragt und sich einen persönlichen Eindruck von ihm und
seinen Aussagen gemacht hätte.
Der Beschwerdeführer bestreitet auch den subjektiven Tatbestand und bringt vor,
das Fahrzeug des Zeugen nicht wahrgenommen zu haben und nicht vorsätzlich eine
ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorgerufen oder eine solche in
Kauf genommen zu haben.

2.5. Mit seinen Vorbringen vermag der Beschwerdeführer nicht darzulegen,
inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar sein
sollte. Dass der Zeuge B.D.________ in seinem Kommentar zu einem im Internet
veröffentlichten Artikel über den Unfall eines weissen Ferrari nicht erwähnte,
beim Abbiegen von diesem Fahrzeug überholt worden zu sein, bedeutet nicht, dass
dies nicht vorgefallen ist. Es ist vielmehr nachvollziehbar, wenn der Zeuge
B.D.________ im Zusammenhang mit dem Unfall insbesondere auf die aus seiner
Sicht überhöhte Geschwindigkeit des Beschwerdeführers hinwies. Zudem hat er
bereits in seinem Kommentar angemerkt, von dem weissen Ferrari überholt worden
zu sein. Die Aussagen des Zeugen B.D.________ im Verlauf des Verfahrens lassen
sich somit ohne Weiteres mit dem fraglichen Kommentar in Einklang bringen. Die
Angabe des Zeugen, wonach das Überholmanöver zwischen ihm und seiner Ehefrau
zunächst kein Thema war, mag überraschend erscheinen, belegt aber keine
willkürliche Beweiswürdigung. Der Umstand, dass der Zeuge beabsichtigte, nach
links in eine Einmündung zu fahren, um nach dem Weg zu suchen, spricht nicht
gegen die Glaubhaftigkeit seiner Angaben, wie die Vorinstanz zutreffend erwägt.
Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist das geplante Abbiegen nach
links mit Blick auf die sich aus den Akten ergebenden örtlichen Gegebenheiten
und die Platzverhältnisse nicht völlig abwegig, zumal der Zeuge aussagte, er
habe im Hintergrund Industrie erkannt und gedacht, er müsse dorthin fahren
(act. 143). Gemäss der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung überholte der
Beschwerdeführer den Zeugen B.D.________ auf der Utzenstorfstrasse in Aefligen,
Richtung Emmen fahrend (Urteil, E. 3.3.5 in Verbindung mit E. 3.1). Die vom
Beschwerdeführer angeführte schmale, mit einem Fahrverbot belegte Strasse,
befand sich somit auf der rechten Seite der Fahrtrichtung des Zeugen. Indem
dieser beabsichtigte, nach links abzubiegen, wollte er demnach gerade in die im
Mündungsbereich breitere Strasse einbiegen, um nach dem richtigen Weg zu
suchen. Dies scheint der Beschwerdeführer zu verkennen.

Nicht willkürlich ist schliesslich, wenn die Vorinstanz ein grob fahrlässiges,
rücksichtsloses Verhalten des Beschwerdeführers annimmt. Gemäss ihren
Feststellungen hat er sich entschlossen, den Zeugen B.D.________ trotz
gestelltem Blinker zu überholen. Was der Täter weiss, will und in Kauf nimmt,
betrifft eine innere Tatsache und ist Tatfrage (BGE 141 IV 369 E. 6.3 S. 375
mit Hinweisen). Die Kritik des Beschwerdeführers ist rein appellatorischer
Natur. Darauf ist grundsätzlich nicht einzugehen. Gründe, weshalb der
Beschwerdeführer die Zeichengebung des Zeugen nicht hätte sehen sollen, sind
nicht ersichtlich und bringt er nicht vor. Die vorinstanzliche Erwägung, wonach
es dem Beschwerdeführer auf der geraden und übersichtlichen Strecke ohne
Weiteres möglich gewesen wäre, sein Überholmanöver abzubrechen, ist nicht zu
beanstanden. Grobe Fahrlässigkeit wäre im Übrigen auch anzunehmen, wenn der
Beschwerdeführer derart unaufmerksam gewesen wäre, dass er die Zeichengebung
des Zeugen nicht bemerkt hätte (vgl. BGE 131 IV 133 E. 3.2 S. 136; 130 IV 32 E.
5.1 S. 40; je mit Hinweisen sowie Urteil 6B_1064/2015 vom 6. September 2016 E.
3.5).

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die bundesgerichtlichen
Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

 Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 29. November 2016

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Denys

Der Gerichtsschreiber: M. Widmer

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